Beiträge von Jaleh

    Zitat

    Original von Demosthenes


    Vielen Dank, Jaleh, meine Frau freut sich darüber, daß du sie für verblödet hältst, weil sie für unseren Nachwuchs zu Hause blieb und einen lukrativen Job aufgab.


    Willst Du vielleicht nochmal meinen Satz lesen, den Du selbst zitiert hast?


    ICH habe nirgendwo behauptet, dass ich irgend jemanden für verblödet halte. Aber ich habe schon von mehreren Müttern gehört, dass sie, wenn sie fast ausschließlich von ihren Kindern umgeben sind, doch schnell anspruchsvollere Gespräche vermissen. Oder eben auch eine intellektuell anders geartete Tätigkeit, wie sie in vielen Berufen geboten wird.


    Dass ich auch gesellschaftliche Fragen sehe, habe ich ja bereits geschrieben.


    Jaleh

    Hallo Grisel,


    ich bin auch ziemlich neu hier und lese ebenfalls gerne englischsprachige Bücher. Allerdings seltener historische, weil mich das nicht so sehr interessiert.


    Trotzdem habe ich interessiert die Diskussion hier verfolgt, was die Leute von historischen Romanen erwarten und kann mich eigentlich der einen Fraktion nur anschließen: Wenn ich besser wüsste, in welchem Roman welcher Teil aus historischen Fakten besteht, würde ich dieses Genre lieber lesen.


    Ich find's sehr interessant hier und hoffe, dass es Dir auch so gehen wird!


    Liebe Grüße nach Wien!
    Jaleh

    Einen kleinen Hinweis für die, die King nicht lesen, weil sie die Filme nicht mögen:


    Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Carrie, The Shining und Misery) sind die Verfilmungen auch grottenschlecht. Auch die Drehbücher, die King selbst fürs Fernsehen geschrieben hat, sind meistens entsetzlich.


    Falls Ihr also nicht generell etwas gegen Herrn King, Horror oder in manchen Fällen auch Fantasy habt, lasst Euch nicht wegen der Filme abhalten.


    Ich schätze Kings Stil sehr, wenn ich etwas spannendes zur Unterhaltung lesen möchte.


    Es gibt auch einige Bücher, die ich nicht mochte und das ist so bei den meisten King-Lesern die ich kenne. Interessanterweise sind das immer ganz unterschiedliche Bücher. Ich fand Needful Things schrecklich, meine Freundin hat Black House gehasst. Irgendjemand hier in diesem Thread fand The Shining langweilig, ich überhaupt nicht. Friedhof der Kuscheltiere war mein Ding dann wieder gar nicht. Ich wollte es auslesen, weil es spannend war, aber ich hatte überhaupt keine Freude beim Lesen.


    Ach ja und für die Zart-Besaiteten: wenn ich alleine bin, verordne ich mir bei King-Büchern ein Leseverbot nach Einbruch der Dunkelheit. Das hilft. ;-)


    Noch was: Am liebsten mag ich King, wenn er non-Fiction schreibt. Das sind einige Vor- und Nachworte, aber vor allem seine Bücher Danse Macabre über das Horror-Genre und On Writing, ein Mix aus Autobiographie und Tipps für angehende Autoren.


    Und um auf Snoopys Frage zurückzukommen: Ich habe ca. 60 cm eines Regalbretts mit Stephen King Büchern gefüllt .

    Zitat

    Historikus:
    Ich hoffe, keine Frau ist mir jetzt böse, dass ich jetzt folgendes sage: Mich hegt oft der Gedanke, ob nicht die Emanzipation die negative Folge hat, dass einige Kinder nun letztlich absolut keine erzieherische Hand mehr


    Ich bin Dir nicht böse, es ist ja auch insofern etwas wahres dran, als es sicher vielen Kindern besser bekäme, wenn die Mutter zu Hause wäre. Stattdessen werden sie von der Oma zur Nachbarin geschickt oder sitzen eben vor dem Fernseher oder der Playstation.


    Nur war die Emanzipation absolut notwendig und ehrlich gesagt, nehme ich die heutigen Bedingungen gerne in Kauf, wenn die Alternative ist, so zu leben wie es selbst vor 50 Jahren noch der Fall war, geschweige denn vor hundert Jahren! Damals wuchsen 50 Prozent der Bevölkerung, nämlich die Mädchen unter häufig unzumutbaren Bedingungen auf, heute verteilen sich die schlechten Bedingungen auf beide Geschlechter. Und ob die Erziehung für Jungen zur Zeit meiner Eltern so optimal war - oh je, da habe ich auch meine Zweifel - auch wenn die Kinder damals in Rechtschreibung besser waren... ;-)


    Und es gibt ja auch Beispiele aus anderen Ländern, wo es kein Problem (oder jedenfalls ein viel geringeres Problem) für Frauen ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Da gibt es firmeninterne Kinderhorte und Kindergärten. Da gibt es Ganztagesschulen und dass die nicht schlecht sein müssen, sehen wir ja an Icyangels Bericht, auch wenn sie darauf besteht, dass es sich nicht um eine Ganztagsschule handelt. Mir ist's egal, wie man's nennt, aber die Kinder/Jugendlichen können dort jedenfalls bis 16 Uhr oder länger bleiben. :-)


    Zitat

    Demosthenes: In Wirklichkeit ist diese Jobmanie in den meisten Fällen nichts anderes, als purer Egoismus. Mit dem zusätzlichen Geld wird der Zweit- oder Dritturlaub im Jahr finanziert, werden Statussymbole aufgebaut.


    Diese Behauptung finde ich unverschämt. Es gibt zahllose Haushalte, in denen die Kinder nicht versorgt werden könnten, wenn nicht beide Eltern arbeiten gingen. Es gibt sogar Haushalte, in denen ein Elternteil mehrere Jobs machen muss, damit die Familie über die Runden kommt. Aber selbst wenn das "zusätzliche" Geld nicht unbedingt nötig wäre, gehen doch viele Frauen arbeiten, weil sie irgendwann fürchten, zu verblöden, wenn sie fast ausschließlich von ihren Kindern umgeben sind. So entzückend und bereichernd der Umgang mit Kindern ist, so sehr kann man sich sicherlich auch mal nach einer anderen Umgebung sehnen.


    Weiterhin ist unsere westliche Gesellschaft ja nun auch so gestrickt, dass der Wert einer Person zu einem großen Teil an ihrer Arbeit gemessen wird. Nicht nur wegen des Geldmangels kommen viele Arbeitslose mit ihrer Situation so schlecht zurecht oder viele Rentner. Zwar ist es schon lange nicht mehr politisch korrekt, zu einer Frau zu sagen, sie sei "nur Hausfrau", aber dieses "nur" ist in vielen Köpfen noch vorhanden. Da kommt sich eine Frau dann leicht minderwertig vor, wenn sie "nur" zu Hause ist und auf ihre Kinder aufpasst. Was sie tut ist falsch - bleibt sie zu Hause, wird sie mitleidig angeschaut und nicht ernstgenommen, geht sie arbeiten, gilt sie als Rabenmutter.


    Historikus, das wäre doch auch ein interessantes Thema: Warum wird in unserer Gesellschaft der Beruf für so wichtig erachtet?


