Zitat
Original von Clio
Das ist einfach Unsinn. So etwas passiert einem guten Übersetzer nicht. Ich denke du unterschätzt die Fähigkeit von Übersetzern ganz gewaltig. Ich weiß nicht, was für Übersetzungen du gerade im Sinn hast, aber ich kenne gerade im Bereich der Weltliteratur wenig Übersetzungen, die die Handlung grundsätzlich entstellen.
Naja, erstmal können wir ruhig die Kirche im Dorf lassen. Von einer grundsätzlichen Entstellung der Handlung habe ich nun wirklich nicht gesprochen, sondern von einzelnen Textpassagen. (Vielleicht mit Ausnahme der Bibel, aber das ist sicher ein anderes Thema).
An dieser Stelle sei angemerkt, daß meine Empfehlung, sich ein Original mal anzusehen selbstredend nur auf die Sprachen beschränkt, die der Lesende auch beherrscht. Ich lerne auch keine neue Fremdsprache, um ein neues Buch zu lesen.
Weiterhin könnt ihr euch den Elite-Quatsch schenken. Meine Fremdsprachenkenntnisse sind sind gering genug, um beschämt zu sein, nicht um anzugeben. Und vor allem haben sie nichts mit der Einstellung zu tun, sich ein Original mal anzusehen - wenn man die entsprechende Sprache eben beherrscht. Den Gedankensprung von einer solchen Empfehlung zu irgendeinem Elitedenken kann ich sowieso nicht nachvollziehen, ist ja nicht so das man heutzutage die große Ausnahme ist, wenn man mal ne Sprache mehr wie deutsch lesen kann. Jeder Einwanderer in Deutschland beherrscht neben deutsch noch seine Heimatsprache, macht ihn das dann in eurer Logik zu einem Snob?
Aber nun zum wichtigen. Du hast mich gefragt, was für Übersetzungen ich im Sinn abe, da werfe ich mal ein paar in den Raum (ohne groß Recherche):
1) Smilla lehrt uns, daß Eskimos weit über einhundert Worte für Schnee haben. In der deutschen Sprache gibt es meines Wissens weit weniger. Meine erste Frage an dich also, wie übersetzt du die Prosa eines Eskimos, der über den Schnee in seinem Heimatdorf sinniert?
2) Nagel mich nicht ganz fest, aber ich bin recht sicher, daß südamerikanische Ureinwohner weit über einhundert Worte für grün und auch andere farben haben. Auch hier ist eine Übersetzung sicher interessant.
3) Ganz wüst wird es bei Wortwitzen. Du wärst der erste Mensch auf der Welt, der diese in verschiedene Sprachen übersetzen könnte.
4) Redewendungen sind ebenfalls großartig, besonders wenn sie durch jeweiligen Zeitgeist nur temporär entstehen und dann in verschiedenen Subkulturen noch verschiedene Bedeutungen haben - "Alter Schwede, hier geht ja der Bär ab. Da steppt die Kuh im Kettenhemd."
5) Slang ist dann noch besonders schön, gerade weil der außerhalb einer gewissen Subkultur dann noch andere Bedeutung haben kann. Gerade, wenn diese Subkultur in einem anderen Land nicht existiert, bin ich dann espannt auf eine sinnvolle Übersetzung.
6) Kommen wir zu Dialekten. Oder nein, lassen wir es lieber bleiben. Denn der Einsatz von Dialekten im Dialog von Handlungsträgern lässt sich einfach unmöglich übersetzen, das lassen schon die kulturellen Unterschiede verschiedener Länder nicht zu.
7) Ebenfalls witzig ist die Nutung von Wörtern, die einmal aus der historie heraus in andere Sprachen importiert wurden. So kennen wir in den romaischen Sprachen jeweils ein Wort für "König" und haben so ziemlich dieselbe Bedeutug für das Wort, egal ob in Frankreich, Deutschland, Spanien oder England. Das liegt natürlich an der Geschichte Europas, in der Könige in unserer Kultur entsprechend verankert waren. Als dann die europäischen Eroberer auf andere Kulturen trafen, nannten sie die dort vorhandenen souveränen Herrscher eben auch "König", owohl diese von ihren Traditionen und Hintergründen mit europäischen Königen nichts gemein hatten. So wird dann noch heute königen von diesem oder jenen Land gesprochen, obwohl das originalwort in der jeweiligen Sprache etwas anderes bedeutet.
Ein schönes Beispiel hatte ich erst letztens, als ich in einem speziellen Zusammenhang über "die größte Rasse der Jäger" gelesen habe. Das machte null Sinn für mich und ich überlegte, was gemeint sein könnte. Nun fand ich das original als "the greatest race of hunters" und sah das Problem des Übersetzers. "Race" wird normal mit "Rennen" oder "Rasse" übersetzt. Rennen schien dem Übersetzer keinen Sinn zu machen, also wählte er Rasse, was genauso quatsch war. Tatsächlich wird im englischen Slang "Race" auch für die Jagd verwendet, meist im Zusammenhang mit "der einen großen Jagd" auf eine bestimmte wertvolle Beute. Somit wäre die korrekte Übersetzung "Die größte Jagd der Jäger" gewesen - hörtsich super an. Ganz davon abgesehen, daß der Sinn verloren geht, da es im Deutschen nun mal kein entsprechendes Wort gibt, daß diese große Jagd ausdrückt.