Beiträge von Petra

    Lexikon der schlechten Gewohnheiten von Jürgen Bräunlein
    - eine vergnügliche Enzyklopädie menschlicher Abgründe -


    Klappentext


    Die Firnis des zivilisierten Lebens ist dünn, der Lack bröckelt. Dunkle Triebe, verschwommene Bedürfnisse und sonderbare Vorstellungen bemächtigen sich unserer, und wir werden von ihnen mitgerissen. So passiert es. Plötzlich bohren wir in der Nase, kauen an den Fingernägeln und starren ungeniert in Ausschnitte und auf Gesichtswarzen. Wir stürmen als Erste zum Büffet, schauen zur Unzeit "Unterschichtenfernsehen" oder schnarchen im Theater - sogar in den vordersten Reihen. All das tut man nicht. Schon gar nicht, wenn man Abitur und eine solide Kinderstube hat. Es sind schlechte Gewohnheiten, die man besser vertuscht. Erst recht in Zeiten, in denen Benimm-Bücher boomen, Tugendwächter zur Vollkommenheit ermahnen, Coachs an unserem Auftreten feilen. In der verlotterten Mittelmaßrepublik sehnt man sich wieder nach formvollendetem Auftreten, tadellosen Manieren und normierter Geschmacksicherheit. Gerade bei den jungen Konservativen zeigt sich eine bierernste Fixierung auf Knicks und Knigge. Autoren wie Florian Illies, Asfa-Wossen Asserate und Alexander von Schönburg liefern die elitäre Programmatik dazu. Das Leben, so der Grundtenor, wäre doch sehr viel besser, wenn sich noch mehr Menschen die "richtigen" Umgangsformen antrainierten.


    Das Lexikon der schlechten Gewohnheiten rebelliert gegen diesen Zeitgeist einer ästhetischen Haltung ohne Inhalt und spottet über die "Gouvernantenprosa" gängiger Benimm-Dich-Bücher. An gesellschaftlichen Vorschriften, so watteweich sie auch verpackt sein mögen, besteht kein Mangel, glaubt der Autor. Dringend unter Artenschutz gestellt werden müssen hingegen unsere unbewussten Ausbrüche aus der gestrengen Etikette. Denn sie sind Impulse der Freiheit. So seziert das Buch unsere schlechten Gewohnheiten ohne Vorurteile und mit Hingabe. Psychologie, Evolutionsbiologie, Anthropologie, Beispiele aus dem Tierreich und nicht zuletzt eine gute Prise gesunder Menschenverstand helfen dabei, "bad manners" ins richtige Licht zu rücken. Zeugnisse aus der Kulturgeschichte, der Literatur und der Promiwelt, zeigen: Wir sind nicht allein!


    Über den Autor


    Jürgen Bräunlein ist Literatur- und Medienwissenschaftler, Journalist und Autor ("Schön blöd. Der unheimliche Medienerfolg der Untalentierten", 1999).
    Jürgen Bräunleins Website


    Meine Meinung


    Autor Jürgen Bräunlein widmet der bedeutenden schlechten Gewohnheit Auf der Toilette lesen eine espritreiche Untersuchung, wie aus schulischen Betrugspraktiken, der Verweigerung protestantischer Arbeitsethik und männerbewegten Befreiungsversuchen nach den Palastklo-Bibliotheken des 19. Jahrhunderts eine Demokratisierung des Örtchens als Leseidyll bis in den Deutschen Bundestag stattfinden konnte. Leider unterschlägt er die schlechte Gewohnheit, die sich bei der Lektüre seiner klug-vergnüglichen Enzyklopädie wie ein Virus verbreiten könnte: Lesen während des Haarewaschens als Zwangshandlung. Der Kritikerin geschehen - mit der dringlichen Bitte an die Verlage, solche unverzichtbaren Standardwerke menschlicher Abgründe doch künftig bitte mit abwaschbarem Hardcover zu liefern.


    Die kurzweilige, unauffällig bildende, maliziös hintergründige Enzyklopädie lässt keinen Leser in Frieden. Wer sich hier nicht ertappt fühlt, ist kein Mensch, oder gibt vor, etwas Besseres zu sein. Wer hat noch nicht an der roten Ampel gepopelt, ohne Fächer vor dem Mund gegähnt, sich selbst manisch im Internet gesucht oder sich für die eigenen Eltern geschämt? Wer bisher noch nicht ahnte, warum er sich so daneben benimmt und auch nicht besser ist als der Typ mit Anzug und Krawatte und Benimmdiplom, der erfährt hier in einer atemberaubenden Mischung aus Psychologie und Zoologie, Feuilleton und Klatschpresse, was dahinter steckt und warum es so gesund ist, Menschen ins Wort zu fallen oder den Hund mit ins Bett zu nehmen.


    Hand aufs Herz: Wer weiß schon, dass ein bekannter Politiker mit seinem Stinkefinger im Iran weniger angeeckt wäre als in Deutschland? Wer ahnt, dass Männer an Frauen mit Reifenpannen nur deshalb vorbeifahren, weil sie allenfalls beim Matchbox-Auto des Reifenwechsels mächtig wären? Wer kommt auf die Idee, die Zeugen Jehovas an der Haustür im Pyjama abzuwimmeln? Jürgen Bräunling deckt nicht nur schonungslos und amüsant die Hintergründe auf, sondern gibt handfeste Tipps. Für die gekonnte Erstürmung eines Buffets. Für die Unterstützung der maroden Staatskasse durch Produzieren von Bußgeldbescheiden. Für erfolgreiches Erregungsaufschieben mit einem Wort, das es in die Top Ten der geheimnisvollen Wörter schaffen könnte: Prokrastination.


