Beiträge von Heidi Rehn

    Ich danke auch Dir, liebe Mazian, fürs fleißige Lesen und Kommentieren. Mir hat die Runde und der Austausch mit Dir auch sehr viel Spaß gemacht und so manche Anregung gebracht.


    Wie schön, dass Du mit dem "Sommer...." einige vergnügliche Lesestunden hattest. Vielleicht lesen wir uns wieder beim nächsten Buch?


    Bis dahin - alles Liebe und vor allem herzliche Grüße ins Elsass


    Heidi :wave

    Gut, dass Du das mit dem Schweijk nochmal ansprichst. Ich kenne eine ähnliche Formulierung aus dem Jüdischen "Nächstes Jahr in Jerusalem" lautete da eine Floskel von Emigranten aus der Zeit der Revolutions- und Weltkriegswirren Anfang des 20. Jahrhunderts, die André Kaminski Ende der 1980er Jahre zum Titel eines sehr lesenswerten und amüsanten Romans gewählt hat.


    Selmas Floskel "das bin ich ihm schuldig" habe ich genau anders gemeint als Du sie verstehst: ihr wird klar, dass er ihr weitaus mehr bedeutet, als sie bislang gedacht hat, dass sie sich auch durch die Beziehung zu ihm weiterentwickelt hat, und sich ihm deshalb so verbunden fühlt, ihn jetzt nicht aufgeben zu dürfen, sondern um jeden Preis finden muss.

    Ich danke Dir fürs Lesen und fleißige Kommentieren, trotz des Umzugsstresses. Es ist natürlich sehr schwierig, in solche Zeiten auch noch aufmerksam ein Buch zu lesen. Insofern fasse ich es als Kompliment, dass Du dennoch zu Ende gelesen hast. Gerade auch, wo Du mit den Figuren und der Erotik anfangs Deine Schwierigkeiten hattest.


    Die 20er Jahre, die oft als die "Goldenen" verklärt werden, sind in der Tat ein harter Brocken, das merke ich beim derzeitigen Schreiben sehr deutlich, zumal ich da in München unterwegs bin, wo man den Nazis und vor allem Hitler selbst sowie der Begeisterung bestimmter, gut betuchter Kreise, gar nicht entgehen kann. Aber das ist ein anderes Thema.


    Ich wünsche Dir alles Gute und freue mich, wenn wir uns bei irgendeiner Leserunde wieder lesen. :wave

    "enerviert" ist abgeleitet von "enervieren" (lat.), auf die Nerven gehen, entnerven, heißt also ebenfalls "entnervt".


    Dein Hinweis auf Selmas Bekenntnis zum Realismus wirft im Prinzip die alte Debatte an, inwieweit Kunst Realität abbilden soll oder nicht. Das ist eine Grundsatzfrage, die jeder für sich entscheiden muss. Iich finde es gut, dass es inzwischen da für jeden Geschmack und jedes Bedürfnis etwas gibt. So kurz nach dem Ersten Weltkrieg aber wurde das nicht nur im Bereich der Unterhaltungsliteratur, zu der Selma wohl eher tendiert, diskutiert. Man denke nur an die Neue Sachlichkeit, die sich im Lauf der 20er Jahre nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Bildenden Kunst entwickelt hat.


    Zum Thema Zeitsprung haben wir hier schon einige Male diskutiert. Es ist immer wieder die Frage, welche Ereignisse für das Romangeschehen relevant sind, erzählt zu werden und welche nicht. Da meine Figuren nicht zu den Kreisen gehören, die im Zuge der Novemberrevolution auf die Straße gegangen sind, ist es für mich legitim, das Licht auf die Zeiten zu lenken, in denen in ihrem Leben (und nicht in dem historischen Hintergrund) Entscheidendes passiert.


