Beiträge von rumble-bee

    Berlin, Berlin - dein Herz kennt keine Mauern...


    Wissen Sie noch, wie das war, wenn man sich verliebt hatte? Es war ein Zustand ein wenig jenseits der Rationalität. Sicher kann man sich erinnern, welche Momente einen ergriffen und bezaubert haben. Aber letztlich "erklären" lässt sich Verliebtheit nicht. Mit diesem Buch nun geht es mir ganz ähnlich. Ab einem bestimmten Punkt war ich einfach nur noch "verliebt", und habe mich von der ganzen Atmosphäre mitreißen lassen. Von Dingen wie Perfektion oder Anspruch will ich nicht einmal reden. Aber von einer Autorin und von Charakteren, die das Herz am sprichwörtlichen "rechten Fleck" haben.


    Ich habe lange überlegt, was ich als Hauptgrund für meine "Verliebtheit" bezeichnen würde. Ich denke, es ist die - für mich - perfekt ausbalancierte Absicht und "Botschaft" des Buches. Es vereint in sich sowohl die Geschichte zweier Familien, diverse amouröse Verstrickungen und verhinderte Lebensentwürfe, deutsche Zeitgeschichte, sowie die Geschichte eines berühmten Gebäudes, nämlich des Hauses Torstraße 1 in Berlin. Keiner dieser Anteile bekommt mehr Raum als die anderen, und keiner wird vernachlässigt. Das fand ich schon ein großes Kunststück!


    Schon allein die Rahmenhandlung hat mir wunderbar gefallen. Das Buch wird nämlich eingeleitet (und abgeschlossen!) mit Zitaten aus "Cabaret", dem berühmten Film, der ja ebenfalls in Berlin spielt, und Zeitgeschichte behandelt. "Willkommen, bienvenue, welcome", in der Tat! Ich habe Liza Minnelli förmlich vor mir gesehen, wie sie durch diese "Revue" leitet. Womit ich die Handlung keineswegs abwerten möchte! Für mich hat das einfach nur betont, dass die Autorin ein Porträt und Panorama zeichnen möchte, und sich einer Wertung weitestgehend enthält. Genau der richtige Ansatz! Ich gestehe, ich habe auch ein oder zwei Tränchen verdrückt. Denn die Rahmenhandlung, das erste und letzte Kapitel, stellt ja dar, wie Elsa und Bernhard, die Kinder von Vicky und Wilhelm, sich nach langer Zeit wieder finden. Und zwar - wie könnte es anders sein - in "ihrem" Haus, der Torstraße 1...


    Ich mag die Handlung einfach nicht wiederkäuen. Das würde für mich den Zauber des Buches zerstören. Es reicht völlig aus, zwei Sätze hierzu zu schreiben. Vicky und Wilhelm lernen sich im Berlin des Jahres 1929 kennen, und zwar anlässlich der Eröffnung des (jüdischen) Kaufhauses Jonass. Ihre Geschichte, die wechselhafte Geschichte des Gebäudes, und die Wirren ihrer beider Familien, ziehen sich (mit diversen Sprüngen) durch das ganze Buch, bis in die Gegenwart hinein.


    Ich muss wirklich sagen, dass Berlin für mich so eine Art "heimlicher Held" des Buches ist. Man merkt auf jeder Seite, dass die Autorin selber aus Berlin stammt und dort auch lebt. Das Buch "atmet" Berlin! Das reicht von politischen Stimmungen, zeitgeschichtlichen Episoden, bekannten Schlagern, Dialekt-Passagen, Straßennamen, Lokalen bis hin zu Kleidungsstücken. Det fand ick dufte!


    Beeindruckt hat mich außerdem die schriftstellerische Technik. Ich würde sie fast ein wenig wie "Korbflechten" bezeichnen. Man musste sich schon ein wenig konzentrieren beim Lesen; gefällige Unterhaltung war dies gewiss nicht...! Die Kapitel handeln immer abwechselnd von einer der beiden Familien. Und innerhalb der Kapitel wechseln auch die Perspektiven der Personen. Mal von Mutter zu Tochter, oder von Sohn zu Vater. Zeitliche Sprünge von geschätzten 10 Jahren liegen zwischen den einzelnen Kapiteln, was zusätzliche Denkarbeit erforderte. Doch gerade das habe ich genossen. Ich mag es, wenn ich als Leser an der Sinnkonstruktion beteiligt werde! Nur ganz zum Ende hin hatte ich das Gefühl, dass ein paar Fäden offen gelassen wurden. Doch das führt bei mir zu keinem Punktabzug. Das Buch war insgesamt reichhaltig genug! Ich habe einen grandiosen Einblick erhalten in all die politischen Wirren, die sich in Berlin abgespielt haben - über die Nazis, die Sozis, bis hin zum Heute. Und das Merkwürdige war, ich habe (fast) alle Beteiligten gut verstehen können.


    Abschließend möchte ich noch einmal meine persönlichen Vermutungen überdenken, die ich nach dem Überfliegen der Leseprobe hatte. Buddenbrooks? Nee, det war et nich. Schon eher "Vom Winde verweht". Doch, Vicky hat mich ein wenig an Scarlett O'Hara erinnert - halsstarrig, leidenschaftlich, heiratet halb aus Berechnung einen Anderen - und hängt ihr ganzes Leben an einem Haus, der Torstraße 1... Ach, ich kann und will meine Verzauberung nicht letztlich erklären. Aber ich will das Buch unbedingt weiterempfehlen! Es ist für viele Gruppen von Lesern geeignet: sowohl solche, die sich für deutsche Geschichte interessieren, als auch für diejenigen, die Familiendramen und Liebesgeschichten mögen. Von mir völlig verdient die volle Punktzahl.

    So unterschiedlich können Meinungen sein...! Hier ist meine Rezension. Mir hat das Buch leider weniger gefallen.


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    Heute back ich, morgen brau ich - und übermorgen schreibe ich einen Bestseller


    Zugegeben, wenn ich über Paulo Coelho schreibe, kann ich mich einer gewissen Prise Sarkasmus nicht enthalten. Das mag daran liegen, dass ich schon "zu viel" von ihm kenne, und auch mehr oder weniger deutlich weiß, aus welchen Quellen er sich "bedient". Es fällt mir bei diesem Autor einfach ungeheuer schwer, jedes neue Werk unvoreingenommen und "an sich" zu betrachten. Ich weiß sehr wohl, dass andere Leser von diesem Autor begeistert sind, kann diesen Enthusiasmus aber leider nicht (mehr) teilen. Daher möchte ich darauf hinweisen, dass meine eher schlechte Bewertung - auch - ein Geschmacksurteil ist. Die letztliche Bewertung muss jeder Leser für sich vornehmen.


    Leider hat sich der Eindruck, den ich nach dem Überfliegen der Leseprobe hatte, bestätigt. Dies ist keines der stärkeren Werke Coelhos. Er ist immer dann gut, wenn er sein spirituelles Süppchen in eine Geschichte und fortlaufende Handlung kleidet - was ihm bislang am besten im "Alchimisten" gelungen ist. Hier jedoch hat er sich einer Handlung fast vollständig enthalten, und hat nur einen ausgesprochen dürftigen "Rahmen" konstruiert. Für mich ein allzu bequemes Mittel, um allerlei Weisheits-Schnipselchen "unterzubringen", die er aus diversen Quellen zusammengeklau(b)t hat.


    Es ist ihm allerdings schwer bis gar nicht nachzuweisen. Denn im Vorwort weist er ja auf tatsächliche Funde von Schriften hin - die Funde von Nag Hammadi hat es wirklich gegeben, ebenso den britischen Forscher, den er erwähnt. Was sollen wir als Leser also glauben? Dass das nachfolgende Buch von ihm nur "übertragen" und leicht fiktionalisiert wurde? Oder dass er sich von den genannten Funden hat inspirieren lassen? Mehr Information wäre mir hier lieber gewesen.


    Die Handlung, insofern sie überhaupt besteht, spielt in Jerusalem, am Vorabend der Einnahme durch die Kreuzritter im Jahre 1099 (auch dies ein historisch überliefertes Ereignis). Verängstigte Einwohner, sowie diverse Geistliche der drei in Jerusalem beheimateten Religionen, haben sich um einen mysteriösen Weisen geschart, und stellen ihm Fragen, um ihre Ängste zu überwinden. Das Buch besteht nahezu ausschließlich aus diesen Fragen und Antworten. Das erinnert vom ganzen Stil her doch sehr an Khalil Gibrans "Propheten"! Von Seiten des Verlages wurde alles getan, um diesen Text auf Buchlänge zu bringen - dickes Papier, viele leere Seiten, relativ große Schrifttype. Doch all dies kann kaum darüber hinweg täuschen, dass das Ganze eher wie ein Schnappschuss wirkt - auf mich jedenfalls in keinster Weise "rund" oder abgeschlossen.


    Was ich dem Buch noch als Verdienst anrechnen würde, ist die Tatsache, dass sich Coelho mit einigem Erfolg auf die drei großen Religionen bezieht, die in Jerusalem (bis zum Einfall der Kreuzritter) friedlich miteinander zusammenlebten. Egal ob der Leser Jude, Moslem oder Christ ist, jeder wird für sich etwas aus diesen Texten mitnehmen können. Mal mehr, mal weniger offen zitiert Coelho aus Schriften der drei Religionen. Bibelzitate tauchen dabei relativ häufig auf (wie zum Beispiel die berühmten "Lilien auf dem Felde"), allerdings sind sie nicht als solche gekennzeichnet. Andere Stellen scheinen direkt dem Talmud oder dem Koran entnommen; auch diverse Dichter werden eingebaut. Ich meine, Hafis oder Rumi erkannt zu haben. Zusätzlich verwendet Coelho noch Anklänge aus anderen spirituellen Traditionen. Buddhistisches Gedankengut, sowie einige Zen-Koans, stehen dabei im Vordergrund. Und in den ersten Kapiteln, die sich vorwiegend mit dem Thema "Kampf" beschäftigen, meine ich, die Bhagavadgita wiederzufinden - denn dort preist ja ebenfalls der Gott Krishna den Kampf und den Mut.


    Aber soll man das alles nun gut finden? Ich weiß einfach nicht. Mir persönlich ist das alles viel zu sehr "Süppchen", bedingt durch eine fehlende Rahmenhandlung, und dadurch schwierige Einordnung. Mir hätte das Buch wesentlich besser gefallen, wenn die persönliche Geschichte des ominösen Ich-Erzählers aus der Rahmenhandlung fortgeführt worden wäre. Und wenn die Quellen vom Autor angegeben worden wären - wenigstens in einem Anhang. So aber kann ich das ganze Buch leider nicht recht ernst nehmen.

    Well done, Pippa!


    Dieses Buch hat mich gelehrt, was es heißt, einmal die sprichwörtlichen Fünfe gerade sein zu lassen. Denn einerseits sehe ich genau, was man ihm alles "vorwerfen" könnte; andererseits haben aber für mich die glänzende Unterhaltung und das Liebenswerte überwogen. Ich "muss" einfach die vollen fünf Sterne geben. Auch deshalb, weil ich der Meinung bin, dass man einen humorvollen Krimi nicht an Messlatten legen sollten, die dafür gar nicht gemacht sind - sprich, an "hoher Literatur" oder Weltklasse-Thrillern.