    Zurück zu Kindern/Erziehung/Bildung. Einige Dinge, die ich mir wünschen würde, wären:


    - besser ausgebildete Erzieherinnen in den Kindergärten
    - mehr Projekte der Art "Starke Eltern, starke Kinder" für Eltern, die bereit und in der Lage sind, Ratschläge anzunehmen
    - Deutschunterricht für ausländische Kinder, ehe sie in eine deutsche Schule gehen
    - Schulprojekte, in denen Jugendliche lernen, was es bedeutet, Kinder zu haben
    - bessere Hochbegabtenförderung und auch besser qualifizierte Lehrer oder Psychologen in den Schulen, die in der Lage sind, festzustellen, warum sich ein Kind auffällig benimmt
    - mehr schulpsychologische Beratungsstellen für Eltern und Kinder und eine große Aufklärungskampagne, die Eltern und Schüler veranlasst, psychologische Hilfe als etwas ganz normales, wie einen Hausarztbesuch zu sehen und nicht als etwas unnatürliches, peinliches
    - eine andere Ausbildung für Lehrer, die von Anfang an Bezug zur Praxis hat (es gab vor einigen Monaten einen spannenden Spiegel-Artikel, der sagte, dass über 50 % aller Lehrer frühzeitig in Rente gehen oder krank geschrieben sind, weil sie unter dem Burnout-Syndrom leiden. Die Ursachen wurden einerseits an den schlechten Bedingungen in den Schulen gesehen, andererseits daran, dass viele Menschen diesen Beruf ergreifen, weil sie teilweise von zu Hause aus arbeiten können und viel Ferien haben und somit viel Zeit z. B. für eigene Kinder, nicht aber, weil sie Spaß daran haben, mit Kindern pädagogisch zu arbeiten und ihnen ein bestimmtes Thema zu vermitteln)
    - Supervision und ständige Fortbildungen für Lehrer


    Viele meiner Vorschläge setzen doch im öffentlichen Bildungssystem an, weil ich nicht weiß, wie die Bedingungen in den Familien verbessert werden können. Da wäre eine bessere wirtschaftliche Situation nötig, die den Stress minimiert und eine größere Bildung der Eltern. Das lässt sich beides noch schwieriger umsetzen als meine obigen Ideen.


    Es gibt auch Projekte, die den Familien helfen. In dem Buch von Gerster/Nürnberger (siehe oben) war z. B. eine Schule, die hatte nachmittags aufgemacht und Eltern und Kinder eingeladen. Ich weiß nicht mehr genau, wie es ging, aber da waren dann die Eltern eingebunden, einige Mütter haben Vorhänge genäht, andere AGs mit den Kindern gemacht und ein großer Erfolg war, dass viele ausländische Eltern, die vorher der Schule sehr misstrauisch gegenüberstanden, jetzt völlig involviert waren und sich ihr positives Verhältnis dazu natürlich auch auf ihre Kinder übertragen konnte.


    Im Radio habe ich von Modellversuchen gehört, die Schulen erlauben, ihre Finanzen eigenständig zu verwalten. Jede Schule erhält ein Budget und was sie damit macht, ist ihre Sache. Da gibt es dann auch sehr kreative Ideen und viele Schulen können viel einfacher mal etwas umsetzen, als wenn sie jeden Euro einzeln genehmigen lassen müssen. Schlechte Erfahrungen hatte es scheinbar nicht gegeben.


    Es geht schon sehr viel.... und gerade deswegen ärgert es mich so, wenn einerseits so viel Geld zum Fenster hinausgeworfen wird und andererseits gerade im Bildungssystem so viel gekürzt und eingespart wird.


    Uff. Vielleicht sollte ich auch mal ein Buch über dieses Thema schreiben. Dann müsste ich Euch hier nicht so zumüllen, äh, -mailen. ':cool'


    So, nun geht's ab in die Heia! Gute Nacht!
    Jaleh

    Zitat

    Auch wenn ich z. B. den unüberlesbaren Missmut und die pessimistische Sichtweise von Jaleh durchaus verstehe und zum Teil auch nachvollziehen kann, so ist es mit Sicherheit keine Lösung Alles negativ und im Keller zu sehen. Das hilft auch Niemanden weiter und lässt bloss jene mutloser werden, die eh schon schwarz sehen.


    Naja, aber man muss auch mal Missstände aufzeigen, sie ins Bewusstsein rücken. Sonst passiert wohl nichts.


    Das beste, was man wohl machen kann, ist das was Du tust: Deinen eigenen Kindern eine möglichst schöne Kindheit zu ermöglichen.


    Ich selbst möchte keine eigenen Kinder haben. Aber es macht mir großen Spaß, die Kinder meiner Freundin heranwachsen zu sehen, mit ihnen zu spielen, und es tut mir richtig gut, zu sehen, dass sie in einer so wohltuenden Umgebung aufwachsen.


    Ich habe aber schon als Kleinkind Ungerechtigkeit gehasst und deswegen möchte ich, dass Missstände, wie sie in unserer Gesellschaft vorhanden sind und die meiner Meinung nach auch eher schlechter als besser werden, wenigstens bekannt sind. Wenn viele Leute davon gar nichts wissen, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass etwas unternommen wird.


    Abgesehen davon, meine Freundin mit ihren Kindern tatkräftig zu unterstützen, sehe ich mich momentan nämlich nicht in der Lage, etwas anderes für die Verbesserung der derzeitigen Verhältnisse zu tun. Außer eben auf die Tatsachen hinzuweisen, die ich kenne.


    Hat eigentlich jemand von Euch das interessante Buch von Petra Gerster und ihrem Mann gelesen? Nach kurzen Einstiegsproblemen (ich finde den Anfang missverständlich) habe ich das Buch fasziniert verschlungen. Das zweite Buch der beiden habe ich allerdings noch nicht gelesen.

    Zum Thema Bildungskapriolen fällt mir noch ein, dass es jetzt in der Grundschule schon Englischunterricht gibt.


    Versteht mich nicht falsch, ich finde, Sprachunterricht kann gar nicht früh genug anfangen. Ich finde es allerdings eine Schnapsidee, dass Lehrer dieses neue Fach unterrichten, ohne dafür ausgebildet zu sein. Da sind Leute, die haben vor 5, 10 oder 20 Jahre mal ein paar Jahre Schulenglisch gehabt und unterrichten diese Sprache jetzt? Hallo?


    Bitte sagt mir, dass alles, was ich gehört habe falsch ist und dass die Lehrer, die Englischunterricht in den Grundschulen geben, vorher entweder entsprechend geprüft wurden oder aber eine Fortbildung gemacht haben!


    Da ich aber weiß, dass auch in Gymnasien Lehrer Englisch unterrichten, die dieses Fach niemals studiert haben, gehe ich mal davon aus, dass ich richtig informiert bin.

    Ich fand das Buch unsagbar schlecht. Es kommt an seine beiden Vorgänger überhaupt nicht heran.


    Der Charakter der Clarice ist überhaupt nicht schlüssig, jedenfalls nicht nach ihrer Charakterisierung in Silence of the Lambs und die Geschichte ist zeitweise auch sehr zäh, im Vergleich zu den Vorgängern.


