Beiträge von GleichSamm

    :-] Zum ersten:


    Zitat

    Original von Batcat
    Die Buchempfehlungen lese ich erst mal interessiert durch und bei vielen Eulen weiß ich mittlerweile auch, ob wir einen ähnlichen Geschmack haben oder nicht.


    Dem ist nichts hinzuzufügen!


    :-] Zum zweiten


    es hilft mir auch, anderer Leute Buchgeschmack besser einzuschätzen. Ich werde also den Pratchett-und-Moers-Fan in meiner Nähe nicht mehr mit atmosphärisch stimmiger Fantasy belästigen (wie ich sie gut finde), sondern kann gezielt hier im Forum Bücher suchen, die von ausgewiesenen Funtasy-Fans als gut beschrieben werden.


    Welch Erleichterung!
    :wave
    GleichSamm

    Ein Buch, das
    den Hugo,
    den Nebula
    und den Locus Award
    erhält, kann nicht völliger Schrott sein.


    Im Gegenteil scheint es den amerikanischen Kritikernerv perfekt zu treffen: es geht hier eigentlich um die ungeheure Überhöhung der Gegenwart, die nur übertroffen wird durch die noch bessere Zukunft. Vergangenheit? Was ist das schon?


    Aber weniger Text, weniger Episoden, mehr Konzentration auf die eigentliche Geschichte wäre gut gewesen..
    Mir gefällt z.B. die Lakeside-Episode sehr gut, es hätte eine nette Kurzgeschichte, wenn nicht gar Novelle ergeben. Aber jetzt steht sie in diesem Roman sozusagen quer zum Rest und stört.


    Nein, American Gods ist einfach nicht nach meinem Geschmack.


    :wave
    GleichSamm

    Originaltitel: The Iron Council
    übersetzt von Eva Bauche- Eppers


    Zum Buch:
    Der Eiserne Rat!
    Er ist nur Geflüster im Bauch der Metropole New Crobuzon - die geheime Hoffnung der Unterdrückten, derjenigen, die unter den Folgen des schlecht geführten Kriegs gegen die Teshi am meisten zu leiden haben.
    Und er verkörpert die heimliche Furcht der Oberschicht, dieser korrupten Mischung von Militär und Ausbeutern, die die Stadt seit jeher im Griff haben. Denn der Eiserne Rat, die große, fahrende Zugfabrik, die sich selbst ihre Gleise legte, um den gewaltigen, geheimnisvollen Kontinent zu erschließen, der Eiserne Rat wurde von den aufständischen Arbeitern übernommen. Die schlugen die gefürchtete Miliz zurück und verschwanden unauffindbar - und sorgten damit für den Bankrott der Eisenbahngesellschaft TRT ... ein Doppelschlag gegen die Herrscher New Crobuzons, den sie bis heute nicht vergessen haben.
    Und nun? Auf einmal kommt das Gerücht auf, der Eiserne Rat wäre entdeckt worden - und die Miliz hätte eine Eliteeinheit aufgestellt, um ihn zu vernichten! Sofort brechen Menschen auf, um den Eisernen Rat zu finden, ihn zu warnen - und ihn nach New Crobuzon zurück zu führen! Denn der Eiserne Rat könnte der Funken sein für das Pulverfass der Crobuzoner Elendsviertel ...


    Zum Autor:
    Nach Abschlüssen in Sozialanthropologie und Wirtschaft unterrichtete Miéville in Ägypten und bezog aus dieser Tätigkeit sein Interesse an arabischer Kultur und der Geschichte und Politik des Mittleren Ostens. Sein erster Roman, King Rat, wurde für mehrere Auszeichnungen nominiert, sein zweiter, Perdido Street Station, schließlich mit mehreren Auszeichnungen bedacht.
    Seine Geschichten zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie extrem schwer in ein Genre einzuordnen sind; eine seiner Inspirationsquellen war wohl Mervin Peake.
    Neben Romanen schreibt er auch Kurzgeschichten und Essays, oft auch zum Thema phantastische Literatur. (*1972)


