Beiträge von Punxie

    Lemgo 1654. Der Schulmeister Hermann Beschoren hatte unter schwerer Folter gestanden, seine Schüler das Zaubern gelehrt zu haben. Dafür soll er nun auf dem Marktplatz hingerichtet und verbrannt werden, während man seine Schüler nach Detmold in die Anstalt bringt.
    Die junge Maria Rampendahl schleicht sich trotz des Verbots ihres Vaters zum Richtplatz. Auch sie war eine Schülerin Beschorens, doch dieser hatte ihren Namen nicht genannt und sie dadurch gerettet. Nun will sie ihrem Schulmeister beistehen und gleichzeitig den Scharfrichter Meister David, für den sie schwärmt, bitten, ihren Lehrer zu verschonen.
    Am Richtplatz hat Maria auch ihre erste Begegnung mit Hermann Cothmann, der in ihrem Leben noch eine schlimme Rolle spielen soll.
    Maria kann ihrem Lehrer nicht helfen, und dieser wird hingerichtet. Doch nun gibt es auch um sie Gerüchte, und fortan muss sie um ihr Leben fürchten. Jahrelang wird sie immer wieder der Hexerei bezichtigt, und der Ratsherr Cothmann sucht unermüdlich Beweise, um Maria zu überführen...


    Der Roman basiert auf den wahren Ereignissen, die sich im 17. Jahrhundert in der westfälischen Stadt Lemgo zugetragen haben. Besonders zwischen 1509 und 1681 fanden dort Hexenverfolgungen statt. In rund zweihundert Prozessakten werden alle Vorgänge genau beschrieben und weisen auf etwa zweihundertfünfzig Opfer hin, wobei die Dunkelziffer sicherlich höher sein dürfte.
    Damit war Lemgo eine der Städte mit den meisten Hinrichtungen, was der Stadt später den Beinamen „Hexennest“ einbrachte. Begünstigt wurde diese Entwicklung auch durch die Blutgerichtsbarkeit, die Lemgo als einzige lippische Stadt verliehen bekam. Somit war den Ratsmitgliedern erlaubt, bei bestimmten Straftaten selbst über Leben und Tod ihrer Bürger zu entscheiden.
    Die Handlung des Romans fällt genau in die Hochzeit der Hexenprozesse hinein, denn die Hälfte aller Hinrichtungen fand zwischen 1653 und 1681 statt. Für diese Entwicklung waren besonders die damaligen Bürgermeister Heinrich Kerkmann und Hermann Cothmann verantwortlich.


    Die Personen, die in der Geschichte vorkommen, sind zum größten Teil historisch belegt. Auch ihre Biographien stimmen weitgehend mit den Aufzeichnungen überein. Da sich die Namen teilweise gleichen, gibt es vor dem ersten Kapitel eine kurze Übersicht über die Hauptpersonen des Romans. Dies hilft einerseits, sich schneller in die Geschichte einzufinden und die vielen Personen besser auseinanderhalten zu können, andererseits werden hier schon einige Details der Geschichte verraten. Daher ist es besser, das Verzeichnis nicht vorher zu lesen, sondern nur als Gedächtnisstütze zu verwenden.
    Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Maria Rampendahl, die als letzte Hexe in Lemgo hingerichtet werden sollte. Maria ist eine schöne und selbstbewusste Frau. Ihr Vater ist der Deche und Braumeister Cordt Rampendahl, der einigen Einfluss in der Stadt besitzt.
    Von ihrer Mutter und ihrem Bruder, dem Barbier und Chirurgen Johann Caspar Rampendahl, lernt Maria viel über Kräuter und Heilmethoden. So wird sie einerseits oft zu Kranken gerufen, um sie zu heilen. Andererseits hält sich hartnäckig das Gerücht, sie würde ihre Patienten verhexen und wäre auch für einige Todesfälle in der Stadt verantwortlich. Aus diesem Grund findet Maria auch lange Zeit keinen Ehemann, denn wer will schon das Risiko eingehen, eine Hexe zu heiraten?
    Marias große Liebe ist David Claussen, der Scharfrichter. Obwohl er einige Jahre älter ist als sie, hat sie sich schon als junges Mädchen zu ihm hingezogen gefühlt. Meister David ist ein großer, gutaussehender Mann, der trotz seines brutalen Gewerbes hohes Ansehen in der Stadt geniest. Äußerlich ist er ein harter und gefährlicher Mann, der ohne zu zögern Menschen foltert und tötet. Doch innerlich ficht er einen schwierigen Konflikt aus. Er hat es satt, der Obrigkeit zu dienen und empfindet Reue für seine Taten. Außerdem hegt er große Gefühle für Maria, die er aber unter keinen Umständen zeigen darf.


