Beiträge von Luc

    Na ja, die Wandlung von Avrom finde ich ein bisschen dick aufgetragen, kann man aber machen. Ansonsten ein rund geschliffener Schluss mit Nachhall. Sehr gut erzählte Geschichte, klug durchdacht und immer spannend. Ein wahres Vergnügen.


    Rezi folgt!

    Fast hätte ich mir gewünscht alles über die Geschehnisse im Krieg zu erfahren. Aber dann wären es wohl noch einmal hundert Seiten mehr geworden. Hugo bleibt seiner Linie treu und wir können eben so sicher sein, dass Isaac ihm sein fragwürdiges Verhalten irgendwie durchgehen lässt. Die Geschäftsbeziehung zwischen den beiden finde ich insgesamt etwas unglaubwürdig. :schlaeger


    Ansonsten bleibt das Buch auf hohem Niveau. Macht einfach Freude zu lesen.

    Das Oberholzer in der Geschichte noch einmal auftaucht war mir klar. Isaac hält sich bei dessen Frau schadlos und die Rache folgt auf dem Fuß. Die Welt ist ungerecht und hat keinen Platz für Menschen, die ihr eigenes Schicksal aus der Hand geben, was sich prompt in Isaacs zweiter Erwerbsquelle niederschlägt. Denn Hugo hat es mal wieder geschafft: Alles geht den Bach runter und der Krieg beginnt. Ein richtig guter Abschnitt. Ich mag ja, wenn Protagonisten tüchtig unter Druck geraten, um es einmal vornehm auszudrücken. Mal sehen, ob es ein Happy End gibt. Ich halte nichts für ausgeschlossen.

    Das Isaac immer noch auf Hugo setzt kann ich nur unter mit dem Begriff „merkbefreit“ laufen lassen. Das ist nun wirklich ein Windhund und Avroms Ansinnen Mame solle doch gefälligst drei Familien aussuchen, um die zu retten passt ins Bild, wie erbarmungslos Menschen miteinander umgehen können. Ob Isaac bei Yvonne an der richtigen Adresse ist, was eine Ehe anbelangt ist eher zweifelhaft. Der Autor neigt nicht gerade Romantik scheint mir. Vermutlich muss Isaac erst einmal richtig auf die Schnauze fallen, um erwachsen zu werden.

    Die Begegnung mit Avrom ist bis jetzt der Höhepunkt der Geschichte. Dem Löwen Auge in Auge gegenüber. Man spürt die ungeheure Kraft von Avrom, seine Menschenkenntnis und den Argwohn, den er gegenüber seiner Verwandtschaft hegt. ich frage mich nur, ob Isaac gut daran tut ausgerechnet Hugos Plan zu folgen, auch wenn mir die Idee in Anbetracht der Umstände nicht einmal dumm vorkommt. Das Buch fasziniert mich jetzt wirklich. Sehr guter Abschnitt!

    Das ist einfach eine großartige Passage. Mame bekommt ein Gesicht, die ganze Tragik, Härte und der unbändige Überlebenswille kommt hier zum Tragen. Religiöse Konflikte in Litauen, Rassenhass in Südafrika und unser Isaac ist auf einmal gar kein Held mehr von der Stange, sondern ein junger Mann mit durchaus hinterfragenswerten Ansichten, der versucht seine Geliebte in die richtigen Bahnen, also in Richtung Bett zu lenken. Und das alles extrem gut geschrieben. Bin schon gespannt, wie es weitergeht!

    Isaacs Arbeitsversuche enden etwas unglücklich. Er wird von seinem Kollegen verraten, entlassen und fällt auf Hugo rein. Einen umtriebigen Mann, der mit Lichtzauber ein Vermögen machen will, was nur schief gehen kann.


    Immerhin tritt ein Mädchen in sein Leben. Vielleicht hilft sie ihm im Kampf mit den Greyshirts. Immer wieder sehr anschaulich erzählte Passagen. Das Grauen in Litauen wirft Schatten auf das Geschehen in der Gegenwart. Noch überzeugt mich das Buch nicht völlig, aber der Flieger hebt langsam ab!

    Ich bin ganz zufrieden mit dem Anfang. Auch wenn mich Mame mit ihrem starken Hang zu Geld, Erfolg und Aufstieg fast schon nervt. Der Vater dagegen kommt kaum vor, tritt in den Hintergrund, wirklich spüren tue ich die nostalgische Ader kaum. Isaac finde ich gut eingeführt. Er hat das Herz am richtigen Fleck. :-)


    Das Thema hat es in sich. Über Juden in Südafrika habe ich noch nichts gelesen. Ganz stark, der Schreibstil.

    In Claire Hajaj Roman Ismaels Orangen geht es um die Unterschiede der Kulturen, das Anderssein und niemals ankommen und die eigene Identität im nahöstlichen Pulverfass. Die Protagonisten scheinen zunächst einmal, wie Teile eines Puzzles aus ihrer Welt gefallen und als Leser fühlt man Jude und Salim eigentlich gut aufgehoben im London der sechziger und siebziger Jahre. Sie- eine Nachfahrin von Holocaust Überlebenden mit Hang zur Literatur und Freiheit, kann nur wenig mit dem jüdischen Glauben und dem gerade in Entstehung befindlichen Staat Israel anfangen, als sie auf Salim trifft. Er- der verarmte palästinensische Flüchtling unter Karrieredruck hat dank seines schwächlichen Vaters und dessen betrügerischer arabischer Freunde den schönsten Ort auf Erden verloren, einen Orangenhain in Jaffa und strebt nun in England einen Beruf an, der Ihn in der Welt des Westens verankern soll. Die freie Welt ist ihm Verheißung und Ansporn zugleich. Er will hineinpassen in das gesellschaftliche Gefüge und nicht zuletzt in die teuren Maßanzüge.


