Hallo,
so ich bin jetzt auch endlich durch. Das Buch habe ich letzte Woche im Urlaub zu Ende gelesen und jetzt noch den Anhang geschafft.
Erst Mal moechte ich mich (nochmal) entschuldigen, dass ich so lange gebraucht habe, ich weiss auch, dass das fuer so eine Leserunde nicht so optimal ist, aber mal angesehen davon, dass die letzten Wochen irgendwie bei mir viel Privat zusammen kam, brauchte ich einfach mein eigenes Lesetempo, wenn man sich zwingt, macht es ja auch keinen Spass...
Im Grossen und Ganzen lag das aber nicht am Buch, das sich rech fluessig lesen liess. Ich muss aber auch zugeben, dass ich mich selber dabei ertappt habe, dass ich die Abschnitte mit Nachtauge sehr schnell gelesen habe, waehrend die Geschichte um Georg und Nadjeschka sich fuer mich sehr gezogen hat und ich da auch oefter mal laengere Pausen eingelegt habe.
Das Buch war aber dennoch spannend, unterhaltsam und lehrreich. Ich habe einige Aspekte ueber den 2. Weltkrieg gelernt, die mir so noch nicht so bewusst waren. Der Anhang war auch sehr hilfreich um das Ganze nochmal in Perspektive zu ruecken und finde sowas sollte bei einem Roman der auf historischen Begebenheiten basiert Pflicht sein, vielen Dank dafuer. Leider war ich beim Lesen selber ja sehr verwirrt (hielt die Szenen zu Beginn des Buches fuer den Blitzrkieg usw.) das haette sich am Ende ohnehin noch geklaert, wenn Titus das nicht netterweise schon vorher getan haette.
Auch meine vorherigen Fragen haben sich zum Teil eruebiegt, z.B. die Tatsache, dass Georg und Nadjeschka auf historische Personen basieren usw. Da fand ich auch diesen kleinen Einblick in die Recherchearbeit super.
Ich will jetzt nicht sagen, dass ich es 'gut' fand, dass Titus so konsequent Charaktere umgebracht hat, bei denen es sehr schmerzt, allen voran natuerlich Anneliese und die Kinder, aber auch zB. die Opfer von Nachtauge, aber es war sehr effektiv. Damit 'spuert' man als Leser die Ausmasse des Krieges viel eher als wenn man Zahlen in Geschichtsbuechern studiert. Ausserdem gefiel es mir, dass der Kriegsalltag vor allem durch so viele kleine Details veranschaulicht wird / das ist der Junge im Fronturlaub, oder ein Gespraech, das aufgeschnappt wird oder einfach als ich festgestellt habe, dass die englischen Flieger alle Jungs in meinem Alter waren - weiss auch nicht wieso, aber irgendwie hatte ich mir die aelter und reifer vorgestellt, speziell Guy Gibson, der ja aber selber auch erst 24 oder 25 war. In dem Sinne hat mich das Buch auch emotional sehr mitgenommen.
Meiner Meinung nach gibt es auch zwei kleine Negativpunkte, und da der Sinn einer Leserunde ja ist, nicht nur die positiven Seiten anzumerken, muss das wohl auch sein.
Ich wuerde nicht mal unbedingt konkret fordern, dass Nachtauge oefter auftaucht, das Buch ist wie es ist und die Spionin ist diejenige, die alle Handlungsfaeden miteinander verbindet. Daher finde ich den Titel auch in Ordnung. Schade ist viel eher, dass ich aufgrund des Klappentextes etwas anderes erwartet haette, ich hielt es eher fuer einen historischen Spionagethriller mit der Nebenhandlung zwischen Georg und Nadjeschka. Von daher kann man dem Autor eigentlich keinen Vorwurf machen, dass er das Buch so geplant hat, aber dem Verlag, dass vielleicht falsche Eindruecke erweckt wurden.
Der zweite Kritikpunkt ist inhaltlich, und zwar finde ich dass dieses Buch so viel Potenzial hat, dass man noch mehr daraus haette machen koennen. Sorry, ich weiss, dass das Jammern auf hohem Nievau ist. Allerdings hatte das Buch fuer mich persoenlich den Reiz in der Handlung, und leider nur in der Handlung. Die Charaktere und die Personenentwicklung bleiben fuer meinen Geschmack an ein paar Stellen zu oberflaechlich, und das obwohl so interessante Charaktere darin vorkommen. Es ist natuerlich so, dass man sehr viele verschiedene Personen kennen lernt, und teilweise nur kurzzeitig in deren Gefuehlswelt eintritt, zB. Blockwart Wiese, Eva und sogar kurz Winston Churchill! Das ist natuerlich interessant, aber ich haette mir mehr psychologische Tiefe bei ein oder zwei Charakteren gewuenscht. Bei Georg ist da zwar ansatzweise ein Versuch vorhanden, aber ich fand Georg nicht so interessant und oft sogar sehr egoistisch, zum Beispiel bringt er seinen Gro0ssvater bewusst in Gefahr. Mehr haette ich mir von Nachtauge gewuenscht (ihre Motivation erschien mir noch ein bisschen zu ueberfluessig, da haette man mehr in die Tiefe gehen koennen, dazu unten noch mehr), oder die Rebellen rund um den Pfarrer und seinen Freund den Zettelschreiber (letzteren haette man meiner Meinung nach gar nicht mehr einbringen muessen, aber wenn dann haette ich mir ein bisschen mehr gewuenscht...).
