So, der Urlaub war auch in Hinsicht aufs Lesen ein voller Erfolg! Bin mit "Anna Karenina" nun durch und muss sagen, dass ich das Buch bis zum Schluss interessant und spannend fand.
Wie Tolstoj insgesamt das Leben der (reicheren) Russen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschreibt, ist ausgesprochen lesenswert. Ich habe immer wieder überlegt, wie es sich für eine Frau wohl angefühlt haben mag, das Leben in einem scheinbaren Müßiggang zu verbringen, aber auch etliche Kinder zu erziehen, während die Männer riesige Summen Geld ausgaben, meist auch für Dinge, die doch völlig unabhängig von den Familien liefen. Annas Leben war doch sehr tragisch, obwohl mir manche Ansichten zu Liebesheirat und Scheidung zunächst geradezu modern erschienen, war sie genau den Zwängen verhaftet, die gesellschaftlich in dieser Zeit eben normal waren.
Gestört hat mich eigentlich nur, dass manche Fäden irgendwie nicht so richtig zu Ende erzählt wurden bzw. nicht mehr aus Sicht der betroffenen Personen (wie z.B. Wronskij nach Annas Tod; das bekommt man nur über seine Mutter so nebenbei mit). Das fiel mir eigentlich das ganze Buch über auf, dass es so manchmal Sprünge gab, die manche Geschichten irgendwie plötzlich beendeten.
Einer der erzählerischen Höhepunkte war für mich die Beschreibung des Sterbens von Lewins Bruder. Das war einfach zum Atemanhalten.
Bis zum nächsten russischen Klassiker werde ich jetzt wohl etwas Zeit vergehen lassen und inzwischen andere Sachen lesen (zum Teil ist das schon geschehen, "Tod einer Untröstlichen", "Bridie und Finn" sowie "Die Einsamkeit der Primzahlen" sind gelesen, "Der alte König in seinem Exil" habe ich zur Hälfte durch). Aber dann werde ich sicher bald wieder einen in Angriff nehmen - eventuell vielleicht einen Dostojewski?
LG,
Barbara