Beiträge von Mondspielerin

    Liebe Ayasha,


    ich habe jetzt versäumt, zu kopieren und zu zitieren, wollte aber noch einmal etwas über Steine sagen -


    - Steine, das ist für mich nicht nur gepresstes Land, vor Jahrmillion; ich stelle mir vielmehr vor, es ist der Sternenstaub, und es sind die vorhergewensen Lebenden und Toten, die sich dann in einem Stein wieder finden. Eine romantische Vorstellung, aber, so versicherte mir ein Geologe, nicht abwegig.


    Ich selbst bin keine, hmm… wie sage ich das ohne abwertend zu klingen? - also: Ich glaube nicht an Horoskope, trinke lieber Kaffee als Tee und halte die "Dinge zwischen den Welten" nur soweit für möglich, als dass ich von ihnen nicht verlange, mir mein Leben abzunehmen oder gar zu leiten. Ich bin nicht esoterisch verführbar, obgleich mich das Unerklärbare durchaus reizt.


    Gerade die Bretagne - und nur die Bretagne, VIELLEICHT noch in dieser Intensität Galizien – hat einen Hang zu den magischen Welten. Aber auf sehr pragmatische Weise. Wie wir Parkülätze beim Universum bestellen, wird dort mit den Toten zur "Halloween" umgegangen; selbstverständlich.
    Ich könnte diese Anmerkungen nie verwenden, wenn die Story in der Provence zum Beispiel gespielt hätte. Nur die Bretagne hat den Schmerz von keltischer Sage meets Katholizismus meets Naturrelgion und Avalon.


    hach, wartet nur, eines Tages lebe ich meine "so gar nicht verführbare Esoseite" in einem Fantasyroman aus, der… aber noch nicht heute.


    Liebe Grüße, einmal in die bereits gelesene Runde;
    habt Dank für Eure Zuwendung und Eure Zeit, Euer Lob und Eure Fragen, Eure Nachsicht gegenüber Schwächen und Eure Diskussion.


    Sehr, SEHR herzlich,


    _Nina

    Oh, ja, Ihr LIeben,


    meine Marianne ist rund. Rund und weich; zwar nicht großbusig (Was total ärgerlich ist, wenn man gleichzeitig ein Bäuchlein hat, ich sach Euch…), aber rund da und da und dort und Genevieve war es stets auch in meiner Vorstellung – eine nicht dünne harte Frau sondern eine runde verhärtete Frau, ihre weiche Weiblichkeit einkerkernd in dunklen Kleidern und Gedanken.


    Nachtgrüße


    _Nina
    (Mondspielerin)

    Liebe Tabea,


    und auch für uns Autoren sind solche Leserunden wahnsinning spannend – wo sonst erfährt man, wie das, was man selbst im Kopf hatte als man die Geschichte schrieb, am anderen Ende ankommt?
    (Ein bisschen wie stille Post)



    Sehr herzlich!
    (und lass Dir ruhig Zeit, ich schau eh öfter hier rein, Du musst dich nicht beeilen mit Lesen).


    _Nina

    Huch,
    lieber Voltaire, liebe Rosenstolz, liebe Ayasha und liebe Maikäferin,


    wir habt Ihr es auf einmal geschafft, während ich nur mal acht Stunden nicht da war, über Seitensprünge und Liebe zu… na, egal.
    Ich lese weiter mit und achte auf Fragen.



    Herzlichst


    Nina

    Liebe Maikäferin,


    "Herzblut" ist sicher eine Wortmumie, ein oft benutztes Bild - und stimmt auch so nicht ganz, meine ich; es ist ein zu diffuser Begriff um das Schreiben als solches zu eh, be-schreiben.