Nun gut, das ist aber meine persoenliche Meinung und ich bin mir eigentlich sogar sicher, dass diese Weg bewusst nicht gegangen wurde, sondern dass der Kriegsalltag mehr Gewichtung bekommen sollte und das ist auch in Ordnung. Sollte Titus aber mal auf die Idee kommen mehr in die Materie einzusteigen die ich oben genannt habe, waere ich die erste die sich das Buch vorbestellt.
Zitat
Bei der Innensicht bin ich nämlich unsicher gewesen. Ich schreibe gerne über die Gedanken und Gefühle der Figuren, fand hier aber, dass Nachtauge geheimnisvoll und ein wenig fremd bleiben sollte. Wie geht es euch, wenn ihr Thriller lest? Mögt ihr gern tief in die "gefährlichen Figuren" eintauchen, oder ist es für euch stimmungsvoller, wenn sie fast nur von außen geschildert werden? Wie habt ihr das bei diesem Roman empfunden?
Generell lese ich nicht so oft Thriller, aber wenn nur solche wo man die Innenansicht des Taeters erfaehrt, gerade diese 'psychologische' Komponente interessiert mich. Bei Nachtauge fand ich den Erklaerungsversuch leider nicht so befriedigend. Wenn dann haette es mir vielleicht besser gefallen gar nichts ueber sie zu erfahren und so das Geheimnisvolle zu wahren, oder aber mehr uebere ihre Innensicht, wie sie 'tickt'. Da stimme ich auch Jupp zu, der sagte, dass ihre Einstellung zum Krieg interessant waere, selbst wenn diue Motivation persoenlich war, muss sie ja irgendeine Meinung gehabt haben. Die Loesung, wie sie gewaehlt wurde, war so ein bisschen der Kompromis, damit faehrt man als Autor sicher nicht so schlecht, aber mich persoenlich hat es nicht so angesprochen. Das ist aber auch nur meine ganz subjektive und ehrliche Meinung, andere hier sehen das ja auch anders. Und mir isr auch klar, dass das Buch dann wohl 1000 Seiten haette, wenn das alles im Detail beruecksichtig waere. Haette mich allerdings auch nicht gestoert, denke ich.
Oh wei, wenn ich den Text so sehe, dann klingt es so, als wuerde ich das Buch total kritisieren, das ist aber nicht meine Intention. Ich muss mal in mich gehen, aber ich denke es wird von mir so 7-8 Punkte geben und das ist schon richtig gut bei mir, denn 9-10 reserviere ich nur fuer meine absoluten Lieblingsbuecher und es muss sich ja auch echt keiner graemen, wenn seikn Buch (noch) nicht mit Fitzgerald oder Hemingway mithalten kann. Die negativen Punkte habe ich jetzt nur als Feedback herausgehoben, weil man die positiven Aspekt (schoener, einfach zu lesender Sprachstil, es gibt nichts Schlimmeres, aber wenn die Sprache beim Lesen stoert) und die spannende Handlung, die Fakt und Fiktion gekonnt miteinander verbindet einfach gut zusammenfassen kann. Diese Aspekte fuehren dazu, dass ich jetzt mal gucke, was ich von Titus sonst noch lesen koennte, im engeren Kandidatenkreis sind 'Das Mysterium', obwohl 'Tanz unter Sternen' vielleicht mehr meine Epoche waere, mal sehen...
Kleiner Zufall/Detail am Rande, der das Buch nochmal zu etwas Besonderem machte. Als ich das Buch gerade beendet hatte, erzaehlte meine Oma, die nach dem Krieg im Sauerland lebte, dass sie und mein Grossvater irgendwann mal mit einem Englaender, dessen Vater im Krieg bei der RAF war eine Tour zu den Talsperren machte, die zerstoert wurden. Sie hat auch nicht schlecht gestaunt, dass ich darueber bereits bis ins Detail bescheid wusste.