    Wer von diesem Buch genauso wenig genug bekommen kann wie die Kritikerin, dem wird obendrein durch kurzweilige Literaturtipps zwischen Sachbuch und Internet, Feuilleton und Literatur Appetit gemacht. Wem das nicht genügt, dem bleibt nur eins: das Buch auf die Toilette legen, immer wieder darin schmökern und an diesem Ort der Kulturverbreitung andere damit anstecken. Denn auch Menschen, die keine schlechten Gewohnheiten haben, müssen irgendwann aufs Klo.

    Weiß gar nicht, was ihr habt... in Frankreich macht mit dem Foto eine Kosmetikfirma Werbung in der Yellow Press. Für Aromacremes für die Haut ab 50.
    Und was soll ich sagen, es wirkt!!!
    Legt den Roman zehn Minuten ins Gefrierfach oder unten in den Kühlschrank und euch entspannt hin. Und dann das Cover mit der glänzenden Fotoseite direkt auf die müden Augen!


    Petra

    Ihr drei macht mir Freude! Ich sollte vielleicht mal den Businessplan für Dahlias Laden bei ebay verhökern. :-]
    Bei meiner letzten Lesung hatte ich ein ähnliches Feedback. Der Buchhändler hatte den Roman unter dem Aspekt angekündigt, der übrigens mir als Autorin tatsächlich der wichtigste war: eine Geschichte zu erzählen über Menschen, die in einer Zeit von Krisen wirtschaftlich auf die Beine kommen müssen und kreativ werden. Prompt kamen fast geschlossen die Baden-Badener Geschäftsfrauen. An diesem Abend wäre niemand auf die Idee gekommen, dass es sich um einen Frauenroman handeln könne. Der Alexej kam aus anderen Gründen an... diese Alexejs sitzen dort überall herum. Also eher eine Lokalanekdote, der Mann. :lache


    Ich will mal ein wenig verraten, wie ich auf den Roman kam. Als ich vor dem leeren Papier saß, waren die deutschen Medien grade auffallend voll mit Krisengejammer und Negativschlagzeilen. Eines Abends kam ich von einer Fahrt nach Deutschland, wo ich das Gefühl hatte, ich würde bald auf offener Straße angegriffen, nur weil ich fröhlich lächelte. Die Stimmung war mies, aggressiv. Ich fuhr bei einem Freund vorbei. Dort saß ein junger Mann unter 30, seit kurzem arbeitslos. Frau auch arbeitslos, drei Kinder. Wir sprachen eine Weile über die schwierige Lage, aber ich hörte kein Jammern.


    Mein Freund machte einen Deal: schenkte dem jungen Mann Brennholz für den ganzen Winter, dass er selbst im Wald schlägt und sägt. Dafür verlangte er, dass dieser ihm helfe, das Scheunendach zu reparieren und damit das Holz abzuarbeiten. Die Arbeit am Dach war ungleich kleiner als die am Holz, aber so konnte der Mann seinen Stolz bewahren. Tja, und dann kam der Selbstgebrannte auf den Tisch und wir stießen alle miteinander darauf an, dass man sich ja helfen könne und dass das Leben doch einfach wunderbar sei, solang man noch zwei Hände zum Schaffen habe und nicht schwer krank sei.


    An dem Tag habe ich nachgedacht, worin der Unterschied in der Lebenshaltung lag. Auf der einen Seite die Leute, die jammerten, alles mies redeten und resignierten... auf der anderen Seite Leute, denen es mindestens so mies ging - und die anpackten.


    Den zweiten Aha-Effekt hatte ich, weil ich zu der Zeit selbst nochmal ganz neu und im fremden Land, mit mir völlig fremden Gesetzen und Regeln, existenzgründete. Meine deutschen Freunde hielten mich für total bekloppt, in so einer "Krisenzeit" noch mal von Null ab eine Firma aufzuziehen, in Fremdsprache, in meinem Alter auch noch (andere denken ab 40 an die Rente). Ich bekam damals vom Staat Unternehmensberatung geschenkt, weil ich arbeitssuchend gemeldet war. Und diese Beraterfirma war deshalb schon ein wenig Sozialunternehmen. Im Hinterhof eines der übelsten Viertel von Strasbourg... im Wartezimmer saßen all die Menschen, die gesellschaftlich sonst am Rand stehen: Immigranten aus aller Herren Länder, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose, Behinderte.


    Ich werde das nie vergessen. Viele kamen, um einen Kaffee miteinander zu trinken, sich auszutauschen, sich Mut zu machen oder zu holen. All diese "Randgruppen" hatten nur eins im Sinn: sich selbstständig machen, auf die Füße kommen. Da saß der indische Taxifahrer, die Maghrebinerin, die einen Salon für Haarteile und Hennahautmalereien aufmachen wollte, der Schwarzafrikaner, der den Schnellimbiss mit irgendeiner unaussprechlichen Spezialität gründen wollte oder die geschiedene Französin, in ihrem Alter ohne Chancen auf Anstellung, die Klavierunterricht geben wollte.


