Beiträge von dark swan

    Dies ist ein ganz wunderbares Buch, das ich all jenen sehr ans Herz lege, die von einem Thriller noch etwas mehr erwarten, als "einfach" nur ein Verbrechen, das geklärt wird.


    Dieses Buch ist so. Es ist mehr als ein Thriller: Es ist außerdem eine Milieustudie, ein Sozialdrama, ein Liebesroman (aber nicht über die romantische Liebe, sondern über die eines Vater zu seiner Tochter) und eine Hymne an die schwedische Natur.


    Mich hat der Roman auf verschiedene Weisen mitgenommen, besonders aber hat mir die Atmosphäre gefallen - die duftenden, knackenden, von Stechmücken durchsummten Sommertage, die die Autorin wunderschön zu beschreiben vermag. Die hellen Nächte, der Geruch der Lagerfeuer, die nebeldichten Morgen - und das Beste daran (für mich) ist die Sprachschönheit, mit der die Autorin diese Naturerfahrungen vermittelt. Originell, warmherzig, liebevoll.


    Das Verbrechen im Buch wurde für mich nebensächlich. Mit großer Begeisterung bin ich der Autorin in die schwedischen Wälder gefolgt und habe aufmerksam die Lebenslinien der ungewöhnlichen und athentischen Figuren verfolgt.


    Wunderschöner Roman. Sehr zu empfehlen!

    Lustig - ich fand, das war ein ganz wunderbares Buch. :)


    Wie froh ich bin, dass ich es gelesen habe - ich hätte sonst etwas (in meinen Augen) Gutes verpasst.


    Das Buch scheint auf den ersten Blick hochgradig sexuell zu sein - es gibt quasi auf jeder Seite Sex. Doch es erzählt im Grunde keine Geschichte der Leidenschaft, keine Liebegeschichte. Es erzählt die Geschichte eines weiblichen Eingesperrtseins.


    Wie kann man einen Roman schreiben, in dem man über das Bild der Sex-Sucht etwas anderes erzählen möchte, das aber ebenso über Grenzen geht? So wie Leila Slimani es tut: in einer herrlich unterkühlten Sprache.


    Im Grunde ist das ein Buch, das man in einem einzigen Satz inhaltlich zusammenfassen könnte, die Story ist dünn. Aber es geht für mein Gefühl auch nicht um die Story - es geht um einen Zustand, den die Autorin zu zeigen versucht.


    Sie erzählt von einem extremen (Lebens-)Hunger, der nicht durch Selbstverwirklichung gefüllt wird und sich andere "Füllung" sucht.

    Dabei hätte es übrigens nicht die Sexsucht sein brauchen, wie hier. Die Autorin hätte auch Drogen, Alkohol, Fresssucht, Pornografie, Spielsucht für ihre Protagonistin wählen können - das hätte alles genauso gut funktioniert und dasselbe erzählen können. Sie wählt die Sexsucht, das macht es natürlich etwas "pikanter", damit zu einem Roman, den wir wahrscheinlich als "typisch französich" bezeichnen würden.


    Leila Slimani erzählt in diesem Buch n i c h t über eine Frau, die sexuell selbstbestimmt ihre Lover wählt, um sich damit zu befrieden - sie erzählt von einer wilden Suche nach etwas, was die Protagonistin, nicht richtig fassen kann und - aus Verzweiflung - im Sex zu finden versucht. Sie bleibt immer unbefriedigt, denn es ist eben nicht diese "Füllung", die sie braucht.


    "All dies zu verlieren" zeigt eine Frau, die unter ihrer inneren (geistigen & emotionalen) Unausgefülltheit leidet, unter dem Fehlen einer Verantwortung, die übers enge Private hinausgeht, unter einem falschen Lebensweg, den sie selbst gewählt hat, um "dazuzugehören", es zeigt damit auch das Eingesperrtsein in einer Geschlechterrolle.


    Ich habe dieses Buch sehr genossen. Es hat mich in seiner stillen Art des Erzählens an Marlen Haushofers "Die Wand" erinnert - auch das eine scheinbar kleine Geschichte, die aber ein größeres (feministisches) Thema trägt.


