Liebe Alle, jetzt, wo Ihr über die Bökendorfer Intrige bescheid wißt, ein paar Originalzitate von Annettes Verwandtschaft aus den diversen Briefen, die eifrig gewechselt worden. Augusts Schwester und Annettes Tante (aber jünger als sie), Anna von Haxthausen, an Straube, damit er Annette ja nicht verzeiht:
„Lieber Straube, nein, ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn Nette Ihnen schreibt. Wär‘ sie schon fest in ihrer Besserung, ja dann würde es mich selbst erfreuen. Aber sie ist noch ein zartes Pflänzchen, das wir pflegen müssen, und so fürchte ich, dass es nicht gut wäre, wenn sie glauben könnte, sich mit Ihnen versöhnt zu haben [getilgt: die große Schuld, die sie gegen Sie hat]. Nette muss zu ihrer Buße noch oft den Vorwurf in sich fühlen, wie schlecht sie gegen Sie gehandelt hat – glaubt sie aber sich gegen Sie gerechtfertigt, oder auch nur ganz Verzeihung, dann möchte sie am Ende auch glauben, gegen den Himmel nichts mehr verbrochen zu haben und wie kann sie das?“
( 20. Dezember 1820)
Anna heiratete Arnswaldt (!) und starb hochzufrieden mit sich selbst als bewunderte Matrone im Familienkreis. August immerhin blieb solo. Übrigens war es für mich als Romanautorin schon ein Kreuz, daß die Herren Arnswaldt und Haxthausen beide „August“ mit Vornamen hießen. Noch ein paar Zitate, um die Mentalität der Herren zu demonstrieren:
Arnswaldt re: Annette, das böse Weib, und daß er halt leider „nur“ einen Brief mit Straube zusammen geschrieben hat, um ihr zu sagen, was sie alle von ihr hielten: „(...) ich würde gern einmal mit Haxthausen nach Hülshoff reisen und wünschte mir nur die Kraft, vor ihr niederfahren zu können wie ein Blitz aus heiterem Himmel und eine Waage in der Hand des Höchsten zu sein, wenngleich aus unheiligem Metalle.“
Dann gab er August von Haxthausen genaue Instruktionen, wie denn der Brief auszuhändigen sei: „Deine Tätigkeit dabei soll sich darauf beschränken, den beiliegenden Brief auf geschickte Art der Nette zukommen zu lassen, ich meine so, daß du ihr etwa trocken sagst: da ist ein Brief für dich gekommen, ohne zu sagen woher.“
August von Haxthausen meldet August von Arnswaldt Triumph:
„Euer Brief an Annette hat fast die Wirkung gehabt, die wir dachten.“
Übrigens fand man im Nachlaß von Straube, als er 1847 starb, eine Locke von Annette. Er hatte wohl starke Gefühle für sie, aber eben auch nicht den Mut, sich nicht auf diese intrigante Idee von der „Prüfung“ einzulassen. Im Gegensatz zu der Arnswaldts scheint Straubes spätere Ehe unglücklich verlaufen zu sein. Amalie „Malchen“ Hassenpflug, die mit Annette befreundet und übrigens auch eine wichtige Märchenquelle für die Grimms war, schrieb 1826: „Seitdem ich weiß, dass er Nette so geliebt, tut er mir noch einmal so leid wie sonst, denn nun begreife ich erst, wie er die Frau hat nehmen können.“