    ich sinniere mal vor mich hin:
    Schreiben hat - auch - mit der Persönlichkeit zu tun. Ein, hm, zynischer Charakter wird mit Schlagfertigkeit, Witz, Coolness schreiben. Hat ja auch was, aber vieleicht nicht die Hitze von "Herzblut". Und manchmal hört sich Herzblut auch nach Über-Gefühligkeit an, nach ein wenig eitler Dramatik, nach: Oh! Ich quetsche mein Herz aus und tunke die Feder hinein, seht nur, oh seht wie sehr ich mich aufzehre.… Schön und gut, go for it - aber überarbeite das Herausgezehrte und -gezerrte hinterher mit kühlem Kopf.
    Oder, noch anders: ich kann Szenen schreiben, die Lesenden zu Herzen gehen, und bei denen sie weinen. Ich weine dann selbst nicht. Aber ich wende alle Kniffe an, um den Lesenden dazu zu bringen. Das ist dann kein nettes Herzblut. Das ist Kalkül, Berechnung und Manipulation.
    Boah, wie gemein diese fiesen, fiesen Autoren sind!
    (Und manchmal legen sie sich selbst rein. Und heulen dann beim Korrekturlesen selbst obgleich sie genau wissen, was gleich kommt und wie das passieren konnte).


    Wenn ich das Wort "Herzblut" mal benutzt habe (Das passiert, na klar, Phrasendrescher-Alarm), dann meinte ich stets damit: Wahrhaftigkeit. Vollste Wahrhaftigkeit und kein: "Ich schreib jetzt mal so logger was dahin was irgendwie gut ankommen soll".


    Ich sehe aber beside dieser Herzblut/Wahrhaftigkeit-Geschichte so:
    Schreiben ist 10 Prozent Talent. 90 Prozent Handwerk (Kann auch 20:80 oder 40:60 sein, das ist völlig latte und an jedem Tag und in jedem Autoren anders).
    "Talent" könnte man ergänzen oder teil-übersetzen mit: Leidenschaft. Verrücktheit. Gabe. Fantasie. Grenzennlosigkeit. Verspieltheit, Emotion, Genius.
    Was auch immer: es ist ein Inneres Brennen.


    Der Rest ist: Handwerk. Fleiß, Disziplin, Selbstkritik, dramaturgisches Feilen, Dialogfestigkeit, Figurenzeichnung, die Kunst des Weglassens, Adverbienkillen, keine abgelatschten Metaphern benutzen, usw.
    Sogar einer mit nur einem Prozent des gewissen Brennstoffes, kann durch Erlernen des Handwerks solide, gute, saubere, erfolgreiche, überzeugende Romane schreiben. Manchmal sogar fast besser als ein "Brenner", der ja oft genug noch ein Bedürfnis hat, etwas zu sagen, etwas Wichtiges; oder dessen Brennen ihm manchmal im Weg steht, ein Buch verdaulicher zu stricken!


    Hier in Deutschland wird der Beruf Schriftsteller mystifiziert.
    Und, ja, es gibt einen Teil darin, der mystisch und unerklärbar ist (Siehe: Brennen. Gabe. Talent. Emapthie, Persönlichkeit etc.). Aber: Der große Rest ist lernbar. In den USA oder England etwa gibt es reichlich Kurse, Schulen, Bücher, eine ganze Kultur zum Thema: Erzählerisches Schreiben lernen. Es IST wie ein Ausbildungsberuf (nur dauert die Ausbildung quasi das halbe Leben :-)), aber es ist keine vom Himmel gefallene Gabe, die nur manche begnadet.


    Ähm, ich schweife ab, ich schweife ab.


    Jeder Autor braucht aber - neben meiner Arie auf das gloriose Handwerk - zumindest etwas, was ihn antreibt und die innere Gasflamme öfter mal höher ausschlagen lässt. Das kann auch Selbsthass, Eitelkeit, auch Narzissmus kann ein prima Feueranzünder sein – ganz gleich: Hauptsache, es brennt!


    War jetzt etwas elliptisch geantwortet.
    Herzlichst –


    Nina

    Liebe Ayasha,
    liebe Macska,


    ich kann nicht widerstehen und will zwei Dinge erzählen:


    - bei dem Herrn in der Priest-available-Kabine (das Schild ist echt gewesen…) habe ich mir immer den so so wunderbaren, sehr netten Andreas Eschbach vorgestellt. Er wohnt u.a. in der Bretagne. Er ist es aber natürlich NICHT. Ich stellte es mir aber charmant vor - Schriftstellern können solche seltsamen Dinge schon mal passieren. (Und dazu zähle ich auch die Schriftsteller, die noch nicht wissen, dass sie welche sind. Die bishr noch davon träumen, zu schreiben, aber das so intensiv, als täten sie es bereits)


    - oh, ich freue mich total, dass das Farbenspiel aufgefallen ist! Ich stehe echt auf so kleine Botschaften, die zwar so agr nicht für das Verstehen des Buches wichtig sind. Aber… um die Autorin dahinter zu verstehen. Hach, seufz. Gute Nacht, gute Nacht!