    Meine Meinung:
    Die Integration des Wilden Westens in die Welt von Bas-Lag ist ein fantastischer Wurf, allerdings fehlt es dem Roman irgendwie an der Faszinationskraft, die die beiden Vorgänger auszeichnete.
    Das hat ein paar Ursachen:
    - es tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt bzgl. der überbordenden Sprache Mievilles ein,
    - es gibt bereits so viele Wunder in dieser Welt, dass Du Dir verzweifelt wünschst, das ein oder andere besser kennen zu lernen (z.B. High Cromlech - Grab-am-Berg, die Stadt der Untoten, in der die Vampire eine erbärmliche Bettlerkaste sind, die von Blutspenden der lebenden Bewohner abhängig ist, dieweil die lebenden Toten das Reich beherrschen - was ein Entwurf!). Statt dessen kommen immer neue Wunder hinzu: die Tesh, das Tausendplagenland, die Mönche des Augenblicks usw.
    - die offen politische Dimension der Geschichte ist nicht jedermanns Fall.
    Dieser letzte Aspekt ist es auch, der das Buch in einem insgesamt kälteren Glanz erstrahlen lässt als seine Vorgänger: hier haben die Hauptpersonen eine (politische) Mission - und nicht, wie Bellis Schneewein oder Isaac Dan dar Grimnebulin, persönliche Interessen, die man leichter verstehen und miterleben kann. Und wenn man - wie ich - eine deutlich andere Lebens-und politische Philosophie als Herr Miéville hat, behindert das natürlich auch den Buchgenuss.


    Insgesamt das schwächste Buch von Bas-Lag, aber immer noch absolut lesenswert, schon wegen dem völlig unerwarteten Clou am Ende.


    :wave
    GleichSamm

    :-] Zu meiner Schulzeit war das eine Neuerscheinung. Mit einem Referat zu diesem Buch habe ich 1987 im Deutsch-LK gute Punkte gemacht ...


    :-) Wie ich hier lese, ist es inzwischen gängige Schullektüre geworden -
    mag mir irgendjemand der Betroffenen verraten, wie es denn analysiert wird?


    Ach ja, noch ein altes Attribut mit neuem Klang:


    ein ruchloser Mörder :grin


    :wave
    GleichSamm

    Das Buch gibt der Redensart "Leute an der Nase herumführen" eine ganz neue Bedeutung
    ... im Gegensatz zu Edelstoff habe ich auch lange nicht den Braten gerochen, bin eben keine Spürnase, lass mich eher nasführen ...


    Zitat

    Original von edelstoff
    Die Story, also die Haupthandlung ist relativ schnell erzählt, dazu würde fast ein Satz genügen.
    Es gibt keine Überraschungen oder Aha Effekte. Der Leser weiß von den ersten Seiten an auf was die Geschichte zusteuert - und das ist leider alles andere als spannend.


    Ich wusste bis zum Ende nicht, wie es enden kann (außer natürlich: mit Grenouilles Tod), und fand den gefundenen Schluss dann folgerichtig und gleichzeitig genial ... so sehr, dass ich das Buch bis vorgestern nicht mehr wieder geöffnet habe.


    Aber vorgestern war ich im Film. Der scheitert zu oft daran Gerüche sichtbar zu machen. Immerhin wollte ich jetzt aber wissen, wie entsprechende Szenen im Buch beschrieben sind, deshalb das Buch aus dem Regal genommen


    - es bleibt für mich ein Lesevergnügen!