    Es gab nicht nur Unternehmensberatung. Die Beraterin schuf ein Netzwerk, machte die Leute miteinander bekannt. Ich wollte damals eine Grundlage schaffen für meine Gourmet-Kultur-Events. Da gab's die Telefonnummer vom Weinhändler soundso, vom Restaurant Dingens, vom Bühnenunterricht. Alles Leute, die dort einmal als Klienten gewesen waren. Es war wie eine große Familie. Man unterstützte sich gegenseitig. Wildfremde Leute halfen einem weiter. Da herrschte richtig Feieratmosphäre manchmal. Und die kannten ja alle die Paragraphen genauso wenig wie ich. Man konnte sich gegenseitig einfach anrufen und um Rat fragen.


    Ich habe damals meine Komplexe verloren und gelernt, laut zu sagen, dass ich mit Behördenfranzösisch auf dem Kriegsfuß stehe und keine Ahnung von Tuten und Blasen hab. Und immer hat man mir weitergeholfen, mir alles erklärt, auch nachher auf den Ämtern. Dieses Gefühl, nicht allein zu sein, hat mich durchhalten lassen.


    Und dann habe ich auf den Ämtern gesehen, wie Menschen durch Krisen und Fehlschläge nicht nur allen Mut verlieren können, sondern auch oft ihre Würde. Und dagegen standen diese Menschen, die ebenfalls nichts hatten, nur sich selbst und eine Idee... und die sagten: jetzt erst recht, ich schaff das. Und wir können uns gegenseitig stützen. Nicht alle haben es geschafft. Bei manchen waren die Hürden an Unglück einfach größer als die Kraft. Es gibt auch viele, die gar nicht schaffen wollen... Aber zu sehen, was aus einem Arbeitslosen oder armen Immigrant werden kann, wenn ihm der Weg geebnet wird, wieder gebraucht zu werden, Sinn zu fühlen, das war schon beeindruckend.


    Tja, in dieser kitschigen Atmosphäre zwischen Verzweiflung und Trotz, Hoffnung und Freude entstand das Buch. Apropos Jane Austen: Ich bin in der Zeit auch mal umgekippt... beim Anblick eines sechsseitigen Formular im Format DIN A 3 :lache


    Huch, ich wollt doch nur kurz was erzählen und schreib schon wieder Romane! :wow


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Muffin
    Endlich beschreibt mal jemand, was das Buch bei mir ausgelöst hat. :anbet
    Warum ich das jetzt erst schreibe? Nun, erstens sind wir hier in einem Bücherforum, nicht in einem Selbsthilfeforum. Zweitens - wer gibt schon gerne zu, dass einem das von anderen empfundene "Zuviel an Harmonie und Weisheiten" grade erst recht nen sehr realen und notwendigen Tritt in den Allerwertesten verpasst hat. ;-)


    Bitte schämt euch nicht für so ein Feedback - mich macht es glücklich! Dann hat dieses Buch nämlich mehr geschafft als "nur" zu unterhalten. Übrigens sind die Leser live ganz mutig, kürzlich sagte mir eine, ihr hätte das Buch über den gesprengten Überziehungskredit hinweggeholfen :grin


    Zitat

    "Wir gehörten gestraft (wenn wir hier darben würden)"
    Den Ausdruck kenne ich nur aus dem Dialekt und habe ihn noch nie irgendwo gelesen. Ist das wieder so ein regionales Ding, oder kennt ihr den Spruch auch?


    Puh, da muss selbst ich passen. Ich höre ja den ganzen Tag nur Elsässisch und allenfalls mal Badisch... mein Deutsch verkommt manchmal etwas.... :-(
    Hier im Süden und am Rhein ist das jedenfalls gängig, dass man sagt "Der gehört gestraft".


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Eli
    @ Petra
    Die Kapitelüberschrift "Anderswelten" auf S. 96 hat mich neugierig gemacht. Hat das noch eine andere, weitreichendere Bedeutung?


    Das ist tatsächlich eigentlich ein Wortspiel aus dem Französischen, die "autre monde" ist mehr als eine "andere Welt", der Begriff kommt aus den keltischen Traditionen, wo die Anderswelten einen Zwischenbereich bezeichnen, der zwar in der Realität präsent ist, aber nicht immer und von jedem gesehen werden kann. So eine Art "Elfenwelt", "Traumwelt"... wo alles unterbewusst abläuft und seine Spuren in der Wirklichkeit hinterlässt. Wie die Theaterleute aus einem eher traumhaften Dasein in den Alltag treten und die Frauen "verzaubern".
    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Waldfee


    War das ein Kritikpunkt? Ich fand zwar die Handlung nicht jederzeit überzeugend und lebensecht, die Figuren aber allesamt.


    Ich habe Iris so verstanden, dass sie sagen wollte, sie habe die Figuren überhaupt nicht lebensfremd und überzogen gefunden. Als Grund zur Diskrepanz zwischen ihr und den Kritikern der Figuren vermutet sie Unterschiede in der Lebenswelt.


    Schöne Grüße,
    Petra

    Ich hab leider im Moment wenig Zeit, hier mitzulesen, will aber unbedingt ein wunderschönes Buch empfehlen zu unserem Thema des weiblichen Leseverhaltens... durch die gesamte Geschichte... und warum Frauen "anders" lesen. Da es viele Bilder schöner lesender Frauen gibt, auch ein Buch für Männer. :grin
    Schöne Grüße,
    Petra

    Hallo Magali,

    Zitat

    Original von magali
    Was ist 'Frauenroman'?
    Leichte Unterhaltung, seichte Unterhaltung, Unterhaltung.