    Ich hatte ja vorab schon ein wenig Sorgen. Die beiden Autorinnen, "Frau Auerbach" und "Frau Keller" (sehr witzig gewählte Pseudonyme!), sind noch recht neu auf dem Krimi-Parkett. Wenig Zeit ist vergangen seit dem ersten Buch um Pippa Bolle. Außerdem wurde im ersten Band Goethe auf die Schippe genommen, im zweiten ist es nun Shakespeare. Na?, fragte ich mich, roch das nicht ein klein wenig nach einem "Rezept", das ausgeschlachtet werden sollte? Doch meine Sorge war unbegründet, das Buch konnte mich aus sich heraus überzeugen. (Obwohl mir die Frage erlaubt sein darf, wie der Faden in Band 3 wohl weitergesponnen wird - kann man das Ganze dann wieder an einem Schriftsteller aufhängen? Und muss Pippa wieder ein Haus hüten?? Wir werden sehen.)


    Wieder ist die Abwesenheit eines Hausbesitzers der Grund, warum Pippa einen Ortswechsel vornimmt. Diesmal geht es nach England, was ja auch Sinn macht, wenn man mit der Story Shakespeare aufs Korn nehmen will. Pippa soll das Haus ihrer Oma hüten, und gleichzeitig eine Theatertruppe betreuen, die im benachbarten Hotel für ein Festival den "Hamlet" probt. Die Geschichte läuft, im Vergleich zum Klappentext (der ja, ehrlich gesagt, ein wenig schummelt) eher langsam an. Denn die dort "versprochene" Leiche gibt es erst im letzten Drittel des Buches. Allerdings ist trotzdem Spannung vorhanden, halt nur auf andere, leise, und liebenswerte Art.


    Das Buch besteht viel eher aus Stimmungen, aus Atmosphäre, und kleineren und größeren "Rangeleien", die sich, fast wie ein Gewitter, in der Theatertruppe aufbauen. Auch auf das gesamte Dorf haben die exzentrischen Schauspieler eine eher Unruhe stiftende Wirkung, was wirklich köstlich beschrieben ist! Die allererste Leiche ist übrigens - ein Hund! Wie überhaupt die Tiere (die Pippas Oma gehören) in diesem Buch eine erfreuliche Rolle spielen. Sie tragen sogar zur Auflösung bei! Selbst wenn die durch und durch englische Atmosphäre nicht gewesen wäre, spätestens hier habe ich mich in das Buch verliebt. Das Buch nimmt dann im letzten Drittel noch einmal so richtig Fahrt auf - was aus dramaturgischer Sicht wiederum "Sinn macht". Denn alle vorher beschriebenen Unruhen und Zwischenfälle reichten der örtlichen Polizei nicht aus, um von einer wirklichen Straftat auszugehen. Erst ab dem ersten zweifelsfrei Ermordeten, dem Regisseur Hasso von Kestring, geht es so richtig "rund" in dem Buch. Wer Shakespeare kennt, wird die eine oder andere Wendung schmunzelnd wiedererkennen. Man stolpert als Leser ein wenig atemlos den Figuren hinterher, bis zum in jeder Hinsicht überraschenden, aber dennoch "runden" Ende.


    Ich habe wirklich vieles an diesem Buch gemocht. Einerseits den in jeder Hinsicht durchdachten Bezug zu Shakespeare. Die Autorinnen haben sich sogar die Mühe gemacht, dem Buch ein "Dramatis Personae" voranzustellen, samt passenden Hamlet-Zitaten! Das nenne ich Fleißarbeit. Auch das Setting "passte" einfach zur Handlung. Diese Dinge hätten nur in England so geschehen können - wenn überhaupt...! Kritische Leser, oder hartgesottene Krimifans mögen einwenden, dass das Lokalkolorit an manchen Stellen schon fast überwiegt. Mich hat das wenig gestört, da ich das Buch sowieso weniger als Krimi, sondern als Unterhaltungsliteratur einordne. Außerdem hat mir der Witz wunderbar gefallen. Er liegt eher im Verborgenen, in den Reaktionen der Leute auf stressige oder unerwartete Situationen. Und in den Kommentaren Pippas zu Hasso von Kestring...! Zu guter Letzt möchte ich noch das Talent der Autorinnen erwähnen, "telling names" zu erfinden. Die Wortspielereien in der Namensgebung so mancher Figur waren für mich das Sahnehäubchen.


    Aspekte, die ich kritisch sehe, möchte ich nicht verschweigen. Sie können allerdings nicht an meiner Wertung "rütteln". Erstens, wie ich bereits sagte, ist das Buch wesentlich weniger "Krimi" als man erwarten könnte. Der Leser kann kaum mitraten, unter anderem auch aus dem Grund, weil viele für die Ermittlung wichtige Details nicht sofort genannt werden, sondern erst in späteren Kapiteln "nachgereicht" werden. Zweitens, wie schon im ersten Band: Pippa "ermittelt" eigentlich nicht. Sie ist keine Detektivin. Weder unfreiwillig, noch offiziell. Sie ist einfach nur zufällig vor Ort, hat vielleicht ein wenig mehr Witz und Hintersinn als die anderen Beteiligten. Doch die Ermittlungen werden, ganz offiziell, von der ortsansässigen Polizei, sogar von einer Kommissarin, geführt! Pippa trägt vielleicht einen oder zwei Aspekte bei, mehr nicht.


    Drittens, das Buch ist auf Deutsch geschrieben - in der Handlung kommen aber manche Aspekte und Witze vor, die eigentlich der Mehrsprachigkeit bedurft hätten, um wirklich "rüberzukommen". So soll Pippa ja die Theatertruppe unter anderem deshalb betreuen, weil die Teilnehmer international sind, und teilweise nur schlecht Englisch können. So manches Wortgefecht verliert dadurch natürlich an "Biss", da alles nur auf Deutsch wiedergegeben wird. Außerdem benutzen manche von Pippas englischen Freunden Redwendungen, bei denen ich doch die Stirne gerunzelt habe - das waren eindeutig deutsche Formulierungen, und die wären in England so nie gefallen! (Zum Beispiel redet die Kommissarin an einer Stelle von "Teufel und Beelzebub", wobei das Sprichwort auch noch falsch gebraucht ist. Es müsste eigentlich heißen, "den Teufel mit dem Beelzebub austreiben", und nicht "den einen und den anderen kaufen", oder so ähnlich...)


    Aber meine Kritikpunkte sind letztlich "Meckern auf hohem Niveau". Ich persönlich hatte ein wirklich "rundes" Leseerlebnis, und werde das Buch sehr gerne weiterempfehlen. Allerdings mit den entsprechenden Hinweisen.

    Ich hatte mich von vornherein für dieses Buch interessiert, da ich vermutete, zwischen der Tätigkeit des Autors und meiner könnte es gewisse Parallelen geben. Und ich hatte Recht. Ich habe gerade eine Ausbildung zur Altenpflegerin begonnen, und in diesem Rahmen auch ein Praktikum bei einem ambulanten Pflegedienst gemacht. Meine Erkenntnisse decken sich zum großen Teil mit denen des Autors: Wohnungen erzählen etwas über Menschen, gerade die Wohnungen alter Leute, die noch ganz andere Einstellungen zu Gegenständen und zum Leben überhaupt hatten.


    Ich finde es allerdings schade, dass dieses Buch als Taschenbuch erschienen ist. Das weckt beim Leser falsche Erwartungen, und wird dem Wert des Buches nicht ganz gerecht. Es ist sicherlich nicht leicht einzuordnen - größtenteils ist es Sachbuch, dann wieder anteilsweise Lebensgeschichte des Autors. Und eine Prise Philosophie kommt auch noch hinzu. Doch gerade diese Mischung hat für mich die Faszination ausgemacht.


    Hans-Jürgen Heinicke wurde, laut Impressum, von einem Journalisten beim Verfassen des Buches unterstützt. Von daher kann ich natürlich nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob alle Formulierungen oder die Struktur des Buches auf den Autor zurückgehen. Ich stelle allerdings fest, dass eine wohltuend lesbare Sprache gewählt wurde, die sehr nah am Alltag ist, aber dennoch immer wieder Geistesblitze und auch komische Momente fassen kann. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen.


    Das Buch ist sicherlich ein wenig eigen. Man darf keine Anekdotensammlung erwarten, und es sind auch keine reinen "Fallgeschichten". Das Buch beginnt mit einem sachlichen Kapitel, wie der Autor zu seiner Tätigkeit als "Sachverständiger für Nachlässe", so die offizielle Bezeichnung, kam. Es folgen einige Kapitel von besonderen "Fällen", die jedoch in lockerem Plauderton geschrieben sind, und innerhalb der Geschichte auch immer wieder mal in allgemeine Betrachtungen abschweifen. Abgeschlossen wird das Buch dann von einem Kapitel mit Betrachtungen über Tod und Endlichkeit, auch wieder durchbrochen von Erlebnisse aus verschiedenen, von ihm erlebten Wohnungsauflösungen.


    Dieses Buch hat auf mich vor allem durch seine interessante Mischung "gewirkt". Es enthält ganz verschiedene Betrachtungsweisen. Einerseits die rein geschäftlichen Aspekte des Wohnungsauflösens, die wesentlich vielschichtiger sind als erwartet. Dann wieder Betrachtungen über den Menschenschlag, der einem solchen Beruf nachgeht. Ausführliche "Begehungen" der Wohnungen, wobei der Autor den Leser an die Hand nimmt, und man sich alles sehr bildlich vorstellen kann. Und nicht zuletzt natürlich Gedanken darüber, wie die Menschen gelebt haben mögen, die in diesen Wohnungen teils lebten, teils hausten, teils Luftschlösser bauten.


    Sensationelle Hintergründe darf man hier nun nicht erwarten. Es ist ein Buch der vielen, leisen Töne, die den aufgeschlossenen Leser aber zum Nachdenken anregen. Was wird von mir eines Tages bleiben? Was macht mein Leben aus? Sollte man nicht sein Glück genau jetzt, im Leben, ergreifen, und nicht für eine ungewisse Zukunft horten? Es ist weniger ein Buch über Verlust und Tod, als ein Buch über das Leben. Das hat mich tief berührt! Ich werde das Buch sehr gerne weiterempfehlen.

    Also, ich war eher enttäuscht... hängt wohl immer davon ab, was man von einem Buch erwartet...
    hier meine Rezension...


    ***


    Scheinbar habe ich mir bei diesem Buch selber im Weg gestanden. Es hat mir einfach nicht gefallen, wobei das nur bedingt am schriftstellerischen Können der Autorin liegt. Sicher spielt in meine Enttäuschung mit hinein, dass ich ihr erstes Buch ("Tausend kleine Schritte") schon kannte, und dementsprechend vergleichbar Großes erwartete. Zweitens konnte ich der teils wilden Handlung einfach nur bedingt logisch folgen - mein Verstand funkte dauernd dazwischen, und bemängelte diese und jene Unwahrscheinlichkeit, oder logische Lücke. Sicher soll dies keinen realistischen Roman darstellen, sondern eine (Gauner-) Komödie. Dennoch, besonders zum Ende hin haben sich für mich die Fragezeichen in meinem Kopf addiert.


