Beiträge von rumble-bee

    Hm! Ich respektiere natürlich Deine Meinung, xania. Ich kann auch verstehen, dass Bücher auf verschiedene Menschen ganz verschieden wirken. Ich z. B. fand "Die Villa am Rande der Zeit" ganz toll! Hier ist meine Rezi.


    "Als Michael Ende verstarb, war ich am Boden zerstört und traurig. Denn niemals mehr, so dachte ich damals, würde es einen Autor geben, der auf dieselbe gekonnte und poetische Art und Weise eine "fantastische" Handlung in und um Bücher erfindet, der mit Wahrheit und Fiktion spielt, der doppelte Böden einzieht, der Menschen in komplette Welten entführt und sie sich dort auch gerne mal verlieren lässt. Die "Unendliche Geschichte" war für mich über viele Jahre das Buch der Bücher schlechthin. Doch mit Goran Petrovic scheint Michael Ende nun einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben.


    Doch, je mehr ich darüber nachdenke, fallen mir mehr und mehr Parallelen auf. Und an einer Stelle im Buch von Goran Petrovic kommt sogar genau dieser Ausdruck vor: es handele sich um eine "Unendliche Geschichte"... Zufall?


    Etliche Elemente aus der "Unendlichen Geschichte" finden sich hier wieder. Auch hier haben wir eine Rahmen- und eine Binnenhandlung (die allerdings einen kleinen Seitenarm hat). Auch hier handelt es sich um einen eher einsamen jungen Mann, der per Zufall in ein Buch stolpert, und sich darin zu verlieren beginnt. Auch hier beginnen die verschiedenen Realitätsebenen, sich gegenseitig zu beeinflussen. Und auch hier gibt es etliche tragische Elemente - nämlich gleich drei mehr oder weniger unglückliche Liebesgeschichten, die auch noch gekonnt in die Geschichte Serbiens eingebettet werden.


    Ich möchte mich aber auch nicht zu sehr auf diesen Vergleich versteifen. Dieses Buch hat eine ganz eigene Atmosphäre - es ist sozusagen Balkan-Romantik pur! Sicherlich wird es in der Mitte ein wenig melancholisch, was dem auf Handlung bedachten Leser zäh vorkommen mag. Doch ich fand die mittleren Abschnitte, sobald ich mich darauf eingelassen hatte, einfach nur schön, tragisch, und romantisch. Das las sich fast wie ein "Buch im Buch" - der Leser erlebte hautnah mit, wie die Entstehungsgeschichte des geheimnisvollen Buches verlief, welches der Student Adam in der Rahmenhandlung lektorieren muss. Und wie könnte es anders sein - da wir uns auf dem Balkan befinden. ist die Ursache eine letztlich unerfüllte Liebe. Der Autor Anastas Branica kann sich nur auf Buchseiten mit seiner Geliebten treffen - im wahren Leben ist ihnen ein Zusammensein verwehrt. Und um seine Angebetete möglichst oft und lange für sich zu haben, beginnt er, ein Buch ohne Handlung zu schreiben, ein Buch, das nur aus Landschaft, Park und Villa besteht. Und genau dies ist die titelgebende "Villa am Rande der Zeit".


    Das Motiv der unerfüllten Liebe spiegelt sich noch zweimal im Buch, und diese Elemente sind ausgesprochen kunstvoll mit den verschiedenen Zeitebenen verschränkt. So wird dem Leser sehr subtil eine Botschaft überbracht, es wird ihm verdeutlicht, dass Literatur eben auch mit Leidenschaft zu tun hat, dass sich in Büchern Welten und Sehnsüchte ausdrücken können. Wundervoll, grandios und einmalig erdacht, geplottet und beschrieben!


    Doch das ultimative Kunststück des Autors Goran Petrovic besteht für mich darin, das Ganze auch noch vor der Kulisse der Geschichte Serbiens im 20. Jahrhundert ablaufen zu lassen. Und zwar so, dass es nicht überladen, und auch nicht trocken wirkt. Mir wurde eine Region mit ihrer Mentalität und bewegten Vergangenheit nahegebracht, von der ich auch nach dem Zuklappen des Buches gerne mehr wissen würde.


    Als "Sahnehäubchen" oder "Salz in der Suppe" fungieren dann noch die zahlreich über das Buch verstreuten Elemente des "magischen Realismus". Ein wenig "Blechtrommel-Feeling" kommt auf: da gibt es einen Mann, der sich eines Tages einfach nicht mehr bewegt, und somit auch schon mal nassgeregnet wird. Oder ein Haus, das mitten entzwei gebombt wird - und in dem die Menschen wohnen bleiben! Oder eine Familie, die unter ihrem traurigen Schatten leidet, und vor ihm auf einen Baum flüchtet. Und und und. Unglaublich originell.


    Ich kann wirklich keinen einzigen negativen Punkt an diesem Buch finden! Sicherlich muss man erst einmal in diesen Schreibstil einsteigen, und sicherlich werden dem Leser nicht alle Fragen auf dem Silbertablett serviert und beantwortet. Doch bei diesem Buch muss das eindeutig so sein! Das ist hier so gewollt, und unterstreicht die leicht fantastische Stimmung. Das Buch beschreibt sich selbst am besten - Goran Petrovic verdanken wir eines der wundervollsten Zitate über das Lesen überhaupt:
    "Lesemomente sind die längsten Augenblicke der Welt. Jeder einzelne ist eine kleine Ewigkeit wert." "

    Hallo Gummibärchen!


    Wie schön, ich bin noch ganz neu hier, und komme schon ins Gespräch.



    Bei Arno Strobel gehen die Meinungen wohl auseinander.
    Meine Kritik galt nun aber nicht so sehr dem Autor, sondern den Rezensionen (!) zu diesem Buch. In vielen Rezensionen las ich nahezu hymnische Besprechungen, so als sei dieses Buch etwas ganz Besonders. Das finde ich nun aber nicht... ! so war das gemeint. Wie ja auch meine Überschrift sagt. Es ist solides Handwerk. Aber mehr eben auch nicht.

    Der letzte Ton des Hörbuches ist vor einer Weile verklungen, und nun sitze ich hier mit meiner Tasse Tee. Fast ärgere ich mich, dass es nichts mehr zu hören gibt - aber diese Story ist es wert, dass man sie sich sogar gerne ein zweites Mal zu Gemüte führt. Aber später...!


