Beiträge von Iris

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    Original von drehbuch
    @ iris: irgendwo war noch was an fragen von mir offen...


    Du liebe Zeit! Das tut mir sehr leid! Ich hab das einfach irgendwie ... übersehen ...?



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    1.) dass mich wunderte, warum du den annius dem varus erklären ließest, wie der sich töten könne. hatte der so etwas nicht in seiner militärischen ausbildung selbst gelernt? denn die tödlichen stellen sind ja beim gegner nicht anders als bei sich selbst, denke ich...


    Selbstmord gehörte vermutlich nicht zur Ausbildung, aber effektive Methoden des Tötens. Und wer die kennt, kann sie sicher auch entsprechend übertragen.


    Es gab zwar den assisiterten Selbstmord wie z.B. im Falle von Seneca, als Freitod in aussichtsloser Lage; sicherlich rief der eine oder andere in dieser Situation einen Arzt zu Hilfe. Wenn es ein Arzt der hippokratischen Schule war, konnte er sich weigern (wir kennen ja noch heute den "hippokratischen Eid"), aber ein Wundarzt wusste sicher ohne besondere Ausbildung, wie man Adern öffnet; hauptberuflich sollte er ja genau das meiden. ;-)



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    2.) ob du weißt, seit wann man die schwerter "benamst" hat und ob etwas über die des varus und arminius bekannt ist. über die schlachtrösser berühmter leute weiß man ja heute einiges, aber auch die waffen erhielten mitunter namen...


    Das ist eine ziemlich umstrittene Sache. Wir wissen davon aus der mittelalterlichen Epik, das bedeutet aber nicht, dass es im Rittertum (noch?) üblich war. Hinweise gibt es reichlich aus der germanischen und keltischen Sagenwelt, aber da diese nicht ohne Überformung auf uns gekommen sind, ist schwer zu sagen, ob es das überhaupt gab, oder wenn ja, seit wann und in welcher Form. Ich kann die Frage leider nicht beantworten.

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    Original von drehbuch
    ich hätte da zwei buchhändler, denen ich gerne winken würde.
    muss ich mir so eine mappe besorgen und dann zu denen hingehen oder soll ich die bewunkenen bitten, sich die mappen beim verlag anzufordern bzw soll ich dem verlag die betreffenden adressen geben? ich bin da total auf neuland...
    :wave


    Mach 's wie die Lipperin: Einfach nur winken. Entweder die Buchhändler sind dann interessiert - dann wissen Sie meist selbst, was sie machen müssen - oder nicht - dann kann man 's eh nicht ändern. :wave

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    Original von SiCollier
    Was mir da einfällt (und bevor es untergeht): Du wolltest noch was zu Amra schreiben. Auf Grund der Hinweise früher in der Leserunde würde ich ja inzwischen auf eine Jüdin tippen, aber es war nirgendwo die Rede beispielsweise von koscherem Essen oder sonstigen jüdischen Vorschriften (oder ich habe die überlesen).


    Ich setze das mal in einen Spoiler.
    [sp]Deine Vermutung ist richtig. In Tarsos, woher Amra stammt, befindet sich eine alte jüdische "Kolonie" in Kilikien. Ich wollte es aber mit den vielen hundert Bestimmungen nicht übertreiben. Immerhin war die tarsische Gemeinde, wie wir durch den (damals bereits geborenen) Paulus wissen, bereits hellenisiert und deshalb eher "liberal". Daher genügte es mir, wichtige Vorschriften wie das regelmäßige Gebet, die Kleidung, die Abwendung von "unreinen" Personen u.Ä. zu erwähnen. Außerdem ist zu bedenken, dass die strengsten Vorschriften nur für die Priester und deren Angehörige galten.
    Man darf auch nicht vergessen, dass wir Amra und ihre Tochter nur aus Thiudgifs Sicht erleben - und die hat keine Ahnung von all den Regelungen.[/sp]

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    Original von Lipperin
    Mir tut das Mädel einfach nur leid. Egal, wie man es nun dreht oder wendet, ich denke mir, sie war Spielball - wie das auch anderen Töchtern mächtiger Männer so ergangen ist.