    Warum trotzdem nur acht Punkte?

    Ich bin sehr verwöhnt von "Uns gehört die Nacht" von Jardine Libaire, das zwar inhaltlich viel schwächer ist als "All das zu verlieren", aber sprachlich eine Bombe. Ich hätte mir schlicht und einfach ein wenig mehr Sprachkraft gewünscht - dann wäre dieses Buch (für mich) perfekt gewesen.


    So aber ist für mich es ein guter und zu empfehlender Roman!

    Dünne Story, dickes Buch



    Himmel - ich habe eine echte Ewigkeit gebraucht, bis ich endlich diesen Lesereindruck verfasse.


    Der Grund dafür ist, dass ich unwahrscheinlich lange an diesem Buch gelesen habe, mit großen Pausen dazwischen, was leider kein Kompliment ist.


    Ich muss gestehen, dass ich richtig traurig bin, dem Buch nur sechs von zehn Sternen zu geben, denn im Grunde hat es einiges, was mir gut gefällt: Der Stil der Autorin ist zum Beispiel interessant. Sie ist an vielen Stellen kreativ, gar poetisch, aber dennoch leider nicht so sehr, dass es mich vom Hocker reißt. :-/ Trotzdem möchte ich den Stil als angenehm hervorheben.


    Was mir ebenfalls gefiel, war der feministische Touch der Story. Die Tatsache, dass Berufe, die Frauen sonst ausgeredet wurden/werden, in Kriegszeiten eben ganz selbstverständlich von ihnen übernommen werden, macht man sich nur selten bewusst. (Schweißerinnen etc.)


    Mir gefiel auch, wie die Behinderung der Schwester thematisiert wurde und ich mochte die erotischen Beschreibungen zwischen Anna und Dexter, die nicht verhuscht und emotional interessant waren.


    ABER.


    Jetzt kommt mein Aber ... Ich bin, fürchte ich, mit allzu hohen Erwartungen an das Buch herangegangen. Ich wusste, dass Jennifer Egan Pulitzer-Preisträgerin ist, mich hatte das Metier des Buchs interessiert, ich erwartete einen dicht gewebten Roman, komplex und tiefgehend.


    Was ich dann gelesen habe, war zwar ein dickes Buch, aber eine dünne Geschichte. :-/ Ehrlich - ich hab mich gequält.


    Wie gesagt - das tut mir richtig leid, weil ich mir viel von dem Roman versprochen habe, aber nur eine im Grunde sogar recht seichte Geschichte erzählt wurde, angereichert zwar mit Atmosphäre und einen ansprechendem Stil, aber irgendwie war es für mich wie ein winziges Bonbon in einem überdimensionierten Geschenkkarton zu suchen.


    Zu viel Drumrum für zu wenig Drin. Schade. :-/

    Wer noch kein individuelles Geschenk für seine Liebsten zu Weihnachten hat, könnte bei "Verschenke eine Wohnzimmerlesung!" fündig werden. :-)



    Hier die Rahmenbedingungen:

    Verschenke eine Wohnzimmerlesung!

    Genug Vasen im Schrank? Socken gab’s schon letztes Jahr? Wie wäre es mit einer Autorenlesung?

    Bei der Aktion „Verschenke eine Wohnzimmerlesung“ kommt (2019) ein Autor oder eine Autorin zu Ihnen aufs heimische Sofa – gegen eine Spende für die Hilfsorganisationen SoulTalk oder Lifeline.