    Ich kann nur meinen Eindruck wiederholen, den ich schon nach dem ersten "Hineinschnuppern" hatte. Die Wahl der Besetzung für dieses Hörbuch ist wohlüberlegt und perfekt abgestimmt getroffen worden. Katja Riemann ist für mich in diesem Falle die absolute Idealbesetzung gewesen. Ihre leicht rauchige und melancholische Stimme passte wunderbar zu dem Tonfall des ganzen Buches. Besonders die weiblichen Figuren, welche ja allesamt Risse und Sprünge hatten, hat sie in ihrer emotionalen Bandbreite sehr genau getroffen. Die männlichen Figuren waren ja entweder eher flapsig oder rotzig, und auch das gelang Frau Riemann mit Bravour. Ich glaube sogar, dass sie der Geschichte mehr Leben eingehaucht hat, als sie für mich "nur" auf dem Papier gehabt hätte. Denn es hat mich beim genauen Hinhören doch erstaunt, wie viel Bedeutung und Modulation sie noch in die einfachsten dahingeworfenen Ein-Wort-Sätze legen konnte - und die gab es, gerade bei Marie, doch recht oft. Chapeau, kann ich nur sagen!


    Weniger einleuchtend fand ich die Einteilung der Tracks. Sie stimmten nicht immer mit offensichtlichen Sinn-Abschnitten überein. Manchmal lagen sie mitten in einem Kapitel, und manchmal merkte man erst am veränderten Tonfall der Vorleserin, dass eine neue Perspektive eingesetzt hatte. Das könnte man noch besser machen! Die jeweilige Länge der insgesamt 4 CDs jedoch war gut gestaltet. Jeder Übergang von einer CD zur nächsten lag genau mitten in einem Spannungsbogen, was mir gut gefallen hat.


    Kommen wir zur Story an sich. Ich habe einige Rezensionen des "Nur-Buches" gelesen, und mir fiel erst dadurch auf, dass die Hörfassung doch um einiges gekürzt sein muss. Wiederholt schrieben z. B. einige Rezensenten von der reichhaltigen Ausbreitung des Privatlebens beider (!) Ermittler, doch im Hörbuch kommt eigentlich nur Franza Oberwieser privat vor. Gut, das erklärt auch meinen merkwürdigen Eindruck vom fast nicht anwesenden Felix Herz. Warum wird er an einer Stelle als Franzas "bester Freund" bezeichnet, obwohl er kaum vorkommt? Nun habe ich die Lösung dieser Frage.


    Was die Entwicklung des Falles angeht, sind gottlob keine auffallenden logischen Lücken zu verzeichnen. Alles entwickelte sich zwar langsam, abseits vom gängigen blutrünstigen Krimi-Schema, dennoch folgte man der Geschichte mit Aufmerksamkeit. Hier ging es eindeutig um Menschen und ihre Emotionen, und nicht um "Action". Die teils sehr poetische Sprache tat ihr Übriges dazu bei, um einen wohltuend anderen Eindruck heraufzubeschwören. Manchmal fühlte ich mich versucht, mir Sätze aufzuschreiben - so schön waren sie. Sehr ungewöhnlich für einen Krimi.


    Nur mit dem Gestalten von "Enden" sollte sich Frau Kreslehner meiner Meinung nach in Zukunft mehr Mühe geben - sprich, wenn sie schon ein so getragenes und melodramatisches Buch schreibt, sollte sie am Ende nicht so übertreiben. Das ist schwierig zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. Aber die Ergreifung des Täters (den man übrigens mit etwas Übung leicht auf CD 2 erraten hatte) hätte meines Erachtens "leiser" sein können. Und es musste nicht auch noch im Nachhinein eine so ernsthafte Verkomplizierung der Vorgeschichte eingebaut werden - auch das kann ich ohne Spoiler schwerlich beschreiben. Für Kenner der Literatur sei nur gesagt, dass Max Frisch in seinem "Homo Faber" eine ganz ähnliche Idee hatte. Doch vielleicht beruht dieser unausgegorene Eindruck auch wieder auf einer Kürzung, die ich natürlich nicht ahnen kann.


    Ja, und Franza Oberwieser - mit ihr wurde ich letztlich nicht wirklich warm. Sicher, der Polizistenberuf ist anstrengend und bisweilen sicher auch erschütternd. Doch in diesem Buch kam sie mir einfach zu überzeichnet depressiv vor. Wie oft sie sich während dieser Geschichte zu sterben gewünscht hat, kann ich schon nicht mehr zählen. Ich kann nur schwer nachvollziehen, dass man dann trotzdem konsequent an einer Ermittlung weiterarbeitet. Nun ja, aber das mag mein persönliches Problem sein.


    Insgesamt verleihe ich dieser Produktion mit Freuden vier wohlverdiente Sterne. Wäre das Ende runder gewesen, und hätte ich die Protagonistin sympathischer gefunden, hätten auch fünf Sterne daraus werden können. Hoffentlich beim nächsten Mal! Denn ich werde mir diese Autorin durchaus merken.

    Nach der Leseprobe war ich noch skeptisch, muss dies nun aber revidieren. Ich fand das Buch überraschend gut, flüssig und routiniert geschrieben.


    Eine Vermutung hat sich bestätigt. In der Tat liegt der Hauptakzent der Handlung auf den beiden Bergsteigern Luca und Bill. Sie wollen eigentlich "nur" einen geheimnisvollen Berg in Tibet besteigen, und geraten dabei mitten in eine politisch sowie religiös brisante Situation. Denn erstens befindet sich ausgerechnet auf diesem Berg das letzte geheime Kloster Tibets, und zweitens soll dort der gerade erst entdeckte Panchen Lama vor den Chinesen versteckt werden.


    Mir hat es gefallen, dass sie nur zufällig mit diesen brisanten Themen konfrontiert werden, und von sich aus gar keine politische oder religiöse Motivation hatten. So wird für den Leser sehr gekonnt eine Balance gehalten zwischen Inhalt (Bergsteiger-Handlung) und Anspruch (die Jagd auf den Panchen Lama). Es wirkt wesentlich glaubhafter, zwei "neutrale" Menschen damit konfrontiert zu sehen - ihr eigener Zweifel und ihr Unverständnis spiegeln das des Lesers.


    Die Grundidee des Buches hat mich also schon einmal überzeugt. Wie stand es nun mit dem Plot und Spannungsaufbau? Hier kann ich nur ein Wort verwenden, das ich schon weiter oben angeführt habe: routiniert. In beinahe süchtig machender Weise werden die Handlungsstränge um die Bergsteiger einerseits und die chinesischen Verfolger andererseits miteinander verflochten, mit zunehmendem Tempo. Beinahe ist dies aber wieder ein Nachteil, weil man sich bei genauem "Hinlesen" die weiteren Verstrickungen schon fast "ausrechnen" kann. Doch vielleicht ist dies nur ein persönlicher Eindruck von mir als - ebenso routiniertem - Vielleser.