    _Nina

    Zitat

    Original von Roma
    Hältst du es für denkbar, dass -um bei der Mondspielerin zu bleiben- eine Marianne, die du beim Schreiben des Romanes so "geschaffen" hast, wie wir sie kennen gelernt haben, ganz anders hätte aussehen können, wenn du den Roman Jahre früher oder später geschrieben hättest?


    Liebe Roma,


    oh, ja! Schlimmer noch: Schon ein paar Monate mehr oder weniger hätte sie verändert.


    Oder, anders: Es gibt den Satz "Was ein Schriftsteller Mittwochs kann, hat er Donnerstags verlernt".


    Das stimmt und stimmt nicht - das Handwerk, die Instrumente um etwas atmosphärisch dicht, spannend zu gestalten; Dialoge zu schleifen, beliebige Sprach-Bausteine und Wortmumien auszumerken – das bleibt.
    Aber die innere Festigkeit. Das Fließen. Die Überwindung des inneren Zensors, der sagt: Wer will das denn lesen? Was soll das denn ja jetzt, das macht man aber nicht, fluchen und vögeln und zu viel Glück! - das ist von Tag zu Tag anders. Alles beeinflusst - die eigene Stimmung. Hunger. Diät. Das letzte Buch, was man selbst gelesen hat, vor allem wenn es großartig war und einen dermaßen demotiviert. Die Liebe. Der Sex. Der Terror der Welt. Alles wirkt auf das Schreiben, hemmt es, verändert die Figuren, verädnert ihre Lebensthemen
    (Mitlesende Autoren mögen wir verzeihen, wenn ich im Wir-Modus schreibe. ich meine natürlich meist nur mich oder jene Autoren die ich kenne und mit denen ich über das Wesen Muse und Handwerk unterhalten habe)


    Plus: Ich bin überzeugt, dass ich, je älter ich werde, anders oder besser schreibe. Das hängt weniger mit dem Alter zusammen als mit der Gelegenheiten, sich zu wehren - gegen Gefallsucht (man will ja so gern ALLEN gefallen. Allen Lesern. Allen Kritikern. Allen Lektoren. Bullshit). Gegen Minderwertigkeitskomplexe (wieso ist MIR dieser Harry nicht eingefallen?). Gegen Bequemlichkeit (Och, wenn jetzt so Vampirromane Erfolg haben, schreib ich das halt auch mal so irgendwie runter…).Gegen den Konsens. Gegen die Erwartungen Fremder und Freunde.
    Und: gegen masochistischen Ehrgeiz. Ich wollte früher in jedem Buch alles sagen, was ich weiß. Und das mit den unverbrauchtesten Wörtern der Welt.
    Oioioioiii!


    Sehr herzlich
    _Nina

    Stimmt,
    liebe Roma,


    Deine Frage ich übersehen – aber eben noch mal gefunden: Thread 1, 26.7., morgens um 05:51 Uhr. Danke, dass Du sie noch einmal einbringst.


    Auch hier wieder: Eine eigentlich unkomplizierte Frage, die aber eine unglaublich komplexes Feld aufwirft. ich möchte nicht einfach die Standardantwort geben: Ja, die Figuren machen was sie wollen, oder Ja, die Figuren sind völlig anders als ich.


