Liebe Büchereulen,
heute ist der "Writers-in-Prison"-Gedenktag.
Aus Solidarität mit den vielen Schriftstellern weltweit, die aufgrund ihrer Äußerungen, Meinungen und Publikationen unterdrückt, gefoltert, gefangengehalten oder getötet werden, wurde im Montségur Autorenforum heute ebenfalls die Zensur eingeschaltet.
Wer dem Forum ( http://autorenforum.montsegur.de ) heute einen Besuch abstattet, wird feststellen, dass ein großer Teil der Inhalte geschwärzt ist. Dies hindert uns einen Tag lang daran, leichtfertig über das schnöde Handwerk zu plaudern und zwingt uns, uns über Zensur und Meinungsfreiheit Gedanken zu machen.
Ich habe zum heutigen Tag auch eine Pressemitteilung versendet, die ich den Büchereulen natürlich nicht vorenthalten möchte:
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Hamburg, 12.11.2007
Autorenforum hinter Gittern
Wenn am 15. November anlässlich des Writers-in-Prison Tages das P.E.N.-Zentrum Deutschland die Hermann-Kesten-Medaille 2007 in Darmstadt verleiht, werden im Montségur Autorenforum ( www.montsegur.de ) aus Solidarität die symbolischen Gitter herabgelassen.
Für einen Tag werden sämtliche Diskussionen im Forum, ob aktuelle oder alte, zensiert. Dabei werden nicht nur wichtige Begriffe aus der Arbeit der Autoren wie "Buch", "Verlag" oder "Manuskript" herausgefiltert, sondern rund 40 Begriffe wie "ich", "du", "gut", "schlecht", "und", "ober", "aber" "nicht", "kein", "denke", "finde", "glaube" ... Das Ergebnis sind Fragen, Antworten, Meinungen und Hinweise im Forum, deren tatsächliche Aussagen nur noch schwer - in vielen Fällen gar nicht mehr - identifizierbar sind.
Die rund 300 Mitglieder sowie die zahllosen Gastbesucher des Forums können am 15. November erleben, wie Arbeit, Kommunikation, Informationsbeschaffung und Meinungsbildung in einem zensierenden System behindert werden.
Meinungsfreiheit - auch in literarischer Form - ist in vielen Ländern der Welt nicht so selbstverständlich, wie es sein sollte. Repressive Systeme offenbaren ihre Schwäche, wenn sie kritische Stimmen verbieten. Die Feder ist mächtiger als das Schwert, doch aus Gefangenschaft lässt sich nur schwerlich publizieren.
Der Gedenktag des P.E.N.-Clubs möchte die Aufmerksamkeit auf jede Schriftsteller lenken, die für ihr Streben nach Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit unterdrückt, verfolgt, verurteilt, bestraft und getötet werden.
Das 1960 gegründete Writers-in-Prison-Committee stellt jährlich einen Bericht und halbjährliche eine "Caselist" zusammen, in der auf die vielen weltweiten Fälle hingewiesen wird. Für 2007 listet dieser Report rund 780 Schriftsteller, die unterdrückt werden.
Auffallend viele Fälle sind aus Kuba, Mexiko, China, Iran, Aserbaidschan, Russland und der Türkei bekannt - allerdings sicherlich nicht zuletzt deswegen, da es in diesen Ländern weit verbreitete Kommunikationsmittel gibt. Man darf annehmen, dass die Dunkelziffer - insbesondere in Krisengebieten und Ländern der Dritten Welt - noch weitaus höher ist.
Auf der Website des Autoren-Magazin ist monatlich ein konkreter Fall auf Deutsch übersetzt nachzulesen, inklusive einer Kontaktadresse, um aktiv zu werden.
Weitere Informationen:
http://www.pen-deutschland.de/…ben/writers_in_prison.php
http://www.autoren-magazin.de/…eller-im-gefaengnis.phtml
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Ich würde mich freuen, wenn nicht nur Autoren, sondern auch möglichst viele Leser den Tag zum Anlass nähmen, um über das Thema nachzudenken.
Lieben Gruß,
euer Andreas