    Wie steht es mit den Charakteren? Hier muss ich zum ersten Mal meine Bewertung im Mittelfeld ansiedeln. Man merkte doch sehr deutlich, dass der Autor sich mit dem Thema "Bergsteigen" am besten auskennt, und diese beiden Charaktere, Bill und Luca, sind dementsprechend am "rundesten" ausgefallen. Sehr gut gefallen hat mir auch die Nebenfigur des Restaurantbesitzers, René! Ferner: Die Chinesen sind "die Bösen", die Tibeter "die Guten". Allerdings hat der Autor dies dadurch auszugleichen versucht, dass er innerhalb der beiden Lager, Chinesen sowie Tibeter, Spaltungen hat auftreten lassen. Bei den Chinesen stehen sich der grausame Hauptmann Zhu und Lieutenant Chen gegenüber, der dem Leser schon gleich zu Beginn als Zweifler vorgeführt wird. Und richtig, später wird er einem der Bergsteiger helfen. Im Lager der Tibeter, der Mönche, gibt es auch eine Spaltung. Der alte Abt des Klosters steht für die wahren religiösen und spirituellen Werte, wohingegen Rega, der in seiner Jugend von den Chinesen gefoltert wurde, eher hasserfüllt und auf Rache fixiert ist. Dies wird gegen Ende des Buches in einer Revolte auf die Spitze getrieben, deren Ausgang ich hier nicht verraten möchte.


    Kommen wir zur Atmosphäre, womit ich vor allem Lokalkolorit und das Kloster in den Bergen meine. Wiederum fällt meine Bewertung teils-teils aus. Die Handlung, die im Landesinneren, also in Lhasa und unterwegs, spielt, ist sehr überzeugend gelungen; man merkt, hier war der Autor vermutlich schon selbst, oder hat sich berichten lassen. Der Handlung im Kloster allerdings haftet ein wenig das Mystische und Verklärte an; hier konnte der Autor wohl nur vermuten. Nach allem, was ich über Buddhismus und tibetische Klöster weiß, kann ich nur sagen, das manches leidlich wahrscheinlich ist.


    [ACHTUNG, SPOILER] Leider, leider muss ich zum eigentlichen Kern der Handlung, der Idee des "Schatzes", sagen, dass dies historisch definitiv Humbug und aus der Luft gegriffen ist. Zu Buddhas Lebzeiten wurde NIE etwas aufgeschrieben, dies geschah erst 500 Jahre später! und der "8fache Pfad" ist nicht etwa ein Konglomerat von Büchern, sondern einfach der ausformulierte Kern der buddhistischen Lehre; in etwa vergleichbar mit den 10 Geboten oder der Bergpredigt. Vermutlich kann man das überlesen, da es sich "nur" um einen Thriller handelt, aber mich hat es schon ein wenig geärgert. [SPOILER ENDE]


    Zu Schreibweise und Sprache. gut, dies war ein Thriller, und bei solchen Büchern erwartet man wohl seltener schöne Sprache oder längere Beschreibungen. Dennoch, ein wenig "knapp" fand ich die Ausdrucksweise schon. Immer stur an der Handlung entlang, gerade mal ein oder zwei weiterführende Absätze oder Betrachtungen. Ich empfand die Ausdrucksweise eben als sehr "zupackend", und es wird wohl eine Frage dessen sein, was man in einem Thriller erwarten darf, und ob man Thriller gewöhnt ist oder nicht. Als reiner Roman-Leser hätte ich hier vermutlich einen Punkt abgezogen.


    Mein Fazit fällt dennoch insgesamt positiv aus, da ich das Buch innerhalb von zwei Tagen problemlos verschlungen habe, und mich gut unterhalten fühlte. Wie gesagt, als reiner Thriller - top, als Roman - mittel bis gut.

    Werte Anne Holt, herzlich willkommen in meinem Bücherregal! Bislang waren Sie mir nur dem Namen nach bekannt. Doch nun durfte ich einen Roman von Ihnen testlesen, und konnte mir ein erstes Urteil über Ihren Schreibstil bilden. Vorausdeutend kann ich nur sagen, dass dies gewiss nicht das letzte Ihrer Bücher sein wird, die sich in meinem Regal niederlassen!


    Ich muss schon sagen, dass Sie sich mühelos in die erste Riege der skandinavischen Krimi-Autoren einfügen. Das Buch liest sich, als wäre es aus einem Guss, als wäre es genau so aus Ihrer Feder geflossen. Es bietet wirklich sehr gute Unterhaltung, die dennoch nicht ohne Anspruch ist.


    Nehmen wir einmal die Handlung und den Spannungsbogen. Sie haben den Aufbau des Buches wirklich genial gewählt: es beginnt mit einer sehr denkwürdigen, weil an sich recht skurrilen und bedrohlichen Szene, mit einem Mädchen, das nachts allein mitten auf der Straße steht. Der Leser wird so unmittelbar in das Buch hinein gezogen. Und erst später, im Rückblick, weiß man, dass im Grunde schon in dieser Anfangssequenz alle "Zutaten" für das weitere Buch enthalten waren.Fantastisch gemacht! Ferner splitten Sie die Handlung auf verschiedenste Personen und Perspektiven auf, die sich in einem angenehmen Tempo miteinander verflechten, und so dem Leser geradezu ein atemloses Lesetempo aufzwingen. Wieder ziehe ich meinen Hut!


    Ganz ähnlich wie viele ihrer skandinavischen Schriftsteller-Kollegen, haben Sie eine sehr angenehme Mischung erschaffen aus "reinem Kriminalfall" und vielschichtig angelegten Charakteren. Die geschilderten Szenen bewegen sich oft genau zwischen der Schilderung des Falles und einer weiteren Facette einer der beteiligten Personen. Manche Szenen sind dabei derart gelungen, dass ich mir vorstellen könnte, sie auch unabhängig vom Buch wieder und wieder zu lesen. Ich denke da zum Beispiel nur an das Weihnachtsessen bei Kommissar Stubo zu Hause...! Oder die Kletterpartie von Lukas Lysgaard auf dem Dachboden. Es gibt noch viele weitere Beispiele, die ich hier nicht erwähnen werde.


    Geschickt flechten Sie in den Fall aktuelle Themen mit ein, die für Betroffenheit (im besten Sinne) bei vielen Lesern sorgen werden. So zum Beispiel die Schilderung homosexueller Beziehungen beiderlei Geschlechts (man merkt Ihnen die persönliche Sachkenntnis an), oder auch die Angst von Eltern um die Sicherheit ihrer Kinder. Doch niemals überlagern diese Strömungen den eigentlichen Handlungsfaden.


    Ein wenig ungewöhnlich will mir allerdings scheinen, dass es so keinen rechten Helden in Ihrem Buch gibt. Zumindest empfinde ich es so. Zwar ist offiziell Yngvar Stubo mit der Lösung des Falles betraut, doch sind seine Ehefrau Inger Johanne sowie die Kommissarin Silje Sorensen ebenso beteiligt. Und jeder von ihnen hat einzelne Szenen. Ein richtiges "emotionales Zentrum" hat der Roman also nicht. Was ich durchaus nicht als Kritikpunkt verstanden wissen will. Doch fiel es mir eben auf.