    Ich habe die Autorin der "Tausend kleinen Schritte" durchaus "wiedererkannt", das war nicht das Problem. Der Stil hat großen Wiedererkennungswert - die Erzählweise ist leichtfüßig, mit lockeren Dialogen, durchgängig allerdings mit sehr weiblicher Sicht der Dinge. Die Prise Humor hier und da hat auch nicht gefehlt, konnte aber für mich das Ganze nicht zusammenhalten. Was allerdings wieder schön war, waren die Liebes- und Verführungsszenen. Genau wie in ihrem Erstling, hat es auch hier die Autorin geschafft, unkitschig und wirklich schön eine körperliche Anziehung zu schildern.


    Für mich hapert es vor allem anderen einfach am Plot, und dem persönlichen Hintergrund der Hauptfigur, den ich so einfach nicht glauben mag. Eine Hochstaplerin, die von einem potenziellen Opfer enttarnt zu werden droht, und die deswegen ganz plötzlich "ernst machen" muss; so etwas kennt man aus diversen Filmen, und besonders aus Fernseh-Serien der 60er (so fühlt es sich jedenfalls für mich an). Doch gleich die ganze Familie...??! Das war zwar alles fantasievoll geschildert - die Kinder werden von klein auf "trainiert", es gibt Notfallpläne für alles und jedes, keine einzige Person übt einen normalen Beruf aus, ja, Della soll nicht einmal zur Schule gegangen sein... sorry, da bin ich irgendwann "ausgestiegen". Vor allem wurde die Hintergrundgeschichte der Familie nur immer mal am Rande gestreift; dadurch war sie für mich einfach zu "dünn", zu sehr herbeifabuliert.


    Ich kann sehr gut verstehen, dass andere Leser hier anders urteilen mögen. Man kann sicherlich über diese Aspekte "hinweglesen", und sich einfach unterhalten lassen. Aber bei mir streikt es, wenn ich glauben soll, dass man innerhalb von 4 Tagen sich genügend Wissen anlesen (!) kann, um einen biologischen Feldversuch "in echt" zu simulieren. Niemals! Gleiches gilt für eine Szene in der Universität. Ich habe selber studiert, allerdings nur an einer "Provinz-Uni". Dennoch halte ich es für absolut undenkbar (mit gefühlten tausend Ausrufezeichen), erst recht an einer Elite-Uni, sich einfach so einzuschleichen, Schaukästen zu knacken, und ein Büro zu okkupieren...


    Noch ein gewichtiger Kritikpunkt an diesem Buch ist für mich das Ende, oder besser gesagt, das gefühlte letzte Drittel. Hier geschieht zu viel, vor allem zu viel Unwahrscheinliches. Am Ende war mir überhaupt nicht klar, wer nun wen betrogen hat und warum; ich habe das Buch mit mehr Fragezeichen geschlossen, als ich es begonnen hatte. Und so etwas sollte eigentlich, gerade bei einer Komödie, nicht passieren.


    Ich mag letzten Endes einfach nicht mehr als zwei Sterne geben. Damit will ich, wie gesagt, nicht das Können der Autorin verunglimpfen. Es ist einfach nur so, dass diese Geschichte "als Geschichte" mich nicht erreicht hat.

    Liebe Eli, genau das hat mich gestört, dass es eigentlich kein (!) Buch über den Buddhismus ist. Aber wahrscheinlich bin ich da einfach empfindlich...!
    Hier nun meine Rezension.


    ***


    Ich hatte mir deutlich mehr von diesem Buch erhofft - aber zu mehr als drei Sternen, die in diesem Fall für "ganz passable Unterhaltung" stehen, mag ich mich nicht aufraffen.


    Das Buch ist nun wirklich nicht "schlecht". Die Idee dahinter bleibt nach wie vor originell: Ein Maler und Anstreicher aus Glasgow, mittleren Alters und verheiratet, eine Tochter, entdeckt plötzlich den Buddhismus für sich. Er verändert seine Ansichten und Gewohnheiten völlig, was - vorübergehend - zum Bruch mit seiner Familie führt. Doch meiner Ansicht nach wurde diese gute Idee nur unzureichend durchdacht, nicht konsequent zu Ende beschrieben. Letzten Endes habe ich das Buch so empfunden, dass die Idee mit dem Buddhismus nur eine "nette Hintergrundfolie" abgab. Eigentlich ist das Buch eine Familiengeschichte, mit den üblichen Selbstfindungsproblemen aller Beteiligten. Und das hätte sich auch an jedem anderen Thema als dem Buddhismus entzünden können.


    Zugegeben, das, WAS die Autorin über den Buddhismus schreibt, ist gut recherchiert, und weitestgehend zutreffend. Obgleich sie dem Leser natürlich verschweigt, dass diese Form des Buddhismus, die Jimmy für sich entdeckt, nur eine von vielen ist. Sie ist in keinster Weise repräsentativ! Doch das sollte man wahrscheinlich nicht so eng sehen. Ich bin in diesem Punkt nur deshalb empfindlich, weil es auch "meine" Religion ist (und auch ich schwärme nicht gerade für die tibetische Richtung, respektiere sie aber).


    Das Buch ist in meinen Augen einfach ungeschickt aufgebaut, was den Plot betrifft. Die einleitenden Kapitel, sagen wir, das erste Drittel, drehen sich rund um Jimmys plötzliche "Bekehrung", und sind insofern wirklich nett. Doch danach driftet das Buch ab, es wird mehr und mehr eine reine Familiengeschichte daraus. Die Schwiegermutter stirbt, die Ehefrau nimmt sich einen Geliebten, die Tochter möchte Popstar werden. Und so weiter. Die Ausgangsidee wird leider aus den Augen verloren. Und auch das Ende ist ein wenig übers Knie gebrochen, und hat mich nicht überzeugt - schon allein von der Wahrscheinlichkeit her. Es gibt zu viele lose Fäden.


    Auch, was den Schreibstil betrifft, bin ich nicht gänzlich zufrieden. Schön ist die Idee, die Geschichte aus drei Perspektiven zu erzählen: Jimmy, seine Ehefrau Liz, und deren Tochter Anne-Marie. Doch auch dies scheint mir nicht wirklich durchdacht. Die Perspektiven wechseln sich zwar ab, aber erstens bekommen die beiden weiblichen Stränge viel mehr Raum als Jimmy, und zweitens sind sie auch besser gelungen. Ich muss es leider sagen, die männliche Perspektive nehme ich der Autorin nicht recht ab. Sorry.


    Was bei mir von diesem Buch bleibt, ist leider nicht viel mehr als ein flüchtiger Eindruck von einem durchaus vorhandenen schriftstellerischen Talent. Frauen- oder Teenager-Dramen könnte die Autorin vermutlich viel besser schreiben. Doch von der männlichen Perspektive sollte sie in Zukunft definitiv die Finger lassen.

    Oh, hier bei den Eulen gab es also auch eine Leserunde zu diesem Buch...? Ich wette, die hat der Autor wieder großartig begleitet! Hier nun meine Rezension. Ich bin nicht ganz so begeistert, zolle dem Buch (und dem Autor!) aber meinen Respekt.


    ***


    Ich möchte vorab klarstellen, dass meine Bewertung im mittleren Bereich ein Geschmacks- und kein (!) Werturteil darstellt. Ulf Schiewe schreibt historische Romane auf seine ganz eigene Art und Weise, die nicht unbedingt mit dem übereinstimmte, was ich gewohnt war. Er weicht ab von dem, was im historischen Genre "gängig" ist - für mich weniger leicht verdaulich, aber durchaus nicht "schlecht"!


    Bei den meisten Autoren von historischen Romanen stehen ganz klar die Figuren und ihre dramatischen "Irrungen" im Vordergrund - also beispielsweise die verstoßene Hure, der naive Idealist, oder das einsame Findelkind. Im Grunde sind es Geschichten, die so auch heute spielen könnten - die aber, aufgrund einer Vorliebe des jeweiligen Autors, in die Vergangenheit versetzt wurden. Ohne das negativ zu bewerten, stelle ich fest, dass in solchen Büchern die Historie eben ein "Rahmen" ist, der das Ganze ein wenig exotischer machen soll. Ganz anders bei Ulf Schiewe!


    Bei Ulf Schiewe ist die Vergangenheit selbst der eigentliche "Held" des Buches; in diesem Falle ist es der zweite Kreuzzug. Er geht also genau andersherum vor: er hat sich in eine ferne Zeit "verbissen", und sucht nun nach Figuren, die dort hinein passen könnten. Sein Hauptaugenmerk liegt also auf einer realistischen Darstellungsweise, auf viel Hintergrundwissen, und dessen möglichst getreuer Übermittlung. Sicher liegen ihm auch seine Figuren am Herzen, aber sie treten doch über weite Strecken in den Hintergrund. Ich habe sie vielmehr als "Schachfiguren" empfunden, nicht als Personen, ohne die die Geschichte so nicht hätte funktionieren können. (Wie gesagt - kein (!) Werturteil!)


    Was nun dieses spezielle Buch betrifft, hatte die Technik des Autors zur Folge, dass wesentlich mehr Schlachten, taktische Manöver, und blutige Einzelheiten vorkamen, als ich das erwartet hatte. Wenn man das mag - kein Problem! Ich sage ja auch nicht, dass das Buch "unspannend" gewesen wäre. Man hat sich gut in diese Zeit versetzen können. Aber es war halt viel weniger "Roman", weniger Liebesgeschichte, als man laut Klappentext hätte denken können.


    Arnaut und Ermengarda heißen die beiden Hauptfiguren des Romans - sie eine provenzalische Fürstin, er ihr Geliebter. Sie erleidet zwei Fehlgeburten, und dies reicht aus, Arnaut an der Rechtmäßigkeit ihrer Liebe zweifeln zu lassen, zumal Ermengarda ja offiziell mit einem Anderen (aus politischen Gründen) verheiratet ist. Er schließt sich dem Kreuzzug an, um "Buße zu tun". Ermengarda ist dagegen, es kommt zum Streit, und zu einem Zerwürfnis.


    Doch wer nun erwartet, den beiden (sich immer noch) Liebenden durch das ganze Buch zu folgen, und ihre persönliche Geschichte mitzuerleben - der liegt nicht ganz richtig. Das Buch ist wiederum in 5 "Bücher" unterteilt. Das jeweils erste Kapitel berichtet von Ermengarda in der Ich-Perspektive, alle weiteren begleiten den Kreuzzug, und zwar "en detail". Arnaut kommt dabei nicht immer vor - immer nur gut dosiert dort, wo er eine Rolle in einer Schlacht spielt. Schade, das war schon der erste Negativpunkt für mich. Ich hätte gerne mehr von Ermengarda erfahren, das "ich" im historischen Roman fand ich sehr erfrischend.


    Was ich dem Autor allerdings zugute halten muss, ist seine exemplarische Recherche. Das Buch platzt beinahe vor realistischen und treffsicher ausgesuchten Details. Da geht es allerdings auch schon mal um taktische Entscheidungen, um Angriffsmanöver, die sich mir nicht immer erschlossen haben - und eben auch um Gemetzel und Foltermethoden. Und es geht darum, was für ein Irrsinn der Kreuzzug eigentlich war - sowohl aus menschlicher, als auch aus politischer Sicht. Man lernt viel über die damalige Kriegsführung, und die Verbissenheit aller Beteiligten.