    Ich muss jetzt doch mal die mächtigen Väter in Schutz nehmen: Es ist ja nicht so, dass Töchter früher grundsätzlich als nutzlose Fresser angesehen wurden, gerade mal gut genug, möglichst schnell verheiratet zu werden. Das ist zwar ein sehr beliebter "feministischer" Topos, aber wie alle modernistischen und ameriko/eurozentristischen Deutungen früherer oder fremder Verhältnisse, rein schematisch gedacht: Die condition humaine wird dabei völlig außer acht gelassen.


    Damit eine Heirat durch Bindung funktioniert, müssen auch positive emotionale Bindungen bestehen oder aufgebaut werden; d.h. wenn der Vater seiner Tochter nicht zugetan, sondern sie ihm wurst ist, geht er bei ihrer Weggabe keine Verpflichtung ein, und wäre das normal, würde seine evtl. Gleichgültigkeit auch keine sozialen Konsequenzen (z.B. Ansehensverlust, Autoritätsverlust) für ihn haben, weil ja alle so dächten, dass man ein Mädchen am besten gleich nach der Geburt in den Müll werfen solle.


    In der Tat gibt es einzelne Völker oder Volksgruppen, in denen ein Geschlecht (meist die Frauen) als grundsätzlich wertlos betrachtet wird, aber diese treten meist (!) bei eroberten bzw. von anderen unterdrückten Völkern oder Bevölkerungsgruppen auf. Elend beraubt Menschen eines Teils ihrer (Mit-)Menschlichkeit.


    Wenn man sieht, dass z.B. Platon in seinem Dialog Symposion (dt. Das Gastmahl oder Das Trinkgelage) die hingebungsvolle Liebe von Eltern sowohl im Tierreich als auch unter den Menschen als Maßstab für die Kraft der Liebe bis hin zur Selbstaufopferung ansetzen kann, dann sehen all die rein strukturellen Behauptungen, man habe seine Kinder früher nicht sonderlich beachtet sondern eher nur zu seinen Zwecken benutzt, reichlich absurd aus.


    M.A.n. sagen solche Deutungen weit mehr über den Interpreten und die Weltanschauung seiner Zeit aus als über die Zeit, die er deutet.


    Im Falle des Segestes ist es keineswegs ausgeschlossen, dass er seine Tochter liebte und dem Räuber auf keinen Fall überlassen wollte. Immerhin nimmt er eine Menge auf sich, um sie zurückzuholen: Er belagert Arminius' Burg.


    Hinzukommt, dass die Erzählung bei Tacitus ein Einverständnis des Mädchens deutlich ausschließt: Tacitus verwendet explizit das Verb rapere - dt. rauben, "kidnappen", vergewaltigen (!) - und nicht abducere - dt. entwenden, wegnehmen - und legt damit mehr als nahe, dass Thusnelda nicht durchgebrannt, sondern gewaltsam entführt worden war. Er hat keinen Grund, die Sache anders darzustellen; wäre Thusnelda getürmt, dann wäre es auch nach römischer Auffassung Segestes' ureigenes Recht gewesen, seine Tochter zurückzuholen. Es hätte keinen Einfluss auf die Argumentation gemacht -- im Gegenteil: In diesem Falle wäre es für Tacitus leichter gewesen, Germanicus' Forderung noch eine moralische Note zu verpassen, indem er den entehrten Vater von einer Schmach befreit hätte. Aber kein Wort davon.


    Die spätere Erzählung von der Raubehe mit Einverständnis des Mädchens, weil sie nicht einem ungeliebten Verlobten gegeben werden wollte, ist Bestandteil des wesentlich späteren Hermannsmythos ohne jeden Rückhalt in den Quellen. Selbst das Heranziehen späterer Sitten ist fadenscheiniges Getue; meist wurde die Raubehe dann schöngeredet, wenn es darum ging, den Raum aus politischen Gründen im Nachhinein wegen eines Friedensschlusses zwischen "Räubern" und "Beraubten" zu legitimieren (wie z.B. im Falle der Sabinerinnen oder der von Wikingern nach Island verschleppten Schottinnen).