    :wave
    GleichSamm

    Ich weiß nichts über die Gesetze des Büchermarkts, aber mir scheint Lilith unter großem Zeitdruck entstanden zu sein. Die Geschichte als Ganzes funktioniert bis zum Clou kurz vorm Ende und dem dramatischen Schlusskampf - aber die Ausführung!
    Brachial werden Geschichten und Erzählungen anderer Autoren so zurechtgebogen, dass sie die Handlung stützen ...
    Die charakterliche und emotionale Entwicklung der Figuren kommt viel zu kurz, so dass sie mich bald nicht mehr interessieren ...
    ein spannender Plot für einen Fantasy-Actionfilm á la Tombraider, aber keine gute Fortsetzung für „Lycidas“.


    Ich habe aber noch einen Funken Hoffnung für "Lumen".


    :wave
    GleichSamm

    Zitat

    Original von dyke
    Übrigens hat Tony Hillerman noch zwei Märchen geschrieben


    Korrektur:
    "Finding Moon" - "Auf der Suche nach Moon" ist mitnichten ein Märchen, sondern ein Abenteuerroman, der am Ende des Vietnamkriegs spielt.


    :wave
    GleichSamm

    Im Original: „The Distant Mirror - The Calamitous 14th Century“ ( erschienen 1978 )
    Aus dem Vorwort:
    "Das Buch ist entstanden, weil ich herausfinden wollte, welche Einflüsse das verheerendeste Ereignis der überlieferten Geschichte auf unsere Gesellschaft gehabt hat - ich meine den Schwarzen Tod, der in der Zeit von 1348 bis 1350 schätzungsweise ein Drittel der zwischen Island und Indien lebenden Bevölkerung hinweg gerafft hat.
    Das Ergebnis meiner Nachforschungen ist schwer zu fassen, denn das 14. Jahrhundert war (in den Worten eines Zeitgenossen) so vielen „fremden und übermächtigen Gefahren und Widrigkeiten ausgesetzt“, dass sich seine Wirren nicht auf einen einheitlichen Ursprung zurückverfolgen lassen. Nicht nur die vier Reiter aus der Vision des heiligen Johannes haben ihre Spuren hinterlassen, es sind sieben geworden: Seuche, Krieg, Steuern, Räuberei, Misswirtschaft, Aufruhr und Kirchenschisma haben das Jahrhundert geprägt. Bis auf die Seuche selbst entstammte all dies einer Zeit, die vor dem Schwarzen Tod lag, und es dauerte an, als die Seuche vorüber war. [...]
    Die fünfzig Jahre nach dem schwarzen Tod sind der Kern dessen, was ich einen zusammenhängenden historischen Zeitabschnitt nennen möchte. Er hat von 1350 bis 1400 gedauert, vielleicht einige Jahre länger. Um den Gegenstand einzuengen und mein Thema in den Griff zu bekommen, habe ich das Leben einer authentischen Person zu Medium meiner Untersuchung gemacht. Neben dem menschlichen Interesse hat dies den Vorteil, dass ich näher an der Realität bleibe. So bin ich nämlich gezwungen, den konkreten Umständen und Abschnitten einer mittelalterlichen Lebensgeschichte zu folgen, mag dies Leben führen, wohin es will, und es führt, so meine ich, zu einer getreueren Schilderung der Zeit, als wenn ich ihr meinen eigenen Plan aufgezwungen hätte.
    Es handelt sich dabei weder um die Lebensgeschichte eines Königs noch einer Königin, weil alle solche Hoheiten in sich schon außergewöhnlich sind und, das sei nur nebenbei bemerkt, weil sie schon zu abgegriffen wirken. Es geht aber auch nicht um einen einfachen Zeitgenossen, weil diese alltäglichen Lebensgeschichten nicht so umfassend sein können, wie ich es wollte. Ich habe auch keinen Klerikalen oder Heiligen ausgewählt, weil sie sich außerhalb der Grenzen meines Verständnisses bewegen. Auch habe ich Frauen gemieden, da jede mittelalterliche Frauengestalt, deren Leben in einer angemessenen Form überliefert ist, atypisch wäre.
    Die Wahl ist nun eingeschränkt auf die Gruppe der Männer des zweiten Standes - auf den Adel -, und sie ist schließlich auf Enguerrand de Coucy VII. gefallen, den letzten einer großen Dynastie und den „erfahrensten und klügsten aller Ritter Frankreichs“*. Sein Leben (1340 - 1397) deckt sich mit dem Zeitabschnitt, dem meine Untersuchung gilt. Außerdem scheint er wie für meinen Plan vorherbestimmt, angefangen von dem Tod seiner Mutter in der Zeit der Seuche bis hin zu seinem sehr passenden Tod in der kulminierenden Katastrophe des Jahrhunderts."