    Der Autor versteht es, dramatische Konflikte zu schildern, das will ich nicht bestreiten. Mehr als einmal gibt es brenzlige Situationen, die nur haarscharf gut ausgehen. Es gibt einige Stellen, wo es "menschelt", wo Beziehungen unter den Teilnehmern des Kreuzzuges entstehen. Und wo auch Konflikte ausgetragen werden. Zart dosiert gibt es auch Liebschaften, ja sogar Hochzeiten - doch leider sehr spärlich. Das Hauptaugenmerk liegt, wie schon gesagt, auf dem Verlauf des Kreuzzuges. Das war mir oft zu trocken, zu militärisch.


    Der Autor hat in der Leserunde zudem verraten, dass das halb offene und ein wenig pessimistische Ende von vornherein feststand. Im Interesse dieses so gewollten Endes hat er auch hin und wieder mal gekürzt, gerafft, und umgeschrieben. Wenn man genau "hinliest", kann man das spüren. Ein weiterer Punkt, der nicht jedem gefallen muss.


    Ich möchte abschließend bemerken, dass dieses Buch für mich durchaus eine Erfahrung war. Es ist sicherlich gut geeignet für Hardcore- Historien-Fans, die die ewige "Verklärung" des Mittelalters ein wenig leid sind. Für Leser, die bereit sind, sich in eine andere Zeit versetzen zu lassen, und zwar mit allen Konsequenzen. Weniger geeignet ist es nur für Leser wie mich, die eigentlich zarter besaitet sind, und ihre "Geschichte", ihren Plot, ihre Romantik wollen.

    Gelungener Mix aus "Der Stadtneurotiker" und "Love Story"


    Ich habe das Gefühl, dieses Buch konnte so nur in Amerika geschrieben werden. Auf kontinentaleuropäische Verhältnisse scheint es kaum übertragbar, weder von den Figuren, dem Setting, noch der Handlung her. Alles steckt voller Referenzen an spezifisch amerikanische Vorbilder - die Figuren, insbesondere der "tragische Held" Herbie Aaron, scheinen direkt aus einem Film von Woody Allen entsprungen; und die sehr dialoglastige Handlung könnte so auch im Skript einer Screwball- Sitcom oder anderen Seifenoper stehen. Ganz zu schweigen von typisch amerikanischen Verhaltensweisen, besonders unter Schauspielern. Es wird sich dauernd verabredet und ausgegangen (in Amerika scheint kein einziger Mensch mehr selber zu kochen), es geht um berufliche Kontakte, Beziehungen, und jede Menge Alkohol und Sex.


    Das mag sich im ersten Moment negativ anhören - soll jedoch nur unterstreichen, dass dieses Buch von dem abwich, was ich laut Titel, Klappentext und Leseprobe erwartet hatte. Vor allem der deutsche Titel hatte mich zunächst auf eine (relativ) falsche Fährte geführt. "So it Goes" ist ja ein recht bekanntes, literarisches Zitat, das aus dem berühmten Roman "Slaughterhouse Five" (Schlachthof Fünf) von Kurt Vonnegut stammt. In jenem Buch ist das Zitat so etwas wie ein "running gag", und taucht immer dort auf, wo jemand (oder etwas) stirbt. Ich hatte also, auch aufgrund des Klappentextes, eine Geschichte rund um das Sterben von Annie, Herbies Frau, erwartet. Doch das war es dann nur zum Teil.


    Annie stirbt bereits innerhalb der ersten 50 Seiten des Romans, und zwar relativ flott und komplikationslos. Was danach kommt, gleicht teilweise einer Odyssee, und teilweise eben auch einer echt amerikanischen Sitcom. Herbie reist durch Amerika, spielt Golf, trinkt viel, und bringt - so ganz nebenbei - die Karriere von Olive in Gang, die er noch kurz vor Annies Tod kennengelernt hatte. Ganz unterschwellig nähert er sich dabei noch der Tatsache, dass er sich wieder verlieben möchte, und zwar ausgerechnet in ebenjene Olive, die doch so viel jünger ist als er. Schon wieder ein Element, das mich an Woody Allen überdeutlich erinnerte... der geriet ja auch durch die Liebe zu einer viel jüngeren Frau in die Schlagzeilen. Der Originaltitel ist letztlich sehr viel passender: "After Annie", also "Nach Annie". Genau das ist es, nicht weniger und nicht mehr - "was danach geschah".


    Man merkt in jedem Kapitel, ja in fast jeder Zeile, dass der Autor selber Schauspieler ist. Diese ganze "Szene" hat er schon sehr überzeugend dargestellt, mit sämtlichen Überspanntheiten und Exzessen, die man erwarten könnte. Wie man an Rollen kommt, was Agenten eigentlich tun, wie Proben ablaufen, welche Exzentriker sich in einem Ensemble so tummeln, und so weiter und so fort. Das fand ich schon ziemlich faszinierend, und auch gut zu lesen! Außerdem besteht das Buch zu gefühlten zwei Dritteln aus Dialogen, und zwar ohne lästige "Redebegleitsätze". Ziemlich authentisch, locker, flapsig, und durchaus nicht unkomisch. Nahezu eins zu eins drehbuchtauglich.


    Viele Leser waren enttäuscht, was ich einerseits gut nachvollziehen kann. Denn auf den ersten Blick hat das Buch sein angekündigtes Ziel verfehlt. Aber eben nur auf den ersten! Man muss schon genauer "hinlesen", sich einfühlen in Herbie, dann merkt man, dass eben doch nahezu sein gesamtes Handeln noch auf Annie, seine große Liebe, bezogen ist. Das scheint in vielen Details durch. Man beachte nur, wie er wütend auf die Golfbälle eindrischt! Und wie er sich geradezu davor "drückt", eine neue Liebe einzugehen. Erst auf den allerletzten Seiten löst sich diese Spannung. Und obwohl das Buch genau da endet, wo es "spannend wird", kann man sich das Weitere doch denken. Wie ich finde, ein schöner Abschluss.


    Kritikpunkte habe ich eigentlich kaum. Ich musste mich allerdings erst "einlesen" in dieses Buch, da die geschilderte Welt mir doch sehr, sehr fremd ist. Ich fand die Figuren nicht leicht zugänglich, aber sie waren stets mit einem heftigen Augenzwinkern geschildert. Man muss all diese Exzentriker wahrlich nicht "mögen", kann aber ihren Weg nachvollziehen. Und das ist auch, was der Autor gewollt haben mag. Er hat "seiner" Welt, und indirekt wohl auch seiner Frau, sdie ebenfalls Schauspielerin ist, ein Denkmal gesetzt. Für ein Erstlingswerk - Hut ab!

    Haben Sie Lust auf zwar weitgehend sinnfreie, dafür aber gekonnt gemachte und profund recherchierte Unterhaltung? Wollen Sie eine Weltreise der anderen Art erleben, die vor Katastrophen nur so strotzt? Wollen Sie aber gleichzeitig in die Atmosphäre der bereisten Orte eintauchen, so als wären Sie selber da? Dann ist dies das richtige Buch für Sie!


    Nein, man sollte sich wahrhaftig nicht fragen, ob all das so passieren könnte. Oder ob Menschen, sprich: insbesondere der Protagonist, so etwas tatsächlich mitmachen würden. Der Lokaljournalist Siebeneisen, dessen Vornamen man übrigens nie erfährt, wird von seinem "Freund" O'Shady, genannt Schatten, auf eine Weltreise geschickt: er soll sieben Miterben suchen, da Schatten sonst die ungeheure Summe von 50 Millionen Euro nicht ausgezahlt würde.


    Das Buch wäre nur halb so lustig, wenn auf diesem Himmelfahrtskommando nicht allerlei schief gehen würde. Siebeneisen erhält von Schatten nämlich immer nur äußerst nebulöse Hinweise zum jeweils nächsten zu findenden Erben - per Fax und Internet. Hinzu kommt, dass Schatten ausgesprochen geizig ist, und so entpuppen sich manche im Voraus gebuchten Details als - nun ja - wenig erbaulich...


    Doch das wirkliche Sahnehäubchen an diesem Buch sind die gekonnt recherchierten Hintergründe. Der Autor Stefan Nink hat bereits zahlreiche Reisebücher veröffentlicht, und seine Expertise in diesem Bereich trieft aus jeder Seite. Er versteht es auf unnachahmliche Weise, den jeweils bereisten Flecken Erde gleichzeitig in den Fokus zu nehmen, aber auch so dezent bis mitteldezent zu veralbern, dass man als Leser seine helle Freude hat. Boxende Känguruhs in Australien, Geierangriffe in Nepal, grölende Chinesen auf einem Oktoberfest, ein tobendes Nashorn in der afrikanischen Steppe... die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Zu keinem Zeitpunkt jedoch hat man als Leser das Gefühl, die Witze würden nur um ihrer selbst willen gerissen. Nein, der Witz nimmt den Leser mit ins Boot, und weckt - letzten Endes - Verständnis für Siebeneisens Zwangslage, und für so manche menschliche Schwäche.


    Durch dieses Buch bin ich nur so geflogen, und war beinahe traurig, als es zu Ende war. Obwohl - ein Ende ist es auch wieder nur halb, weil... Nein! Das werde ich nicht verraten. Lesen Sie selbst. Begleiten Sie Siebeneisen auf seinem irrwitzigen Trip. Fluchen Sie über Schatten, wundern Sie sich über so manchen Einheimischen. Und freuen Sie sich auf eine eventuelle Fortsetzung.

    Dieses Buch liegt für mich auf einem schmalen Grat zwischen philosophisch-religiöser Abhandlung und "tatsächlichem" Roman. Die Autorin, selbst mit buddhistischem Hintergrund, hat hier versucht, buddhistisch inspirierte Gedanken über Leben, Tod und das "Loslassen-Können" in eine Romanhandlung zu verweben. Dabei herausgekommen ist ein sehr gut lesbares Buch, das den Leser tief betroffen macht - das als Roman, als "Buch an sich" jedoch noch besser hätte sein können.


    Ich möchte zukünftige Leser nun nicht verschrecken, die vom Buddhismus nichts wissen. Es ist nicht so, dass die Autorin quasi mit der Brechstange ihre Thesen und Ansichten zu vermitteln sucht. Aber wenn man es weiß, und sich ein wenig mit Buddhismus auskennt, dann sind die Bezüge einfach nicht von der Hand zu weisen. Man kann das Buch selbstverständlich auch ohne diesen Bezug lesen - doch dann entgeht einem doch ein gut Teil der Aussage.


    Worum geht es eigentlich? Um einen Mann mittleren Alters, Marvin Abel, der sich unvermittelt mit einer tödlichen Diagnose konfrontiert sieht: Hirntumor, und auch noch der schlimmste, ein Glioblastom. Das Buch beschreibt, überwiegend aus Marvins Perspektive, seine noch verbleibende kurze Lebenszeit zwischen Diagnose und seinem tatsächlichen Tod. Anfangs verläuft die Handlung dabei noch ziemlich dicht an der Chronologie (Krankenhaus, Chemotherapie, Besuche); dies löst sich jedoch im letzten Drittel etwas auf. Die Handlung nimmt am Schluss eine sehr unerwartete Wende, wodurch der Titel des Buches letztlich sehr ironisch erscheint: der Tod kann einen eben doch immer (!) überraschen, auch wenn man vorher noch so abgeklärt war.