    Als Germanicus wiederum auf Segestes' Burg auftaucht und feststellt, dass Thusnelda schwanger ist und das vermutlich von seinem Erzfeind, dürfte er nachdrücklich die Herausgabe des Mädchens gefordert haben.
    Offen gestanden möchte ich weder in Thusneldas Haut gesteckt haben, noch in der ihres Vaters; denn damals war ein Gaufürst für das Wohl und Wehe seiner Leute verantwortlich, und wenn er diese Verantwortung ernst nahm, dann befand er sich in dem Augenblick, als Germanicus aufkreuzte, in einer üblen Zwickmühle.



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    Und was der Herr von K. aus ihr gemacht hat, verzeih ich ihm nie!


    Wie gesagt: Es sagt viel aus über den Herrn von K. und seine Zeit. Das gilt auch für Herrn von. Und sein "Thusnelda-Bild"

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    Original von drehbuch
    wie findest du (nicht im sinne von "gefallen", sondern "aufspüren") eigentlich derartige links? du wirst doch wohl kaum alles unter "römer" durchforstet haben? ich hab da echt mal wieder kein vorstellungsvermögen...
    :wave


    Und ich muss errötend zugeben, dass es doch sehr simpel war. :schaem
    Google spuckt auf die richtigen Stichwörter meist ein paar ordentliche Links aus. Ich habe einfach nach "römischen Funden" und "Schlacht" im "Harz" suchen lassen ...

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    Original von melanie
    Das Buch lässt mich im Moment sprachlos, etwas fassungslos zurück. Es wird wohl eine Weile dauern bis ich das verarbeitet habe.


    Das Wiedersehen zwischen Annius und Thuidgif hat mich ein bisschen ausgesöhnt, jedoch die vielen liebgewohnenen Figuren, von denen man Abschied nehmen musste... . ;-(


    Sicher keine einfache Kost für mal eben Zwischendurch. Jedoch aber ein wirklich guter Geschichts-Roman. Danke Iris. :-)


    Ich hoffe, ich habe dich nicht allzu sehr "gebügelt"... :wow

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    Original von SiCollier
    Bei Zabern kommt übrigens ein Buch mit dem Titel "Die Germanin" heraus, das aus der Sicht von Thusnelda geschrieben ist. Nachdem ich mit den Wikipedia-Artikel über sie durchgelesen habe, bin ich mir aber nicht sicher, ob ich das Buch lesen will.
    .


    Das Allermeiste, was wir über Thusnelda zu wissen glauben, stammt aus pathetischen Barockopern und Theaterstücken. Meiner Ansicht nach ist sie schlicht und einfach ein Opfer der Tatsache, dass ihr Vater sich weigerte, bei Arminius' Kampfverband mitzumachen. Also wurde sie als Geisel entführt, und, um ihren Vater noch mehr unter Druck zu setzen, erklärte Arminius kurzerhand, sie sei jetzt seine Frau. D.h. wäre Segestes darauf eingegangen, wäre der Raub als Ehe legitimiert und zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn wäre ein politisches Bündnis entstanden.


    Natürlich brauchte der aufkeimende deutsche Nationalgedanke einen positiven Helden, der von seiner Thusnelda angehimmelt wurde -- daher die Idee mit der "Liebesgeschichte".
    Ich persönlich bin der Überzeugung, dass Arminius in dieser Angelegenheit mit derselben Entschlossenheit und Härte vorgegangen ist, die er den Quellen zufolge ständig unter Beweis gestellt hat, indem er die Tochter seines Widersaches kurzerhand entführte, um diesen zu einem Bündnis zu nötigen.