    So funktioniert’s

    • Sie schauen auf www.autorenhelfen.org, welche Autoren in Ihrer Nähe eine Lesung anbieten
    • Sie suchen sich Ihren Favoriten aus. Es sind tolle Leute dabei, von der Bestsellerautorin bis zum Lyrikgenie
    • Sie spenden mindestens 100 Euro an SoulTalk oder Lifeline
    • die Kontodaten erhalten Sie von uns. Und einen schön gestalteten Gutschein zum Ausdrucken, den Sie unter den Weihnachtsbaum legen können
    • die Autorin oder der Autor Ihrer Wahl meldet sich bei Ihnen, um für 2019 einen Termin und einen Ort zu vereinbaren


    Viele, viele, viele AutorInnen sind mit dabei (ich auch), u.a. auch Hochkaräterinnen, wie die Deutsche-Buchpreisträgerinnen Inger Maria Mahlke und Kathrin Schmidt oder die Österreiche Buchpreisträgerin Nava Ebrahimi, aber auch tolle Thriller- und KrimiautorInnen (Oliver Bottini, Helen Kampen, Janet Clark u.a.), All-Age-, Jugend- (Kathrin Lange, Ella Blix, Aygen Sibel Celik u.a.) und KinderbuchautorInnen (Stichwort: Geschenk zum Kindergeburtstag), der Waldexperte und Bestsellerautor Peter Wohlleben, LyrikerInnen, TheraterautorInnen, GegenwartsliteratInnen (Markus Orths, Lena Gorelik, Tom Liehr u.a.) großartige UnterhaltungsautorInnen (Hermien Stellmacher u.a.) und und und. Schaut rein und bucht eine Wohnzimmerlesung als Geschenk für Eure Liebsten! Die Aktion läuft nur noch diese Woche.


    Hier ist der Link: https://www.autorenhelfen.org/…ine-wohnzimmerlesung-2018


    Viel Spaß beim Stöbern und Buchen!


    Antje Wagner

    Wer noch kein individuelles Geschenk für seine Liebsten zu Weihnachten hat, könnte bei "Verschenk eine Wohnzimmerlesung!" fündig werden. :D


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    Antje Wagner

    Verliebt in Dublin


    ISBN: 9783959170116
    Sprache: Deutsch
    Ausgabe: Flexibler Einband
    Umfang: 320 Seiten
    Verlag: Verlag Krug & Schadenberg
    Erscheinungsdatum: 01.11.2017



    Klappentext:

    Maria, gerade siebzehn und voller Neugier auf das Leben, kommt nach Dublin, um zu studieren. Sie meldet sich auf eine Anzeige, in der eine WG-Mitbewohnerin gesucht wird. Nach einem skurrilen Bewerbungsgespräch zieht Maria bei Ruth und Jael ein. Die feinfühlige Feministin Ruth und die abgeklärte, leicht zynische Jael, beide schon Mitte, Ende zwanzig, beeindrucken Maria und machen es ihr leicht, in Dublin anzukommen. Erst allmählich begreift Maria, dass die beiden Frauen ein Geheimnis haben ...


    Meine Meinung:

    Dieses Buch mag ich schon sehr lange.


    Ich habe es das erste Mal Ende der Neunziger gelesen. Danach war es viele, viele, viele Jahre vergriffen, und meine Freude war unbändig, als ich sah, dass der Verlag Krug & Schadenberg es wieder aufgelegt hat: unter einem neuen Titel, mit einer ganz wunderbar überarbeiteten Übersetzung und mit einem - wie ich finde - zauberhaften Cover.

    Aber noch mal von vorn: Was ist das überhaupt für ein Buch? Hoffentlich bald Eure Sommerlektüre! Es ist ein leider viel zu unbekannter Coming-of-Age-Roman der berühmten Emma Donoghue. (Weltweite Bekanntheit erlangte die Autorin übrigens mit "RAUM", einer (auch sprachlich) eindrucksvollen, erschütternden und auf einem wahren Fall beruhenden Geschichte.)


    "Als Maria in Dublin die Liebe fand" war Donoghues Debütroman. Danach folgten weitere Romane, von denen bisher leider nur die Hälfte ins Deutsche übersetzt ist.


    In "Als Maria in Dublin die Liebe fand" nimmt uns die Autorin in einer wie mit federleichter Hand gewebten, originellen Sprache mit ins Dublin der neunziger Jahre. Wir folgen Maria, die - gerade junge siebzehn Jahre alt und vom Land kommend - in der Großstadt ein Studium beginnt. Auf der Suche nach einem billigen WG-Zimmer trifft sie auf Ruth und Jael, beide etliche Jahre älter als sie selbst, die sich eine Wohnung teilen und eine Mitbewohnerin für das leerstehende dritte Zimmer brauchen. Die letzte Mitbwohnerin ist offenbar von einer Minute auf die andere aus der Wohnung "geflüchtet" - nicht mal die letzte Miete hat sie gezahlt. Über den Grund schweigen Ruth und Jael.