    *hier wird Froissart zitiert, der wichtigste Chronist des 14. Jahrhunderts, zu dessen Gönnern und Förderern Coucy zählte. Insbesondere durch Froissart erhält Tuchmans Buch eine große Fülle von Material, aber Coucy war ein so wichtiger Mann der französischen Politik, dass es auch viele andere Quellen und Belege gibt.


    Die Autorin:
    Barbara Tuchman wurde 1912 in New York geboren. Sie studierte am Radcliffe College, wurde dann Korrespondentin der 'Nation'. Für zwei ihrer Werke wurde sie mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet: 1963 für 'August 1914' und 1972 für 'Sand gegen den Wind'. Barbara Tuchman ist 1989 verstorben.


    Meine Meinung:
    Frau Tuchman arbeitet mit vielen Quellen. Alle Zitate sind belegt (alle Quellenangaben am Ende des Buches, keine Fußnoten, was der Lesbarkeit zugute kommt). In meiner Ausgabe von 1985 sind auch noch verschiedene Gemälde etc. abgedruckt, die Frau Tuchman im Buch auswertet.


    Trotz der Detailfülle ist ein gut lesbares Werk entstanden, das mir als Leser die großen Ereignisse des 14. Jahrhunderts verständlich macht, und erst recht die Verfassung der brüchiger werdenden Ständegesellschaft. Wie viele Zusammenhänge werden dadurch klar!


    Die typisch journalistische Idee, die Zeitgeschichte anhand einer Person darzustellen, ist sehr überzeugend. De Coucy verkehrt mit Königen, Päpsten und Briganten, ist oft der Beauftragte mächtiger Herzöge, ist Heerführer und Diplomat. Er wird kurz vor der Pest geboren und stirbt auf dem letzten Kreuzzug. Zudem ist er einer der wenigen, dessen Handlungen auch im Licht unserer Zeit „vernünftig“ erscheinen.


    Wer -wie ich - mehr über die Zeit wissen will, in der Rebecca Gablés Romane "Das Rad der Fortuna" bzw. "Der König der purpurnen Stadt" spielen, macht mit diesem Buch einen exzellenten Griff.


    :wave
    GleichSamm

    Sind eigentlich bei allen vorgenannten Ausgaben die Illustrationen von John Tenniel abgedruckt?
    Tenniel hat sich ja später geweigert, für Carroll "Sylvie And Bruno" zu illustrieren, weil Carroll für Tenniels Geschmack viel zu starre Vorstellungen hatte, wie die Illustrationen aussehen sollten.
    Was ja nichts weiter besagt, als dass diese Zeichnungen eine ganz wichtige Rolle in diesem Buch spielen.


    Verlinkt habe ich "The Annotated Alice" - mit den Kommentaren vom Martin Gardner. Da Carrolls Geschichtlein ursprünglich für eine tatsächliche Alice geschrieben wurde, hat er natürlich auch Anspielungen und Anekdoten aus ihrem gemeinsamen Erfahrungen eingebaut.
    :-(Das nimmt der ein oder anderen Szene einen Teil ihrer Absurdität - wer sich das also gänzlich erhalten will, lasse die Finger von dieser Ausgabe, aber allen anderen sei sie wärmstens empfohlen.