    Es gibt mehrere Wahrheiten, die sich beim Schreibprozess überschneiden, weswegen eine Antwort allein eine bequeme Lüge wäre:


    - die Figuren all meiner Geschichten tragen etwas von mir mit sich herum. Meine Hochgefühle, meine Liebe, meinen Kummer. Meine Sorgen, meine Scham, meine Sehnsucht, jemand zu sein der ich nicht bin - kurz: meine Erinnerung an alle Gefühle und Regungen, die ich in bald 38 Jahren durchlebt und durchlacht habe.
    Irgendetwas an ihnen ist aus mir, ganz gleich welchen "Wert" dieses Gefühl hat, ob etwas Kleinliches oder etwas Großartiges, Über-Menschliches. Ich glaube, das gehört dazu - aus sich zu schöpfen, aus ALLEN Regungen; und sich nie darüber zu schämen, welche "kleinen" Gefühle man hatte (Wie Neid und Abfälligkeit und Intoleranz oder Feigheit).
    Was deswegen dazu führt, dass die Selbstreflektion (bei vermutlich vielen Schriftstellern) sehr hoch ist. Während ich Liebeskummer hatte oder habe, speichert ein Teil von mir bereits das Gefühl ab unter: Vielleicht mal literarisch verwendbar. Dasselbe gilt für Trauer. Lust. Schmerz. Sehnsucht. Für alles.
    Vielleicht sind wir die größten Vampire unserer selbst.


    - Allerdings: Ich "borge" auch Gefühle und Erinnerungen und Leben bei anderen. Ich allein würde nicht genug erleben um daraus zu schöpfen, sondern würde mit meinem Repertoire bald Leser langweilen. (es gibt so Autoren, die ein und dieselbe Story imemr wieder erzählen, nur mit anderen Farben und Settings, aber immer mit denselben Archetypen und Gefühlen).
    Also klaue ich aus dem Leben der Anderen. Während des Schreibens ist mir aber nur selten bewusst, von welchem Individuum; es ist mehr so, dass ich ein inneres Sammelsurium anzapfe. Da lagern unendliche Reihen von Gesichtern, Gesprächen, Geständnissen. Dazu die Flut von Eindrücken aus Zeitungen, Kino, Plakatwänden, Tagesschau… ein riesenhafter Tief-Bunker. Ach, nein, ein Ultra-Pilz, dessen unterirdische Pilzfäden sich über halbe Kontinente entlang zieht.


    - alle Figuren sind dennoch eigene Chrakatere, die nichts mit mir, Nina, und meinem Leben, zu tun haben, und rein gar nichts mit dem Leben eines Anderen, den ich mal getroffen oder belauscht habe - denn auch wenn wir gewisse Gefühlsregungen teilen, so haben die Roman-Menschen eine andere Gewichtung in ihrer Persönlichkeit. Während z.B. meine Schwäche, mich in einen Lebenskäfig zu setzen und mich für einen anderen Menschen aufzugeben in der Hoffnung, dann mehr geliebt zu werden, NICHT sehr stark ausgeprägt ist - ABER VORHANDEN - so ist es in Marianne stärker ausgeprägt.
    Oder meine Naivität und Schüchternheit: So habe ich mich als Kind gefühlt, so fühle ich mich manchmal noch heute; ich aknn das anzapfen, wie es war, als ich klein und die Welt groß war. Aber Simon weiß noch besser, wie das ist. Und er handelt anders als ich, genau wie Marianne - ihr Cocktail aus Eigenschaften hat andere Zutatenmangen, obgleich sich manche Zutaten mit den meinen in der Persönlichkeit gleichen.


    Ich habe mich mich Marianne deswegen gestritten, weil ich mich immer gefürchtet habe, in Lebenskäfigen hocken zu bleiben; ich schrammte oft nur knapp daran vorbei. Ich war so SAUER, dass sie das auch machte - aber ich wusste, es MUSS sein, um ihre weitere Entwicklung zu tragen. Da haben Emotion und Schriftstellerhandwerk gegeneinander gewütet. Das Handwerk hat gewonnen.


    - Ich bin ein discovery writer. Ich entdecke die Geschichte oft erst während des Schreibens. Vieles, was ich mir dann vorher vorgenommen habe - wer was tut oder lässt oder welche Schwächen und Bedürfnisse hat - geht einen chemischen Prozess mit dem Workflow ein. Neue Ideen kommen hinzu, neue Wege, um etwas auszuprobieren, was irgendwie mehr schäumt und zwitschert und brodelt als der geplante Weg. So kann es also sein, dass die Summe aus Plan und Prozess und Gedankentango zu einem völlig ungeahntem Weg führen; und jemand handelt, spricht oder sich entwickelt, wie ich es am Anfang oder auf den ersten 40, 50 Seiten nie gedacht hätte.