    Sie verstehen es ferner, dem Leser Appetit auf andere Bücher aus Ihrer Feder zu machen. Bei genauem Hinlesen entdeckt man immer wieder Anspielungen auf andere Fälle, die mich jedoch weder gestört haben, noch unverständlich blieben. Durch Zufall wusste ich beispielsweise, dass die erwähnte (und heute querschnittsgelähmte Hanne W.) beispielsweise in "Der norwegische Gast" die Hauptperson war. Auch aus Inger Johannes Vorgeschichte wird einiges erwähnt - sie scheint schon einmal an der Lösung eines Falles beteiligt gewesen zu sein. Wie gesagt, habe ich das als Würze des Romans empfunden. Und es zeigt mir, dass Sie eben keine Massenware produzieren, sondern an der Entwicklung Ihrer Figuren großes Interesse haben.


    Zum Ende des Buches hin ziehen Sie das Tempo noch einmal so richtig an, ganz so, wie es in einem Krimi sein sollte. Die letzten 50 bis 100 Seiten las ich wie unter Zwang, und habe das Buch mit einem sehr befriedigten Gefühl geschlossen. Sehr gut gefallen hat mir dabei eben auch, dass die Lösung nicht allein aus einer bestimmten Ecke kam. Der Zufall, in diesem Buch beispielsweise in Gestalt einer alten Studienkollegin von Inger Johanne, spielte ebenso mit, wie die Hartnäckigkeit und Neugier mehrerer Beteiligter. Es war nicht allein der Kommissar, und das finde ich letztlich eben auch glaubwürdiger so.


    Liebe Frau Holt, ich will Ihnen aber auch nicht verschweigen, dass ich an dem Buch ein paar kleinere Schönheitsfehler gefunden habe. Das hat letztlich meine Bewertung mit der Höchstnote nicht beeinflusst, aber erwähnen möchte ich es doch - denn vielleicht lässt sich das in Zukunft ja gänzlich eliminieren. So fand ich beispielsweise den Epilog gänzlich unnötig! Warum musste das sein? Für mich war das Buch mit der letzten Szene abgeschlossen. Der Epilog hat, auch durch seine penetrante Süße, dem Ganzen fast den Pfiff genommen. Aber eben nur fast! Ferner möchte ich ein wenig bemängeln, dass es für mich nicht unbedingt dazu gehört hätte, den Lebenslauf des Täters, seinen persönlichen Hintergrund, zu erfahren. Und dann auch noch auf den letzten Seiten, im Schnelldurchlauf, im inneren Monolog, als er schon fast außer Landes war. Nein, das war ein wenig unelegant. Und finden Sie nicht, dass es ein arger "Zufall" war, dass nun auch noch innerhalb der Familie eines der Opfer die Schwulen-/Lesben- Thematik eine Rolle spielte? Es fühlte sich für mich fast so an, als wäre zu viel Salz in der - ansonsten hervorragenden - Suppe.


    Doch dies sollte wirklich nur ein als positive Kritik, als Anregung gemeinter Nachsatz sein. Insgesamt bin ich von Ihrem Buch sehr begeistert, und freue mich auf weitere Fälle mit Yngvar Stubo und seiner so quirligen Familie! Herzlichen Dank für über 400 Seiten beste Unterhaltung, Frau Holt!

    Nach der Leseprobe hatte ich schon nicht allzu viel erwartet, unter anderem aufgrund der für mich zu lockeren und ästhetisch unbefriedigenden Sprache in einigen Abschnitten. Leider hat das Buch meine Vorahnungen voll bestätigt.


    Nun möchte ich das Werk aber nicht ganz verreißen. Denn von einem gewissen Standpunkt aus könnte man dem Buch durchaus einigen Wert bescheinigen: nämlich dann, wenn man es als Jugendbuch betrachtet. Ärgerlich nur, dass man einen "echten" Thriller erwartet hat. Nun gut, ich möchte beschreiben, was dieses Buch für mich zu einem Jugendbuch macht. Das sind vor allem a) die Verwendung eines "moralisch wertvollen" und mit stark erhobenem Zeigefinger angegangenen Themas (Internet-Kriminalität), b) die im wahrsten Sinne des Wortes "blutarme" Handlung - oder doch die weichgespülte Schilderung von Verbrechen, insofern sie überhaupt vorkommen (die Schlimmsten werden sogar verhindert!), c) die überdreht locker und "hip" wirkende Sprache, die einer stringenten Handlung vorgezogen wird, d) ständige Frotzeleien zwischen Personen, die aber nichts weiter zur Handlung beitragen, e) einen nicht übermäßig anstrengend konstruierten Handlungsfaden, und f) eine Auflösung in Friede, Freude, Eierkuchen.


    Klingt das kritisch und sarkastisch? Ersteres würde ich bestätigen wollen, letzteres nur unter Vorbehalt. Denn je mehr ich über dieses Buch nachdenke, desto dringender wird mein Verdacht, dass das Buch/ die Bücher vom Autorenteam im Erscheinungsland, also den USA, ursprünglich tatsächlich für ein anderes Publikum gedacht waren, als sich das deutsche Verleger und Marketingexperten so denken mögen. Ich mag Vorurteile haben, aber als ich erfuhr, dass es sich auch noch um ein Team aus Mutter und Tochter handelt, da hat sich mein Verdacht noch einmal wesentlich verstärkt. Eine Mutter und ihre Tochter, na, wenn so etwas nicht wesentlich geeigneter ist für leichte Jugendlektüre, als für "harte Thriller"...


    Noch einige Bemerkungen zu meinen oben angeführten Punkten. Zu a). Das Thema Internet-Kriminalität ist ja durchaus nicht ungeschickt gewählt. Und auch hierzulande hat man ja beispielsweise schon vom "Kannibalen von Rothenburg" gehört, der sich sein Opfer per Internet suchte. Seiten für Perverse gibt es also in der Tat. Dennoch, mich hat mit der Zeit genervt, wie penetrant auf den moralischen Aspekten herumgeritten wurde. In nahezu jedem Kapitel stöhnte einer der beteiligten Erwachsenen über die Gefahren, die durch das Internet drohen. Doch darauf folgten dann so banale Bemerkungen wie "daran kann man wohl nichts mehr ändern". Der einzige Vorschlag zur Besserung bestand darin, dass dann die Regierung selber kriminell werden müsse, um ausländische Server zu sperren. Das fand ich platt und einfallslos.


    zu b). Wenn mir ein Buch als "Thriller" untergeschoben wird, dann erwarte ich Hochspannung, die gerne auch blutrünstig sein darf, die jedenfalls in Details schwelgt. Davon hier kaum eine Spur. Fast das ganze Spannungspotenzial wird schon in den allerersten zwei bis drei Kapiteln verschossen, in denen die beiden einzig "erfolgreich" verlaufenen Morde der Ermittlung geschildert werden. (Man verzeihe mir meine Wortwahl!) Weitere Straftaten werden entweder nur am Rande erwähnt, oder sogar verhindert!


