Eine Frau die nie friert hat einen entscheidenden Vorteil, sie kann in eiskaltem Wasser erstaunlich lange überleben. Und genau das muss Pirio Kasparow, als das Fischerboot gerammt wird mit dem sie unterwegs ist. Ned stirbt bei dem Zwischenfall, der Freund ihrer besten, leider alkoholsüchtigen Freundin und Vater von Noah einem kleinen Genie, an dem Pirio hängt. Da der Unfallverursacher unerkannt verschwindet und die Wasserschutzpolizei die Ermittlungen einstellen will beginnt Pirio Kasparow selbst mit den Ermittlungen, die ihre Gegenwart mit der Familienvergangenheit verknüpfen. Doch bald wird sie von der Jägerin zur Gejagten.
Elisabeth Elo hat mit „Die Frau die nie fror" ein solides gut durchdachtes Buch geschrieben, dessen Höhepunkte allerdings weit hinten im Roman zu finden sind. Nach etwa dreißig Seiten fängt die Geschichte an vor sich hinzu plätschern, was durch lange Rückblenden und einen betulichen, fast altbackenen Schreibstil verursacht wird, der mich nicht mitreißen konnte. Zudem hat der spröde Grundton und diese seltsame Distanz zu ihrer persönlichen Umgebung und Identität, die ich bei Pirio spüre zur Folge, dass ich beim Lesen glaubte sie wäre Besucherin in ihrem eigenen Leben. Ich habe ihr nie die Rolle, als eine Frau abgenommen die früher am Hafen rumgehangen hat, um Hafenarbeiter abzuschleppen. Und eben so wenig ist sie die Unternehmertochter, die vielleicht später einmal die Parfümfirma übernehmen soll.
Bisweilen hatte ich das Gefühl eine ältere Frau schlüpft in Haut einer Jüngeren, da ich das Alter von Pirio beim Lesen nicht fühlen konnte. Obwohl das Buch im Präsenz geschrieben ist fehlt es mir über weite Strecken an Lebendigkeit.
Phasenweise ist das Buch nicht Fisch nicht Fleisch, ein bisschen psychische Studie, ein wenig Krimi, Familien und Alkoholprobleme, bis zu wissenschaftlichen Einlassungen über Pirios sonderbare Anomalie, sobald sie in kaltes Wasser taucht. Erst ganz am Ende werden die Widersprüchlichkeiten ihrer Persönlichkeit sehr gekonnt aufgelöst. Bis dahin hatte ich allerdings relativ wenig Lesefreude.
Die zweite Hälfte des Buches ist spannender, weil die Thrillereffekte in den Vordergrund rücken und Pirio Kasparow ein Gesicht bekommt, indem sie endlich resolut ins Geschehen eingreift. Was mir gut gefallen hat ist das perfekt inszenierte Umwelt-Thrillerthema und die vorzügliche Konstruktion eines denkwürdig eigenwillegen Romans. Und, ach ja, die konfliktreichen Gespräche mit ihrem Vater sind Klasse, ganz am Ende ein ganz wunderbarer Dialog...
Insgesamt ein gutes Buch mit leichten Schwächen und dem schönsten Buchcover seit Langem.