    DAS ist das, was ich am Schreiben liebe. Diese Magie, diese Intensität, dieses Vordringen in Welten, die vielleicht, vielleicht, ganz diffus irgendwo in mir herum wabern. Und dann den Weg in sie gefunden zu haben - wow! Den ich aber nur fand, weil ich ihn ging! Es gibt Autoren, die planen und wissen alles; ich beneide sie manchmal, denn sie kennen die Sackgassen und Umwege und verzweifelten Labyrinthe nicht, in denen man sich verfängt und Blut und Schweiß heult, um sich aus den aberwitzig bunten Welten wieder zu lösen, um eine flüssige, lesensfähige Geschichte daraus zu machen. Echt, wie oft ich mich verfange in tausend Erzählschleifen und Abseiten und Nebenwegen… aber ich liebe es. Es geht nur so, sonst könnte ich nicht mehr schreiben.
    Habe ich das jetzt einigermaßen un-verständlich dargelegt :-) ?


    Schreiben ist wie Lieben. Je mehr man es erklärt, desto unerklärbarer wird es.
    Und Schreiben kommt vom Schreiben. Wer es schon längst mal tun wollte, soltle es verdammt noch mal tun. Er wird sich wundern, dass er sehr wohl über eine Seite hinaus kommt, wenns erstmal fließt.


    - letzte Wahrheit über Figuren und Schreiben und die Natur des Autoren:
    Oh, ja, manchmal ist es herrlich, wider seiner eigenen Natur zu schreiben. Es ist ein Fest. Böse zu sein. Oder heldenhafter. Oder aufregender. Mal ein Mann sein. Ein Tier. Oder mal der Tod sein oder ein Todfänger. Ich kenne keine Grenzen, oder, vielmehr: Ich sehe sie, und breche sie. Es gibt nichts, was so oder so sein MUSS - alles kann anders sein, immer wieder.
    Wozu sonst schreiben - wozu sonst leben?



    herzliche Grüße


    _Nina
    Mondspielerin

    Lieber Herr Palomar,
    liebe Nacht- und Büchereulen –


    ich habe zu danken. Es war in jeder Hinsicht, und ist es noch, aufschlussreich. Es ist erstaunlich, wie tief ich hier in Hirne, Herzen und Leben schauen kann; denn ist es nicht so: Es ist ein Dialog zwischen Buch und Leser, und obgleich jeder dasselbe Buch liest, so ist es für jeden ein anderes, und jeder liest dort etwas nur für sich heraus - je nach dem, wer er selber ist.


    Auf bald, und habt es gut; und froh mögen die Bücher sein, die Euch begegnen. Es ist gut, mit wie viel Achtung ihr urteilt.


    Herzlichst für die erste Runde, die bereits ausgelesen hat –


    Nina

    Liebe Mulle,


    neinnein, darauf muss ich bestehen :-) - es ist kein Ratgeber!
    Ratgeber sagen: Mach das.
    Sachbücher sagen: Das und das liegt und da daran, man könnte damit so oder anders umgehen, was würde denn zu Ihnen passen?
    Und erzählende Sachbücher sagen: …und mein Menschenverstand / Erfahrung / beste Freundin sagt dazu noch außerdem…


    Ich lächele während ich das schreibe, und sende Dir vor allem ein DANKE für Deine Neugier und das kindlen (Wieder neues Wort gelernt. Gleich dem Gatten weiter getratscht, der auf dem Sofa nebenan liegt).


    Und sende sehr herzliche Grüße


    _Nina Mondspielerin

    LIebe Macska,


    ja, das wird in einigen Bäckereien in der Provinz noch gemacht - oder von traditionsbewussten Bretonen zu Hause. Neulich habe ich das sogar bei einem Bekannten in Bremen beim Sonntagsfrühstück gesehen, und er ist Agnostiker. Muss also manchmal nicht aus dem Glauben, aber aus der Gewohnheit heraus getan werden.