    Siehst du, genau da hast du den Punkt der Schublade, gegen die sich viele wehren, Leser wie Autoren. In den 70er, 80ern durfte nämlich das Frauenbuch auch anspruchsvoll sein, sogar literarisch - auf jedem Fall lag es auf sehr hohem Niveau. Und heute ist es so, dass es zwar Autoren gibt, die gerne und bewusst leichte Unterhaltung schreiben, es gibt aber auch welche, die würden gern anspruchsvoller werden. Damit tun sie etwas, was ihre Kollegen in den Achtzigern nicht taten, weil es nicht nötig war: sie brechen aus.


    Zitat

    Happy Endings, wohin man schaut.


    Ganz genau, die sind nämlich vorgeschrieben. Tatsächlich. Und wenn die Geschichte eigentlich keins hergäbe, muss die Geschichte eben nochmal ein wenig umgeschrieben werden. Das ist bestimmt passend für viele Leser und Autoren. Aber es ist ganz bestimmt kein freies Schreiben mehr, dass sich allein an dem orientiert, was Charaktere und Geschichte erzwingen. Ich nenne das Baukastenschreiben.


    Zitat

    Woraus besteht der Frauenroman denn nun?
    Ist das so eindeutig?


    Zumindest zwischen Verlagen und Autoren ja, siehe meine "Vorgaben" weiter oben. Natürlich gibt es "Ausreißer", die von Verlag zu Verlag und von Lektor zu Lektor unterschiedlich sind. Die muss man aber als Autor oft argumentativ belegen und auch manchmal verteidigen.


    Beispiel: In meinem Lavendelblues war ein "Ausreißer", dass meine Figuren nicht das übliche Alter von Frauenromanen haben, eine Hauptfigur ist über 40, eine über 60, es gibt Leute um die 80. Das war möglich mit dem Argument, dass Frauen ab 40 vom herkömmlichen Frauenroman überhaupt nicht bedient werden. Da endet es nämlich bei etwa 35.


    Anderer Ausreißer: Dass ich eine Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg eingearbeitet habe. Solch schwere Themen sind normalerweise verpönt im Frauenroman. Ich hab sie behalten können, weil sie doch sehr "geglättet" war. Hätte ich genrefrei geschrieben, wäre es möglich gewesen, diese Nebenhandlung auszubauen. Genauso liegt meine Sprache hart an der Grenze. Ich durfte das, weil blt ein anspruchsvolleres Imprint ist. Für das Hauptprogramm von Lübbe hätte ich meinen Roman wahrscheinlich nicht verkaufen können.


    Zitat

    Frauen, seit wann ist das eine homogene Menge?


    In realiter nicht. Als Marketing-Profitberechnungsmenge ja. Und da ist es halt schlicht so, dass diejenigen, die nicht passgenau in der Schublade sitzen, schon länger brauchen, ihre Romane an Verlage zu bringen, die Verlage brauchen wiederum länger, diese Romane an die Leser zu bringen, die Buchhändler haben Probleme mit ihrem Regal und der Beratung etc. . Also konzentriert man sich auf die kleine Schnittmenge und sitzt auf der sicheren Seite. Risiko will nämlich kaum noch ein Verlag eingehen.


    Meiner Meinung nach liegt übrigens genau hier der Grund für die massive Ablehnung des Frauenromans bei Leserinnen und für seinen schlechten Ruf. Frauen sind ja nicht doof - und wenn sie merken, dass sie nur noch als Einheitsbrei bedient werden, den sich irgendwelche Controller auszudenken scheinen, sträuben sie sich.


    Übrigens... das ging bisher unter: Es gibt Bücher, die über Frauen sprechen, die anspruchsvoll sind, in denen der Autor seine Freiheiten hat, die auch mal ein tragisches Ende haben dürfen, die heiße Eisen anpacken dürfen, in denen Frauen keine Klischeerollen haben... und zwar in einem "Genre", in dem es auch dasselbe über Männer und Menschen gibt. Man nennt dieses genrelose Genre "Literatur"... Dahin wandern viele enttäuschte Leserinnen ab.


    Schöne Grüße,
    Petra

    Hallo Doc,
    ich möcht mal die Diskussion um meine Person, um die es hier gar nicht gehen sollte, freundlich abwürgen :grin
    Denn Berit hat es genau erfasst:

    Zitat

    Original von BeritDiese Zielgruppendefinition war aber evtl. überhaupt nicht das Ansinnen der Autorin. Und evtl. wird aus dieser Neudefinition dann eine ungewollte Zielgruppenverengung. Und das kann dann schon nerven.


    Natürlich habe ich meine beiden Romane gern geschrieben, in dem Moment, in dem sie wuchsen. Nur mir als Person, als Autorin, wäre es eindeutig zu wenig, lebenslänglich mit einer einzigen Schublade herumzulaufen. Nächstes Jahr erscheint ein Satirebuch von mir, es gibt ein literarisches Reisebuch, ich sitze an einem kulturhistorischen Projekt. Und an einem Roman mit Menschenthema.
    Schau Doc, wenn ich als Journalistin eine Reportage über Herzspezialisten schreibe :lache nennt mich ja auch nicht gleich jeder Herzspezialistenspezialistin?