    Die Autorin hat für ihren Roman gründlich recherchiert. Die Figuren und Ereignisse entsprechen größtenteils der Wahrheit. Schonungslos und detailliert schildert sie die grausamen Folterungen und Hinrichtungen, und einfühlsam erzählt sie Marias Leben.
    Auch der Handlungsschauplatz wird bildreich beschrieben, und die Menschen, sogar die Nebenpersonen, wirken durchdacht und authentisch. Man erfährt viel über ihre Lebensweise, ihre Gefühle und Gedanken und kann so ihre Handlungen nachvollziehen, aber sicher nicht immer gutheißen.
    Die etwas altertümliche Wortwahl unterstreicht nochmal die Atmosphäre der Geschichte und rundet sie ab. Der fesselnde Schreibstil und die interessante Geschichte bewirken Spannung von Anfang bis Ende.


    Der Henker von Lemgo ist ein hervorragend recherchierter historischer Roman, der eine spannende und gleichzeitig anrührende Geschichte erzählt. Er ist so geschrieben, dass man sich problemlos in die Figuren hineinversetzen kann, mit ihnen lacht und weint, sich freut oder ärgert. Aber er macht auch sehr nachdenklich. Ich habe ihn sehr gern gelesen und kann ihn auf jeden Fall weiterempfehlen!

    Die Psychiaterin Dr. Charlie Flint macht gerade schwierige Zeiten durch. Nachdem durch ihre Aussage ein Psychopath freigelassen werden musste, hat er vier Frauen ermordet. Charlie wird die Schuld daran gegeben, und sie wird daraufhin suspendiert.
    Auch privat läuft nicht alles rund. Obwohl sie seit Jahren in einer glücklichen Beziehung mit der Zahnärztin Maria ist, hat sie sich in die attraktive Lisa Kent verliebt. Nun weiß sie nicht, für wen sie sich entscheiden soll.
    Da bekommt sie ein Angebot von ihrer ehemaligen Dozentin Corinna Newsam. Deren Schwiegersohn wurde während seiner Hochzeitsfeier ermordet. Obwohl seine zwei Arbeitskollegen für die Tat verurteilt wurden, glaubt Corinna nicht an ihre Schuld. Sie verdächtigt die Internet-Millionärin Jay Macallan Stewart, die mittlerweile ein Verhältnis mit Corinnas Tochter Magda hat. Nach anfänglichen Zweifeln beschließt Charlie, sich den Fall näher anzusehen.
    Das Buch ist in zwei Handlungsstränge unterteilt. Zum einen wird aus der Sicht von Charlie Flint erzählt. Man erfährt ihre Gedanken und Gefühle, ihren Hintergrund und ihr Liebeschaos. In Emails mit Lisa Kent schreibt sie nicht nur über ihre komplizierte Situation, sondern auch über ihre Fortschritte in dem Fall. Auch die Gespräche mit ihrer Lebensgefährtin Maria geben über vieles Aufschluss. Bei ihren Ermittlungen bekommt Charlie Hilfe von dem Polizisten Nick Nicolaides, dessen Dozentin sie früher war.
    Der zweite Handlungsstrang betrifft Jay Stewart. Auch hier bekommt man Einblick in ihre Vergangenheit, besonders durch Auszüge ihrer Autobiographie, an der sie gerade schreibt. Dabei überlegt sie immer wieder, wie viel sie von sich preisgeben darf. Es wird schnell klar, dass sie etwas verbirgt und sogar vor ihrer Freundin Magda Newsam Geheimnisse hat.
    Obwohl man viel über die Charaktere erfährt, wirken sie klischeehaft und uninteressant. Besonders Charlie ist für eine Psychiaterin reichlich naiv, und ihre Schlussfolgerungen sind nicht immer nachvollziehbar.
    Der Handlungsverlauf wirkt stark konstruiert. Ein Großteil des Textes besteht aus langen Gesprächen, die sich um Vergangenes und Liebeskonflikte drehen. Das Thema Homosexualität ist der Autorin wichtig, und das ist auch in Ordnung. Leider dominiert es die Geschichte, und die Verbrechen rücken in den Hintergrund, was für einen Kriminalroman schlecht ist.
    Als nach etwa zwei Dritteln des Romans endlich etwas Spannung aufkommt, wird diese fast sofort wieder zunichte gemacht als klar wird, wer die Morde begangen hat. Danach geht es nur noch darum, den Täter zu überführen. Doch auch das ist nicht richtig gelungen, sondern vorhersehbar und uninspiriert.
    Wirklich positiv ist der flüssige und detaillierte Schreibstil. Man merkt, dass die Autorin eine hervorragende Ortskenntnis besitzt. Alle Handlungsschauplätze werden bildreich und ausführlich beschrieben, so dass ich das Gefühl hatte, wirklich dort zu sein.
    Mir hat das Buch nicht so gut gefallen. Obwohl es gut und relativ schnell zu lesen war, hätten es für mich zweihundert Seiten weniger auch getan. Außerdem fand ich das Thema Homosexualität zu dominierend für einen Krimi. Da hätte ich mehr Spannung und weniger Liebeswirrwarr besser gefunden. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Mich hat der Roman nicht überzeugt, und ich bleibe lieber bei Tony Hill.