    Nachtgrüße:


    _Nina

    Liebe Mulle,


    falls ich "Empfehlungen" zu meinem PS Frau West geben darf:


    Am besten "Absolut Sex" (erzählendes Sachbuch)
    oder "Schmutzige Geschichten" (Erotische Kurzgeschichten, KEIN Hardcore)
    Die beiden mag ich sehr, sehr gern.
    Achtung: Der "Gute Mädchen…"Titel ist meine Premiere vor 13 Jahren gewesen. Als ich es schrieb war ich 22 und die Welt noch eine andere. Ist aber sehr unverblümt.


    Bitte eher skeptisch betrachten: Handbuch für Sexgöttinnen.



    Lieber Voltaire,


    Du wirst merken, dss der Plot wahnwitzig schnell ist und nicht an allen Stellen so gut aufgelöst. Hab Nachsicht, ich war jung und brauchte… mehr Zeit!



    Sehr herzlich


    _Nina

    Liebe Verena,


    mein Mann schreibt u.a. auch unter mehreren Pen-Names. Einer ist u.a. Jo Kramer (Nicht weit seit von seinem Namen entfernt).
    "Der Mann danach" ist sein aktueller Roman, grad vor drei Wochen erschienen - zeitgenössisch, Spielort Hamburg, Romanticcomedy. Ein unglaublich schöner Roman für einen Sonntagnachmittag, ein Liebesroman aus männlicher Sicht (Manche sagen "Dick-lit" dazu).


    Als wir zusammen in der Bretagne waren, hat er jedoch an "Der zerrissene Schleier" garbeitet, ein historischer Roman zu Zeiten von der Eroberung Konstantionopels.



    Zu den Pseudonymen:
    Bei jedem Pseudonym - da bin ich mir sicher - gibt es eine Vorgeschichte, wie es dazu kam.


    1) Markenbildung
    Bei manchen ist es der Verlag, der sagt: Anderes Genre, anderer Name, sonst machen wir es nicht. (Wie Maikäfer es ansprach).
    Da ist der Name wie eine Marke; wie etwa Stephen King eine ist für Horror, oder Kerstin Gier für Romantic-Comedy. Würde Stephen jetzt auf Liebe umschwenken oder Kerstin auf Brutalothriller, dann würde es - so argumentieren Verlage - die Marke schwächen. Das ist die verlegerische Sichtweise, dass Lesende Tendenzen zu Genres und Themen hätten, und sich da auf einen "Namen" verlassen.
    Bei manchen ist das so, dass sie nach Namen kaufen, andere lesen erstmal den Klappentext oder ein paar Seiten quer.


    2) Wirtschaftliche Aspekte für den Autoren
    Bei anderen wird ein PS genommen um zu tarnen, wie produktiv sie sind. Manche schreiben, zwei, drei Werke im Jahr, um sich zu ernähren (Vorschüsse sind heutzutage nicht sehr berühmt, wenn man nur im mittleren Segment verkauft, heißt, eine Auflage hat die im kleineren fünfstelligen Bereich bleibt).
    Aber: Jeder Verlag hat - natürlich - den Wunsch, dass sich ein Buch verkauft. Dafür braucht es "seine" Zeit (Wenn es nicht gerade bei Thalia innerhalb von sechs Wochen wieder von den Tischen verschwunden ist). So ein halbes Jahr, ein Jahr im besten Fall, sollte ein Buch die Möglichkeit haben, sich zu verbreiten. Wenn dann aber alle vier Monate von ein und demselben Autoren nachgelegt wird, brennt das eine das andere weg. Eigen-Kannibalismus.
    Die Lösung: Pseudonyme. Das Ehepaar Lorentz (Iny) hat, hmm… vier, fünf, sieben? Bitte dazu mal bei Delia-Online schauen.
    Pseudonyme ermöglichen dem Autor, von dem Beruf zu leben.



    3) Selbsttest
    Stephen King macht manchmal einen Test, und schreibt unter anderen Namen, um zu schauen, ob er dann immer noch gekauft und gelesen wird. So überprüft er, ob er noch gut genug ist, oder ob Leser das gut finden, von dem per Name behauptet wird, es sei gut. (Kunst ist immer eine Behauptung; da gilt auch für Literatur).