    Können wir wieder zum Thema zurückkommen? :wave


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Doc HollywoodAber ich frage mich wirklich, was daran so schlimm ist in eine Genreschublade gesteckt zu werden? Egal ob es nun Lavendelblues, Radio Nights, Die Pelzhändlerin, Der Tribun oder Die Farbe aus dem All ist - es ist Literatur, die ihre Leser (und Leserinnen :-) ) findet. Who cares?


    The author cares, Doc. Und zwar dann, wenn er auch noch anderes vorhat oder das eher die Verlegenheitsschublade war. Wenn er sich entwickeln will. Denn wenn du einmal drin bist, lassen dich die Leser nicht mehr so schnell raus. Und wenn du in einer anderen Schublade anklopfst, kann es sein, dass einer die Tür kurz aufmacht, ganz laut "iiiiiih" schreit, und die Tür wieder zuballert...


    Wolke, so wie ich das mitbekomme, stammt der Igitt-Effekt bei Lesern hauptsächlich daher, dass die platten Romane überwiegen und das Genre runterziehen - und auch das Rollenbild der Frauen darin bei großen Bevölkerungsschichten doch auf Widerstand stößt. Obwohl Eva Hermann das ja missionieren könnte

    Tom, danke, du hast mir genau die Antwort geliefert, warum ich aus der Schublade raus will. Ich sehe den Sinn meines Schreibens nämlich darin, Geschichten über Menschen für Menschen zu erzählen. Frauen sind mir eindeutig zu wenig. Als Leserinnen wie als Hauptfiguren... ich will das ganze Leben.


    Wolke, ist das der Grund für das bessere Ansehen von Familienromanen? Dass alle Geschlechter und Altersgruppen vorkommen?


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von BeritIch lese beide Arten von Geschichten - und eigentlich hoffe ich, dass auch Männer sich für Frauenperspektiven interessieren.


    Berit, ich glaube, Männer lesen heimlich Frauenromane. Ich bekam zu meinem Stechapfel und Belladonna mehr Leserzuschriften von Männern als von Frauen. Hat mich sehr verwundert, weil es doch wirklich ganz eindeutig ein Frauenroman war und um eine Frau geht, die nach zig Jahren Ehe verlassen wird, wieder leben lernen muss.
    Die Männer haben durch die Bank geschrieben, sie hätten das Buch absichtlich deshalb gelesen, weil sie mal in den Kopf einer Frau hineinschauen wollten, verstehen lernen, was in einer Frau eigentlich in so einer Situation vorgeht.


    Tja.. und jetzt die Frage: Angenommen, die Männer "lernen" tatsächlich gezielt aus Frauenromanen? Angenommen, sie übernähmen die Bilder und Rollen darin als authentisch? Was für Frauen werden ihnen da vermittelt?


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Alexx61
    und bist du erstmal berühmt...kannst du schreiben was du willst..völlig egal


    Das bezweifle ich, Alex! Dann kommen die Daumenschrauben vom Verlag, der Erwartungsdruck. Ich habe das große Glück, noch nicht mal annähernd bekannt zu sein - und in Toms Sinn auch noch nicht allzu viele mit meinem Phaser zu verschrecken. Und deshalb pass ich jetzt haarscharf auf, dass ich mir selbst näher komme... ich bin da wie Iris, kann das alles unterschreiben, obwohl ich Krabbeltiere phasere, äh esse :grin
    Ines Bekenntnis empfinde ich als ebenso beneidenswert für jemanden, der in seinem Genre glücklich ist (mein Genre war eher ein Lebens-Unfall).


    Was ich eben aus dieser Diskussion mitnehme: Das Genre "Frauenroman" fühlt sich vollkommen unterschiedlich an, je nachdem ob für die Autorin, die Leserinnen, den Buchhändler oder den Verlag. Und dann gibt es noch die Unterscheidung bei den Autorinnen, die den Frauenroman lieben und sich mit Lust auf das Genre stürzen - und denen, die aus verschiedenen Einteilungsgründen eben damit leben müssen.


    Jeder sieht den "Frauenroman" anders. Für den Buchhändler ist es eine Hilfe und Arbeitserleichterung, man kann sein Regal schnell und gezielt bestücken... und wie ich Wolkes Beitrag entnehme, scheint der Frauenroman, obwohl er seine Blütezeit überschritten hat, doch noch ein Dauerbrenner zu sein.
    Für den Verlag ist das Genre einfach ein Marketinginstrument, das es erleichtert, an bestehende Zielgruppen zu gelangen (und damit nicht unbedingt neue aufbauen zu müssen) und vor allem den Vertretern und Buchhändlern schnelle Orientierung und Abverkaufsgarantien zu geben.


    In diesen Bereichen geht es also rein um Marketing, Werbung, Umsatz.


    Dann gibt es die Autoren mit unterschiedlichen Gruppen. Es gibt die, die gezielt und willentlich und sehr passend Frauenromane schreiben und glücklich sind, wenn sie das regelmäßig jedes Jahr machen dürfen. Es gibt Autorinnen, die ihre Schwerpunkte des Schaffens ganz woanders sehen, aber zufällig ins Genre gepasst haben. Es gibt Auftragsautoren mit dem Rex-Gildo-Effekt (köstlich, Tom!), die Frauenroman-Vorgaben frühstücken und auf Wunsch produzieren.


    In diesem Bereich ist der Frauenroman also manchmal Gegenstand von Umsatz, aber meist eher von Herzblut, Zufall oder Unfall... also auf jeden Fall mit Emotionen verbunden. Und da ist noch der Aspekt, dass man das ja für seine Leser tut.