    Ich habe aus diesem Buch etliches mitnehmen können. Gut getroffen fand ich zum Beispiel die verschiedenen Positionen und Verdrängungsmechanismen, welche Marvins Besucher einnehmen. Die Ehefrau tut beinahe so, als sei nichts, der Bruder will Geld, der Kollege gibt zu, Abläufe in der Firma manipuliert zu haben, für andere ist er schon so gut wie tot, die meisten sind hilflos, und so weiter. Ich weiß, dass alle diese Reaktionen tatsächlich vorkommen können, und fand sie realistisch geschildert.


    Marvins eigene Entwicklung fand ich teilweise ein wenig abstrus, das mag aber auch daran gelegen haben, dass ein Hirntumor eben die Persönlichkeit des Menschen, bis hin zu Wahnvorstellungen, verändert. Nur hätten hier meiner Meinung nach andere schriftstellerische Mittel, wie eine Schilderung durch ein Familienmitglied, noch besser gewirkt.


    Alles spitzt sich bis zu den letzten Szenen des Buches hin zu. Marvin durchläuft relativ typische Stadien, wie sie in der Psyche eines Sterbenden so ablaufen: über Verdrängung, Wut, Verhandeln, bis hin zu Resignation und Annahme. Schade fand ich dabei nur, dass im letzten Drittel des Buches, wie bereits erwähnt, etliches aus der Chronologie der Ereignisse gestrichen wurde. Das hat dem Buch seine Glaubwürdigkeit als "Roman" ein wenig geschmälert.


    Vielleicht ist dieses Buch gerade deshalb auch für ein breiteres Publikum gut geeignet: es überfordert nicht durch eine ausufernde Rahmenhandlung (die ich mir persönlich allerdings doch ausführlicher gewünscht hätte), es schildert typische Abläufe, es menschelt zwischendurch ziemlich stark, und es macht seelische Nöte verständlich. Es regt die Gedanken an, ohne zu sehr als Pamphlet rüberzukommen. Nur eine vollständige Durchdringung des Themas aus allen Blickwinkeln sollte man nicht erwarten.

    Dieses Buch ist ein Unterhaltungs- und Frauenbuch, und als solches würde ich es als mittelgut gelungen bezeichnen. Es behandelt Themen, die wohl eher die weibliche Leserschaft ansprechen werden: ungewollte Kinderlosigkeit, Adoption, kulturelle Differenzen, Eheprobleme, die Suche nach den eigenen Wurzeln, Schuld, Vergebung, Versöhnung. Und vor allem: die Rollen von Müttern und Töchtern.


    Die Autorin hat selber indische Wurzeln, wurde aber in Toronto geboren, und lebt heute in Kalifornien. Genau dies merkt man auch, meiner Meinung nach: sie siedelt ihre Geschichte zwischen zwei Kulturen an, und zwar den Paaren Somer und Kris in den USA, und Kavita und Jasu in Indien. Die Geschichte ist aber auf sehr typisch amerikanische, „unterhaltungslastige“ Art und Weise angelegt, vor allem, was das Verhalten und die Entwicklung der Figuren angeht (hier insbesondere der Männer). Der Leser, der sich schon intensiver mit Indien befasst hat, wird es merken: Indien gerät in diesem Buch zu wenig mehr als farbiger Kulisse, das eigentliche Verständnis der Autorin liegt bei den amerikanischen Charakteren und Verhaltensweisen. Das mag man so oder so beurteilen – sicher ist ein Unterhaltungs-Bestseller keinem Sachbuch gleichzustellen. Dennoch darf mir die Bemerkung erlaubt sein, dass ich von einer indischstämmigen Autorin mehr erwartet hätte.


    Das Buch ist durchgehend im Präsens geschrieben, was prinzipiell ein guter Einfall ist. Das Präsens ist, gerade bei Familiengeschichten, ein wenig aus der Mode gekommen – hier sorgt es jedoch für mehr Unmittelbarkeit. Schwieriger hingegen finde ich die Technik, die Handlung permanent und abwechselnd auf die zwei Familien „aufzusplitten“, und das auch noch über große zeitliche Lücken hinweg. So mussten zwangsläufig manche Figuren zu kurz kommen. Besonders die amerikanische Adoptivmutter Somer blieb mir persönlich sehr fremd.


    Gut gelungen hingegen sind etliche „farbige“ Details, wie Ess- und Kleidungsgewohnheiten. Soziale Missstände hingegen können, schon allein vom Umfang des Buches her, nur angerissen werden. Der Handlungsfaden des Buches ist überwiegend auf den Unterhaltungsaspekt abgestimmt – die Zweifel des adoptierten Kindes, seine Selbstfindung, und seine – letztlich unbestimmt bleibende – Suche nach seinen leiblichen Eltern. Dies muss man wiederum der Autorin zugute halten: sie hat der Versuchung erfolgreich widerstanden, ein reines Happy End herbeizufabrizieren.


    Sicher, das Buch spricht einen ganz bestimmten Nerv an, und wird sich sicherlich brauchbar verfilmen lassen. Es hat, gerade zum Ende hin, sehr emotionale Anteile, die jedoch meines Erachtens zu Lasten der Wahrscheinlichkeit gehen. Wie so oft, bleibt die Bewertung dieses Buches letztlich Ansichtssache.

    Was für ein herzliches, herzergreifendes Buch! Ich habe die Lektüre in jedem Moment zutiefst genossen, und fühlte mich inspiriert. Allerdings verstehe ich auch solche Stimmen, die das Buch ein wenig ratlos betrachten, oder die es als "seichte Nachttischlektüre" einstufen.


    Man muss sicherlich ein wenig vorsichtig sein, wem man dieses Buch zu lesen gibt, und mit welcher Absicht. Schon allein der Untertitel könnte den unkundigen Leser in der Buchhandlung auf eine falsche Fährte führen: "Buddhistische Geschichten". Damit sollten wohl auch Nicht-Buddhisten angesprochen werden. Doch ich persönlich finde, dass man, wenn man das Buch rein als "Literatur", als "Geschichten" betrachtet, ein wenig an seinem Sinn "vorbei liest".


    Zuerst einmal ist es ein Denkmal, dass der Autor seinem einstigen Lehrer, dem unter Buddhisten wirklich berühmten Ajahn Chah, errichtet. Wenn man von diesem Mönch weiß, erkennt man seine "Handschrift" in sehr vielen der Geschichten. Seine Art, das Leben zu betrachten, und auch seine recht furchtlose Lebensweise. Sowie sein Humor! Ajahn Brahm hat viele Jahre unter diesem wunderbaren Lehrer gelernt, und hat seine Art, den Buddhismus zu betrachten, förmlich aufgesogen. Zudem sollte man sich klar machen, dass es sich um Mönche der Theravada-Schule handelt; also einer sehr alteingesessenen, eher konservativen Richtung.


    Ich würde die Beiträge auch nicht so gerne als "Geschichten" deklarieren. Es sind zudem genau 108 (!) Texte, und dem Buddhisten sagt diese Zahl natürlich etwas. 108 ist auch die Anzahl der Gebetsperlen einer "Mala", des buddhistischen Äquivalents zum Rosenkranz also. Man könnte die Texte wunderbar als Einstieg in eine tägliche Meditations- oder Kontemplationssitzung verwenden. Schon allein aufgrund ihrer Kürze haben sie oft eher den Charakter von Sinn- oder Kalendersprüchen.


    Man sollte dieses Buch also auf keinen Fall von vorne bis hinten durchlesen! Dann "überfrisst" man sich. Allerdings ist das Buch sehr hübsch in thematische Abschnitte gegliedert, z. B. in Themenbereiche wie Wut, Angst, Liebe, und Vergebung. Innerhalb dieser Bereiche ist durchaus so etwas wie ein "roter Faden" zu erkennen, und der Autor nimmt bisweilen auch auf eine frühere Geschichte des Kapitels Bezug. Mein persönlicher Rat lautet also, sich pro Lese-Sitzung einen Themenbereich zu nehmen, diesen zu lesen, und dann erstmal "sacken zu lassen". Und außerdem: später immer mal wieder zum Buch greifen, weil viele der Geschichten eine wiederholte Lektüre sehr gut vertragen!


    Ein wenig Vorkenntnisse über den Buddhismus, zumal den Theravada, könnte sicher nicht schaden, wenn man sich mit diesem Buch beschäftigt. Denn als "Lehrbuch" ist es sicher nicht geeignet; dafür ist es dann doch zu wenig systematisch. Aber als Füllhorn voller liebe- und humorvoller täglicher Anregungen, als Schatztruhe voller kleiner Perlen der Weisheit, ist es einfach wunderbar. Ich habe oft gelacht, und auch geweint. Insofern ist das Buch für den Nachttisch fast wieder zu schade. Für mich ist es fast so etwas wie eine "spirituelle Brotzeit", die man immer mit sich herumtragen kann.

    Diesem Buch gelingt ein eindrucksvoller Spagat. Es vereint eigentlich zwei Bücher in sich: einerseits, eine humorige Abrechnung mit einer lebenslangen Passion, der Liebe zur klassischen Musik - andererseits, eine ansprechende Biographie eine jungen Mannes, der sein Glück in Polen gesucht hat. Augerechnet.


    Man merkt ganz deutlich, dass sich Steffen Möller u.a. auch als Kabarettist versucht hat, bzw. noch versucht. Denn die Schilderungen insbesondere seiner Liebe zur Musik strotzt nur so von Passagen, bei denen ich herzlich lachen musste. Es ist aber kein Holzhammer-Witz, den er hier einsetzt, sondern ein Humor, der auf treffsicherer Beobachtung seiner Umgebung beruht. Sehr oft habe ich Passagen meinem Mann vorgelesen - und selbst der hat geschmunzelt, obwohl er mit Klassik wenig anfangen kann. Aber Steffen Möller hat einfach immer die treffenden Ausdrücke parat, um Eigenheiten seiner Mitmenschen aufs Korn zu nehmen.


    Auch die reine Biographie hat mich gefesselt. Denn Steffen Möller wuchs in Wuppertal auf, wo sein Vater Theologie-Dozent war (ist?). Ich habe auch in Wuppertal studiert, und so manche Begebenheit und Örtlichkeit habe ich wiedererkannt. Besonders die Schilderung des studentischen Milieus, sowie die Lage seiner alten Schule und der Stadthalle, habe ich gebannt verfolgt. Alles schien mir so vertraut - und die Mentalität von Studenten, egal welchen Faches, hat sich anscheinend nie geändert.


    Im weiteren Verlauf handelt das Buch dann zwar nicht "nur" von klassischer Musik, sondern eher vom Leben des Autors in Polen. Doch hochinteressant war das allemal. Die Gastfreundschaft der Polen, ihr Verhältnis zu Lehrern. Die politische Atmosphäre im Land. Alles stand mir so plastisch vor Augen, als wäre ich selbst da gewesen. Dennoch fand ich diese späteren Kapitel nicht überflüssig. Nein, sie waren als Hintergrund notwendig, um immer wieder Episödchen und Anekdoten rund um die Musik daran "aufzuhängen".