    4) Neustart im Subgenre
    Viele meiner Kollegen haben in ihren ersten Werken ein bestimmtes Genre und da wiederum ein Subgenre bedient. Manche haben sich auf Regionalkrimis spezialisiert, andere auf Großstadtliebe, die nächsten auf französische Historie… aber dann wollen sie mal was anderes, sie wollen das SUBGENRE wechseln. Den Thriller in Singapur anstatt Ostseekrimi. Den Aussteiger-Ehepaarroman auf Usedom statt Sex and the City. Historisch raus aus dem 15. Jahrhundert, rein ins 19te und da nicht mehr "starke Frau geht ihren Weg", sondern "tolle Schwestern erfinden tolle Sachen" (oder so). Aber was tun, wenn die Ostseekreimis und französischen Historienschinkene rfolgreich sind? Beides machen. Das Zweite unter einem anderen Namen. Neu starten. Sich ausprobieren. Neue Themen, andere Sprache, neue Figuren als die x-te Variante des immer selben.


    5) Globale Kompatibilität.
    Manchmal wird das, was aus dem eigenen Land kommt, verschmäht. Viele gute Bücher bleiben ungelesen, weil da ein zu "naher" Autorenname darauf steht. Rüdiger Schmitz schriebt Krimis die in Los Angeles spielen? och. Dann doch lieber Richard Smyth, das hört sich doch so an als ob er von da kommt!
    Diese Überlegungen kommen nicht oft vor, aber manchmal: Wir hört sich ein Name an, verspricht er etwas, und: Wenn das Werk toitoi übersetzt wird, können die Amerikaner oder Australier den Namen aussprechen oder brechen sie sie sich die Zunge?


    Bei war es so:
    Als Nina Kramer (nicht Krämer, bitte) habe ich einen Thriller über Reproduktionsmedizin geschrieben. Er ist so hart wie die Mondspielerin weich ist. Dazu kommt: Ich "musste" quasi ein Pseudonym nehmen, weil zeitgleich der Roman "Wie der Teufel es will" erschien. Der eine Verlag wollte nicht, dass der andere einen "Markennamen" zur selben Zeit benutzt.
    Da wurde mir meine Vielfältigkeit zur Falle.
    Einerseits.
    Andererseits: Ich fand es gut, dass Lesende nicht "behumst" werden, in dem sie z.B. zwei Georges gekauft hätten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.


    Ich finde für meine Arbeit unterschiedliche Namen inzwischen in Ordnung. Eine Zeit lang kränkte es mich, dass ich nicht "zeigen" durfte, was ich alles tue. Inzwischen ist es so: Würde ich jetzt eine Fantasytrologie beginnen, würde ich auf jeden Fall einen anderen Namen nehmen, um ganz blank und neu aufzubauen, um mir in dem Genre erstmal einen "Namen zu machen".
    (Gute Buchhändler wissen um Pseudonyme. Sonst weiß es auch das gute Google, dieser Besserwisser).



    Letzte Erklärung:
    Anne West etwa entstand 1997/98 aus einem Zwang: Ich war damals angestellt und mein Chefredaktor drohte mir nicht gerade subtil mit Kündigung falls ich erwägen sollte mit meinem Klarnamen, Erotika zu veröffentlichen.Ich war jung und von so etwas zu beeindrucken.
    Ich fand einen anderen Namen, veröffentlichte "heimlich", keiner wusste, dass ich es bn, so etwa fünf Jahre lang.
    Die "Marke" wurde ein Erfolg, und blieb.


    Letztlich finde ich die Trennung großartig. Ich werde dadurch weniger auf das Eine und das eine Genre reduziert.
    Es gibt für einen Schriftsteller, der mehr als nur eine Geschichte immer wieder schreibt, nichts Besseres als Pseudonyme, um sich ganz und gar auszuschreiben. Es würden sonst sehr viel weniger Bücher erscheinen, und sehr viel weniger gute auch - denn manchmal ist das "Freischreiben" unter fremden Namen genau das, was ein Autor braucht, um zu seiner vollen Größe heran zu wachsen.