    Maria zieht ein und freundet sich mit den beiden Frauen an. Und mit derselben Behutsamkeit, mit der sie Fuß fasst an der Uni, Freundschaften knüpft und sich an der einen oder anderen Liebesgeschichte versucht, kommt sie nach und nach hinter das Geheimnis von Ruth und Jael ...


    Ich habe das Buch vor zwanzig Jahren mit großer Begeisterung gelesen. Als ich es jetzt - im neuen Gewand - wieder las, war es, als würde ich nach langer Zeit Freundinnen wiedertreffen: ein beglückendes Gefühl.


    Ich empfehle diesen Roman von Herzen gern weiter. Es ist KEIN Krawumm-Buch, in dem auf jeder Seite eine neue Sensation passiert! Wenn ihr so was sucht: Finger weg von diesem Roman!


    "Als Maria in Dublin die Liebe fand" ist anders: ruhig erzählt, atmosphärisch und mit origineller, bildhafter Sprache. Ein Buch, das sich langsam entfaltet und uns in eine besondere Zeit und eine besondere Stadt mitnimmt. Ein Buch mit einer äußerst liebeswerten Heldin, das von der Zeit "dazwischen" erzählt: zwischen Jugend und Erwachsensein, zwischen Tasten und Finden, zwischen Auf-der-Suche-Sein und Erstmals-Ankommen - und damit meine ich auch: in der eigenenen Identität ankommen und im Herzen.


    Gemeinsam mit Maria gehen wir vorsichtig und mit ausgestreckten Händen durch dieses Buch. Und zusammen mit ihr finden wir vieles. Erstaunliches und Vertrautes. Und am Ende sogar ... die Liebe.


    Ein wunderschönes Buch. Mein Sommerlesetipp - für alle die, langsam und gut erzählte Bücher über das Sich-selber-Finden und ein wenig Dublin-Feeling mögen!



    9 von 10 Sternen für diesen schönen Debütroman!

    Buchdoktor


    Wenn ich dich nicht hätte, du mein bester Schlauchfuchs der Bücherwelt! (Sieh mich gerade über beide Backen grinsen wegen deiner Antwort. Das ist SO typisch Buchdoktor ... Und dank dir so, dass die 2. Auflage ohne den Fehler sein wird ) :-)

    Love is a Killer ...


    Was für ein Buch!


    Die letzte Hälfte dieses Romans habe ich im Zug sitzend gelesen und nur geweint.


    Ich möchte eigentlich gar nicht so viel zum Inhalt sagen, nur das: Wer ein richtig gutes Buch über eine erste Liebe lesen möchte, eine ernsthaft herzzerbrechende, lebensverändernde Liebe, der sollte "Schneeriese" nicht verpassen.


    Es ist eine große Kunst, heute noch ein GUTES Buch über Liebe zu schreiben, ohne etwas Ausgelatschtes zu wiederholen, denn Liebe ist wahrscheinlich das literarisch am stärksten ausgeleuchtete Thema überhaupt.


    Susan Kreller indes gelingt dieses Kunststück. Sie schafft mit "Schneeriese" etwas wahrhaft Besonderes. Abgesehen davon, dass sie eine unfassbar schöne und originelle Sprache hat, Humor und Trauer zu vermischen vermag, erzählt sie eben die ach-so-bekannte Geschichte (A verliebt sich in B, B aber verliebt sich in C) auf eine so neue und erschütternde Weise, dass es kaum auszuhalten ist.


    Wenn es Euch so geht wie mir beim Lesen, dann werdet ihr mitlieben, mitleiden und Euer Herz verlieren.


    Ich hab's jedenfalls an diese Autorin verloren. Und ich empfehle sie Euch dringend weiter!


    ACHTUNG: Nicht bei akutem Liebeskummer lesen!