    Bei den Lesern sehe ich die Emotionen als den wichtigsten Faktor. Als Leserin interessiert es mich nicht, womit mein Buchhändler seinen Hauptumsatz macht, ob das Regal rechts am Fenster steht oder der Verlag seine Knete aus Thrillern presst. Deshalb sehe ich die Leser hier auch in den Gefühls-Extremen: Frauenroman polarisiert als Genre. Er hat z.T. eindeutig einen schlechten Ruf bekommen (der nachher an den Autoren klebt, nicht an Buchhändlern und Verlagen) - er hat aber auf der anderen Seite auch eindeutig Fans, die dazu greifen, weil sie wissen, was so ein Buch verspricht - oder die auch aufgeschlossen wären für Neues.


    Und dann gibt es noch einen Aspekt, der hauptsächlich für Autoren interessant ist: Der Frauenroman wird in fast allen Medien nicht ernst genommen. Keinerlei Chancen auf Feuilleton. Rezensionen gibt es allenfalls in Zeitschriften wie Brigitte oder in online Medien. Hat zur Folge, dass es Frauenromane zuerst einmal ungleich schwerer haben, an ihre Leser zu gelangen. Also auch nicht unbedingt das Genre, um mal ganz schnell berühmt zu werden :grin


    Schöne Grüße,
    Petra

    Liebe Leute,
    nicht falsch verstehen: Ich wollte diese Diskussion jetzt eigentlich gar nicht so an mir und meinem letzten Roman festgemacht sehen! Wolke, ich denke, du hast die Fragen auch eher allgemein gestellt gehabt?
    Ich glaube, ich bin da wirklich ein Sonderfall, weil ich mir auf lange Sicht für mich selbst eine andere Themenbreite vorstelle (ich würde auch nie "nur" Romane schreiben wollen - ich brauche die Abwechslung mit meinen Sachbüchern). Mag sein, dass ich da Vorurteile habe... (die Latexhandschuhe waren für all die gedacht, die sich angeekelt gefühlt haben).


    Zurück zum Thema: Ines hat eine interessante Anregung gegeben zum weiblichen Schreiben:

    Zitat

    Dahinter verbirgt sich eine Auseinandersetzung mit dem konventionellen Rollenbegriff, herrschende Rollenbilder sollen bewusst gemacht und ausgehebelt werden.


    Gibt es denn heute solche Frauenromane? Ich erinnere mich an solche Bücher noch in den Achtzigern... dann hat das irgendwie aufgehört.
    Gibt es Frauenromane, die auch kritisch hinterfragen, relevant über Frauen sprechen oder gar neue Lebensentwürfe bieten?


    Neugierige Grüße,
    Petra

    @Doc:
    Belladonna war natürlich eindeutig einer. Aber ich hätte gern den Lavendelblues anders gewichtet gehabt. Mir ging es darum, wie Menschen sich aus einer wirtschaftlichen Krise befreien und wieder auf die Beine kommen. Ich ganz persönlich finde, in so einer Situation hat "frau" vielleicht mal einen One-Night-Stand, aber sie denkt ganz bestimmt nicht an Mr. Wonderful. Also ich hab zumindest in meiner Existenzgründungsphase von Formularen und Finanzamtssachbearbeiterinnen geträumt :lache


    Zitat

    Original von Batcat
    Warum wehrst Du Dich so vehement dagegen, daß Deine Romane als Frauenromane bezeichnet werden? (janda hat schon richtig angemerkt, ob du da nicht selbst auf die Labels reinffällst...?) Und wie würdest Du selbst sie bezeichnen, wenn sie keine Frauenromane sind?


    Gegen feste Verkaufsstrategien kann man sich nicht wehren (die haben ja auch ihren Sinn) - ich denke nur, ich bin keine Frauenbuchautorin (so wie ich mal ein kunsthistorisches Buch geschrieben habe und deshalb noch keine Kunsthistorikerin bin).


    Mein ungutes Gefühl beginnt eigentlich schon vorher... in der Zeit des Entwurfs. Für mich als Autorin bedeutet ja ein Genre etwas ganz anderes... damit sind Erwartungen verknüpft.
    Ich will glaubhafte Geschichten über Menschen schreiben, die sich aus den Charakteren und der Thematik folgerichtig entwickeln. Und da fühlte ich mich von Vorgaben wie oben beschrieben, doch eingeschränkt.
    Und wenn man dann manche Vorgaben brechen darf wie ich, hat man als Autor ein Problem: Diejenigen Leser, die das Herkömmliche suchen, enttäuscht man, weil sie vielleicht etwas finden, das sie nicht mögen. Und diejenigen, die das "andere" suchen, erreicht man vielleicht nicht, weil sie Genrevorurteile haben.
    Ich strebe da einfach nach größerer Freiheit...


    Außerdem hab ich die Erfahrung gemacht, dass ich z.B. über das Label "Frankreichroman" viel genauer an mein Publikum komme und mich nicht so schlimm schämen muss. :wow


    Zitat

    Aber so wie es gute und schlechte Krimis gibt, gute und schlechte historische Romane usw. usw. usw. - genau so gibt es eben auch gute und schlechte Frauenromane.


    Stimmt. Ich lese aber privat tatsächlich am liebsten Bücher, die kein Genre haben. Und Krimis...