    Konrad Adenauer (1876-1967) war bereits im späten Kaiserreich politisch aktiv, während des 1. Weltkriegs dann in Schlüsselpositionen der Kölner Stadtverwaltung, bevor er 1917 (mit damals immerhin schon 41 Jahren) zum Oberbürgermeister der Stadt Köln gewählt wurde. Ich fand interessant, dass er direkt nach dem Krieg zu den Zentrumspolitikern gehörte, die eine Aufteilung Preußens in vier autonome Republiken befürworteten. Er hat sich damals also zum ersten Mal überregional mit separatistischen Standpunkten eingemischt, stand also vermutlich der Weimarer Republik, wie sie dann entstand, anfangs mit Vorbehalten gegenüber.


    Der von Dir zitierte Standpunkt von S. 587 gibt die Meinung der Romanfigur Joseph wieder. Der hatte aufgrund seiner Erfahrung und auf dem Wissensstand von 1918 diesen Eindruck. Dass wir das heute anders beurteilen, hängt einfach damit zusammen, dass wir einen weitaus leichteren Zugang zu den Dokumenten haben, die die alleinige deutsche Kriegsschuld widerlegen. Joseph lebte im damals von den Briten besetzten Rheinland, da gab es eine strikte Zensur. Vorher hat er in Berlin die verschiedenen Beschlüsse des Kaisers und der Regierung während des Weltkrieges mitgetragen. Von daher ergibt sich seine Auffassung von der alleinigen deutschen Kriegsschuld.

    Interessant, dass Du Selma noch immer keine Entwicklung zubilligst. Jemand, der sich nur für Mode und die neuesten Schlager interessiert, würde aber doch wohl kaum in Kriegsgebiete reisen, um nach jemandem zu suchen, den die anderen schon abgeschrieben haben, in Städten wie Metz, die unter Bomabardement lagen, durch die Straßen laufen, um Eindrücke über die Menschen und ihr Leben so nah an der Front zu sammeln, sich in Basel mit den Flüchtglingsströmen befassen und dann gar mit falschen Papieren auf die feindliche Frontseite fahren, oder?

    Robert blieb gar keine Zeit, Selma und Constanze in die Sache mit den Papieren einzuweihen. Sie hatten sich kurz vorher doch erst wiedergesehen und waren erst einige Schritte auf der Promenade unterwegs, als auch schon der Fremdenpolizist kam. Natürlich hätte er, streng genommen, aber so ist es doch schöner zu lesen, oder? :grin


    Eine Lanze muss ich für Gero brechen: auch wenn er nicht bisexuell gewesen wäre, hätte er sich nicht auf die wehrlosen (!) Frauen in Frankreich gestürzt. Dazu ist er doch viel zu sehr in seinen moralischen Prinzipien gefangen. So zumindest empfinde ich ihn. und genau das ist ja sein Dilemma, wenn man so wohl. Seine Überzeugungen in Bezug auf Moral kollidieren mit dem, was da im Krieg an und hinter der Front abgeht. Trotz seines Patriotismus erkennt er zunehmend, dass das eben nicht "sein" Krieg sein kann....


    Grischa ist noch einmal davongekommen und wie so viele denkt er, das Glück stehe ihm weiterhin bei. Deshalb stürzt er sich wieder ins Getümmel. Noch immer ist es für ihn eher eine sportliche Herausforderung denn ein Kampf um Leben und Tod....

    Eigentlich denke ich, dass Selma Gero nach der ganzen Frankreich-Geschichte "mehr" und vor allem richtig liebt. Anfangs war es eine Schwärmerei, die "erste" Liebe, dann eine Art Zweckbündnis und schließlich - nach seinem Ausbruch in Godesberg - wirklich kameradschaftliche Liebe. Sie hatte erkannt, was er für sie bedeutet, was sie durch ihn gelernt und erfahren hat, dass sie dank seiner Unterstützung letztlich zu sich selbst gefunden hat. Dass er in einer Sackgasse ohne Zurück feststeckte, war ihr in Sil-Maria so richtig klar geworden....


    Grischas Verwundung ist für Alma kein Thema. Es gehört zu ihm, sie kennt ihn nicht anders. So ging es der Enkeltochter Deines Onkels sicher auch. Mein Opa hatte eine schlimme Kriegsverletzung, die ich eigentlich erst wahrgenommen habe, als mich jemand darauf ansprach. Auf Fotos aus jungen Jahren ist er ein strahlend schöner Mann, dann hat er das halbe Gesicht verzerrt. Grischa ist ihm ein wenig nachgezeichnet, auch wenn die Geschichte meines Opas aus dem 2. Weltkrieg herrührt.