    10 von 10 Sternen (Ich neige mein Haupt in Ehrfurcht.)

    Das Unsagbare zur Sprache bringen



    Ich muss mich mal outen: Ich bin ein großer Sharon-Creech-Fan und ein Fan von Büchern mit Tieren.


    Hier möchte ich eins meiner Lieblings-Kinderbücher vorstellen. Absurderweise ist das fast schon ein Geheimtipp, obwohl das Buch in meinen Augen sehr, sehr, sehr viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte!


    Viele Bücher, die ich richtig gut finde, sind interessanterweise recht traurig - so auch dieses. Herrje - ich hab am Ende Rotz und Wasser geheult ...


    Aber ganz von vorn: Worum geht's überhaupt?


    Es ist eine Geschichte in Versform. Und das soll interessant sein? Ja, und wie!


    In der Schule nehmen die Kinder die Textsorte "Gedichte" durch. Die Klasse soll versuchen, ebenfalls ein Gedicht zu schreiben. Darunter ist auch unser Ich-Erzähler: ein kleiner Junge.

    Der findet die Idee, Gedichte schreiben zu sollen, absolut nicht witzig; Gedichte schreiben, das ist schließlich was für Mädchen. Oder nicht?


    Dennoch versucht er es. Er beginnt, den Stil bestimmter berühmter Gedichte zu imitieren und seine Gedanken in diese Hüllen zu füllen. Und ganz langsam bekommen wir LeserInnen eine seltsame Ahnung ... wie beginnen zu vermuten, dass dieser kleine Junge ein Geheimnis hat. Kein kleines, sondern ein riesiges. Eins, das schwer wie ein Stein ist und unaussprechlich. Wir spüren, wie er daran leidet, wie er auch unter seinem Schweigen leidet und leiden mit ihm.


    Mit Hilfe des "Dichtens" gelingt es ihm jedoch, sich behutsam an diese Wunde heranzutasten. Erstmals findet er ein Schlupfloch für seine Trauer, eine Möglichkeit, das Unsagbare in Bilder zu bringen, in Worte zu fassen - es zu benennen und zu verarbeiten.


    Das Buch endet sehr positiv und macht einen glücklich, dennoch ist es unfassbar traurig. Es ist ein kleines Schatzkistchen für all jene, die sprachlich originelle Bücher mögen, Hunde lieben und Gedichte.


    Bitte unbedingt lesen!


    10 von 10 Sternen. (Fazit: Besser geht's nicht! Ich beuge mein Haupt in Ehrfurcht.)

    Originell und sprachschön und mit liebenswerter Hauptfigur


    Ali Benjamins Roman „Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren“ ist wirklich empfehlenswert. Als All-Age-Buch kann man es ohne Bedenken auch als Erwachsene lesen oder auch Erwachsenen schenken. Ich will damit sagen: Es unterfordert erwachsene LeserInnen nicht.


    In dem Roman treffen wir Suzy, ein zwölfjähriges Mädchen, das das erste Mal mit dem Tod konfrontiert wird. Es geht um Verlust, um Schuld, um Trauerarbeit und Loslassen. Das klingt jetzt nach einem fürchterlich „schweren“ Buch aber so ist das gar nicht. Suzy ist ein unfassbar intelligentes und kreatives Mädchen. Sie hat eine ganz eigene Form von „Trauerarbeit“ gefunden, die so gewitzt und originell ist, dass man ständig zwischen Grinsen und Schluchzen schwankt. Das macht das Buch sehr bewegt und bewegend. UND - das macht es auch zu etwas Besonderem.


    Das Buch ist handwerklich erstklassig. Mir gefallen die vielen verschiedenen Textsorten, mir gefällt die Motivik, die sich von Anfang bis Ende durchzieht und wie ein Musikstück komponiert wird. Aber mir gefällt auch Suzy, ein ungeheuer liebenswerter Charakter – altklug, kauzig und so tief verletzbar. Und auch die Konflikte gefallen mir – hier meine ich gar nicht mal so sehr diese Schuldgeschichte, sondern vor allem den Verrat. Ich meine Suzys Erleben des Verrats der besten Freundin, ihre Unsicherheit, ihre Reaktionen darauf, die Gedanken dazu. Das ist eine große Stärke des Buchs – dieser Schmerz der Figur ist sehr spürbar. Und was mir ebenfalls wirklich gut gefällt, ist die Form des „magischen Denkens“, die Suzy entwickelt, diese Obsession, sie müsse nur den Grund für den Tod der Freundin finden, dann würde der Tod erträglich. Das alles ist wirklich toll gemacht.