    Ich habe eine Schwäche für eine gewisse Romantisierung von geisteskranken Helden (deswegen mochte ich auch gerne die Jeannie-Lieder von Falco), aber hier fand ich alles wahnsinnig (hihi, wie passend!) überzogen und unsinnig


    Die Verfilmung werde ich mir trotzdem irgendwann noch antun, einfach weil ich Anthony Hopkins so liebe.

    Hallo!


    Hier erstmal meine Antwort auf Docs Beitrag in dem anderen Thread:


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    Nun, ich habe Kinder und kann deswegen nicht nur von den Erfahrungen aus meiner (zugegebenermassen schon etwas zurückliegenden) Schulzeit berichten, sondern habe im Laufe der letzten Jahre so ziemlich Alles erlebt, was die Kinder heutzutage bildungstechnisch erwarten kann. Das fängt beim Kindergarten an und ist im Moment bei meiner Grossen im Gymnasium angelangt. Natürlich sind das subjektive Erfahrungswerte, aber so schlimm sehe ich die Sache nicht.


    Ja und nein. Es gibt ausgezeichnete Kindergärten und Schulen in Deutschland, keine Frage. Ich habe eine gute Freundin, die zwei Kinder hat (4 und 20 Monate) und diese wunderbar erzieht. Sie hat sich bereits über Kindergärten informiert und wird mit Sicherheit auch gute Schulen aussuchen. Sollte die Schule, die der Wohnung am nächsten ist ihr und ihrem Mann nicht gefallen, werden sie Mittel und Wege finden, damit eine bessere gefunden wird. Wenn/falls sie wieder berufstätig wird, wird sie sich um eine gute Versorgung für ihre Kinder kümmern.


    Da mache ich mir keine Sorgen. Aber es gibt in Deutschland genügend Schulen, da ist der Ausländeranteil bei 80 Prozent und einige von diesen Schülern sprechen überhaupt kein Deutsch. Es gibt Lehrer, die erzählen, dass morgens die Kinder hungrig, unausgeschlafen und in zu dünner Kleidung frierend zum Unterricht erscheinen. Es gibt Klassen, da sind so viele Kinder verhaltensauffällig, dass die Lehrer hauptsächlich damit beschäftigt sind, die Kinder zu beruhigen, mit ihnen Gymnastik- und Entspannungs-Übungen zu machen, damit sie sich danach ein wenig konzentrieren können.


    Ich weiß nicht, wieviel Prozent aller Schulen es so schwer haben, aber ich weiß, dass es viel zu viele Schulen sind.


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    Man sollte vielleicht auch davon abrücken, dass die Bildungsverantwortung alleine in den Händen von Schule und Lehrern liegt.


    Das sehe ich auch so. Die meiste Zeit verbringen Kinder zu Hause und dort sollte alles stimmen (soweit das möglich ist). Aber was machst Du, wenn es eben nicht in Ordnung ist?


    Wenn ich Straßenbahn fahre oder in den Supermarkt gehe, kriege ich das kalte Grauen. Wenn ich Eltern mit ihren Kindern sehe, erlebe ich so häufig, dass Kinder auf Fragen keine Antwort bekommen, dass Kleinkinder, die auf dem Bürgersteig stehenbleiben, um eine Blume anzugucken angeschnauzt werden, dass Kinder im Supermarkt für ganz normale Verhaltensweisen zurechtgewiesen werden. Wenn ich dann mal Eltern sehe, die mit ihren Kindern liebevoll, respektvoll umgehen, bin ich völlig begeistert. Aber das ist eher die Ausnahme. Gut, die hysterischen Eltern mit ihren zwangsläufig ebenfalls hysterischen Kindern fallen natürlich mehr auf, trotzdem sind es viel zu viele.


    Ich glaube auch nicht, dass das Hauptproblem in den Schulen zu suchen ist. Da könnte, nein, da müsste vieles verbessert werden, aber die Ursache ist schon, dass die Kinder auch von ihren Eltern allein gelassen werden, nicht gefördert werden. Aber wenn das so ist, muss dieses Problem gelöst werden.


    Und wenn viele Kinder schon zu Hause nichts geboten bekommen, ist es dann sinnvoll, dass in Deutschland die Erzieherinnen in den Kindergärten zu den schlechtausgebildetsten europaweit gehören? Fast überall sonst haben Kindergärtnerinnen studiert. Bei uns findet man an diesen Stellen viele junge Frauen, die selbst ungern zur Schule gegangen sind und eine schlechte Allgemeinbildung haben.


    Meine Kollegin sagte neulich, ihre Kinder hätten im Kindergarten immer das gleiche Programm. Erst wird Osterdekoration gebastelt, dann Sommerdekoration, dann Weihnachtsdekoration, dann Karnevalsdekoration und dann ist wieder Ostern an der Reihe.


    Die Kindern, die zu Hause ihr Wissensbedürfnis stillen können, deren Eltern, wie du Doc, mit ihnen ins Planetarium und ins Museum gehen, die ihnen Fragen beantworten, vorlesen und mit ihnen über ihre schlechten Träume sprechen, die basteln dann halt die Dekorationen und es ist egal. Aber die, die zu Hause vor den Fernseher gesetzt werden, weil die Eltern es auch nicht besser können, oder weil sie nach ihrer Arbeit zu kaputt sind oder warum auch immer, die haben, wenn sie in die Grundschule kommen bereits die Lust am Lernen und die Fähigkeit dazu verloren.


    Meine Schüler, die nicht wissen, dass die USA in Nordamerika liegen, würden es Dir auf dem Globus vielleicht richtig zeigen. Aber was in ihrem Gehirn nicht funktioniert, ist die Fähigkeit, Schlüsse zu ziehen. Oder die Fähigkeit, sich genug zu konzentrieren, um eine Aufgabenstellung zu begreifen. Ich muss die einfachsten Aufgabenstellungen immer wieder wiederholen, weil die Information entweder nicht ankommt, oder nicht richtig verarbeitet wird. Und der Grundstein dazu wird bestimmt bereits im Kleinkindalter gelegt.


    Zitat

    Kinder müssen er"leben", das Bildung vorallem Spass machen kann und man die Welt dadurch viel bewusster wahrnimmt, als wenn man eben nur stundenlang vor der Playstation sitzt oder sich mit seinen Kumpels an der Tanke zusammenrottet.


    Ich glaube, Kinder müssen gar nicht erleben, dass Lernen Spaß macht - es ist sogar so, dass kleine Kinder gar nichts anderes tun, als zu lernen. Der Mensch ist so konstruiert, dass er lernen will, vor allem als Kind. Spielende Kinder lernen ja ununterbrochen. Du musst nur mal meinem zukünftigen Patenkind beim Spielen zuschauen, er macht dann, was wir sein "Arbeitsgesicht" nennen: Zusammengezogene Augenbrauen, höchste Konzentration! Ganz freiwillig. Und so geht das eigentlich weiter. Leider sind aber viele Umgebungen so, dass sie den Kindern das systematisch aberziehen.


    Da sind natürlich Erwachsene, die Schule blöd fanden, die Lesen als Blödsinn abtun und es wichtig finden, möglichst viel Bier in ganz kurzer Zeit zu trinken, ein schlechtes Vorbild, denn ein großer Teil des Lernens geht natürlich auch über die Nachahmung und Kinder sind darauf angewiesen, sich anzupassen. Sie bilden sehr schnell Muster, um in ihrer Umgebung zurechtzukommen. Das kann totale Anpassung sein oder auch das Gegenteil, agressives Verhalten, um irgendeine Art von Aufmerksamkeit zu erregen.