    Segestes widersetzte sich allerdings Arminius' Druck und Drohungen, holte seine Tochter zurück, aber die war schon schwanger (auch dazu braucht es keine romantischen Gefühle, eine Geisel kann sich schließlich nicht wehren). Das Gerangel zwischen den beiden einflussreichsten Cheruskerfürsten ging natürlich weiter. Arminius konnte ja die Entführung der Geisel nicht auf sich sitzen lassen. Als Germanicus in die Auseinandersetzung eingriff und Segestes quasi raushauen wollte, zog der germanische Held Arminius sich sofort in die Wälder zurück, nutzte den Verlust der Geiselfrau dazu, weitere Stämme auf seine Seite zu ziehen.
    Da Thusnelda schwanger war, musste Segestes bei seiner Unterwerfung vor Germanicus ihm diese ausliefern. So ein Unterpfand hätte Germanicus sich niemals entgehen lassen.


    Arminius hat nie versucht, seine Frau zurückzuholen, und hat sich seinerseits auch nie unter Druck setzen lassen. Thusnelda war nach diesem Ereignis nur beim Triumphzug des Germanicus ein Thema (wenn man den Anführer der Aufrührer schon nicht vorführen konnte, so zumindest seine kurzzeitige Frau und seinen kleinen Sohn) und lebte danach mit ihrem Kind in Ravenna.


    Wie gesagt: Wenn man die Hermannslegende zugrundelegt, kann man sich mit sehr viel Phantasie aus den dürftigen Daten eine Liebesgeschichte zimmern -- realistisch ist das m.A.n. nicht. Aber ein historischer Roman darf selbstverständlich die historischen Grenzen auch mal sprengen.

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    Original von Lipperin


    Äh.... ja?


    Das Thema geht ein bisschen weit, zumal ich mich noch nicht sehr intensiv damit beschäftigen konnte. Es geht um einen Straffeldzug im 3. Jh., der m.W. in der Historia Augusta überliefert wird. Bis zu den Funden hielt man die knappe Darstellung für völlig übertrieben und dachte, es habe sich um Scharmützel in der Nähe des Limes gehalten. Die Überraschung war groß, als man die Funde am Harzrand datierte.


    Ein paar Infos sind auch im Netz zu finden:

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    Original von SiCollier
    Je mehr ich Deine Kommentare zu Quellen lese (Tacitus steht eigentlich auch noch auf meinem Leseplan, wenn ich schon seine Bücher besitze), je mehr frage ich mich, ob es - beispielsweise in Buchform - eine Anleitung zum Lesen und interpretieren von solchen Quellen gibt.


    Ich kenne keine -- aber ich empfehle eine wirklich gute Ausgabe heranzuziehen (z.B. die zweisprachigen aus der Sammlung Tusculum zu wählen und Vorwort und/oder Nachwort bzw. die Aufsätzchen im Anhang vor der Lektüre durchzulesen sowie während des Lesens die Anmerkungen heranzuziehen. Das hilft. Und nie vergessen: Jede Übersetzung ist auch eine Interpretation!



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    Es kam genau das heraus, was herauskommen sollte. Wir haben nicht mal falsche Informationen geliefert. Es war nur eine Frage der Darstellung sowie entsprechenden Erklärung des Grundrisses, und alle antworteten, wie wir das wollten.


    Das alte Problem aller Umfragen! :rolleyes
    Eigentlich ist es völlig unsolide, wie heutzutage in den Medien über Umfragen berichtet wird: Nur die Ergebnisse werden dargestellt, und auch die im Lichte der Tendenz der Zeitung bzw. der Nachrichtenagentur! Eigentlich müsste der vollständige Fragebogen den Ergebnissen vorangestellt werden; erst dann kann man sich ein halbwegs eigenes Bild von der Sache machen.

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    Original von melanie
    naja, vielleicht bin ich ja etwas naiv, aber in meinem Weltbild gibt es halt durchaus Menschen, die unschuldig in einen Krieg oder Kampf hineingezogen werden.


    Naiv ist das überhaupt nicht! Wenn über einer Stadt die Bäuche der Bomber aufklappen und die Explosionskörper herunterfallen, dann tragen die allerwenigsten Menschen in dieser Stadt irgendeine Mitschuld an diesem Ereignis - dennoch sind sicher auch eine Menge Schelme und Schurken unter den Opfern. Aber selbstverständlich wäre dieser Bombenangriff keine Strafe für ihr vorheriges Treiben!