    Zitat

    Ich finde es nicht verwerflich, wenn ein/e Autor/in von sich sagt, Frauenromane zu schreiben. Es kommt ja immer darauf an, welche. ;-)


    Ich fand es schon ziemlich traumatisch. Obige Zitate sind noch die nettesten. Manchmal hab ich gedacht, ich müsste Latexhandschuhe verteilen... :lache


    Kurzum: Ich finde das gut, wenn einer ein Genre mag, sich absolut wohl darin fühlt und das auch richtig gut beherrscht. Oder als Leser sagt, ich lese das gerne. Da hab ich Hochachtung.
    Es ist, denk ich, mein ganz persönliches Problem, dass ich mich da inzwischen auf der falschen Party fühle :grin


    Wenn ich als Leserin etwas über Frauen lesen will, gehe ich eher zum Buchhändler und frage, ob er etwas im Stil von XY hat... oder mit der und der Thematik... oder mit mehr Psychologie statt Handlung... oder liebesgeschichtenfrei... Ich bekomme dann etwas empfohlen - und mir fällt halt dann auf, dass das nicht unbedingt Frauenromane sind.


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Alexx61
    lAlleien der Buchtitel Lavendelblues, lässt mich schon zurückschrecken, ich hab bei solchen "Frauentiteln" direkt die Assoziation zu Pilcher, also schrecklich langweilig...vieeeel, viel zu viel Romantik und überhaupt.


    So ein Pech für mich, "Lavendelblues" ist Musik... :cry :lache


    Übrigens kämpfe ich mit ähnlichen Reaktionen auch im "echten Leben". Erst mal will mir kein Mensch glauben, dass ich selbst keine Frauenromane lese, grundsätzlich nicht...


    Und als ich so eingekastelt wurde, kamen nette Reaktionen:
    Freundin: "Du, wenn du mal was Anständiges schreibst, gern, dann lese ich deine Bücher auch."
    Kundin Brotberuf: "Um Gottes willen, das machen Sie doch hoffentlich unter Pseudonym! Sonst nimmt Sie doch keiner mehr ernst!"
    Buchhändlerin, bei der ich mal eine Lesung machte: "Sie müssen entschuldigen, dass wir das Buch erst bestellen müssen. Frauenromane verkaufen wir sonst nicht.
    Bekannte: Haste ne Beißzange oder Handschuhe?
    Bekannter: Na ich kenne ja dein Sachbuch, da sieht man, dass du auch denken kannst.
    Noch jemand: Schreiben Sie auch richtige Bücher?


    Das tut dann schon manchmal weh, wenn man einer künstlichen Schublade ausgeliefert ist und die Leute schon abgeschreckt werden, bevor sie das Buch überhaupt in die Hand nehmen. Dann hilft nur noch, sich so weit zu entfernen, dass man ins Froschprinzengenre nicht mehr passt...


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von jandaSchubladen passen nicht immer. Und die besten Bücher, die ich gelesen habe, passen in gar keine. :lache


    Geht mir als Leserin ähnlich!
    Was mich interessieren würde: wärst du dann auch dafür, dass die Vorgaben für Autoren aufgelöst würden? Dass also auch die Autoren einfach eine Geschichte erzählen... und wenn zu der keine Liebesverwurschtelungen passen, dass man sie eben weglässt? Oder auch mal ein nicht so rosiges Happy End bastelt?
    Schöne Grüße,
    Petra

    Hallo Bücher-Buhdi,

    Zitat

    Original von BücherBuhdi
    Mal eine andere Frage (she egerade, dass ich die zu Teil 1 noch notiert hatte):


    Ich bin auf Seite 46 über die Passage gestolpert
    "...weil sie in ihrem Beruf das Gleiche im Sinn hatte wie er. Die Menschen verwöhnen, verzaubern, um sich an leuchtenden Augen und Applaus zu nähren."
    In wieweit stammt der Satz von Dir selbst?


    Hier im Buch stammt er zunächst einmal von Estelle, die Sängerin ist. Ich kenne das von Sängern, Musikern und Schauspielern - also allen Bühnenschaffenden, dass für sie der Applaus sehr wichtig ist. Als Belohnung, aber auch als Gradmesser, wie gut sie ankamen.


    Zitat

    Könntest Du den als Schriftstellerin auch so unterschreiben? Oder vermißt Du da manchmal den "Applaus"? Wie viel Kontakt hast Du zu Deinen Lesern, mal abgesehen von der Lesrunde hier? Und wer außer vielleicht Deinem Verlag und Lektor geben Dir diesen Applaus? Wie gehst Du damit um? Was würdest Du Dir naders wünschen?


    Ich fürchte, das Schriftstellerleben ist zunächst mal eine sehr einsame Angelegenheit. Die meiste Zeit über muss man sich selbst motivieren und an den eigenen Haaren aus den Krisen ziehen. Vor allem in einem Stadium, wenn der Text noch nicht so "reif" ist, dass man ihn aus den Händen geben mag, wenn kein Vertrag in Sicht ist - da muss man sehr fest an sich und die Geschichte glauben können. Ich denke, das ist manchmal schwieriger als das Schreiben...


    Von meiner Lektorin bekomme ich erst mal mit dem Lektorat die Detailkritik - was alles zu verbessern ist. Komplimente gibt's dann nach abgeschlossenem Endlektorat, wenn das Buch in die Produktion geht. Andere Formen von Applaus sind ein Vertragsangebot, der Verkauf von Lizenzen, gute Abverkäufe...