    Wenn das nicht alles in einer Teufelsspirale enden soll, die nach unten führt, muss man jetzt irgendwas ändern. Gut wäre es natürlich auch, die Eltern zu ändern. Da gibt es auch Projekte. Ich habe neulich im Fernsehen etwas über ein Projekt gesehen, das nannte sich "Starke Eltern, starke Kinder". Hauptziel der Kurse ist es, das Selbstvertrauen der Eltern als Erzieher zu stärken und die Kommunikation in der Familie zu verbessern. Mehr darüber hier:
    WDR


    Das funktioniert aber nur bei Eltern, die überhaupt merken, dass ein Problem da ist, die die Kraft haben, etwas zu ändern, die genug Deutsch können usw.


    In den Fällen, in denen die Eltern nichts ändern können oder wollen, sollte wenigstens der Kindergarten oder die Schule oder eine andere Stelle einen Ausgleich schaffen können.


    Haarsträubend finde ich es dann, wenn ausgerechnet im Erziehungswesen immer wieder Kosten reduziert und Stellen gestrichen werden. Denn, ich sage es hier auch nochmal, meiner Meinung nach sollte die Sorge um Kinder die höchste Priorität in der Politik haben.

    Hallo Doc, hallo Büchereulen!


    Vergiss nicht, dass der Film aber zum Schluss kam, die Waffengesetze wären nicht die Ursache für die Gewalt in Amerika. Mich hat der Vergleich mit Canada völlig fasziniert, wo es genauso viele Waffen gibt, aber nur einen Bruchteil der Kriminalität.


    Das Fazit des Films war, dass die US-Amerikaner in ständiger Angst leben. Angst vor Schwarzen, Angst vor Kommunisten, Angst vor Kriminellen, Angst vor Krokodilen im Abwassersystem und jetzt noch verstärkt in Angst vor Terroristen aus bösen islamischen Ländern. Diese Angst wird von Politik und Medien geschürt. Und Angst führt zu Gewalt.


    Aber (und ich glaube, jetzt setzt meine Interpretation ein, ich weiß nicht mehr ob Bowling for Columbine auch zu diesem Schluss kam), mit der Bildung hast du natürlich Recht! Es ist bekannt, dass z.B. Ausländerfeindlichkeit eher bei weniger gebildeten Menschen auftritt.


    Politik und Wirtschaft, die ja in den USA noch viel mehr Hand in Hand gehen als bei uns (und das stellt Moore ja auch in seinen Büchern heraus, richtigerweise), fahren mit ihrem ungebildeten patriotischen Volk sehr gut. Wenn mal Unzufriedenheit aufkommt, lenkt man schnell mit etwas anderem ab, mit einem Krieg gegen den Iran, Afghanistan oder wenn einem sonst nichts mehr einfällt, gegen den Irak. Und schon steht das Volk geschlossen hinter der Regierung mit Ausnahme einiger weniger, die tot-gebuht werden, siehe die Dixie Chicks. Und da müssen dann auch die Gebildeteren Angst haben. Denn eines ist klar: In den USA kann es einem das öffentliche Genick brechen, wenn man zu offen kritisch ist.


    Leider sieht es mit der Bildung hierzulande nicht soo viel besser aus. Ich unterrichte junge Leute (18 bis 22), die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und jetzt einen kaufmännischen Lehrgang absolvieren. Zum Glück bin ich nur einmal in der Woche da und unterrichte Englisch. Das sind keine Hauptschulabgänger, alle haben die mittlere Reife, viele auch die Höhere Handelsschule, einige Fachoberschulreife. Es ist unglaublich, wie ungebildet diese Leute fast alle sind, bzw. wie wenig sie ihr Gehirn benutzen.


    Mein Lieblingsbeispiel: Sie sollten Sätze bilden wie Brigitte Bardot is French. Dazu sollten sie sich aus verschiedenen Ländern jeweils eine prominente Person überlegen. Statt USA hatte ich Nordamerika vorgegeben, weil ich vermutete, dass sie zwischen kanadischen und us-amerikanischen Promis nicht würden unterscheiden können. Ich bin drei- oder viermal angesprochen worden "ich kenne niemanden in Nordamerika, wen soll ich denn da nehmen?" und auf meine entsetzte Frage "Sie kennen niemanden aus der USA oder vielleicht Kanada?" bekam ich dann von allen zu hören "ach so, USA ist in Nordamerika". Ich war baff, vor allem, weil das so viele fragten. Aber auch die Erlebniswelten sind so eingeschränkt. Ich wurde neulich von vielen Kursteilnehmern gefragt, was denn ein Farn sei.


    Und auch wenn kurzfristig, z. B. nach der PISA-Studie oder der Schießerei in Erfurth, viel öffentlich überlegt wird, was man denn tun könnte, so wird das Geld, das dann vielleicht kurzfristig bewilligt wurde, ganz schnell wieder abgezogen, wenn das Thema nicht mehr in der Presse breitgetreten wird.


    In Brühl soll jetzt wahrscheinlich eine der (oder sogar die einzige?) Einrichtungen für Hochbegabte im Rhein-Sieg-Kreis geschlossen werden, aus Geldmangel. Jeder, der sich ein bißchen mit dem Thema beschäftigt hat, weiß, dass Hochbegabte, wenn sie nicht genügend gefördert werden, massive Probleme haben. Im besten Fall langweilen sie sich in der Schule einfach zu Tode und schaffen es vielleicht aus eigener Kraft, sich in einigen Themen weiterzubilden. Viele werden verhaltensauffällig, landen in Sonderschulen, werden falsch gegen Hyperaktivität behandelt etc. Was für ein Blödsinn ist esdenn, wenn unsere Politiker einerseits Geld für eine Elite-Universität herausrücken wollen, andererseits aber die Leute, die diese Universität bevölkern könnten, im Kindesalter so hemmen, dass sie wahrscheinlich eher als Sozialfälle enden, denn als hervorragende Wissenschaftler?


    Das gilt natürlich nicht nur für Hochbegabte. Viele unserer Kindergärten sind eher Kinderaufbewahrungsstätten als Orte, in denen Kinder, die ja in dem Alter wirklich alle noch begeisterte kleine Lernmaschinen sind, angemessen zu fördern.


    Ich habe selbst keine Kinder, aber ich finde, die Sorge um Kinder müsste die absolute Priorität unter allen politischen Themen haben. Es geht ja nicht nur darum, ob wir später wirtschaftlich mithalten können, es geht auch um Kriminalität, soziales Miteinander - alles, was jetzt und später wichtig ist.


    Wenn ich dann sehe, wie zig Millionen in so ein Projekt wie arbeitsagentur.de gesteckt werden (und dort versickern, weil man es einfach nicht gebacken kriegt), wie das Finanzamt zig Millionen in eine Software steckt, die dann nach ein-einhalb Jahren Arbeit aber doch nicht gefällt und auf Eis gelegt wird, wie unsere Europa-Abgeordneten neben ihren Diäten monatlich mühelos nochmal 20.000 Euro an Tagegeld- und Reisepauschalen abstauben können, dann frage ich mich wirklich, wie es sein kann, dass kein Geld für die Verbesserung des Schulsystems oder die Förderung von Hochbegabten da ist.