    Ein Autor aus der Zeit des Tacitus, Florus, verfasste eine reichlich "knallige" (heute würde man sagen: populistische) Schrift, in der alle Kriege, die die Römer bis dato geführt hatten, kurz dargestellt wurden -- das Ganze hat keinen echten Wert als Quelle, da es mehr ein Pamphlet ist. Florus schildert ein paar Grausamkeiten, die die Aufständischen an den Römern verübt haben sollen, quasi als (aus seiner Sicht unberechtigte) Racheakte.
    Ausgerechnet dieser Text wurde im Zuge der Entwicklung der Hermannslegende dazu herangezogen, um die Grausamkeiten der Germanen als Tatsachen zu belegen und zu rechtfertigen.


    Ich bezweifle nicht, dass bei der römischen Besatzung dieser Gebiete einiges im argen gelegen haben dürfte (nicht zuletzt im Umgang mit den dort rekrutierten und stationierten Hilfstruppen), aber daraus kann man eigentlich keine Rechtfertigungslehre stilisieren, um die Täter zu entlasten, indem man die Opfer selbst zu Tätern und damit zu den eigentlichen Verursachern der Taten macht.

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    Original von Lipperin
    Nur: War die Ausrüstung, die Ausbildung und die Vorgehensweise der römischen Soldaten nicht wesentlich besser bzw. effizienter als die der Völker nördlich der Alpen?


    Das ist richtig. Allerdings sind Kampfesweise und Ausrüstung der Legionen und der meisten Truppen nicht an den Buschkrieg angepasst - die der Germanen aber schon -, und das Wetter spielte den Meuterern/Aufständischen auch in die Hände.


    Ich gehe davon aus, dass Arminius und seine Mitverschwörer ziemlich va banque spielten - daher auch die enorme Grausamkeit -, und ihnen zugleich das Wetter in die Hände spielte, was die Situation erst recht eskalieren ließ.

    Gerade erst gefunden...


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    Original von Lipperin
    Iris könnte doch auch noch einmal nach Detmold kommen - der Marktplatz ist endlich fertig und es muss sich niemand mehr durch Pfützen, aufgerissenes Pflaster oder Holzplanken quälen! Es gäbe da auch noch eine andere wunderbare Buchhandlung - quasi direkt am Wasser. :grin


    Tja, das Problem ist, dass Autoren ihre Lesungen möglichst nicht selbst organisieren sollten (dann denken die Buchhändler, man sei ein BoD-/Zuschuss-/Selbstverlagler und sagen verständlicherweise Nein), und die Veranstaltungsabteilungen nach Erscheinen eigentlich nicht mehr aktiv werden, weil das nächste Programm schon heranrollt. Also müssen schon die Veranstalter auf den Verlag oder mich zugehen, und das tun eigentlich nur die, die mich schon kennen.
    Aber möglicherweise hilft ein Wink an den einen oder anderen Buchhändler. Eine inzwischen recht umfangreiche Pressemappe stellt der Verlag gerne zur Verfügung. :-)

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    Original von melanie


    Naja, ich meinte damit, dass es halt wie immer und überall auf beiden Seiten "Schuldige" und Unschuldige getroffen hat.


    Ich finde es problematisch, mit solchen, in der Sache stark verabsolutierten Begriffen zu argumentieren, frei nach der alten Weisheit: "Wer frei ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein." Eigentlich ist niemand von uns "ohne Schuld", sogar Kinder können andere Kinder mit erlesener Grausamkeit mobben. :-(

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    Original von SiCollier
    Zur Figur des Arminius heißt es im „Tribun“ auf Seite 156:
    Unter Tiberius’ Befehl hatte er Aufstände zerschlagen und Dörfer niedergebrannt, Ackerland verwüstet und gegnerische Stellungen dem Erdboden gleichgemacht und so nicht nur in den Provinzen das Vertrauen der Heeresleitung bis in die höchsten Ränge erworben; (...)
    Er hatte also, wie hier im Buch an früherer Stelle vermerkt, einen guten Lehrmeister: Rom.