    :wave
    GleichSamm

    Zitat

    Original von Bernard
    Oder, wie Terry Pratchett einmal sagte:
    "Wenn du 14 Jahre alt bist und den Herrn der Ringe nicht für das beste Buch der Welt hältst, ist vermutlich etwas falsch mit dir.
    Wenn du 18 Jahre alt bist und den Herrn der Ringe noch immer für das beste Buch der Welt hältst, ist ganz sicher etwas falsch mit dir."


    :fetchTypisch Pratchett: der kann echt nur parodieren ... nix eigenständiges, selbst die Sprüche sind verarschte Zitate.

    Zitat

    Original von Delphin
    Trifft auch unsere Familie nicht zu. Mit 15 hab ich mich nur aus Höflichkeit durch die drei Teile gequält, weil es halt ein Weihnachtsgeschenk war.


    Ich glaube, bei Jungs ist das anders - es ist ja ein Buch, in dem fast nur Männer agieren. Und die vier Hobbits werden im Verlaufe der Handlung merklich reifer und finden ihren Selbstwert und ihren Platz in der Welt ... die Frauenfiguren im Buch heiraten ... und gut ist es... Tolkien hatte halt ein ziemlich rückständiges und rückwärts gewandtes Weltbild. :-(


    :-) Aber ein tolles Gespür für Erzählungen! Der HdR ist ein Gigant!


    :wave
    GleichSamm

    :PMir ging es gerade umgekehrt wie Doc.
    Ich fand den Mond der Brennenden Bäume toll und hab mich gewundert, dass es das meiner Meinung deutlich schwächere "Roter Mond und Schwarzer Berg" in die Hobbit-Reihe geschafft hat.


    Der Vollständigkeit halber:
    Es gibt noch die Novelle "Wenn Voiha erwacht" von Joy Chant aus der gleichen Welt. Sozusagen eine romantische Künstlernovelle aus der Welt von Vandarei.


    @lulured: ich hab alle drei Bücher behalten. Lesenswert sind sie alle, aber mein eindeutiger Favorit ist der Mond der Brennenden Bäume.


    :wave
    GleichSamm

    ... damals die 12. Klasse wiederholt und deshalb den Faust zweifach als Schullektüre gehabt.


    Lehrer 1 hat den ersten Teil als klassisches Drama abgearbeitet (Gretchen-Tragödie) - da stellt sich natürlich heraus, dass der Faust in dieser Beziehung ziemlich schlecht gemacht ist mit diesen vielen Szenen, die zu diesem Drama gar nichts beitragen ... Auerbachs Keller, Walpurgisnacht und so.


    Lehrerin 2 ist mit uns durch beide Teile durchgegangen. Dadurch ergibt sich der große Zusammenhang - von der Wette zwischen Gott und Teufel bis zu den biographischen Details, die Goethe einbaute. Das gefiel mir schon deutlich besser, wenngleich der zweite Teil deutlich mehr Wort als Handlung aufweist.


    Persönlich mag ich den Faust bis heute, habe erst kürzlich einige Verse als Aufhänger verwenden können:


    Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
    Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
    Wenn hinten, weit, in der Türkei,
    Die Völker aufeinander schlagen. (860 - 863)


    ... da fühlen wir heute anders, oder nicht?


    Tipp: Laut lesen - den Versen bekommt das gut!

    :wave
    GleichSamm


    P.S. Salonlöwin : Hätte ich mal bloß mein Abi mit Faust Zwei machen dürfen ... ich hatte die Emilia Galotti vom faden Lessing zu bearbeiten und durfte einen Vergleich zur Gretchen-Tragödie ziehen ... örks

    Liebe Freundinnen und Freunde des Mythenmetz’schen Frühwerkes!


    So sehr ich Eueren Enthusiasmus auch zu ehren weiß, kann ich doch nicht umhin anzumerken, dass es mehr bedarf als einiger flüssiger Sätze, der ein oder anderen flüchtigen Pointe und einer Hand voll sich gescheit dünkender Anagramme, um einen willensstarken unhypnotisierbaren Murch wie mich zu beeindrucken ...