    Herzlichst


    _Nina

    Liebe Rosenstolz,
    liebe Mulle,
    und wer war noch an Fliesen und Kacheln interessiert? :-)


    Die spezielle Kerdruckachel entspringt meiner Fantasie und den Gemälde-Motiven, die ich bei meinen Recherchen (Web, vor Ort, auch in Quimper im Museum, und in Pont-Aven, wo sich eine Galerie an die nächste reiht) fand.
    Sie ähnelt weniger den Delfter Fliesen (Das spezielle Blau auf weißem Grund), als vielmehr den Azulejos.


    Überhaupt auf die Kachelmalerei kam ich ja über Maria Keil (Weiter vorn im Thread kurz angerissen), und die Azulejos, die Motivkacheln Portugals.


    Da habe ich Euch mal einen Link heraus gepflückt, da sind einige Fliesen dabei, die jener von Yann schon recht nah kommen, vor allem jene rechts außen (nur ein bisschen lieblicher, weicher, melancholischer).
    www.oficinaceramica.com/barcos.htm


    Ansonsten gibt es, gerade im Pays de Bigouden, auch recht viel Keramik und Faience-Arbeiten; auch Kacheln. Sie zeigen aber häufig die Bigouden-Hauben (man stelle sich eine Baguette aus Spitze und Leinen vor, horizontal auf dem Kopf gepflanzt. Gehört zu einer bretonischen Tracht in einem bestimmten Gebiet nördlich von Kerdruc, ab Penmarc'h aufwärts. Hängt gleich mal hier an).


    Herzlichst


    _Nina

    Zitat

    Original von Mulle
    Toll finde ich es, wenn gegessen oder gekocht wird. Die vielen kleinen Zaubertricks, z.B. das Betäuben der Hummer mit Essig, finde ich großartig.
    Nina, woher hast du all diese Insider? Einen bretonischen Koch interviewt?



    Liebe Mulle,


    ja, ich habe Köche interviewt, ja, auch welche die in der Bretagne gelernt haben (z.B. um die Galette zu verstehen oder die Cotriade), und die heute in Hamburg etwa im Cafe Paris oder im Tati kochen - aber das Essigkunststück hat mir meine große Schwester gezeigt, als wir bei mir mal gekocht haben und uns Taschenkrebse vorgenommen haben. Sie ist ebenfalls Profiköchin.
    _Nina

    Liebe Mulle,


    als ich mich in die Historie des Landes reinlas, war ich bald gefangen von den Ursprüngen des Volkes, die mir auch einige Eigenheiten erklärt hat.


    Es waren "Inselkelten", die von England, Cornwall und Wales, aus, Britannia minor / klein-Brittany besiedelten, etwa 200 Jahre lang. Sie verdrängten den gallo-romanischen Spracheinfluss, entwickelten das Bretonische, und brachten durch ihren Christenglauben religiöse Rituale mit, die sich dann mit den eher heidnischen, naturgläubigen Glauben von Aremorica mischten.


    Eine Zeit lang, wenn ich mich recht erinnere, um das 5., 6. Jhrdt., war die Bretagne ein eigenes Königreich, dass sich stolz von den Franken absetzte und sich eher zu Cornwall hingezogen fühlte als dem Landesinneren.
    Letztlich wurde es einverleibt aber blieb ein widerborstiges Herzogtum.
    Anne de Bretagne, eine Herzogstochter, musste im 15. Jahrhundert ihre Liebe aufgeben, um das Herzogtum zu retten (Ihr Vater hatte einen Unabhänigkeitskrieg angezettelt, wurde vom frankenkönig aber hart zurück gedrängt). Sie heiratete schließlich den Frankenkönig, um ihre Heimat vor der Auslöschung zu retten,. (Die Bretonen nehmen das den Franzosen bis heute durchaus krumm :-) )


    Anne de Bretagne wäre mal einen eigenen Roman wert, denke ich mir manchmal;
    sie hat es geschickt vermocht, ihre Heimat immer wieder zu schützen und Rechte für es heraus zu kämpfen - und war mit hmm… zwei der franz. Könige verheiratet, darob Herrscherin über Sizilien, Neapel, Kalabrien und Jerusalem.


    Ich bin überzeugt, es gibt in jedem Menschen neben seinem ureigenen Charakter noch ein Kulturgedächtnis seiner Vorfahren. Und in den Bretonen ist das Meer, der Mut, die Sturheit.


    Kenavo
    _Nina