    Nur halb richtig: Die römischen Befehlshaber mussten den Germanen das beileibe nicht erst beibringen -- sie setzten Hilfstruppen da ein, wo sie effizient waren: Mallorqiuiner als Zwillenschleuderer beim "Geplänkel" vor der Feldschlacht, Syrer als Bogenschützen (vor und während der Schlacht) Italiker und Hispanier in der schweren Infantrie, Gallier als Reiterkämpfer, die die flüchtigen Gegner nach der Entscheidung verfolgen und dezimieren, Germanen obendrein im Buschkrieg gegen die Zivilbevölkerung usw.


    Die Vorstellung, da seien eigentlich gute, friedfertige Völker von den Römern moralisch verdorben worden, ist modern und falsch. Man musste denen das nicht erst beibringen -- es war ihre zuvor schon bevorzugte Form der Kriegsführung.



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    Denn wenn man die wenigen Berichte, die über heutige Kriege so durchdringen, genauer liest muß man feststellen, daß sich an den Grausamkeiten letztlich nicht viel geändert hat. Auch etwas, was sich meinem Verständnis völlig entzieht: die, welche solches tun, haben doch zuhause selbst Häuser, Familien, Verwandte. Das traf doch auch auf die Legionäre und Germanen damals zu. Wie man dann solche Grausamkeiten verüben kann - absolut keine Ahnung.


    Diese Frage kann auch ich mir bis heute nicht beantworten. Das Phänomen bleibt mir ein Rätsel. Es erscheint mir zu einfach, auf eine Spirale der Gewalt zu verweisen.


    Besonders eklatant finde ich Grausamkeit immer dann, wenn sie dem Errichten eines "Paradieses auf Erden" dienen soll -- ganz gleich, ob das rein diesseitige Paradiesvorstellungen wie in den diversen Spielarten "kommunistischer" oder nationalistischer Diktaturen sind oder solche auf der Basis religiöser Vorstellungen. Das ist allerdings ein Phänomen, das besonders im 20. Jh. fröhliche Urständ gefeiert hat.


    Die Frage hat übrigens auch schon einige antike Philosophen umgetrieben ...

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    Original von Jeanne
    Ich fürchte ich muss eine Woche mit der Lesrunde aussetzen, auch wenns schade ist, weil bis dahin bestimmt alle schon fertig sind. Ich hab am Freitag Diplomprüfung und daher erstmal keine Zeit mehr zum Lesen und posten :-(


    Ich drücke ganz feste die Daumen, Jeanne! Wir haben ja Zeit, da kannst du am Wochenende erste mal Erholung einlegen! :knuddel1

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    Original von Lipperin


    ... und wenn die Römer nicht über lange Zeit die "Barbaren" niedergemetzelt hätten. Von daher: an "unschuldige römische Soldaten" kann ich persönlich nicht so recht glauben.


    I beg to differ! Wenn wir uns mal vor Augen halten, was unsere Billigheimerei in den Ursprungsländern der Billigwaren anrichtet, sind wir keinen Tacken besser als die Römer damals! Es ist den meisten Leuten drissegal, unter welchen Bedingungen die Billigwaren hergestellt werden, und es ist auch längst nicht immer finanzielle Not, die die Leute zu Billigheimern macht.


    Im übrigen müssen wir sehr vorsichtig sein, was sogenannte Opferzahlen in den Quellen angeht: Aus propagandistischen Gründen wurden die eigenen Opfer häufig nach unten korrigiert, während die gegnerischen mit heftig übertrieben wurden. Auf der einen Seite sieht das nämlich enorm beeindruckend aus -- und ein Moralist wie Tacitus nutzt so manche Gelegenheit, um einen ihm verhassten Funktionär oder General als blutgierige Bestie hinzustellen.