    Mein größter Motivator ist mein Agent. Ihm kann ich eine Idee auch schon im Rohzustand in wenigen Sätzen beschreiben, ihm kann ich auch die noch teuflisch schlechten Entwurfstexte geben. Dann geht sein Daumen entweder hoch oder runter. Wenn ich dann aber sehe, dass er von einem Projekt genauso begeistert ist wie ich, beflügelt das enorm!


    Ich liebe außerdem den direkten Live-Kontakt mit Lesern (seit ich mein Lampenfieber verloren habe)... in Lesungen... ich hab aber auch schon mit einer befreundeten Musikerin und einem Sternekoch (nein, Yves war's leider nicht) ein Bühnen-Event für Genießer zu meinem Elsassbuch gemacht. Für mich ist es einfach faszinierend, die Wirkung eines Textes sofort sehen und hören zu können. Wenn man etwas Witziges schreiben möchte und die Leute lachen, weiß man, es funktioniert. Man bekommt da natürlich auch den Applaus (oder auch nicht). Vor allem auf der Bühne ist das schon ein kleiner Rausch, weil die gesamte Anspannung und Konzentration in diesem Moment abfällt. Aber fast noch schöner ist es, wenn man hinterher, vielleicht bei einem Gläschen, mit Leuten in Kontakt kommt.


    Ich würde den Teil meiner Arbeit gern ausbauen und auch mehr bieten als nur trockene Lesungen in staubigen Buchhandlungen ;) aber das ist natürlich immer eine Zeitfrage und bei anderen Veranstaltern muss man selbst organisieren. Nächstes Jahr vielleicht wieder. Jetzt muss ich erst mal fleißig schreiben...


    Schöne Grüße,
    Petra

    Zitat

    Original von Ines
    Daraus folgt, dass die heutigen Frauenromane eine Weiterentwicklung der früheren Lore-Romane sind.


    Yep.
    Ich bin ja die mit dem "Lavendelblues" und ich gestehe jetzt einfach mal frank und frei:
    - Ich kann keine Frauenromane schreiben.
    - Ich habe eigentlich vorsätzlich auch keinen vorgehabt


    Allerdings wird man wohl wegen der Buchhändler (so heißt es) immer gern einsortiert - damit die wiederum wissen, in welches Regal sie das Buch stellen sollen. So entsteht die Einordnung in der Unterhaltung in ein Genre (in der sogenannten Literatur darf man genrefrei schreiben). Es gibt sehr freie Genres und es gibt so eine Art ungeschriebener Gesetze.


    Die Verlage unterscheiden allgemein eigentlich zwei Sorten Frauenroman - und ich beschreibe mal die "Vorgaben":
    Chick Lit (= chicken literature... schon das Wort...)
    auf deutsch auch "Frecher Frauenroman"


    Zielpublikum sind sehr junge Frauen. Die Inhalte sind hier besonders austauschbar, im Mittelpunkt stehen Liebesverwicklungen der auch sehr jungen Prota, die meist in Trendjobs arbeitet, womöglich Karriere und Familie mit links schmeisst und natürlich wunderhübsch ist. Die muss am Ende Mr. Wonderful bekommen. Währendessen darf frech mit Männern als solchen abgerechnet werden, sie kommen auch nicht unbedingt so doll weg. Ausnahme: der obligate schwule Freund der Prota, der aber auch nur handzahm schwul sein darf und nicht wirklich. Die Romane müssen heiter bis witzig sein, die Probleme dürfen nicht zu tief gehen. Leichte Unterhaltung für die Badematte. Verboten sind tödliche Krankheiten, politische Krisen etc.
    Das klingt despektierlich - aber dieses Muster hat man als Autor zu erfüllen.


    Frauenroman allgemein
    Protagonistin: "starke Frau" (siehe Hera Linds Superweib), Hauptnebenfiguren weiblich. Thema "typisch weiblich", aus weiblicher Sicht beschrieben. Liebesgeschichte mit mehr oder weniger Verwicklungen und Happy End auf Problem- und Liebesebene. Handlungsgetrieben und unterhaltsam, darf aber mehr in die Tiefe als der Chick Lit. Auch hier wirklich tiefe Krisen, Krankheiten, alles, was sehr negativ und belastend empfunden werden kann, verboten. Sehr männliche Welten werden auch nicht gern gesehen, bevorzugt wird "typisch Weibliches". Männer spielen auch hier nur Nebenrollen als Freunde, Lover und potentielle Märchenprinzen.


    Das sind also verlagsseitige Erwartungen (die schwanken können, je nach Verlag, innerhalb von Verlagen, je nach Aufmachung etc.) an Autorinnen von Frauenromanen. Die übrigens meist damit begründet werden, dass die Leserinnen das so und nicht anders wollen.


    Dein "weibliches Schreiben", Ines, würde also die Erwartungen vollkommen brechen. Wer den Lavendelblues kennt, wird jetzt auch merken, wo ich gegen Regeln verstoße und wo ich sie - noch - einhalte.


    Für mich ist natürlich spannend zu erfahren, wie das die Leserinnen selbst sehen - ob sie tatsächlich diese engen Schubladen erwarten oder sich durchaus anderes vorstellen könnten? Und Wolke - hätten die Buchhändler wirklich solche Probleme mit ihren Regalen, wenn es diese engen Kisten nicht gäbe?


    Schöne Grüße,
    Petra