    Schon jetzt gibt es kaum noch einen Gymnasium-Abgänger, der die Rechtschreibung halbwegs fehlerfrei beherrscht. Unsere Realschüler kennen keine Farne und wissen nicht, dass sich die USA in Nordamerika befindet. Ich glaube nicht, dass unser Bildungssystem so viel besser ist als das der USA. Und falls das jetzt noch der Fall ist, sehe ich schwarz für die nächsten zehn, zwanzig Jahre.


    Viele pessimistische Grüße
    Jaleh

    Zitat

    Original von Iris
    Erst mal gute Besserung! :o)


    Danke schön!


    Zitat


    Die Machtverhältnisse könnten sich auch immer ähnlicher werden. Und wo eine oligarichische Clique, die selbst nicht im Rampenlicht politischen Handelns steht, die Zügel führt, wird für die allgemeine Bildung nicht mehr viel übrig bleiben.


    Im Falle USA ist Bildung wahrscheinlich auch nicht erwünscht. Die Politik und die Wirtschaft fahren ja gut mit ihrem ungebildeten, unkritisch patriotischen Volk.


    Zitat


    Doch, ich kann's mir ausmalen ... :o(


    Können kann ich auch. Außerdem treffe ich ab und zu Hauptschullehrer, denen gegenüber ich sowieso ganz ehrfürchtig bin, weil ich mir das nicht zumuten würde. Und die Geschichten, die sie dann erzählen bestätigen mich auch immer.


    Zitat


    Das ist richtig. Ich denke allerdings, dass Präzision im Ausdruck nicht primär von der Sprache abhängig ist, sondern vom Sprecher.


    Na, das ist sowieso klar! Ein gebildeter Deutscher mit einem aktiven Vokabular von 25000 Wörtern drückt sich besser aus als ein ungebildeter Amerikaner mit einem 12000-Wort-Vokabular und umgekehrt.


    Zitat

    Andererseits schätze ich es, dass wir im Deutschen nicht diesen festgenagelten Satzbau haben - ich mag es, wenn ich die Betonung eines Wortes - und damit das Leseverständnis - allein dadurch steuern kann, dass ich es an bestimmten Stellen im Satz positionieren kann.


    Was ich gar nicht schätze, sind diese auseinandergezogenen Verben im Deutschen, wie angreifen oder aufsagen. Wenn ich dann einen Satz in der Art habe wie:


    Sie sagt das Gedicht, das von Goethe geschrieben wurde und seither im Curriculum einer jeden Schule vertreten ist, auf. (Man verzeihe mir den unsinnigen Inhalt.)


    ... dann wünschte ich mir, ich hätte eine englische Satzstruktur. In meinem Beispiel wird sich jeder schon denken, dass am Ende ein "auf" wartet, aber erstens wäre man völlig irritiert, wenn dann doch eine andere Präposition käme und müsste den ganzen Satz nochmal lesen und zweitens gibt es natürlich auch Konstruktionen, in denen die Sätze länger sind und die End-Präposition unvorhersehbarer.


    Im Englischen gibt es auch Möglichkeiten, etwas auf bestimmte Weise zu betonen, teilweise sogar auch durch die Stellung im Satz. Mir fällt jetzt gerade kein Beispiel ein, aber ich weiß, dass meine Schüler immer solche Sätze bilden und ich dann sage "ja, das ist richtig, aber nur, wenn Sie wirklich betonen wollen, dass..."


    Viele Grüße nach Marburg und natürlich an alle anderen Büchereulen


    Jaleh

    Hallo Iris!


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    Wie meine über deutsche Soaps bestens informierte Tochter zu berichten weiß, ist die Sprache eher deshalb drüftig, weil sie den Straßenargot nicht kreativ nutzt, sondern "realistische" Dialoge friemelt, die gerade deshalb sterbenslanweilig sind.


    Oh je, wenn das stimmt, erklärt es, warum ich sowas nicht gucken kann. Und wenn ich drüber nachdenke, dann gehe ich auch davon aus, dass ich amerikanische Fernsehserien mag, die sich NICHT an der Straßensprache orientieren. Auch die eingestreuten Pop Culture References (gibt's da ein deutsches Wort? Popkulturreferenzen???) z. B. in Buffy sind so komplex, dass ich längst nicht alle (er)kenne. Da wird es dem eher weniger gebildeten Durchschnittsamerikaner sicher nicht besser gehen.


    Leider erlebe ich wöchentlich, dass es um das Bildungsniveau bei uns nicht besser steht als bei den US-Amerikanern. Ich unterrichte eine Gruppe junger Menschen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und jetzt einen kaufmännischen Lehrgang machen, da haben sie dann auch zwei Stunden Englisch in der Woche. In diesen zwei Stunden schaffen sie es immer wieder, mich mit ihren Bildungslücken (die erheblich ausgeprägter sind als ihre Bildung) zu überraschen. Und das sind Realschüler, die oft auch noch die Höhere Handelsschule absolviert haben. Ich mag mir gar nicht ausdenken, wie das bei Hauptschülern ist.


    Zitat

    Ansonsten gibt es schon einige Reihen und Serien im TV, in denen auch und gerade mit Sprache gespielt wird - z.B. im Münsteraner Tatort (der mit J.-J. Liefers als schrulligem Forensiker) ebenso wie im Münchner und Österreicher Tatort, bei dieser dramaturgisch ziemlich langweiligen "Pfarrer Braun"-Serie ebenso wie dem "Bullen von Tölz".


    Im Tatort gibt es einen Gerichtsmediziner? Da muss ich mal drauf achten. Tatort habe ich bei mir schon lange abgeschafft, weil ich die meisten auch schrecklich finde.




    Zitat

    Zitat:Dass das Englische nuancenreicher ist, hat man uns im Studium beigebracht und ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass das stimmt.


    Eben. Ich mochte Englisch schon als 13jährige gern und fing an in dieser Sprache mein Tagebuch zu führen. Trotzdem glaube ich, dass es Sprachen mit einem größeren und solche mit einem kleineren Vokabular gibt, da werde ich demnächst nochmal nachforschen.


    So, nun muss ich wieder ins Bett, ich bin nämlich krank.


    Jaleh (die überlegt, ob sie jetzt wirklich mal den Bullen von Tölz und Pfarrer Braun gucken muss, um die dort verwendete Sprache unter die Lupe zu nehmen)

    Ich habe Sofies Welt kürzlich auch gelesen, aber ich brauchte mehrere Bücher zwischendurch, bis ich endlich damit fertig war. Ich finde nicht, dass es sich nur lohnt, wenn man sich sowieso mit Philosophie beschäftigt, denn dann wird man normalerweise schon vieles wissen, was Gaarder erklärt.


    Stattdessen vermittelt es Grundkenntnisse der Philosophie auf recht einfache Weise - für Leute, die diese Grundkenntnisse noch nicht haben, so wie ich. So gesehen war es für mich ein voller Erfolg und ich bin froh, dass ich es gelesen habe. Die Rahmenhandlung mit Sophie fand ich auch ansprechend und war nachher wirklich gespannt, wie sich alles auflösen würde.


