Zum Thema »schlampiges Lektorat« eine Frage aus Buchhändler-Sicht: Kann die mangelnde Sorgfalt in der Aus- und Überarbeitung im Verlag, die ich ebenfalls festzustellen glaube, auch einfach mit der gesunkenen »Lebenserwartung« von Büchern zusammenhängen? So nach dem Motto: »Lohnt eh' nicht, ist in drei Jahren sowieso vergriffen, dann kräht kein Hahn mehr nach den Fehlern?« - Vor zwanzig Jahren konnte einem Buch noch ein langes Leben in der Backlist des Verlages beschert sein. Heute wird ein Titel, nach allem, was man hört, oft nach dem ersten halben Jahr schon für tot erklärt. Es landet, meinem Gefühl nach (ich arbeite nicht mehr im Ladengeschäft und sehe es also auch nur von außen), unheimlich viel Ware auf den Büchertischen, die nicht mal genug Zeit kriegt, um Staub anzusetzen.
Blöd gesagt: Lesen die Kunden einfach zu schnell und zu viel? Zu viele »Bücher für den einmaligen Gebrauch«, die sie kein zweites Mal anfassen und oft nicht mal ins Regal stellen?
Zitat
Original von Frettchen
Ich dachte immer, als Autor geht man davon aus, dass man davon nicht leben kann. Und schreibt aber trotzdem, weil es einem ein Bedürfnis ist. Ich dachte immer, Autor wär mehr Berufung als Beruf.
Hm. Irgendwie ein bißchen die Quadratur des Kreises, oder? Selbst wenn der Autor sich damit abfindet, nicht von seiner Schreibe leben zu können – der Verlag muß es. Der Lektor, der das abgegebene Manuskript von Selfpublisher- auf Verlagsniveau heben muß, will bezahlt werden, der Cover-Designer, der Drucker und die vielen, vielen Leute im Hintergrund bis runter zum Buchhändler wollen das auch. - Von den CEOs, die in den börsennotierten Muttergesellschaften auf ordentliche Renditen dieser seltsamen Literaturbranche warten, mal ganz abgesehen.
Oder, nachdem es oben schon angesprochen wurde, du nimmst eben die selbstpublizierten Bücher, bei denen auf eine teure professionelle Überarbeitung von vornherein verzichtet wurde. Dabei handelt es sich nun wirklich zum allergrößten Teil um echte »Herzensprojekte« des Autoren, bei deren Ausführung kein Gedanke an Markttauglichkeit verschwendet wurde (und ich rede da durchaus aus eigener Erfahrung und schließe die eigene Person ein).
Aber? Tja, hm, nicht wahr? Man merkt es diesen Büchern nun einmal auch an.
Und: nur, weil ein Hobby- oder Indie-Autor sich mit dem Schreiben eines bestimmten Buchs einen Herzenswunsch erfüllt, garantiert das nicht automatisch besondere Originalität. Von der war weiter oben ja auch schon die Rede. Ich denke, bei vielen AEKs (auch bei mir) entsteht der »Herzenswunsch« zu schreiben so, daß man ein bestimmtes Buch gelesen oder einen bestimmten Film gesehen hat und nun unbedingt etwas Ähnliches machen will. Da kommt dann aller Wahrscheinlichkeit auch nur »Epigonenliteratur« dabei raus – immer vorausgesetzt, daß das fertige Produkt sich überhaupt bis zur »Literatur« aufschwingt.
(Ich finde diesen Thread übrigens total interessant, gerade auch wegen der Einblicke ins Autoren-Alltagsgeschäft. Vielen Dank!)