    Längst scheint die Vergangenheit vergessen. Doch nicht nur durch die Beziehung zu Jude ist Salim gezwungen Farbe zu bekennen und sich seiner Herkunft zu stellen. Denn Judes jüdische Familie will keinen palästinensischen Eselstreiber in der Verwandtschaft. Und umgekehrt passt angeblich keine Jüdin in den erlauchten Kreis der arabischen Machowelt, die nur Rache, aber keine Liebe kennt. Jude und Salim denken zunächst, dass nichts ihrer Liebe etwas anhaben kann und ziehen nach Kuwait, um von all dem zu fliehen und die ersehnten Ziele zu erreichen. Doch niemand ist eine Insel und die Versprechen des Westens verlieren bald an Anziehungskraft.


    Claire Hajaj entwirft mit Salim eine fürwahr vielschichtige Persönlichkeit. Ein Mann der nirgends Zuhause ist, dauernd zwischen den Stühlen sitzt, ein von Emotionen hin- und hergerissener junger Mann, ein Einser-Student und tollkühner Träumer, dem die eigene palästinensische Sippschaft Fallgruben aushebt, ein verbitterter Versager, ein innig Liebender, der aufgrund seines Temperaments bisweilen zum Familiendespoten degeneriert. Alles in einem. Der Orangenhain ist sein Garten Eden, ein im Grunde biblisches Versprechen. Leserherz, was willst du mehr? Nun, eine passend vielschichtige Frauenfigur, als Gegenüber, wäre nicht schlecht gewesen. Jude bleibt etwas eindimensional und löst bei mir keine Jubelstürme aus. Sie ist sein seelischer Anker, obwohl sie selbst stärkeren Rückhalt von ihrem Angetrauten bräuchte.


    Manchmal habe ich mir beim Lesen noch stärkere Verstrickung in zeitgeschichtliche Begebenheiten gewünscht, auch ein etwas süffigeres Ende wäre in meinem Interesse gewesen. Doch die Autorin hat sich vor allem, um die innere Zerrissenheit der heimatlosen Protagonisten gekümmert. Das ist ihr gutes Recht und sie hat die Aufgabe auch wirklich gut gemeistert. Phasenweise konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Meisterlich erzählt sind vor allem die Passagen, in denen aus Sal ein Salim wird und er seinem Vater plötzlich viel näher steht, als seinen amerikanischen Selbstverwirklichungsträumen. Claire Hajaj schildert das Leben, ohne poetische Bilder. Sie orientiert sich an der Realität und lässt nur ab und an sprachlich ihre Muskeln spielen, in dem sie sehr gekonnt Vergleiche, als Stilmittel einsetzt. Das Gut und Böse denken, was in der Region nicht gering verhaftet ist, zerschmettert sie auf dem Altar der Wahrheit. Ganz stark, die Konstruktion des Romans. Hier greift ein Rädchen ins Andere und lässt nie Langeweile aufkommen. Insgesamt ein gelungener Roman. Leseempfehlung!


    8 von 10 Punkten

    Mit dem Schluss konnte ich am Wenigsten anfangen. Ich finde den Abgang von Salims Sohn einfach zu viel des Schlechten. Zudem kam das Ganze für mich zu plötzlich. Dennoch habe ich den Roman insgesamt sehr gerne gelesen. Rezi folgt!

    Das ist eine interessante Entwicklung. Salim wird von seinem Arbeitgeber veräppelt und erkennt, dass er mit seiner arabischen Herkunft keine Chance hat nach oben zu kommen. Er rutscht also in diese typisch arabische Opferrolle, flieht in seine Wut und findet seinem Bruder eine Person, die seinen Frust in falsche Richtung lenkt. Die Vergangenheit holt ihn ein, die Bildung schützt vor gar nichts, denkt sich Salim zumindest. Hoffentlich verbarrikadiert er sich in den Gedanken nicht noch stärker, sonst ist die Familie futsch und sein Leben im Eimer.

    Das Buch steigert sich noch. Diese ganzen Familienkonflikte, vor dem Hintergrund des Nahostdebakels sind sehr realistisch erzählt. Man möchte Jude und Salim wünschen sich zu befreien, den Ballast der Generationen loszuwerden und auf einer einsamen Insel von vorne anzufangen. Auch der Schreibstil der Autorin sagt mir sehr zu.

    Das könnte ein richtig guter Roman werden. Diese Passage baut reichlich Konfliktpotenzial auf. Familiär gärt es. Welten stürzen ein. Neues entsteht. Ich beginne das Buch jetzt richtig gerne zu lesen. Was zu Beginn noch recht beschaulich daher kam entfaltet nun durch die tragischen Ereignisse Sogwirkung. Hoffentlich geht es in dem Stil weiter!