    zu c). Wenn es in einem Buch eine oder höchstens zwei Personen gibt, die sich ständig gegenseitig anfrotzeln, und die eine bemüht jugendlich wirkende Sprache verwenden, dann kann ich das verschmerzen. Aber hier nahm dieser überdrehte Tonfall ja gar kein Ende mehr. Ich vermute, das könnte auch etwas mit der Übersetzung zu tun haben. Die Originalfassung würde mich daher tendenziell interessieren! Sicher, an manchen Stellen durfte durchaus gelacht werden. Beispiel: "Haben Sie ein Bier?" "Nein, tut mir leid, Sir." "So leid wie mir kann's ihnen gar nicht tun." Aber insgesamt entstand für mich der Eindruck, hier sollte ein spezielles Publikum angesprochen werden, das selber in dieser Ausdrucksweise zu Hause ist. Aber so redet doch kein Mensch! Jedenfalls nicht andauernd! Auch nicht dann, wenn er frustrierter und gestresster Polizist ist.


    zu d). Dieser Punkt geht nahtlos aus c) hervor. Es mag sein, wie ich schon sagte, dass man als Autor Frotzeleien zwischen zwei bestimmten Personen sozusagen als "running gag" verwendet. Man denke nur an "Die Zwei", oder Terence Hill und Bud Spencer. Aber auf ein ganzes Buch ausgedehnt, kann das nicht eine spannende Handlung ersetzen, die hier eindeutig fehlte.


    zu e). Die Spannung, ja, die Spannung - wo war sie denn nur?? Ich habe sie, als Leser von "echten" Thrillern, leider vergeblich gesucht. Irgendwie geht das Buch ständig weiter, aber meist auch nur dadurch, dass wieder einer der Software-Hacker ein neues Programm ausprobiert, oder dadurch, dass die beiden Detectives Magozzi und Rolseth wieder einmal einen Anruf vom ständig betrunkenen Richter bekommen. Jedenfalls entsteht die Handlung NICHT dadurch, dass Ermittlungen im klassischen Sinne stattfinden, so, wie ich es erwartet hätte. Der Hauptakzent liegt viel eher auf den Konfrontationen verschiedenster Charaktere. Wie begegnen sich ein FBI-Agent und eine Hackerin in der Küche. Wie verhalten sich zwei Detectives in einer Bar für Drag-Queens. Und so weiter. Ach, es ist schade, so viel echtes Potenzial wurde hier verschenkt! Ich hätte viel lieber eine ausführlichere Schilderung des Schwulenmilieus und dessen Durchleuchtung gelesen. Oder die seelischen Nöte von Agenten, die kurz vor der Pensionierung stehen. Oder die zerbröselnden Ehen von einfachen Beamten. Oder die Einsamkeit von Computerhackern. Aber, aber, leider alles nur angerissen, nichts tiefer beleuchtet. Schade! Und dann auch noch diese Episode mit den zwei Jugendlichen, die mit dubiosen Paketen in der ganzen Stadt für Unruhe sorgten... Was SOLLTE das, bitteschön? Mit dem eigentlichen Fall hatte das NICHTS zu tun!! Und dafür sind, ich habe nachgezählt, über 50 Seiten draufgegangen..Jessas...



    [ACHTUNG; SPOILER]


    zu f). Ja, das Ende... kam letztlich sehr plötzlich. Und mich hat vor allem geärgert, dass es aus dem Vorhergehenden NICHT ableitbar war. Mit anderen Worten: der Leser hatte auch nicht den Hauch einer Chance, den Täter im Vorhinein zu erraten. Denn er kam im ganzen Buch nicht vor. Und selbst sein Name wird nicht genannt! Ich fühlte mich verschaukelt!! Und zu allem Überfluss kommt ganz zum Schluss noch eine zuckersüße Wendung, die erstens überflüssig war, und die auch noch eine Person mit einbezog, von der ich es nicht erwartet hätte - das war nicht stimmig, zumindest für mich. nee...!


    [SPOILER ENDE]


    jetzt ist meine Rezension doch ein wenig arg kritisch geraten. Doch meine Grund-These möchte ich hier gerne wiederholen: wenn man alle meine Beobachtungen auf ein "Jugendbuch" anwendet, dann hätte das alles durchaus seinen Sinn. Jugendliche in einem bestimmten Alter schwärmen sehr für lockeren Umgangston, eine übermäßig komplizierte Handlung werden sie weder erwarten noch verarbeiten können, sie mögen eher wenig blutrünstige Details, und sie orientieren sich sehr an zwischenmenschlichen Konfrontationen und Humor. Das sieht man bei uns in Deutschland jeden Freitag und Samstag am Comedy-lastigen Fernsehprogramm.... Schluss damit. Ob man dieses Buch lesen mag oder nicht, wird jeder selber entscheiden müssen. Ich jedenfalls bin froh, es nicht selber gekauft zu haben. Dann hätte ich mich geärgert.

    Nach viel innerlichem Hin und Her entscheide ich mich letztlich für acht Sterne. Um einmal einen griffigen Vergleich aus der Ernährung zu bemühen, dies ist sicherlich kein labberiger Toast von McDonald's, sondern eher ein Bio-Vollkornbrot - und das sollte man schließlich auch langsam essen, und sehr gründlich "durchkauen". Ein schneller Happen für zwischendurch ist es also sicherlich nicht!


    Nach der Leseprobe war ich skeptisch, wie dieses Buch sein Ziel verfolgen würde. Nun sehe ich ein wenig klarer. Der Aufbau ist tatsächlich durchgehend derselbe wie im ersten Kapitel: Zuerst wird eine historische Gestalt, die die Autorin als "Prophet" ansieht, in einer spirituellen Schlüsselszene dargestellt, wobei sie eine sehr blumige Sprache verwendet, und die Episode durchaus ein wenig frei nacherzählt. Anschließend erläutert sie die Essenz dieser Szene noch einmal in eigenen Worten, jeweils unterstützt von einem Beispiel aus ihrem eigenen Leben. Und drittens wird das jeweilige Kapitel abgeschlossen von einer erneuten Formulierung in "Gesetzes-Form", die in einzelne, teils recht praktische Schritte unterteilt ist - sprich: wie kann ich dies im Alltag umsetzen.