    Durch einen Spiegel in einem dunklen Wort war viel leichter zu lesen, ich habe es mal im Urlaub in einem Stück verschlungen. Aber man sollte es vielleicht nicht lesen, wenn man sich sowieso nicht wohlfühlt. Mir ging es damals ziemlich schlecht und ich war danach dann völlig deprimiert.

    Zitat

    Original von Doc Hollywood


    Ich finde, dass das die Sache wunderbar beschreibt und genau den Punkt trifft. Ein besseres Beispiel kann man eigentlich gar nicht finden. Danke anne_jette!


    Das einzige, was dieses Beispiel aussagt, ist, dass es eine heikle Sache ist, Gedichte zu übersetzen und dass wir wahrscheinlich alle der Meinung sind, dass es hier nicht besonders gelungen ist. Über Sprachen und was man damit machen kann, sagt es gar nix...


    Viel mehr sagt schon die Seite
    http://www.picture-poems.com/rilke/panther.html
    die ich gerade gefunden habe und auf der Ihr fünf verschiedene Übersetzungen dieses sehr schönen Gedichts finden könnt.


    Und hiermit rufe ich mal zu einer Gedenkminute für all die tapferen und meist unterbezahlten Übersetzer auf, die oft in wenig Zeit viel leisten, ebenso oft aber auch aus Mangel an Zeit, Sprachgefühl, Können oder Talent einen Text völlig verschandeln.

    Hmmm, ich glaube, ich habe mich falsch ausgedrückt. Ihr scheint ja zu glauben, dass ich meine Muttersprache verabscheue. Es stimmt, dass ich andere Sprachen schöner finde.


    Meine Hauptkritik richte ich aber nicht an die Sprache, sondern an die Art, wie mit ihr umgegangen wird. In dem anderen Thread hatte ich ja auch gesagt, dass ich wenig moderne deutsche Autoren kenne, die mir gefallen. Zu den modernen zähle ich bereits nicht mehr Hesse dazu, den ich sehr mag.


    Natürlich kenne ich Karl Valentin und Enzensberger (hihi, lies über seine Kindergedichte mal Ortheils Kapitel "Die Anfangsgründe der Poesie" in Lo und Lu ).


    Dass das Englische nuancenreicher ist, hat man uns im Studium beigebracht und ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass das stimmt. Es gibt auch deutsche Ausdrücke, die keine genaue englische Entsprechung haben, aber meistens muss ich mich zwischen mehreren englischen Übersetzungen entscheiden.


    Zitat

    In einigen Teilen Deutschlands war der kulturelle Austausch wesentlich häufiger, wechselhafter und durchgängiger. die britischen Inseln sind nun einmal Inseln, ihre sprachliche Entwicklung verlief in mehreren großen Schüben: Britisch, Inselkeltisch, Vulgärlatein, Normannisch (mit fränkischen und festlandkeltischen Einflüssen) - ansonsten blieb man unter sich.


    Und liegt es nicht genau daran, dass sich deswegen die vorhandenen Sprachen auf den britischen Inseln mehr in die Sprache eingegraben haben, als auf dem Festland, wo von einer Kultur- und Sprachwelle nicht viel übrig blieb?


    Wenn ich bedenke, dass Köln jahrelang eine französische Stadt war (auch wenn die Kölner sich dagegen redlich gesträubt haben), gibt es doch wirklich wenig Überbleibsel aus der Zeit.


    Es freut mich sehr, dass Du, Iris, mir zustimmst, dass Arundhati Roys Buch hervorragend ist. Einige Bücher von Salman Rushdie haben ein paar ähnliche Ansätze. So sehr ich Arundhati Roy dafür bewundere, wie sehr sie sich für ihre politischen Überzeugungen einsetzt, so sehr wünschte ich mir doch, sie fände Zeit für einen neuen Roman. Naja, sie ist ja noch recht jung, vielleicht wird es ja nochmal was.


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    Ich hatte das drastische Problem, dass eigentlich alle militärischen Begriffe durch regen Gebrauch durch die ganze spätere Geschichte inzwischen völlig andere Bedeutungen haben als zu der Zeit, in der mein Roman spielt.


    Das ist mir überhaupt nicht aufgefallen, ich muss in Deinem Buch nochmal daraufhin herumblättern. Das ist ein Kompliment an die gute Lesbarkeit - und das bei einem Thema das mich sowas von überhaupt nicht interessiert. ;-) Aber mehr dazu bei Legendum.


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    Wenn du mich fragst, ist diese überkritische und überskeptische Haltung der eigenen Sprache gegenüber ein Relikt aus der Vergangenheitsbewältigung, insbesondere aus der scharfen Kritik der 68er an allem, was "deutsch" sein könnte. [...]Ganz so dürftig und mangelhaft kann sie dann ja wohl nicht sein.


    Neiiin, siehe oben. Ich glaube nicht, dass es eine lebendige Sprache gibt, die dürftig und mangelhaft ist. Trotzdem vermisse ich häufig HEUTE den kreativen Umgang mit ihr und habe Spaß daran, wie selbst in mittelmäßigen amerikanischen Fernsehserien (so man Gelegenheit bekommt, sie im Original zu schauen) viele flinke Wortspiele das Zuschauen und Zuhören zum Vergnügen machen. In deutschen Produktionen dagegen ist es immer noch gang und gäbe, ein Deutsch zu sprechen, das so von jeder Alltagssprache entfernt ist, geschweige denn witzig daherkommt, dass ich mir das meiste schon deswegen nicht anschauen kann. Von den Problemen der Synchronisation, die die Deutschen aus ganz anderen Gründen an eine völlig unnatürliche Sprache gewöhnt, ganz zu schweigen.


    Tja, meine Kritik an der deutschen Literatur der 80er Jahre habe ich in dem anderen Thread ja schon dargelegt und sogar Zuspruch gefunden. :-)


    Und demnächst werde ich mich mal mit Iris' Empfehlungen beschäftigen und sehen, ob da jemand flott, interessant und inhaltlich ansprechend schreibt.


    Dass es noch genug Autoren gibt, die so gruselig schreiben, wie ich bejammerte, zeigt auch dieser Literaturpreis, der jährlich mehrere Tage lang mit allerhand Lesungen im Fernsehen übertragen wird - ist es der Bachmann-Preis? Da mag ja mancher Text dabei sein, dessen Sinn sich in dem kurzen gelesenen Stück nicht erschließt, aber im Großen und Ganzen sind das Autoren, deren Bücher ich nach ein paar Seiten entsetzt weglegen würde. Gewonnen hat allerdings einer, dessen Geschichte recht stimmungsvoll geschrieben war, nämlich Feridun Zaimoglu.


    Übrigens gibt es niederländische Autoren, deren ins Deutsche übersetzte Bücher mir sehr gefallen. Die wirken auch so unverkrampft und locker, ohne dabei plump zu sein. Im Gegenteil, Das Lied und die Wahrheit von Helga Ruebsamen war sowohl inhaltlich als auch sprachlich ganz zauberhaft. Nochmal: Es liegt nicht an der deutschen Sprache an sich, sondern wie man mit ihr umgeht.


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    was mich auf alle Fälle extrem stört, sind die unglaublich vielen, oft meiner Meinung nach völlig überflüssigen Anglizismen.


