Ich bin nicht sicher, ob dieses Buch hier richtig ist, denn eigentlich ist es nur sehr bedingt ein Fantasy-Roman, obwohl die eine der beiden Hauptfiguren ein Vampir ist, denn eigentlich ist es eine klassische Beziehungsgeschichte. Das Vampir-Sein ist wohl mehr ein Sinnbild für sein Verhalten in der Beziehung. Na ja, ich stelle den Roman trotzdem mal hier vor:
Auf den ersten Blick fand ich das Buch irritierend: ein Roman, der aufgebaut ist wie eine Schachpartie, eben jene berühmte „Unsterbliche Partie“, die 1851 in London gespielt wurde. Bald aber entwickelt dieser Romanaufbau eine ganz eigene Faszination. Es ist die Geschichte der Beziehung zwischen Elise und Hannibal, die sich Zug für Zug entwickelt, vom ersten Kontakt bis zum Schachmatt. Elise steckt in einer gescheiterten Ehe fest, eine hübsche Frau, aber auf den ersten Blick etwas unscheinbar, was ihr ganz recht ist. Sie ist zurückhaltend und vorsichtig, sehnt sich dabei aber nach Leidenschaft und Hingabe. Hannibal dagegen, ein Vampir, hat schon so viel erlebt, dass ihn die Welt anödet. Er glaubt nicht, dass eine weitere Liebschaft ihm neue Erfahrungen bringen kann, doch gegen Elises Zauber ist er machtlos. So nimmt die Beziehung ihren Lauf. Doch eine sterbliche Frau und ein unsterblicher Vampir haben jeweils ihre eigenen Vorstellungen von der Liebe. Und rasch entwickelt sich die Partie zu einem Spiel um Herausforderung und Hingabe, Macht und Opferbereitschaft.
Obwohl die Schachpartie das Rückgrat des Romans bildet, braucht man kein Schachprofi zu sein, um das Buch geniessen zu können. Grundkenntnisse sind natürlich von Vorteil, es tauchen auch immer wieder kurze Hinweise auf Fachbegriffe, Taktik und historische Spiele auf. Da aber zu Beginn jedes Kapitels der entsprechende Zug mit einer kleinen Grafik verdeutlicht wurde, konnte ich auch als Laie der zentralen Schachpartie gut folgen. Und weil die restlichen Schachbezüge für die Geschichte nicht wirklich wichtig sind, kann man einfach darüber hinweglesen, wenn mal ein Fachbegriff unbekannt ist. Ansonsten hilft Wikipedia fast immer zuverlässig, eine Wissenslücke zu stopfen. So hat „die unsterbliche Partie“ mein Verständnis für die Faszination des Spiels der Könige beträchtlich erweitert.
Generell sollte man sich als Leser nicht von Wissenslücken beeindrucken lassen. Der Roman ist voll von Anspielungen auf Mythologie, Literatur und Philosophie. Man kann diese Bezüge zur Kulturgeschichte faszinierend finden, wenn man sie versteht (und sich dabei im Bewusstsein seiner eigenen Bildung sonnen). Man kann aber auch einfach die bildhafte Sprache genießen, ohne sich über die vielen Querverweise den Kopf zu zerbrechen. Schließlich hilft ein Glossar am Ende des Buches überall dort weiter, wo die Bezüge zur griechischen Mythologie fürs Verständnis wichtig sind.
Kurz: ein unglaublich dichtes Buch, das eindrücklich zeigt, wieviel Gefühl und Leidenschaft in einem Spiel stecken kann.