    Es gibt einiges, was ich an diesem Buch sehr gut fand, aber ich habe auch etliche Male die Stirn gerunzelt. Letztlich bin ich zu der Auffassung gekommen, dass ich die mir unverständlichen Aspekte nicht als Kritik formulieren sollte, sondern sie lieber als sehr eigene Sicht der Autorin verbuche, und ihr nicht negativ auslege. Sie selber begründet ja auch, warum sie dieses Buch schrieb: sie wurde schon oft gefragt, ob sie nicht einmal aufschreiben könne, was für sie die Grundlagen der Lichtarbeit ausmache. Und genau das hat sie getan, nicht mehr, nicht weniger. Insofern will das Buch auch niemanden bekehren. Es ist eine sehr persönliche Sicht der spirituellen Welt, mit der man ja nicht übereinstimmen muss.


    Zum Positiven. Wie bereits gesagt, gestaltet sie jedes Kapitel in drei Schritten. Blumiger erster Abschnitt - erläuternder, persönlicher zweiter Abschnitt - praktischer Teil für die Umsetzung. Im Prinzip sind dieses drei Teile voneinander unabhängig, man könnte sie also auch einzeln nachlesen. Je nachdem, ob man mehr blumig oder mehr praktisch veranlagt ist. Bei mir persönlich kamen die jeweils dritten Abschnitte am besten an. Frau Schöfmann erläutert wirklich sehr gut, was Hindernisse auf dem spirituellen Weg sein können, und wie man mit ihnen umgeht: dabei berührt sie so unterschiedliche Themen wie Meditationspraxis, Umgang mit Hindernissen, und Wahl eines geeigneten Lehrers.


    Zweitens, die gewählten spirituellen Persönlichkeiten werden als Menschen geschildert, nicht als Supermänner. Es wird glaubhaft gemacht, wie auch sie zweifelten, und dass der Einstieg in die Spiritualität durchaus am Anfang für sie erschreckend gewesen ist. Gleichzeitig liegt hier für mich ein Kritikpunkt: die ausgesprochen freie Auslegung, und die Auswahl dieser Persönlichkeiten. Macht es wirklich Sinn, Adam, Jesus, Mohammed und Buddha in einem Atemzug zu nennen? Da möchte ich doch sehr dran zweifeln! Vor allem, weil Buddha beispielsweise eben NICHT den Glauben an Gott vertreten hat, wie Frau Schöfmann. Und auch die geschilderte Episode aus dem Leben Buddhas kenne ich aus der Überlieferung her anders! Er hat die Motivation zu seinem "Ausstieg" NICHT durch einen Traum gewonnen, sondern auf den berühmten "4 Ausfahrten". Sicher kann man hier leicht in Haarspaltereien geraten. Doch ich möchte nur zeigen, dass die Autorin nicht immer den jeweiligen Überlieferungen folgt.


    Abschließend noch ein paar Bemerkungen zu den mir unverständlichen Aspekten - die ich, wie weiter oben geschildert, eben nicht als Kritik verstanden wissen möchte.


    Dieses Buch ist persönlich, und zwar durch und durch. Gut, dann darf es auch Eigenheiten haben. Aber muss man in einem spirituellen Buch wirklich den Glauben an Gott als Schöpfer voraussetzen? Und das tut sie! Und das hakt eben für mich ganz enorm an der Erwähnung Buddhas in diesem Buch. Der Buddha wird hier als ein Prophet von vielen unter dem Gottesglauben subsumiert, und da frage ich mich, ob die Autorin die Lehre Buddhas wirklich verstanden hat. Gut, es ist ihre Perspektive, und wenn sie ihr auf ihrem persönlichen Weg weiterhilft, bitteschön.


    Ferner kann ich persönlich ihre Formulierung dessen, was ein "Prophet" nun war, nicht so ganz akzeptieren. Sie bezeichnet Mohammed als den "letzten Propheten". Aha? Und was ist dann beispielsweise mit Swedenborg, Jakob Lorber, oder, in neuerer Zeit, Neale Donald Walsch?? Auch sie haben unzähligen Menschen neue Weisheiten offenbart. Auch sie sprechen alle von "Gott". Und warum sind sie dann keine Propheten? Hm!


    Als dritten (und letzten) Punkt, bei dem es bei mir "hakte", möchte ich den Begriff der Lichtarbeit selbst erwähnen. Ich habe wirklich genau gelesen, aber meiner Meinung nach wird an keiner Stelle dieser Begriff mal grundsätzlich erklärt! Er wird vorausgesetzt, und das finde ich ein wenig schade. Eine Religion ist es offenbar nicht - aber bedient sich munter bei allen möglichen Weltreligionen. Möglicherweise wird das "Licht" ja mit Gott gleichgesetzt, aber wie gesagt, auch das wird nicht wirklich klar.


    Als Fazit komme ich noch einmal auf die 8 Sterne zurück, die ich letzten Endes verleihe. Dies ist sicher kein Buch, dass man "glauben" muss. Es ist ein spirituelles Zeugnis, und das hat man letztlich nicht zu bewerten. ich würde lediglich der Autorin für weitere Bücher raten, in Zukunft noch mehr Grundsätzliches auf- und einzuarbeiten - und den Literaturteil demnächst ein wenig liebevoller und ausgewogener zu gestalten! Der war ausgesprochen dürftig!

    Griffiges und liebevolles Arbeitsbuch


    Mein erster Satz wird manche Leser verblüffen: dies ist kein Buch. In der Tat, das ist es nicht! Sondern: es ist ein Werkzeug. Wer Louise Hay kennt, weiß, dass ihr immer an unmittelbaren Ergebnissen, eben an den Menschen selbst, gelegen ist. Sie möchte allen Interessierten Hilfsmittel an die Hand geben, um ihr Leben positiver zu gestalten - und weniger rein philosophische Konstrukte aufbauen. Genau dieses Prinzip wird wunderbar im vorliegenden Werk umgesetzt.


    Das Besondere an diesem Gute-Laune-Paket ist schon allein die Tatsache, dass es zwei Elemente hat: a) ein Buch, und b) eine CD, welche die Thesen des Buches noch einmal aufgreift und vertieft, und zur Begleitung im Alltag einlädt. Ferner ist der Buch-Teil eher nicht wie ein reines "Lese-Buch" aufgebaut, sondern thematisch strukturiert, nach Gebieten wie Arbeit, Geld, Sucht, Freundschaft. Jeder Leser kann sich das herauspicken, was ihn zuerst unmittelbar anspricht. In jedem Abschnitt wird ferner ausreichend auf die Methodik von Affirmationen eingegangen, so dass man nichts versäumt, wenn man das Buch an irgendeiner Stelle aufschlägt.