    Liebe Ronja, da sprichst Du mir aus der Seele. Zwar ertappe ich mich selbst immer wieder dabei, englische Wörter in meine gesprochene Sprache einfließen zu lassen, aber das passiert, weil mir das englische Wort gerade geläufiger ist. Ganz sicher tue ich das nicht, wenn ich einen Artikel oder einen Text für eine Werbung schreiben will.


    Noch dämlicher finde ich es aber, wenn wir Wörter erfinden, die wie englische klingen, aber keine sind, wie das allbekannte Handy. Und dann versuche mal, jemandem, der Englisch lernen will oder muss, beizubringen, dass Handy auf Englisch leider mobile phone oder cell phone heißt, aber jedenfalls nicht Handy... *seufz*


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    Jedenfalls habe ich Angst, dass es irgendwann keine deutsche Sprache mehr gibt


    Ich glaube nicht, dass es dazu kommt. Jedenfalls nicht so bald - in unserem Leben. Oder siehst Du irgendwelche Anzeichen, die darauf hindeuten? Ich bin auch nicht dafür, Sprachen einfach eingehen zu lassen oder sie sogar zu verbieten.


    Ich fände es allerdings begrüßenswert, wenn jedes Kind zweisprachig aufwüchse oder noch relativ jung eine Zweitsprache lernt. Es ist eine große Bereicherung für mein Leben, eine zweite Sprache so gut zu beherrschen, dass ich Bücher darin lesen kann und mich fließend unterhalten kann. Ich glaube, es führt zu einem ganz anderen Verständnis der Welt, wenn man erkennt, wie sich Menschen unterschiedlich ausdrücken und wie verschieden selbst ähnliche Sprachen sind.


    Leider erkenne ich an weniger gut gebildeten jungen Leuten, die zweisprachig sind, oft, dass sie sich gar nicht mit dem Thema beschäftigen - es fällt ihnen gar nicht auf, wo welche Unterschiede sind. Sie denken einfach nicht darüber nach. Das ist sehr schade.


    So, ich habe für heute abend genug über dieses Thema nachgedacht. :-)

    Bei Kinderbüchern gibt es meistens eine Empfehlung, welche Altersgruppe mit dem Buch angesprochen werden sollte.


    Eine festgesetzte Altersfreigabe fände ich sinnlos, vor allem wenn sie so unsinnig wäre wie bei Filmen.

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    Moore nimmt seine angeblichen "Fakten" meist aus völlig normalen Artikeln aus amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften. Das ist doch höchst zweifelhaft, wenn man bedenkt, welche Sensationsgier die am. Zeitungen haben. Da ist die Bild nichts dagegen!


    Nun tust Du das, was Du Moore vorwirfst, Du polemisierst. Ich kenne bei weitem nicht alle Quellen, die er am Ende von Stupid White Men angibt, aber da sind etliche Artikel und Serien aus der New York Times und der Washington Post dabei und ich müsste mich sehr irren, wenn deren Niveau dem der Bild-Zeitung gleichkommt. Und das waren nur zwei Beispiele.


    Damit will ich nicht sagen, dass man blind alles glauben sollte, was Moore schreibt. Man sollte aber nie irgendwas blind glauben, auch wenn es im Spiegel oder der Süddeutschen steht.


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    Beispiele? Gerne. Seine Theorien über Bin Laden sind schon das Schärfste.


    Bin Laden ist ja so harmlos, der Arme hängt doch am Dialysegerät und kann absolut nichts für den Terror tun.


    Es ist eine Weile her, dass ich Stupid White Men gelesen habe, aber an eine solche Behauptung müsste ich mich eigentlich erinnern. Weißt Du noch, in welchem Kapitel das steht? Ich kann mich im Gegenteil sehr gut daran erinnern, dass der Regierung vorgeworfen wird, die Familie Bin Ladens ausgeflogen zu haben, und zwar am 11. oder 12. September als noch jeglicher anderer Flugverkehr verboten war.


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    Und dann wird alles, was auf der Welt und in Amerika schief läuft, Bush und Co., den Reichen und Schönen zugeschoben. Sorry, einfältiger geht es nicht mehr,


    Widersprichst Du Dir jetzt nicht selbst? Du hast doch vorher noch behauptet, Moore würde allen Amerikanern Blödheit vorwerfen (auch hier meine Frage: wo?), in dem Falle sind sie doch schuld am ganzen politischen Debakel und Bush ist nur ein Symptom.


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    Da kann ich nur "Weltmacht USA- Ein Nachruf""Emmanuel Todd oder "Die Bush-Bilanz" von Elmar Theveßen, die, wie kann das nur sein, ohne Polemik und plumpe Satire auskommen, sogar - oh Wunder - plausibel mit Hintergründen argumentieren können. Bei diesen Büchern ist jener Punkt enthalten, die Moores Bücher nicht haben: Tiefsinn und Glaubwürdigkeit.


    Danke für diese Buchtipps, da werde ich mal reinschauen.


    Ich glaube auch, dass einige Punkte, die Moore vertritt übertrieben oder sogar ungerechtfertigt sind. Andererseits glaube ich, dass seine gerdezu plumpe Dreistigkeit einen Teil des Erfolges seiner Filme ausmacht. Ich meine damit, wie er einfach in irgendwelche Firmengebäude hineinspaziert und sich nicht darum kümmert, albern auszusehen, wenn er wieder hinausgeworfen wird. Oder Charlton Heston noch weiter hinterherzurennen und mit Fragen zu löchern, nachdem der sich schon längst als seniler Greis bloßgestellt hat, der kaum weiß, wovon er redet. Ist das guter Journalismus? Ich weiß es nicht. Eher nicht. Aber es verleiht den Bildern Nachdruck.


    Mir wäre es lieber, wenn die Aussagen aus Stupid White Men doppelt und dreifach nachgeprüft worden wären, aber dazu wäre ein ganz anderer Autor notwendig gewesen, der monatelang recherchiert und wenig an die Öffentlichkeit tritt, weil das bei weiteren Recherchen hinderlich ist. Ein Michael Moore aber, der Fernsehserien macht, der auf den Bestsellerlisten zu finden ist und der bei der Oscar-Verleihung "shame on you, Mr. President" ruft, der wird wenigstens wahrgenommen und zwar nicht nur von den sowieso schon kritischen Europäern oder den intellektuellen Amerikanern, sondern von der breiten Masse. In diesem Fall halte ich das für wichtig und nehme dafür in Kauf, dass da auch mal Behauptungen aufgestellt werden, die übertrieben sind oder sogar nicht stimmen.


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    Nun ist er ein reicher Mann, dieser Moore, und lebt in einer riesigen Villa am Strand, und wettert im gleichen Atemzug gegen die reiche Schicht ...


    Hast Du The Big One gesehen? Das war sein Film über die Entlassungen in den großen Firmen und hervorragend verdienenden Konzernen, oder Verlegungen von Firmenzweigen in dritte-Welt-Länder, wo die Arbeitskräfte erheblich billiger sind. Dagegen wettert Moore. Er schimpft auch über Politiker, die Unsummen von Geld verdienen - nicht nur in ihrem Amt sondern mit ihren Konzernen und die sich gegenseitig das Geld zuschieben. Ich kann mich nicht entsinnen, dass er allgemein gegen reiche Leute geschimpft hat.