    Nein, in der Tat ist das meine zweite Begegnung mit Zamonien - und ich bin nahe daran zu balzen wie der oben erwähnte Murch.
    Bei „Ensel und Kretel“ war mir der Aspekt der Parodie / Verarschung viel zu stark,
    in der „Stadt der träumenden Bücher“ stimmt für mich das Verhältnis von erzählter Geschichte zu den parodistischen Elementen.


    Die Bilder tragen ihren Teil dazu bei.


    Und natürlich die „Zwinkeraugen-Pointen“:
    - die Anagramme (Permutationen) der Dichternamen (an dieser Stelle vielen Dank an Der Made:
    auf Keller und Droste-Hülshoff war ich nicht gekommen ... )


    die Buchimistische Zahlenmystik (die 8 ist ja nun mal auch die „aufrechte Unendlichkeit“) ...


    .. das spricht mich einfach an.


    Nein, das hat nichts von Pratchett’scher Brachial-Witzischkeit, das ist wesentlich phantastischer und fruchtbarer.


    Mit majestätisch aufgeblasenen Backen vor sich hin murchend,
    :wave
    GleichSamm

    ... wenn ich geahnt hätte, dass ich der erste Mann-Rezensent bin, hätte ichs vielleicht gelassen ... aber jetzt habe ich noch 'ne Biographie zusammengepuzzelt ...
    wohlan denn!
    :write


    Mann, Thomas Paul (1875 - 1955), deutscher Schriftsteller, Bruder des Schriftstellers Heinrich Mann. Literaturnobelpreis 1929. Kind reicher Lübecker Eltern, von früh auf entschlossen, Schriftsteller zu werden, 1905 Heirat mit Katja Pringsheim, der Ehe entstammen sechs Kinder. Billigt den Ersten Weltkrieg, engagiert sich für die Weimarer Republik, emigriert 1938 in die U.S.A., von wo aus er ab Beginn des II. Weltkriegs unter dem Titel „Deutsche Hörer!“ von der BBC gesendete Ansprachen gegen die Nazis hält. 1952 Umzug in die Schweiz, dort bis zu seinem Tod ansässig.
    Mann hat viele seiner Romane an seinem eigenen Leben bzw. dem Leben von Bekannten entlang geschrieben. „Die Buddenbrooks“ (1901) sind der Roman seiner eigenen Kindheit, nahezu alle Personen sind der Lübecker Bürgerwelt entnommen. „Der Zauberberg“ (1924) beschreibt sehr viel von der Münchner Boheme und ihrer Geisteswelt. Im „Doktor Faustus“ (1949) ist sehr viel von Manns eigener Geisteshaltung und -entwicklung zu finden.


    Leseprobe:


    „Um das Bild rein zu halten, das diese Erinnerungen dem Leser von meinem Charakter vermitteln, sei folgendes hier zu meinen Ehren angemerkt. Niemals habe ich eitles und grausames Gefallen gefunden an den Schmerzen von Mitmenschen, denen meine Person Wünsche erregte, welche zu erfüllen die Lebensweisheit mir verwehrte. Leidenschaften, deren Gegenstand man ist, ohne selbst von ihnen berührt zu sein, mögen Naturen, ungleich der meinen, einen Überlegenheitsdünkel von unschöner Kälte oder auch jenen verachtenden Widerwillen einflößen, der dazu verleitet, die Gefühle des Andern ohne Erbarmen mit Füßen zu treten. Wie sehr verschieden von mir! Ich habe solche Gefühle stets geachtet, sie aus einer Art von Schuldbewusstsein aufs beste geschont und durch ein begütigendes Verhalten die Befallenen zu verständiger Entsagung anzuhalten gesucht.“


    Ja, so isser, unser Felix! Und so auch:


    „Ohne Zweifel wird man mir entgegenhalten, dass, was ich da ausgeführt, gemeiner Diebstahl gewesen sei. Demgegenüber verstumme ich und ziehe mich zurück; denn selbstverständlich kann und werde ich niemanden hindern, dieses armselige Wort zur Anwendung zu bringen, wenn es ihn befriedigt. Aber ein anderes ist das Wort - das wohlfeile, abgenutzte und ungefähr über das Leben hinpfuschende Wort - und ein anderes die lebendige, ursprüngliche, ewig junge, ewig von Neuheit, Erstmaligkeit und Unvergleichlichkeit glänzende Tat. Nur Gewohnheit und Trägheit bereden uns, beide für eins und dasselbe zu halten, während vielmehr das Wort, insofern es Taten bezeichnen soll, einer Fliegenklatsche gleicht, die niemals trifft.
    Überdies ist, wo immer es sich um eine Tat handelt, in erster Linie wieder an dem Wie noch an dem Wie gelegen (obgleich dies letztere wichtiger war), sondern einzig und allein an dem Wer. Was ich je getan habe, war in hervorragendem Maße meine Tat, nicht die von Krethi und Plethi, und obgleich ich es mir, namentlich auch von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit, habe gefallen lassen müssen, dass man denselben Namen daran heftete wie an zehntausend andere, so habe ich mich doch in dem geheimnisvollen, aber unerschütterlichen Gefühl, ein Gunstkind der schaffenden Macht und geradezu von bevorzugtem Fleisch und Blut zu sein, innerlich stets gegen eine so unnatürliche Gleichstellung aufgelehnt.“


    Eigene Meinung:
    Ich hoffe ernstlich, mit diesen Sätzen auf manchem Nachttisch ein Plätzchen zu erwirken für Felix Krull, den Liebhaber günstiger Gelegenheiten, weltlicher Schönheit und weiblicher Anmut. Der Roman ist ein 400-Seiten-Fragment, Thomas Mann erzählt von diesem Lebenskünstler in wunderbaren, ironisch schimmernden Satzgirlanden, die vielleicht gerade deshalb so federleicht sind, weil er nie vorhatte, den Roman zu vollenden. Da ist es auch zu verwinden, dass der Roman kein Ende kennt, denn wer will denn wirklich miterleben, wie Krulls Glück sich wendet, wie er vor die Schranken der bürgerlichen Gerichtsbarkeit gezerrt wird und im gleichmacherischen Zuchthaus landet? :-( :-( :-(


    In diesem Sinne,
    :wave
    GleichSamm

    Der gute Fritz hat in seinen Dramen so einige Sätze losgelassen, die zwar als dem Unterricht geschuldete Zwangslektüre daherkamen, sich aber fast universell im Schulalltag einsetzen ließen:
    (alle drei Zitate aus Dom Carlos)


    1. "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun vorüber."


    2. "Gebt Gedankenfreiheit, Sire!"


    3. "Menschen - Menschen sind nur Zahlen."


    Zu letzterem fand sich noch eine interne Erwiderung, die geschlechtspezifisch anzubringen war:


    ... "und die Frauen / Männer sind die Nullen!" :kiss


    Gerne würde ich auch Thomas Mann zitieren, doch der hat so gar nichts knackiges ... aber diese Sprache, die ist so wunderbar!


    Deshalb ein letzter persönlicher Favorit, geschrieben vom Philosophieprofessor und Feulletonisten Theodor Lessing:
    "Ja, ich verstehe ganz, dass verschollene Völker zur Katze gebetet haben;
    aber es ist mir unbegreiflich, wie man einen Hund anbeten kann; dazu ist er viel zu menschenähnlich. "


    :write
    GleichSamm

    Mir missfällt der Umgang mit Kiplings Erzählung "The Man Who would be King"
    1. weil Kipling Zeit seines Lebens nur Endfassungen veröffentlicht hat und Elizas Einführung deshalb biographisch nicht hinhaut.
    Passender wäre es gewesen, diese Geschichte eine Quelle für Kiplings Erzählung zu nennen.