    Ich finde in der Tat fast nur positive Punkte an diesem Buch! Da wäre zum einen der erfreuliche Mangel an Fachsprache, der einen größtmöglichen Leserkreis anspricht. Alles ist unmittelbar verständlich, und auch ohne esoterische Vorkenntnisse umsetzbar. Louise Hay hat einen sehr liebevollen und "griffigen" Stil, der sich direkt an die Menschen wendet. Man fühlt sich als Mensch angesprochen, und eben nicht nur als Leser! Sie hat eine ausgesprochen gute didaktische Ader: sie weiß, dass Dinge besser im Geist haften bleiben, wenn man sie nicht nur liest. Daher fordert sie immer wieder zu praktischen Übungen auf, die für jeden machbar sind - und sehr effektiv! Das kann ich bestätigen. Und, für mich fast der wichtigste Punkt, sie weist auch immer wieder auf Gefahren hin: Wiederholung ist wichtig, eine generelle (!) positive Geisteshaltung auch; aber Affirmationen können nicht grundlegende ärztliche oder psychiatrische Hilfe ersetzen.


    Die CD ist wunderbar gemacht, eine ideale Begleitung. Die Stimme der Sprecherin ist ausgesprochen angenehm zu hören, sehr warmherzig und liebevoll. Sie hat ein sehr gutes Sprechtempo, dem man gut folgen kann. Ich kann es allerdings nicht beschwören, aber ich glaube, die Texte sind für die Hörfassung leicht geändert worden. Gut gemacht fand ich auch die unterlegte Musik. Je nach Einleitungs- oder Übungsteil wurde andere Musik gewählt, so dass man genau wusste, aha, jetzt kommt etwas Neues.


    Als Kritik möchte ich meine abschließenden Bemerkungen nicht verstanden wissen - eher als Anmerkungen. Man sollte erstens ein wenig über die doch sehr amerikanisierte Sichtweise der Autorin hinweglesen und -sehen! Denn zu Beginn jeden Kapitels werden typische negative Glaubenssätze zum jeweiligen Thema aufgelistet, und die sind meiner Meinung nach doch sehr auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten. Wie zum Beispiel die Erwähnung von Tranquilizern, oder Fast Food. Zweitens ist dies sicher KEIN erschöpfendes Werk zum Thema "Affirmationen". Es gibt zwar eine generelle Einleitung, doch wer sich mehr Informationen dazu wünscht, wie und warum Affirmationen überhaupt funktionieren, der suche sich besser andere Bücher der Autorin heraus - oder auch bekannte deutsche Veröffentlichungen zur Wunscherfüllung, wie beispielsweise Bärbel Mohr oder Pierre Franckh. Dies ist wirklich ein Arbeitsbuch, und als solches sollte es auch genutzt werden. Ich empfehle es allen Lesern, die offen und neugierig sind, und die einmal die verändernde Wirkung von bewusster Steuerung unserer Glaubenssätze ausprobieren wollen.

    Man merkt es meiner Titelzeile schon an - meine Meinung über dieses Buch ist ein klein wenig zweigeteilt. Und zwar insofern, als ich beide Seiten verstehen kann. Ich kann absolut nachvollziehen, dass man dieses Buch schwierig oder verwirrend findet, oder überfordert ist. Andererseits, wenn ich nur von mir selbst ausgehe, fand ich es wunderbar - muss aber dazu sagen, dass ich Vorkenntnisse hatte. Ja, eigentlich müsste ich dementsprechend ZWEI Rezensionen schreiben, und wisst ihr was - genau das werde ich versuchen.


    Rezension eins schreibe ich aus der Sicht eines unbelasteten Roman-Lesers ohne Vorkenntnisse; Rezension zwei aus meiner persönlichen Sicht - der eines spirituell interessierten Menschen, der schon einiges gelesen hat.


    REZENSION EINS. Aus der Sicht des "normalen" Lesers "normaler" Romane könnte man dieses Buch fast als eine Mogelpackung bezeichnen. Denn die Leseprobe ist für solche Leser taktisch sehr unklug ausgewählt gewesen. Sie stammte vom Anfang des Buches, genau dem Teil, der sich noch mit einer Art Handlung befasst. Der Leser beginnt das Buch also in der Erwartung, eine spannende Handlung, ein Abenteuer, vorzufinden, eine Fliegergeschichte, in der es irgendwie am Rande um Spiritualität gehen wird. Doch weit gefehlt.


    Jamie Forbes erlebt am Anfang tatsächlich etwas Spannendes: er hilft über Funk einer Frau, ein Flugzeug zu landen, weil der eigentliche Pilot, ihr Mann, einen Schlaganfall erlitten hat und bewusstlos ist. Die Frau gibt in einem Zeitungsartikel zu Protokoll, sie habe sich von ihrem mysteriösen Retter "hypnotisiert" gefühlt. Und genau dieses Wort löst in Jamie Erinnerungen aus, da er selbst in seiner Jugend einmal hypnotisiert wurde, und dies nie so recht verstehen konnte. Er hielt sich immer für einen sehr sachlichen Menschen. Von diesem Punkt an verliert das Buch nach und nach an Handlung, geht immer weiter der Frage der Hypnose nach, zuerst durch merkwürdige "Zufälle", danach nur noch in den Gedanken des Piloten, auf dem Rest seiner Reise nach Florida.


    Zuerst trifft er in einem Café eine Frau, eine angebliche Hypnosetherapeutin, die ihn über die Prinzipien der Hypnose aufklärt. Sie macht ihm klar, dass er die Frau des bewusstlosen Piloten tatsächlich hypnotisiert hat, und zwar auf viel umfassendere Weise, als er selber dachte. Das Gespräch der Beiden endet mit der Erkenntnis, dass letztlich das ganze Leben eines Menschen auf Hypnose beruht - auf akzeptierten Suggestionen, denn nichts anderes sei Hypnose.


    Nach dem Besuch im Café tritt die Handlung Schritt für Schritt zurück. Jamie setzt seine Reise nach Florida fort, aber beschreibt sie nur noch oberflächlich. Vielmehr geht es ihm nun um andere Dinge. Er betritt ein Antiquariat auf der Suche nach Büchern, findet "zufällig" genau was er sucht; er denkt während seines Fluges über die Bücher und über die Therapeutin nach; trifft sie wiederum "zufällig" einen Tag später erneut; gerät in ein Gewitter und muss im Flugzeug übernachten - denkt aber die ganze Zeit weiter nach; macht sich hoch spirituelle Notizen auf einer Luftkarte (!), die am nächsten Morgen fast unleserlich sind; beschließt, sein Leben zu ändern; und schließlich kommt er daheim an und erhält einen mysteriösen Anruf, der zu allem Überfluss auch noch von der Tochter des damaligen Hypnotiseurs UND der Therapeutin stammt. Wahrlich, für einen Leser, der mit der Erwartung der Leseprobe an dieses Buch herangegangen ist, muss das alles sehr skurril anmuten.