    Steffen Möller hat es außerdem geschafft, dass ich über manche Aspekte der Liebe zu klassischer Musik nachgedacht habe. Auch ich mag sie, allerdings nicht ganz so "ausschließlich" wie Steffen Möller. Er reflektiert z. B. großartig über die Rolle von Verkäufern in Klassik-Abteilungen der Kaufhäuser. Welche Rolle spielen die Medien? Wie wird klassische Musik z. B. im Kabarett behandelt? Ist Musik-Theorie überflüssig? (seiner Meinung nach ja) Welche Stimmung und Lebenshaltung will klassische Musik vermitteln, und inwiefern ähnelt sie darin z.B. moderneren Richtungen wie dem Grunge? Wie unterscheiden sich Klassik-Konzerte von Rock-Konzerten? Wer ist als Künstler ernst zu nehmen? Und so weiter. Alles durchaus tiefsinnig durchdacht.


    Durchsetzt ist das Buch dann von richtigen "Perlen", also lexikonartigen Einträgen, in denen kleine wissenswerte Schnipsel zur klassischen Musik verraten werden. Das würzt das Buch ungemein! Z.b. das längste Konzert, das lauteste Musikstück, die Eigenheiten berühmter Dirigenten, Details zu bestimmten Aufnahmen. Höhepunkt war für mich außerdem eine Mitschrift einer Sendung von "TV Total", in der Stefan Raab sich einen klassischen Pianisten eingeladen hatte. Sehr, sehr entlarvend, diese Stelle! Hier war jeder Kommentar unnötig. Raab hat sich wunderbar als Kulturbanause geoutet, das war unfreiwillige Comedy! Großartig!


    Ich hätte nur deswegen beinahe einen Stern abgezogen, weil sich das Ende des Buche ein wenig hinzieht. Der Autor meinte am Schluss, ein bemühtes Essay über "Pathos in der klassischen Musik" anfügen zu müssen - hat dabei aber übersehen, dass er fast dieselben Gedanken, über das ganze Buch verteilt, schon geäußert hatte. Nun ja. Im Zweifel für den Angeklagten- ich fand das Buch trotzdem wunderbar. Es hat mich meine eigene Begeisterung hinterfragen lassen, und es hat mir spannende Einblicke in eine fremde Kultur ermöglicht. Ich empfehle das Buch allerding nur solchen Lesern, die bereit sind, sich auf einen eher plaudernden und anekdotischen Stil einzulassen. Man sollte Zeit mitbringen für dieses Buch. Dann unterhält und informiert es fabelhaft.

    Ich fand es auch sehr amüsant, habe aber durchaus Kritikpunkte entdeckt! Doch lest selbst.


    ***


    Der Autor dieses Buches, Steffen Möller, war mir vor der Lektüre völlig unbekannt. Daher informierte ich mich; er hat, nach einem Philosophiestudium, offenbar lange in Polen gelebt, war dort Deutschlehrer, um anschließend auf eine Laufbahn als Kabarettist, unterwegs in der Mission der Völkerverständigung, umzuschwenken. Genau diesen Zwiespalt merkte man diesem Buch auch an. Ich konnte nicht genau eruieren, ob es nun eher vom Lehrer oder vom Kabarettisten Steffen Möller geschrieben wurde. Beide sind deutlich zu erkennen, und trotz der durchweg guten und unterhaltsamen Lesbarkeit hat mich dies auch ein wenig verstört.


    Zuerst einmal: die Idee, das Ganze in die Gestalt einer Zugreise zu kleiden, halte ich für originell. Von Berlin ausgehend, beschreibt er, von Station zu Station, seine Fahrt nach Warschau. Mit sicherem Blick entlarvt er die zahlreichen Fettnäpfchen, in die seine Mitreisenden im interkulturellen Austausch tappen; er porträtiert humorvoll sowohl deutsche und internationale Geschäftsleute, gemischt-kulturelle Paare, Stars und Sternchen, Studenten, als auch Rentnerinnen und daheim wartende Angehörige. Hätte er es nur dabei belassen, dann wäre das Buch perfekt gewesen.


    Doch leider krankt das Buch ein wenig daran, dass eben auch der Kabarettist Möller, im Gegensatz zum Lehrer, seinen Anteil einforderte. Wie der Autor in einem Amazon-Video auch zugibt, hatte er nach seinem vorhergehenden Bestseller "Viva Polonia" noch viele Notizen übrig, noch viele Dinge, die er außerdem über Polen mitzuteilen hatte. Und die wollte er partout in dieses Buch einarbeiten. Ich würde nun nicht sagen, dass dies in die Hose gegangen sei - dennoch merkt man das ein wenig Bemühte, Angestrengte an diesem Buch.


    Manchmal ist es einfach nicht logisch - zwischen zwei Stationen liegen manches Mal kaum ein paar Kilometer, doch prompt wird ein eigenes Kapitel draus, und es werden, mehr schlecht als recht thematisch begründet, etliche Informationen hineingestopft. Man konnte so manches Mal förmlich riechen, dass der Autor mit einem seiner "Notizzettel" am Schreibtisch saß, und sich fragte, in welches Kapitel er diese Anekdote oder jene Information noch packen sollte. Wie gesagt, ich finde diese Technik nun nicht misslungen - aber einfach unelegant. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, er hätte sich eindeutig zwischen Reise-Sachbuch oder Anekdotensammlung entschieden.


    Den Inhalt des Buches allerdings, des Autors Sicht auf die Polen und ihre Eigenheiten, kann ich nicht anders als liebevoll, tiefschürfend und herrlich entlarvend nennen. Ich habe mich durchweg köstlich amüsiert! Auch meinem Mann, der einige polnische Arbeitskollegen hat, habe ich ein paar Stellen vorgelesen, und er hat das meiste bestätigen können. Der Autor deckt eine beeindruckende thematische Breite ab; da geht es von der Sprache über charakterliche Merkmale bis hin zum Verhalten in der Familie und zur Politik. Und das Beste ist, er nimmt sich und uns als Deutsche mit ins Boot. Auch unsere Eigenheiten werden denen der Polen gegenüber gestellt, so dass sich jeder ein eigenes Bild machen kann, wer nun "verrückter" ist - oder auch nicht.


    Insgesamt würde ich das Buch als recht gelungene Unterhaltung bezeichnen, die allerdings weniger Anspruch auf Gründlichkeit rechtfertigt, als man es von einem Sachbuch eigentlich erwarten könnte. Das Buch balanciert auf sämtlichen Graten zwischen den Genres. Dennoch, es erschien im Malik-Verlag, der ja auch die Pilgerreise eines anderen, bekannten deutschen Unterhalters herausbrachte. Vielleicht gibt uns dies einen Hinweis darauf, wie der Autor sein Buch verstanden haben möchte.

    Wie rezensiert man nur ein solches Buch? Ich gestehe, öfters zwischendurch war ich versucht, die Lektüre abzubrechen. Denn über weite Strecken las es sich wie eine Teenie-Schmonzette. Sprachlich und stilistisch kam das sehr überzeugend rüber, aber erstens bin ich dieser Zeit wohl doch schon zu sehr entwachsen, um wirklich mitzufühlen, und zweitens hatte ich aufgrund des Klappentextes etwas völlig anderes erhofft. Ich dachte, ich hätte es mit einem Entführungsdrama, einem Thriller, zu tun. Doch weit gefehlt!


    Und nun wird es schwierig, denn man kann die Besonderheiten des Buches kaum schildern, ohne zu viel zu verraten. Ich versuche es also nur im Groben. Die 17jährige Grace ist die Ich-Erzählerin dieses (so muss man im Nachhinein sagen) Psychodramas. Sie wacht nach einem Selbstmordversuch in einem völlig weißen Raum auf, in den sie - scheinbar - der mysteriöse Ethan verschleppt hat. Sie wird gut versorgt, und kann in ihrem seltsamen Zwischendasein zuerst keinen Sinn entdecken. Doch auf dem Tisch liegt Papier, viel Papier - und ebenso viele Stifte. Halb aus Langeweile, halb aus innerem Drang beginnt Grace also zu schreiben. Sie schildert ihr ganzes, aus ihrer Sicht beschissenes Leben, und wie es dazu kam, dass sie sich umbringen wollte.


    Gleich von Beginn an haben wir also zwei Erzählebenen: erstens, der weiße Raum, und zweitens, Graces Rückblenden, das, was sie schreibt. Zuerst verteilen sich diese Abschnitte noch relativ gleichmäßig. Doch die Rückblenden werden immer länger und ausufernder, zugleich werden die Auftritte des "Entführers" immer kürzer und rätselhafter. Etwa in der Mitte des Buches wird dem Leser dann klar, dass es keinesfalls um eine mögliche "Entführung" geht, sondern darum, dass sich Grace erinnert. Erinnern muss, um wieder Ordnung in das Chaos ihres Lebens zu bringen.


    Als erwachsener Leser hatte ich recht schnell erraten, worum es hier eigentlich ging. Und von daher habe ich mich irgendwann auch wieder gelangweilt, weil die endlosen Teenie-Dialoge und Kneipenszenen meiner Meinung nach nicht unbedingt nötig waren. Das ist nun ein vertrackter Punkt. Ich glaube durchaus, dass die Lebenswelt einer 17jährigen, zumal einer "Ritzerin", glaubwürdig geschildert ist. Und ich denke, jugendliche Leser werden das Buch eher als "pageturner" empfinden, da sie nicht so schnell darauf kommen werden, "was das Ganze soll". Aber um wirklich spannend im Sinne eines "literarischen" Buches zu sein, hat mir der Schreibstil dann doch zu wenig Abwechslung geboten. Immerzu diese bemüht coolen Endlos-mit-Bindestrich-witzig-sein-wollenden Bandwurmwörter, dieses manipulative Verhalten, dieses SMS-Schicken (was habe ich oft gestöhnt), dieses Sich-Verkrachen und Wieder-Versöhnen. Das mag ja alles heute so sein, aber als Buch muss ich das nicht unbedingt lesen. Ich persönlich hätte sicher ein Drittel gestrichen.


    Nur der Schluss hat mich dann halbwegs wieder mit dem Buch versöhnt. Und nun muss ich ein wenig spoilern, und bitte alle Leser, die NICHT wissen wollen, wie das Buch endet, diesen Absatz zu überspringen. Die Autorin hat sich sozusagen (mein Eindruck) bei einem Film inspiriert, denn der Effekt ähnelt eindeutig einem "The Sixth Sense" für Teenies. Gegen Ende sieht man alles aus einer völlig anderen Perspektive, und müsste das Buch eigentlich gleich noch einmal lesen. Was ich aber, aufgrund der besagten Längen, gewiss nicht tun werde. Ein Knalleffekt auf den letzten Seiten - gut, immerhin. Aber der Weg dorthin war doch ein wenig mühsam.


    Ich verleihe dem Buch letzten Endes drei Sterne. Denn ich erkenne sehr wohl, dass es seine Zielgruppe eher im jugendlichen Milieu haben wird. Aus rein literarischer Sicht jedoch könnte die Autorin ihren Stil ein wenig abwechslungsreicher gestalten.

