ZitatAlles anzeigenOriginal von drehbuch
hallo, richard dübell,
einiges von dir habe ich bereits gelesen, aber dieses buch noch nicht und auch an der leserunde habe ich nicht teilgenommen. da diese fragen hier nichts mit der leserunde zu tun haben müssen, möchte ich folgendes ansprechen:
du hast bereits etwas bei readers digest veröffentlicht. diese bücher werden in der letzten zeit häufig "verteufelt" *g* und wie nierentisch und gummibaum gern als in das deutsche wohnzimmer um die mitte des letzten jahrhunderts passend, heute aber nicht mehr zeitgemäß und außerdem total verstümmelt eingeordnet.
in der unter folgendem link erreichbaren diskussion geht es gerade um dieses thema
möchtest du uns hier oder in dem betreffenden thread etwas über die zusammenarbeit mit readers erzählen? ich fände es sehr interessant!
Mein erstes Buch DER TUCHHÄNDLER ist bei Readers Digest als condensed version erschienen. Dramatische Kürzungen sind natürlich für den Autor immer schwierig, weil das veröffentlichte Originalbuch ja ohnehin schon das Ergebnis vieler Kürzungen darstellt und damit das Äußerste, was er an weggeworfenen Passagen ertragen kann. Mein Eindruck war, dass die Leute bei Readers Digest recht behutsam an meinen Text herangegangen sind; aber da sie ja nichts umschreiben dürfen, haut es einfach nicht so ganz hin mit dem Endergebnis. Es bleiben immer ein paar Witwen und Waisen übrig, und der persönliche Stil fällt ganz und gar unter den Tisch.
Nach dem TUCHHÄNDLER wurde nie wieder ein Buch von mir bei Readers Digest veröffentlicht, und ich bin nicht sicher, ob ich nicht eigentlich darüber froh bin. Damals habe ich mich jedoch riesig gefreut, weil DER TUCHHÄNDLER ja mein erstes Werk war und ich keinesfalls damit gerechnet hatte, dass Lizenzen davon verkauft würden.
Was das Thema "Zusammenarbeit" betrifft - es gab keine Zusammenarbeit. Ich unterschrieb den Lizenzvertrag und bekam irgendwann das Buch zugesandt, in dem außer meinem Werk auch die Herren Follett und Crichton sowie Miss Ibbotson ihre kastrierten Romane finden konnten. Aber wie sollten die Leute bei Readers Digest auch mit dem Autor zusammenarbeiten? Ich hätte es nicht geschafft, 50 % meines Romans zu kürzen. Da lässt man den Autor besser außen vor!
Im Großen und Ganzen bin ich einfach nicht sicher, ob es condensed versions von Büchern geben muss. Es gibt ja auch keine condensed versions von Rembrandts Nachtwache, auf der nur drei Personen zu sehen wären, oder eine von der Mona Lisa, auf der leider das Lächeln fehlt. Noch nicht mal bei Pro 7 werden Kinofilme so massiv gekürzt. Wer sich nicht die Mühe macht, die originale Fassung eines Buches lesen zu wollen, soll sich halt kürzere Werke oder Novellen vornehmen. Aber vielleicht bin ich mit meiner Meinung auch auf dem Holzweg.
LGr
Richard