    Danke für den Hinweis auf den Tippfehler :-]


    Fränkisch geht einigermaßen, vielleicht, weil ich in meiner ersten Studenten-WG mit zwei Franken zusammengewohnt und da meine Sprachkenntnisse fleißig aufgefrischt habe. Was mir bis heute am meisten Probleme macht, ist Niederbayerisch, weil es so ganz dumpf und dunkel ist. Das Münchnerische dagegen hat einen ganz eigenen Charme, klingt fröhlich und oft sehr erfrischend klar. :grin


    Aber ich fürchte, wir schweifen ab..... :lache

    Louise und "Hello Kitty" - das ist eine wundervolle Charakterisierung, die ich sofort unterschreibe! Das trifft es ganz gut. Sie ist etwas oberflächlich, aber sie hat einen guten Kern.


    Gero leidet an dem, was er an der Front erlebt, und er leidet daran, dass er das niemandem "zu Hause" begreiflich machen kann. Diese Kluft wird ihm in Godesberg so richtig bewusst, auch wenn man dort schon sehr stark die Auswirkungen des Krieges spürt. Es ist eine ganz andere Erfahrung als direkt an der Front. Noch dazu schildert Grischa den Krieg aus einer völlig anderen Perspektive, auch das setzt Gero sehr zu.


    Wie witzig, dass Du die kleine Geschichte mit Weißkirchners Dienstmädchen und ihrer "Flucht" nach Sachsen so amüsant fandest. Ich liebe Dresden, eine Freundin von mir hat dort einige Zeit erlebt, und ich habe schon öfter Sachsen hier in München erlebt. Das sich Bayern und Sachsen in ihren jeweiligen Dialekten verstehen, scheint ein Ding der Unmöglichkeit. Für mich als Rheinländerin, die seit mehr als 20 Jahren in München lebt, ist das immer wieder sehr schön zu beobachten :grin

    So kurz vor Kriegsausbruch blieb für Selma letztlich keine andere Wahl, als Gero zu heiraten. Zumal sie ja nicht weiß, von wem das Kind wirklich ist.
    Gero und Schlüter - das schwebt im Raum. Aber Selma trifft ja auch Robert wieder, leider eine eher unerfreuliche Begegnung.


    Grischa und Constanze im Flieger - das war ein kleines Abenteuer, das leicht hätte schiefgehen können. Aber "et hätt noch immer jut jejange", wie man im Rheinland sagt.... :grin

    In Selma steckt mehr als nur Gedanken zu Mode, Lust auf Vergnügen oder dergleichen. Manchmal ist sie sich da zwar noch nicht so sicher, aber die Zeiten ändern sich und sie wird auch mehr gefordert werden.


    Die Beziehung zu Gero ist schwierig, von beiden Seiten. Aber irgendwie kommen sie auch nicht voneinander los und wissen das. Meta durchschaut wie immer alles, auch Gero. Bestimmt gibt es auch bei anderen Gerüchte, aber damals kam das öfter vor. Und er wird etwas tun, um sie zu besiegen.


    Die Frage, ob sie das Kind bekommen soll oder nicht, stellt sich Selma gar nicht. Mal schauen, was Du zum weiteren sagst....

    Ah, wie schön, wenn Du und Dein Mann da gleich jeder in seiner Gegend Wiedersehen feiern könnt ;-)


    Selma kann nicht ehrlich zu sich und Gero sein, ebenso wenig Constanze. Das ist uns heute etwas fremd, aber damals ging das nicht. Das war ja das Doppelbödige. Man tat so als ob. Und jeder hatte mehr als einen Grund, dem anderen besser keinen Vorwurf zu machen, weil er selbst etwas verschwieg.


    Gut, Constanze hat nichts zu verbergen, ist eine ehrliche Haut. Aber sie fühlt sich von Selma regelrecht "überfahren" und denkt ja immer, ihr (noch) unterlegen zu sein.... :grin