    Unser "Römerbild" entstand aus einem häufig sehr unkritischen Umgang mit den Quellen, die immer so herangezogen wurden, wie sie dem Interpreten gerade in die Argumentation passten. Da ging es oft gar nicht um Wissensvermittlung, sondern um schiere Propaganda, z.B. darum, im Vergleich die eigene Zeit zu verherrlichen.
    Im Sachbuchbereich und im Journalismus, die sich stark überschneiden und die öffentliche Meinung nachchaltig prägen, kommt die Hinwendung zu einem kritischeren, reflektierteren Umgang auch jetzt nur sehr zögerlich an. Knallige Thesen, die alte Vorurteile bestätigen, kommen in den Läden leider besser an.

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    Original von Lipperin
    Auf der einen Seite lief das vielleicht auch unter dem Motto "mein Kind soll es mal besser haben", aber entfremdete auf der anderen Seite das nicht das Kind seiner Herkunft, seiner Familie, seiner Religion und was sonst noch, wobei das von den Römern wahrscheinlich genau so sein sollte. Schließlich musste sie ja die Welt von ihrer überlegenen Kultur überzeugen, sei es friedlich, sei es gewalttätig - sehe ich das so richtig?


    Leider nicht, eine Einstellung à la "Am deutschen Wesen ..." war den Römern fremd. Sie waren z.B. stolz darauf römische Bürger zu sein, aber sie "missionierten" nicht, sondern ließen sich eher gerne beeinflussen: Es herrschte weitgehend religiöse Toleranz (es schadet ja nciht, zu fremden Göttern auch nett zu sein), die Annehmlichkeiten des Lebens und Leckereien aus fernen Ländern wusste man durchaus zu schätzen, und was den Sinn des Lebens angeht, hielten sie sich nie für diejenigen, die der Weisheit letzten Schluss besaßen, sondern man bewunderte z.B. die Leistungen der Griechen in Kunst und Kultur, Bildung und Lebensstil so sehr, dass man sie geradezu kopierte.
    Das alles klingt eher nach "Multi-kulti" und passt überhaupt nicht zu einer imperialistischen Weltanschauung. ;-)



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    Welche anderen Möglichkeiten hat eigentlich ein interessierter Laie außer seinem eigenen gesunden Misstrauen und dem eigenen Immerweitersuchen, wirklich fundierte Lektüre zu finden. Ich für meinen Teil bin immer skeptisch, wenn jemand mit dem Anspruch "ich habe Recht" argurmentiert bzw. seine Thesen unterbreitet. Genauso bin ich skeptisch, wenn im Text z. B. nur steht "Tacitus sagt" oder ähnlich, zwar Literaturhinweise angeboten werden, aber die eigentliche Quelle dem eigenen Suchen und Nichtfinden überlassen bleibt.


    Inzwischen gibt es schon einige Fachbuchverlage wie Theiss, Zabern, Primus und andere, die gut lesbare Fachbücher publizieren.
    Dazu kommen einige wirklich gute, allgemeinverständliche Zeitschriften wie Antike Welt und Archäologie in Deutschland (AiD), die in so mancher öffentlichen Bibliothek auch ausliegen.



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    Das fand ich ja schon ziemlich gausig - und ich frage mich, wie so etwas in der Praxis aussah. Ich meine, der Verwesungsprozess ist nun einmal nicht aufzuhalten (ob der wirklich eingepökelt wurde, wie in dem Film gesagt wurde?)


    Stimmt, diese Trophäe legte man in ein Salzfässchen ... Das ist auch Pompeius passiert, als er am Ende des römischen Bürgerkrieges in Ägypten Zuflucht suchte.


    Allerdings war diese Masche keine gängige römische Praxis.

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    Original von Bouquineur
    Dieser Satz hängt mir irgendwie nach. War denn Arminius wirklich grausamer als andere Stammesfürsten seiner Zeit?


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    War er wirklich grausamer als die Römer (die ja ungefähr zeitgleich in Rom in ihrem Zirkus Maximus Massen von Menschen zur Volksbelustigung den Tieren vorwarfen).