    "Das Haus der verlorenen Düfte" - Titel und Klappentext lassen den geneigten Leser zunächst aufhorchen. Eine Geschichte um Parfums und deren Geheimnisse also? Eine Dynastie von Parfumeuren, die einem historischen Duft, der angeblich die Erinnerung an frühere Leben ermöglicht, auf die Spur kommen will? Ja und nein. Ja, denn es geht durchaus um Düfte und deren Herstellung, sowie um einige Anteile von Historie. Nein, denn die Autorin hat gleichzeitig noch andere Bücher und Genres in diesem Rahmen unterbringen wollen. Wir finden hier genauso Anteile einer eher schwülstigen Liebesgeschichte à la Barbara Cartland, Thriller und Verschwörung nach dem Vorbild von Crichton, Dan Brown & Co., sowie - man glaubt es kaum - einen Ausflug in die politischen und religiösen Wirren rund um Tibet. Ob man das alles nun als gelungen betrachtet, wird sehr von den persönlichen Vorlieben des einzelnen Lesers abhängen.


    Ich persönlich war eher verwirrt. Ich hatte mich überwiegend auf die Handlung rund um Düfte gefreut. Im Verlauf des Buches stellte sich aber heraus, dass die anderen Anteile genauso ihren Raum einnahmen. Doch innerhalb von ca. 400 Seiten konnte man wohl keine gleichmäßige Bearbeitung aller dieser Ansätze erwarten. Ich finde, die Autorin hat in diesem Buch "zu viel gewollt". Sie hätte sich lieber für "weniger" entscheiden sollen, dann hätte mich die ganze, eher kuriose Mixtur mehr überzeugt.


    Robbie und Jac L'Étoile streiten sich permanent, ob sie nun lieber den historischen Duft rekonstruieren und dem Geheimnis auf den Grund gehen, oder doch lieber die Firma retten und nüchtern denken sollen. Gleichzeitig dreht sich ein anderer Handlungsstrang um die politischen Wirren rund um Tibet: der seit zwanzig Jahren verschwundene Panchen Lama sinnt darauf, wie er sich dem bald in Paris weilenden Dalai Lama zu erkennen geben kann. Dann sind da noch die chinesische Regierung und die Triaden, die ebenfalls begehrlich auf den möglichen Zauber-Duft schauen - sie haben verständlicherweise keinerlei Interesse daran, dass Reinkarnationen "bewiesen" werden könnten. Und zu allem Überfluss kämpft Jac an allen möglichen, emotionalen Fronten - sie wehrt sich gegen Visionen von früheren Leben, die sie als "psychotische Schübe" abtut, und droht gleichzeitig ihrer alten Faszination für den Ex-Geliebten Griffin North zu erliegen... Klingt kompliziert? Ist es auch.


    Hatte ich mich zu Beginn noch auf die Duft-Handlung gefreut, musste ich bald feststellen, dass diese nur einen vergleichsweise kleinen Teil einnimmt. Sie wirkte eher verworren und verquer auf mich. Wesentlich überzeugender dargestellt fand ich die ganze Situation rund um den Panchen Lama, China und Tibet. Hier hat die Autorin erfreulich genau recherchiert, und ein recht getreues Bild der politischen und religiösen Situation abgeliefert. Die Szenen rund um diese Thematik sind glaubwürdig, und nicht zu ausufernd gehalten. Wesentlich "unschwülstiger" als der Rest.


    Ich gebe allerdings zu, dass die Autorin eine recht blumige Sprache und Darstellungsweise hat, sowie offenbar Jahre mit der Recherche der Duft-Thematik zubrachte. Das schlägt sich schon recht überzeugend im Text nieder. Allerdings strengte mich der Schreibstil schon im ersten Drittel des Buches ein wenig an, da sich die Autorin nicht verkneifen konnte, komplizierte persönliche Vorgeschichten der Figuren in komplexen, eingeschobenen Nebensätzen zu erläutern.


    Von der rein schriftstellerischen Technik her ist ferner zu erwähnen, dass sich die Autorin eher kurzschrittige Sequenzen ausgedacht hat. Teilweise sind die Kapitel nur wenige Seiten lang, und die verschiedenen Handlungsstränge werden wie in einem Hefezopf flott miteinander verschränkt. Zudem gibt es oft "Cliffhanger" gegen Ende, die erst ein oder zwei Kapitel später aufgelöst werden. Das diente der Spannung, ging aber wiederum zu Lasten der glaubwürdigen Charakterisierung der Hauptfiguren.


    Ich möchte das Buch nun nicht komplett aburteilen. Allerdings finde ich, dass es Autoren gibt, die einen solchen Genre-Mix wesentlich überzeugender hinbekommen als Melisse J. Rose. Ich kannte sie bislang nicht, und mir scheint, ihr eigentliches Gebiet sind Familien- und Liebesgeschichten. Im Thriller-, Historien- und Abenteuer-Milieu ist sie noch nicht recht "zu Hause". Doch das mögen andere Leser anders beurteilen. Ich gebe letztlich drei mehr oder weniger ratlose Sterne - für ein Buch, das ich in keiner Weise wirklich einordnen kann, und bei dem mir über weite Strecken die Identifikation mit den Hauptfiguren fehlte.

    Ich hatte so meine Probleme mit dem Buch. Gerade die Tatsache, dass es am Ende zwischen Realität und Fiktion schwebt, hat mir den Lesefluss erschwert. Doch lest selbst - hier der Text meiner Rezension.


    ***


    Beim besten Willen, es werden bei mir nicht mehr als drei Sterne. Ich hatte mich so angestrengt, und war, durch viele begeisterte Leserstimmen befeuert, mit der festen Absicht an die Lektüre herangegangen, das Buch zu mögen. Doch im Nachhinein wird mir klar, warum schon allein das Bewertungsprofil so durchwachsen ist.


    Das Buch zerfällt für mich in drei Teile, drei Absichten. Jede für sich ist ganz gut bis sehr gut, aber alle zusammen - etwas "too much". Das Buch hat für mich nicht recht zu einer Einheit werden wollen; mir war nicht letztlich klar, was die Absicht dahinter gewesen sein soll...


    Absicht Eins: Jakob und sein Teeladen. Diese Handlung ist wirklich allerliebst! Jakob hat wundersame Fähigkeiten, erweckt durch seine Stimme Gerüche und Farben zum Leben. Und er verkauft Tee nach einer höchst unorthodoxen Methode! Falls es diesen Laden wirklich gäbe, würde ich ihn liebend gern besuchen.


    Absicht Zwei: eine Geschichte des Tees. Durch das ganze Buch hindurch werden Episoden eingestreut, die sich mit der Geschichte des Teeanbaus befassen. Über Anbau, Handelswege und allerlei Herstellungsmarotten. Ich bin selber ein ziemlicher Tee-Narr, und konnte hier zumeist zustimmend nicken. Alles korrekt. Zusammen mit der ersten Handlung, hätte dies ein "rundes" Buch ergeben.


    Aber nun kommt Absicht Drei... hier hat es bei mir einfach gehakt. Ein Mann mittleren Alters in der berühmten "Midlife Crisis", der sich nach einem erfüllteren Leben sehnt, und vor allem nach mehr Leidenschaft... das alles hat für mich Haruki Murakami mit seiner "Gefährlichen Geliebten" tausendmal besser umgesetzt. Doch bei Ewald Arenz wirkt dieser Handlungsaspekt sehr quälend und verworren. Immer wieder gleiche oder ähnliche Formulierungen, und eine Handlung, bei der man im letzten Drittel nur noch schwer zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann. Die zeitlichen Abläufe bleiben dabei weitestgehend unklar, immer nur geht es um quälende, dräuende Stimmungen, trübes Wetter, völlig rätselhafte Frauengestalten, und unmotivierte Wutausbrüche des Helden. Die Sprache allein hat mich auch durch diese Abschnitte getragen - sonst wären sie für mich ein wenig unverdaulich gewesen.


    Ich möchte nun gar nicht sagen, dass das Buch "schlecht" war. Wie gesagt, die Sprache allein hat schon so manches wieder "herausgerissen". Aber das Buch krankte für mich an einer gewissen Strukturlosigkeit und "Überfrachtung". Es gibt auch keine wirklichen Kapitel, eher lose Abschnitte. Jeder einzelne davon liest sich wie eine zuckersüße Praline - aber von einem Dutzend Pralinen auf einmal bekommt man eben auch Bauchschmerzen.

    Das ist aber lustig, Babyjane. Wir sind doch sonst oft eher einer Meinung. Diesmal bin ich bei diesem Buch kritisch gewesen. Doch lest selbst.


    ***


    Zwischen Schmelz und Schmalz


    Die Franzosen enttäuschen mich in letzter Zeit zunehmend. Nicht, dass sie "schlechte" Bücher schrieben - so kann man das nicht sagen. Aber ein Land, das einen Hugo, Balzac, Stendhal oder Zola hervorgebracht hat, und sich nun in der Produktion von Schriftstellern wie eben Grégoire Delacourt (oder Marie-Sabine Roger, David Foenkinos, etc.) gefällt, das kann ich literarisch einfach nicht mehr so ernst nehmen wie vorher.


    Schon allein der deutsche Titel des Buches ist da symptomatisch für mich. "Alle meine Wünsche", das klingt verdächtig nach "Alle meine Entchen", und vergleichbar banal liest sich das Ganze auch. Den Originaltitel finde ich bei weitem passender: "La liste de mes envies", "Meine Wunschliste" also. Und genau darum geht es in weiten Teilen. Eine einfache, aber herzensgute Kurzwarenhändlerin stellt nach einem Lottogewinn, den sie verheimlicht, in aller Stille Listen auf, was sie sich von dem enormen Gewinn denn nun anschaffen solle. Es gibt etliche solcher Wunschlisten im Buch, und es ist durchaus anrührend zu sehen, wie diese sich verändern - je nach den Erfahrungen, welche die Gewinnerin in ihrem Leben macht.


    Und genau bei diesen "Erfahrungen" beginnt es bei mir zu hapern. In der ersten Hälfte des Buches bekommen wir Leser eher so eine Art Lebensbeschreibung von Jocelyne. Das ist nett zu lesen, aber eben auch unspektakulär. Ein eher grobschlächtiger Ehemann, den sie aber dennoch liebt. Jährliche Campingurlaube. Freunde in der Kleinstadt, mit denen sie im Café sitzt. Zwei Kinder, die allmählich ihre eigenen Wege gehen. Als Novelle, als Porträt, hätte mich das Ganze eventuell dennoch überzeugt - aber nach dem besagten Lottogewinn beginnt das Buch, ungeheuer unglaubwürdig zu werden. Ab hier ist die Handlung für mich nur noch konstruiert.