    Warum dann keine 10 Sterne?


    Es hat zwei Gründe. Der erste: Suzy denkt, fühlt und reflektiert nicht wie ein zwölfjähriges Mädchen, auch nicht wie ein hochbegabtes zwölfjähriges Mädchen. Sie handelt, fühlt, reflektiert und denkt wie eine Kunstfigur, die eine Autorin geschaffen hat. Das ist leider ein echtes Problem. Ich persönlich spüre hier v i e l zu deutlich die Konstruktion und das Gewollte.


    Anders gesagt: Für mich funktioniert die Perspektive leider ü b e r h a u p t nicht. Was sehr schade ist, weil es dem Buch in meinen Augen viel Kraft nimmt. (Und eben leider die Figur damit unglaubwürdig macht.) Es gäbe evtl. eine Möglichkeit, in der die Perspektive glaubhaft wäre: Wenn die Figur diese Geschichte als reife und erfahrene Erwachsene erzählt. Quasi rückblickend und erinnernd und eben durchwoben von der erwachsenen Haltung und dem erwachsenen Erfahrungshorizont.


    Der zweite Grund ist, dass mir einfach „Geschichte“ fehlt – diese hier blieb sehr schmal, sehr auf die Leserwirkung berechnet, da war wenig, was über die Ränder ging, was scheinbar „funktionslos“ ist und die Geschichte nach mehreren Seiten hin auffalten könnte, sodass man eben einfach eintauchen könnte und auch mal das Gefühl hätte, eine Konstruktion zu verlassen. Ich glaube, mich stört einfach ein bisschen, dass so spürbar ist, wie die Autorin „baut“ und warum sie so baut – in meinen Augen ist zu sichtbar, was der Text beabsichtigt. Er lässt sich nicht fallen, geht kein Risiko ein, indem er einfach mal breiter erzählt, sondern die Funktion hinter jedem Textstück ist für mich zu sichtbar.


    Da das Buch diese Meeres- und Quallen-Thematik hat, stand mir dauernd als Vergleich der (hervorragende) All-Age-Roman „Gefährliche Gezeiten“ von Jim Lynch vor Augen, der ebenfalls einen total liebenswerten Charakter, eine großartige Motivik, Sprachintensität und Originalität hatte, ABER einen glaubhaften jungen Erzähler und eben eine entfaltete Geschichte. „Gefährliche Gezeiten“ ist ein „irgendwie“ ähnliches Buch, aber in meinen Augen bedeutend gelungener, weil es zufälliger wirkt als „Die Wahrheit über Dinge, die einfach passsieren“, nicht so berechnend.


    Dennoch ist Ali Benjamins Roman ein besonderes Buch, das hervorsticht und sich ernsthaft Mühe gibt mit Sprache, Figurengestaltung, Konflikten und der Art des Erzählens. Kein 0815-Buch, sondern etwas mit Stil. Absolut lesenwert!


    8 von 10 Sternen!

    Anili - es geht darum, dass ich Foto-Negativ geschrieben hab, es sind aber Fotos. Es ist fürs Verständnis nicht wirklich relevant und steht schon auf meiner Korrekturliste für die 2. Auflage. Leider passieren solche Sache - es herrscht manchmal eine allgemeine Blindheit - da sehen dann Autorin, Lektor und das Korrektorat etwas nicht, aber natürlich fällt es mir dann sofort auf, wenn ich das Buch als Buch in der Hand hab. Das ist oft so. *g* Da kann, glaub ich, jede Autorin ein Lied davon singen. Aber es wäre schade, wenn du es deswegen nicht liest. :-)