    Das mit den "Massen" ist so eine Sache: Wen die gerne kolportierten Äußerungen richtig wären, hätten die Römer nahezu ganz Europa, den Vorderen Orient und Nordafrika entvölkert. Richtig ist allerdings, dass während der Römerzeit die Bevölkerungszahlen auf den von Rom aus beherrschten Gebieten massiv anstiegen.


    Einen Gladiator auszubilden und bei Kräften und im Training zu halten, kostet eine Menge Geld: Das machte die Gladiatoren ebenso kostspielig wie kostbar -- und Kostbares verpulvert man nicht einfach mal eben so im Sand der Arena.
    Die Gladiatur ist Schwerathletik mit hohen Risiken, gewesen, aber kein Schlachtfest, wie man sich das gerne vorstellt. Ich bestreite nicht, dass es auch Veranstaltungen gab, bei denen eine größere Zahl an Menschen zu Tode kam -- aber was gemeinhin über Roms Vergnügungen gedacht wird, ist Hollywood geschuldet und hat mit der Realität nicht viel zu tun. Deshalb liste ich unten mal das (gut lesbare!) Standardwerk zum Thema auf.


    Im Stadtgebiet des antiken Ephesos wurde ein Friedhof mit vielen Gladiatorengräbern untersucht. Der gesamte Fundbestand ebenso wie humanbiologische, medizinisch-pathologische und weitere naturwissenschaftliche Untersuchungen zeigte, dass die wenigsten jung starben, die wenigsten an typischen Kampfverletzungen, viele eher an Spätfolgen vieler kleiner Verletzungen. Die Ernährung war exzellent und zweckmäßig, ihre körperliche Verfassung wies sie als topfit aus. Und man fand sehr viele Hinweise darauf, wie weit die Chirurgie, speziell Traumatologie und Wundchirurgie damals schon waren.


    Auch die Beschaffung von exotischen Wildtieren ist und war auch damals immens teuer. Die Vorurteile erweisen sich allein bei einer rein ökonomischen Berechnung als blinde Kolportage. Man glaubt 's halt nur gerne. ;-)

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    Original von melanie
    Die Begegnungen zwischen Thuidgif und Annius geben enen kleinen Hoffnungsschimmer in all dieser "Dunkelheit", und sind trotz all dem grauen erfüllt von Wärme.


    Das beruhigt mich ... :-)



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    Einfach nur entsetzt bin ich von der Art der kriegsführung,


    Menschen waren und sind offenbar sehr erfinderisch darin, wie man andere ins Jenseits befördern oder terrorisieren kann. Wie gesagt: Davon ist nichts wirklich erfunden -- und wenn man an Napalmbomben, Daisy-Cutter, Explosionsgeschosse oder gar "kleine" taktische Atomwaffen denkt ... Nur die Möglichkeiten haben sich geändert, der Hang zur Grausamkeit nicht. Wenn 's ans Töten geht, werden Grenzen überschritten, die so eine Art "point of no return" sind.

    Hallo, Melanie!


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    Original von melanie
    Was mich immer wieder etsetzt innehalten lässt, ist diese "Verblendung" das varus ! Er will ja die Wahrheit gar nicht sehen ! Obwohl es nun schon genug Zeichen gegeben hat, denen er wenigsten einmal nachgehen hätte sollen. :fetch Vielleicht, nur ganz vielleicht, hätte dann diese schwere Niederlange verhindert werden können.


    Es ist beileibe nicht nur Varus selbst, der "nichts sieht", sondern im Grunde die gesamte Heeresführung. Man muss auch bedenken, dass die Indizien sehr klein sind, dass Arminius ein enger Vertrauter ist und obendrein sehr schlau vorgeht.
    Die Tatsache, dass im Grunde jeder Leser weiß, was geschehen wird, färbt natürlich die Wahrnehmung: "Das hätte er doch sehen müssen!" Aber wie oft geht es uns selbst so, wenn wir nach einer Pleite merken: "Ach verflixt, das hätte ich doch hier und da schon erkennen können!" (Man denke bloß mal an die Immobilienblase, die New Economy-Pleite usw.) Wir sind halt alle nicht unfehlbar. ;-)