    Ihm vorzuwerfen, dass seine Bücher Bestseller sind, halte ich für Blödsinn. Da wir alle Michael Moore persönlich nicht kennen, können wir nicht beurteilen, ob er sie eher reißerisch geschrieben hat, damit sie von der breiten Masse gelesen werden (die mobilisiert werden muss, wenn etwas passieren soll!!) oder damit er reich wird. Ich will mal an das Gute im Menschen glauben und nehme ersteres an.

    Oh, danke für den Hinweis, das werde ich demnächst machen. Ihr schreibt ja wirklich sehr viel und ich dachte, dass, wenn ich das Buch nicht auf den ersten paar Forenseiten finde, ein eventueller Thread schon sehr alt sein müsste, aber das ist ja wirklich gerade erst besprochen worden...

    Hallo,


    in dem Thread über Verfilmungen die besser als ihre Literaturquelle sind ist es mir mittlerweile ein bißchen zu wirr. Ich finde, dass wir da auch fehl am Platze sind. Deshalb habe ich beschlossen, einfach mal einen neuen Thread zum Thema Sprache aufzumachen und fange gleich mit dem Beitrag von anne_jette an, die es mir hoffentlich nicht übel nimmt, dass ich sie mitgenommen habe.


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    Original von anne_jette
    Hmm kurz dazu das deutsch keine schöne Sprache ist, ich kenne mich damit nicht so gut aus wie manch andere hier im forum, doch meiner Meinung nach kann man sich im deutschen wunderbar ausrücken, wir haben im Englisch Unterricht mal das Gedicht " Der Panter von Rainer Maria Rilke durchgenommen, im englischen endet es einfach mit " and dies " im deutschen aber " und hört im Herzen auf zu sein " ich finde das ist 1000mal besser ausgedrückt....


    Ob einem die deutsche Sprache gefällt oder nicht ist natürlich reine Geschmackssache. Ich finde, sie klingt nicht schön, aber ich finde auch, dass Italienisch nicht schön klingt und stehe damit relativ allein da.


    Dein Beispiel sagt nichts über die Sprachen an sich aus, sondern eher über Übersetzungen. Es ist schon völlig unmöglich, einen ganz normalen Text, z. B. aus einem Roman wirklich genau zu übersetzen und zwar auch bei Sprachen, die so nahe verwandt sind wie das Deutsche und das Englische. Bei Gedichten, die einen Rhythmus und Reime haben, ist es natürlich noch viel, viel schwieriger! Man könnte "und hört im Herzen auf zu sein" auch mit "and his heart fades away" übersetzen, was dem Original viel näher käme (und auch schön klingt, oder?), aber dann reimt es sich nicht oder folgt nicht der Melodie. Deswegen sind übersetzte Gedichte meiner Meinung nach ebenso das Werk des Übersetzers wie des Autoren. Nicht umsonst haben viele Dichter als Übersetzer anderer Dichter gearbeitet. Fontane z.B. hat etliche englische Gedichte übersetzt.


    Ich will auch überhaupt nicht bestreiten, dass man sich auf Deutsch genau oder schön ausdrücken könnte. Ich würde schon eher behaupten, dass man sich auf Englisch ganz besonders genau ausdrücken kann, weil das Englische oft für ein deutsches Wort viele englische Wörter hat, deren Bedeutung sich nur in Nuancen unterscheidet. Soweit mein Halbwissen reicht, liegt das daran, dass auf den britischen Inseln besonderns viele Völker gelebt haben, die alle sprachliche Spuren hinterlassen haben. Auch ist Englisch den romanischen Sprachen näher als Deutsch (was man an der Struktur der Grammatik oft gut erkennen kann, aber natürlich auch an den vielen Vokabeln, die erkennbar noch lateinischen Ursprungs sind) - das hat mir gute Dienste beim Spanisch-Lernen geleistet.


    Ganz feste glaube ich daran (auch wenn jetzt Iris vielleicht wieder behauptet, ich hätte das von Creative-Writing-Dozenten oder sonstwem aufgeschnappt), dass es in jeder Sprache, in jedem Volk, in jeder Literatur bestimmte Traditionen gibt, die mehr oder weniger ausgeprägt sind. Ich liebe Wortspiele und den Mut mit Wörtern kreativ umzugehen. Deutsche Autoren arbeiten sehr wenig damit. Amerikanische schon viel mehr. Englischsprachige Inder aber, die ja fast alle zwei- oder dreisprachig aufgewachsen sind, haben sehr oft einen starken Hang dazu. Das beste Beispiel ist The God of Small Things von Arundhati Roy. (Wenn ich dieses Buch hätte übersetzen müssen, wäre ich weinend zusammengebrochen!)


    He drove the thought away angrily. It returned and sat outside his skull. Like a dog.
    She could have let her fingers stray to the base of his flat stomach. Carelessly, over those burnished chocolate ridges. And left patterned trails of bumpy gooseflesh on his body, like flat chalk on a blackboard, like a swathe of breeze in a paddyfield, like jet streaks in a blue church-sky.
    Estha, der eine Frisur mit Elvis-Tolle trägt (a puff) und seine Mutter und Schwester gehen ins Kino und schauen zum x-ten Mal "The Sound of Music". In einer Szene, in der Nonnen den Julie-Andrews-Charakter schelten (in einem Lied) passiert folgendes:
    There was a voice from outside the picture. [...] It was Estha who was singing. A nun with a puff. An Elvis Pelvis Nun. He couldn't help it.
    Rahel saw that her eyes were a redly dead.
    Now they were. Old enough. Old. A viable die-able.age.


    So etwas kenne ich nicht aus der deutschen Sprache. Ich staune auch, dass Iris schreibt, Wortschöpfungen seien bei uns so sehr akzeptiert. Hast Du Beispiele?


    Ach, es gäbe noch viel dazu zu sagen... Vielleicht sagt's ja jemand! ;-)

    So, dann will ich auch mal ein Buch vorstellen, ich habe es gerade ausgelesen. Mehr findet Ihr auf nocheinbuch.de.


    Die Klatschmohnfrau ist ein Teil einer losen Trilogie, deren Bücher jedoch alle für sich stehen. Noelle Chatelet beschreibt Marthe, die sich mit 70 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt. Marthe gibt sich ihren Gefühlen hin, sie lässt sich von ihnen treiben und spürt ihnen nach, egal ob sie angenehmer oder unangenehmer Natur sind, wie die Angst, die mit ihrer neuen Leidenschaft verbunden ist.


    In der Beschreibung dieser Gefühle liegt die Stärke des Romans. Stets steht Marthe im Mittelpunkt und wir erfahren nur ihre Sicht der Dinge. Selbst was ihr Geliebter Felix ihr erzählt, bleibt Marthes Geheimnis, Chatelet beschreibt lediglich, was diese Dialoge in Marthe auslösen.


    Der kurze Roman ist wunderschön zu lesen und an keiner Stelle kitschig. Allerdings hat Marthe es auch leicht - sie kann sich einfach so hingeben, ihre Familie ist zwar zuerst verwundert, kommt aber gut mit der völlig neuen Situation zurecht und Felix ist ein geradezu idealer Mann. Dieses Fehlen von Problemen ist mein einziger kleiner Kritikpunkt - kann eine Liebesgeschichte wirklich so unglaublich einfach sein? Vielleicht ja, wenn wir uns so darauf einlassen wie es Marthe tut.