    2. hätte die Einführung als Quelle auch den Umbau der Geschichte glaubhaft gemacht, denn Peachey Carnahan und Dan Dravot sind eben nicht "mit der üblichen Arroganz der britischen Eroberer jener unzivilisierten Welt gegenüber ausgestattet", sondern bauernschlaue Gestrandete, die sich den (Aber-)Glauben und die Vorurteile dieser Kulturen geschickt zunutze machen, bis sie den Bogen überspannen ...


    Das klingt nicht nur kleinkariert, das ist auch so gemeint, bei Kipling bin ich unduldsam.
    Darum ist mir vorhin die Hand auf der Tastatur ausgerutscht.


    Ich verspoilere den ursprünglichen Text und bitte davon abzusehen, ihn zu lesen, weil er inhaltlich nichts Neues bringt außer der Erkenntnis, dass mir BatCat zurecht die Gelbe Karte gezeigt hat.


    In diesem Sinne:
    Danke, BatCat!



    ich habe Ihr Buch "Lilith" noch nicht zur Gänze gelesen,
    muss aber feststellen, dass Sie bereits früh im Band Rudyard Kipling derart entstellen, dass ich mich gezwungen sehe, an seiner statt den Fehdehandschuh aufzunehmen. :pc


    Ich kann es noch hinnehmen, dass Sie aus der wunderbaren Erzählung "The Man Who would be King" die Namen der Hauptpersonen und Orte herausnehmen und für Ihre Geschichte aufbereiten.


    :fetchWas aber wirklich schauderhaft ist, ist die Behauptung, dies wäre eine frühere Schrift Kiplings, die er selbst überarbeitet und geändert hätte. Brr!!!


    Kipling war Zeit seines Lebens bemüht, nur Endfassungen vorzulegen. Er hat testamentarisch verfügt, dass seine hinterlassenen Manuskripte nicht für eine kritische Edition seiner Werke benutzt werden dürfen, "denn er habe sich mit der endgütigen Fassung so viel Mühe gegeben, dass man die mängelbehafteten Vorstudien ignorieren solle".
    :fetchUnd dieser Mann soll dieses billige und tumbe Comicplot veröffentlicht haben???


    Ich will zu Ihrer Verteidigung zugestehen, dass Kipling die ideale literarische Verbindung zw. London und Hinterindien darstellt. Das stimmt.


    Aber wenn Sie sich schon an ihm vergreifen, hätten Sie das nicht zu einer Quelle Kiplings machen können, statt zu einem Kipling'schen Machwerk?


    Und überhaupt: Warum haben Sie nicht die "City of Dreadful Nights" verwurstet, das hätte doch besser gepasst.


    Annähernd ernst gemeint,
    GleichSamm

    Hallo Lunatic,


    Die Sache mit Preußen ist ja nur der Auslöser...



    Vielleicht Geschmackssache?
    :wave
    GleichSamm

    Liebhaber vieler oben erwähnter Klassiker bin auch ich.


    Was mich in den letzten Jahren - eigentlich gegen meinen Willen - begeistert hat, ist die Blacksad-Reihe (drei Bände):


    Die Stories sind Hammett/Chandler-mäßig: der einsame Privatdetektiv in der korrupten Stadt ...


    Aber die Charaktere sind Tiere, der Privatdetektiv natürlich der schwarze Panther, die schnucklige Ex-Geliebte ein Miezekätzchen .. usw.


    Diese Zeichnungen! Die Tiergesichter und -gestalten haben eine derart menschliche Mimik und sind dennoch voll und ganz Tier! Sensationell!


    :anbet
    GleichSamm

    ?(Die Erklärung für die Entstehung der Hex-Wesen fand ich ausgesprochen unbefriedigend ...
    X(und die Gründe der Gilde für ihr Vorhaben richtig gehend bescheuert.


    Das Ende lässt mich ziemlich unzufrieden zurück; da ist noch Material für eine Fortsetzung ...


    :bruellMr. Wooding, übernehmen Sie!


    :wave
    GleichSamm