Auch hier habe ich all eure Postings interessiert gelesen. Zunächst zu dem Posting von Herrn Palomar über die Konzeption des Buchs, so will ich es mal nennen: Es ist einige Jahre her, dass ich das Buch geschrieben habe, und ich wollte es "komponieren", wobei vieles davon sich von allein so eingestellt hat. Ich hatte ursprünglich noch einen Prolog, den ich dann aber entfernt habe, weil er zu vieles vorweggenommen hätte. Er ist in veränderter Form weiter hinten in die Geschichte eingegangen. Dazu kann ich aber am Ende noch mehr verraten.
An die Nachbarn, das gebe ich ehrlich zu, habe ich nicht weiter gedacht. Vielleicht, weil ich selbst jemand bin, der zwar in einer sehr angenehmen Nachbarschaft lebt, mit der ich mich auch gut verstehe. Aber ich bin trotzdem gern für mich allein. Ich habe ja selbst eine recht große Familie, sodass ich keinen Bedarf an noch mehr Menschen habe. Vielleicht bin ich im Herzen auch eine Einsiedlerin, das kann sein. Gerade bei Gesine, die ja einerseits in so einem "halbwahren" Leben steckt (weil sie sich, wie ihr richtig festgestellt habt, dem Problem, dem Trauma, nicht stellt), andererseits aber einen sehr fordernden Beruf ausübt, den sie auch liebt (sonst wäre sie vermutlich depressiv) hat sich mir die Frage nicht gestellt, ob sie intensive Kontakte mit den Nachbarn pflegt. Sie lädt ja gern Lauras Freundinnen nach Hause ein, aber ja, ob die auch in der Nachbarschaft leben oder nicht, hab ich mich gar nicht gefragt. Ich denke aber, das ist ein Aspekt, der für die Geschichte nicht so wichtig ist.
Gesine weiß übrigens, dass Jacob taubstumm ist, aber Laura hat sich in den drei Jahren zwischen der ersten Begegnung und dem ersten Schuljahr nicht mehr gefragt, was mit ihm nicht stimmt.
Zum Wort "taubstumm": Für die Betroffenen ist es ein Begriff, der sie "beschränkt". Die Gebärdensprache und auch das Lippenlesen sind für sie mindestens gleichwertige Kommunikationsmittel zum Sprechen, von daher verstehe ich es, wenn sie es als eine Herabsetzung empfinden, als "stumm" (das hieße ja, sich nicht mitteilen zu können) oder "taub" (das hieße, nicht wahrnehmen zu können, was andere kommunizieren) bezeichnet zu werden. Genauso klar sehe ich aber auch, dass wir Hörenden, die vielleicht kaum oder keine Kontakte zu gehörlosen Menschen haben, den Begriff nicht im Geringsten herabsetzend meinen.