    Schon allein von den schriftstellerischen Mitteln her habe ich die Stirne gerunzelt. Kurz nach dem Lottogewinn wechselt plötzlich die Perspektive - völlig unvermittelt. Es ist nun nicht mehr Jocelyne in der Ich-Perspektive, sondern der Ehemann aus Sicht des Autors ("third-person-narrative"), der beschrieben wird. Ich muss ehrlich sagen, dass diese Erzählweise dem Autor deutlich schlechter gelingt, als die Ich-Form. Außerdem hat dieser abrupte Wechsel die Beschaulichkeit der bisherigen Erzählung gestört. Das Buch wechselt für kurze Zeit zurück zur Perspektive von Jocelyne, um, wiederum unverständlicherweise, mit ein paar zusammenhanglosen Auszügen aus ihrem Blog zu enden. Gut, in diesen Einträgen werden ein paar lose Handlungsfäden aufgenommen - aber überzeugt hat mich das alles nicht. Wenn, dann hätte man doch schon das ganze Buch über Auszüge aus dem Blog bringen können - nicht erst zum Schluss! Überhaupt ist mir dieser Blog viel zu nebulös und fremd geblieben.


    Ich verleihe letzten Endes drei Sterne - was aber eher der Tatsache geschuldet ist, dass im Buch immer wieder einzelne Sätze oder Passagen aufleuchten, die mehr als lesbar sind. Sprachliche Eleganz ist dem Autor ferner durchaus zu bescheinigen. Aber das Ganze ist für mich nicht organisch in eine Handlung oder durchgehende Erzählhaltung eingebunden. Auf mich wirkt das Buch so, als sei es, auf dringendes Betreiben eines Verlages, einige Zeit vor der eigentlichen Fertigstellung in den Druck gegeben worden. Ausgereift ist es jedenfalls, von der ganzen Komposition her, nicht.

    Hm, Buchdoktor, ich hatte mehr Schwierigkeiten, die Zielgruppe dieses Buches zu erfassen. Eine Bewertung ist mir nicht ganz leichtgefallen. Doch hier der Text meiner Rezension.


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    Es ist mir ungeheuer schwer gefallen, mich zum Schreiben dieser Rezension hinzusetzen. Nicht, dass mir das Buch nicht gefallen hätte. Es folgt ein großes "aber": Aber, auch meine ganz persönliche Begeisterung kann letzten Endes nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich mir Fragen zu diesem Werk stelle. Diese Fragen betreffen vor allem den Sinn, die Absicht, und die gewünschte Leserschaft, welche sich die beiden Autorinnen wohl vorgestellt haben mögen. Unterhaltsam ist das ja alles, aber - an wen richtet sich das Buch eigentlich?


    Ich persönlich würde mich als eher erfahrenen Leser, ja, als Bibliomanin bezeichnen, die durchaus auch in der Weltliteratur zu Hause ist. Insofern konnte ich mich an den vielen humorvollen Respektlosigkeiten dieses Buches erfreuen, konnte Anspielungen richtig deuten, und mir so manches Schmunzeln nicht verkneifen. Aber genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Ein ungeübter Leser, ein "noch zu Bekehrender", der den Autorinnen wohl vorgeschwebt haben mag - der wird all diese Feinheiten erst gar nicht verstehen, wird das Buch durchblättern, einmal die Stirn runzeln, und am Ende doch nicht zum Leser werden. Was soll also dieses Buch?


    Das Vorwort hat mich schon stutzen lassen. Ja, es wird erklärt, wie das Buch aufgebaut ist, und warum Literatur eben doch spannend sei. Aber kein Wort darüber, warum sie es geschrieben haben! Keine einzige Erklärung, wer eigentlich der Adressat sein soll. Denn, wie gesagt, die hier vertretene Art von Humor und Hintersinn setzt eigentlich bereits Kenntnisse voraus.


    Sehen wir uns einzelne Punkte an. Eine nette Idee, aber eben auch nicht mehr, ist für mich die "Timeline", die das ganze Buch durchzieht. Daten werden hier einander gegenüber gestellt: oben Ereignisse der Weltgeschichte, unten die Erscheinungsdaten bedeutender literarischer Werke. Das ist für mich insofern unnützes Wissen, als es in vielen Fällen eben nicht erklärt, warum (!) der jeweilige Autor das Buch gerade zu dieser Zeit gerade so geschrieben hat. Die persönliche Geschichte eines Autors, seine Biographie, finde ich viel entscheidender als beispielsweise eine technische Erfindung, den Bau des Eiffelturms, oder die Einführung einer gesellschaftspolitischen Neuerung. Geschweige denn, eines Krieges. Es sei denn, der Autor sei politisch aktiv gewesen.


    Zweitens. Es ist eine möglicherweise nützliche Idee, manche Werke ausführlicher, auf einer Doppelseite, zu beschreiben, samt einiger erklärender Worte zum Autor. Andere dafür kürzer, eher wie ein Lexikoneintrag. Aber - ich habe manches Mal sehr gestaunt. Die Auswahl, welches Buch nun ausführlicher, welches kürzer abgehandelt wurde, scheint mir allzu willkürlich, und auf persönlichen Vorlieben der Autorinnen fußend. Wie überhaupt die Willkür ein Kennzeichen dieses Buches ist.


    Sicher, dieses Werk will keine Enzyklopädie sein. Es musste eine Auswahl getroffen werden. Aber, sorry, ich wehre mich, wenn Dante einerseits als bedeutendster italienischer Autor gewürdigt wird, Boccaccio hingegen fast völlig unter den Tisch fällt! (Er wird nur in einem einzigen Nebensatz erwähnt. Ungeheuerlich.) Weitere Beispiele: Autoren aus der Moderne wie Joyce und Woolf werden, obwohl schwerer lesbar, ausführlich beschrieben. Aber kein einziger (!!) Bucheintrag zu D. H. Lawrence, und nur ein verkümmerter zu Somerset Maugham. Der Autor der "Lady Chatterley" wäre, zu Recht, entsetzt. Es gibt noch mehr Beispiele (kein Böll!!), aber dies soll genügen.


    Ferner hat mich bekümmert, dass es zwar einen humorigen Artikel zu literarischen Genres und ihrer Vielfalt gibt. Im weiteren Verlauf des Buches werden aber fast ausschließlich Romane abgehandelt. Das nenne ich inkonsequent. Es gibt weder klare Einteilungen zu Jugendliteratur, Drama, noch Lyrik. Geschweige denn Kurzgeschichten, oder Sachbüchern. Und schließlich können auch Sachbücher unterhalten, oder die Welt verändern!


    Ach, ach, und nochmals ach. Gelacht und geschmunzelt habe ich ja. Besonders die zahlreichen, schlitzohrigen Cartoons habe ich genossen, sowie die karikierenden Zeichnungen zu den Autoren. (Aber auch die sind nur wieder für denjenigen lustig, der die Autoren schon kennt.) Ich muss letzten Endes sagen, dass es, was die wirkliche Information betrifft, bessere Werke gibt als dieses. Ulrich Greiner, Christiane Zschirnt, Dietrich Schwanitz, sie alle vermitteln viel mehr wirkliches Wissen, ohne in reine Comedy abzugleiten, wie hier oft geschehen. Es tut mir leid, ich mag nicht mehr als drei Sterne geben. Das Buch ist nur dann gelungen, wenn man beabsichtigt, es einem bereits an Bibliomanie Erkrankten als heiteres Geschenk zu überreichen.

    Dieses Buch handelt von wahren Ereignissen, von der verändernden Kraft der Literatur - und es hat viele Vorschusslorbeeren und gute Rezensionen kassiert. Drei gute Gründe für mich, es auch einmal zu versuchen. Nun - fünf Sterne werden es bei mir nicht. Dafür ist das Buch dann doch ein wenig zu sehr von dem abgewichen, was ich erwartet hatte. Wenn man sich allerdings konzentriert, und das Buch als das betrachtet, was es ist, und was es sein will - dann hat es vier Sterne mindestens verdient.


    Das Buch handelt eben nicht (!) hauptsächlich von einer privaten Leserunde, welche die Professorin Azar Nafisi mit ein paar Studentinnen bei sich daheim abhielt. Die Leserunde kommt leider nur am Rande vor; für mich etwas zu wenig. Allerdings muss ich gestehen, dass es wahrscheinlich nötig war, so weit auszuholen - im Iran kann man nichts schildern, ohne den politischen Hintergrund und persönliche Schicksale zu beleuchten. Das halte ich der Autorin zugute, und dies hat sie auch sehr gut umgesetzt.


    Das Buch ist in vier Abschnitte untertelt, die alle etwa ein Viertel des Gesamtumfangs ausmachen. Abschnitt Eins, "Lolita", handelt von der Gründung der Lesegruppe, von der Nabokov-Lektüre, aber auch von den privaten Hintergründen der Mädchen. Abschnitt Zwei, "Gatsby", behandelt das persönliche Vorleben von Azar Nafisi, ihre Rückkehr in den Iran nach langem Auslandsaufenthalt, den Beginn der islamischen Revolution, und viele Studentenunruhen. Abschnitt Drei, "James" (bezogen auf Henry James) behandelt den Iran-/Irak-Krieg, und die vielen Repressalien, denen Azar Nafisi und andere Lehrende in dieser Zeit ausgesetzt waren. Abschnitt Vier schließlich, "Austen", erzählt von der langsamen Auflösung der Lesegruppe, von Ausreisewünschen und Hoffnungen.


    Jeder Abschnitt ist also einem Schriftsteller oder einem Werk zugeordnet. Dabei ist diese Zuordnung eher lose, wie auch die ganze Erzählweise von Azar Nafisi eher "rhapsodisch" ist. Ich habe das aber als sehr stimmungsvoll empfunden. Der Stil ist eben sehr "orientalisch", mal abschweifend, mal ausführend, dann wieder zum Hauptthema zurückkehrend.


    Rückblickend kann ich nur sagen, dass das Buch wesentlich (!) politischer war, als erwartet. Es wurde von der Autorin sehr viel Wissen vorausgesetzt, was die Zustände im Iran betrifft. Besonders im zweiten und dritten Abschnitt fiel mir dies auf, und hat auch meine Lektüre eher verlangsamt. Sie erklärt nichts, schildert nur Vorgänge, Leidenswege, und Wirren aller Art. Das war schon recht herausfordernd. Mich hat es aber als privilegierten Westler auch ein wenig beschämt, weil hierzulande ein solch ausgeprägtes politisches Bewusstsein, zumal unter Studenten und jungen Leuten, eher selten geworden ist. Uns geht es doch viel zu gut!


    Ferner hat mich tief beeindruckt, mit welcher Hingabe im Iran mit Literatur umgegangen wurde. Ich war auch einmal Studentin, und muss zu meiner und unserer Schande gestehen, dass hier bei uns nicht in solcher Tiefe über Autoren und Werke diskutiert wurde. Man stelle sich nur vor, Azar Nafisi hat, auf Drängen eines besonders eifrigen Studenten, sogar in ihrem Unterricht dem Buch "The great Gatsby" den Prozess machen lassen, komplett mit Ankläger, Staatsanwalt und Geschworenen (mit verteilten Rollen!). Die Diskussionen waren nach den Vorlesungen auch beileibe nicht zu Ende. In Cafés, auf Fluren und auf der Straße wurde die Autorin von ihren Studenten umzingelt und eingeholt, um noch offene Fragen zu besprechen. Das nenne ich Einsatz!


    Mich hat das Buch auf jeden Fall sehr zum Nachdenken angeregt. Leicht konsumierbar war es ganz gewiss nicht, eher verschlungen und komplex. Aber möglicherweise liegt genau darin sein Wert. Die Autorin, und ihre heimlichen Studentinnen sind sehr für ihren Mut und ihre Hingabe zu bewundern.