    Positiv zu vermerken ist noch die einfache Sprache und hübsche Aufmachung, wobei man dies gleichzeitig als einen Anlass zur Kritik empfinden könnte: denn durch die ganzen Bilder, die zwar an sich sehr hübsch sind, wird das Buch von der Seitenzahl her doch recht "aufgeblasen". Ich habe gezählt: ohne die Bilder fielen sage und schreibe 68 (!) Seiten weg. Schade war auch, dass die Bilder in schwarz-weiß abgedruckt wurden. Zu einem solchen Buch hätten farbige Bilder, wie auf dem Schutzumschlag, viel besser gepasst. Aufgefallen ist mir auch noch, dass die jeweiligen Flugzeuge nur in die Bilder "hineinmontiert" waren - es war immer dasselbe Flugzeug, nur in verschien gezoomten oder gespiegelten Größen. Dann hätte man lieber das Flugzeug weglassen sollen.


    REZENSION ZWEI. Eine wunderschöne Parabel über die Reise zu sich selbst.


    Das Motiv der Reise, auf der tiefgreifende Erkenntnisse gewonnen werden, ist aus der Literatur sehr gut bekannt. Der Held ist meist lange unterwegs, trifft wichtige Menschen, gerät in abenteuerliche Situationen, und gewinnt am Schluss, der beileibe nicht immer ein Happy End sein muss, völlig neue Erkenntnisse über sich selbst. So auch hier - nur mit dem Unterschied, dass die Erkenntnis-Reise zu gleichen Teilen innerlich wie äußerlich abläuft, und gegen Ende fundamentale Prinzipien anderer spiritueller Autoren resümiert.


    Jamie Forbes ist Fluglehrer, und er befindet sich mit seinem umgebauten Militär-Flugzeug auf einer Reise von Washington nach Florida. Aus seiner Sicht wird die Geschichte, insofern es denn überhaupt eine äußere Geschichte ist, erzählt. Ausgangspunkt für das Buch, und zwar wirklich nur Ausgangspunkt, ist ein recht dramatisches Geschehen. Über Funk hilft Jamie einer in Not geratenen Passagierin, ein kleines Flugzeug zu landen. Die Frau behauptet später, er habe sie hypnotisiert, und dies ist das Stichwort für alles weitere Geschehen.


    Der erste Schritt des Autors besteht in einer Rückblende. Jamie Forbes wurde in seiner Jugend selber einmal in einer Bühnenshow hypnotisiert, ein Ereignis, das ihn zutiefst aufwühlte, das er jedoch verdrängt hatte. Die Schilderung der damaligen Hypnose-Sitzung ist lebendig und kraftvoll, durchaus mit Anklängen an Thomas Manns "Tonio Kröger". Doch schon hier merkt der aufmerksame Leser, dass es nicht um äußerliche Ereignisse gehen wird und soll. Der Akzent liegt zu jedem Zeitpunkt auf den Gefühlen und Gedanken Jamies.


    Zurück in der Gegenwart, nimmt die Handlung schrittweise ab, wendet sich immer mehr ins Innerliche, wie man auch schon erahnen konnte. Zwei Prinzipien sind es, die fortan im Buch immer mehr erläutert und verflochten werden: "Zufall" und "Hypnose", wobei der Leser sogleich lernt, dass Hypnose im Grunde nichts anderes sei als eine allgemein akzeptierte Suggestion - das ganze Leben beruhe im Grunde auf einem Akt der Hypnose.


    Zunächst trifft Jamie in einem Café eine Frau, eine mysteriöse Anhalterin. Sie ist Hypnosetherapeutin, und erläutert ihm im Gespräch schrittweise, warum ihn seine Erinnerung an die damalige Hypnose nie losgelassen hat. Er hat die Frau, die er per Funk rettete, tatsächlich hypnotisiert, und zwar auf positive Weise: er hat ihr Glaubenssätze eingepflanzt, die sie in die Lage versetzten, sich als Kapitänin zu sehen, und das Flugzeug zu landen. Nur Glaubenssätze sind es, die menschliches Handeln ermöglichen oder verhindern können! Mit dieser für ihn erschütternden Erkenntnis verlässt Jamie das Café, und seine weitere Reise wird nur mehr oberflächlich beschrieben. Die wahre Reise findet fortan innerlich statt, und dementsprechend verlaufen die Ereignisse rein logisch betrachtet in sehr loser Folge.


    Eine Episode geht nahtlos in die nächste über: ein Besuch Jamies in einem Buch-Antiquariat, bei dem er "zufällig" genau die richtigen Bücher findet; ein erneutes, eigentlich völlig unmögliches Zusammentreffen mit der Therapeutin; der beschwingte Flug um eine Gewitterzelle herum; eine Notlandung in letzter Sekunde; eine Übernachtung in der eigenen Maschine; nächtliche "Erleuchtungen" und ihre schriftlichen Ergüsse; bis hin zur Heimkehr in Florida. Jamie ist nicht mehr derselbe, als er daheim ankommt. Seine Sicht der Welt und seines eigenen geistigen Potenzials hat sich grundlegend verändert, und gekrönt wird dieser Tenor des Buches mit einem mysteriösen Telefonanruf von... aber das möchte ich nicht verraten, da es sich wunderbar in die Grundstimmung des Buches einpasst, und von jedem Leser selbst entdeckt werden sollte.


    Es stimmt, ich habe mich im ersten Moment ein wenig wehmütig von der Flieger-Handlung um Maria und Jamie (die Frau, die er rettete) verabschiedet. Vielleicht habe ich mich auch vom Original-Titel irreführen lassen, der da lautet "hynotizing Maria". Doch es geht gar nicht um Jamie und Maria, sondern allein um Jamie und Jamie. Der Jamie, der in der äußeren Welt lebt und Fluglehrer ist, und der spirituelle Jamie, der schon damals bei der öffentlichen Hypnose aufzukeimen begann, diese beiden bewegen sich durch das Buch aufeinander zu, und das ist wirklich sehr poetisch beschrieben.


    Dazu muss man aber sagen, dass der Autor zahlreiche Prinzipien anderer spiritueller Autoren zumindest anklingen lässt, und quasi wie im Schnelldurchlauf in sein eigenes Buch integriert. Genannt seien nur Esther und Jerry Hicks (Das Gesetz der Anziehung), James Redfield (Die Prophezeiungen von Celestine), Rhonda Byrne (The Secret) und, vor allem, Neale Donald Walsch (Gespräche mit Gott). Ganz besonders im letzten Drittel des Buches dachte ich, dass Richard Bach und Neale Donald Walsch das gemeinsam hätten schreiben können. Denn schon allein das Prinzip, mit seiner eigenen inneren Stimme einen Dialog zu führen, und dadurch Erkenntnisse zu gewinnen, ist ja durch Walsch spirituell interessierten Lesern sattsam bekannt.


    Ich frage mich, wie das Buch wohl auf mich gewirkt hätte, hätte ich die genannten anderen Autoren und Bücher nicht gekannt. Vermutlich wäre ich ab einem bestimmten Punkt heillos überfordert gewesen, oder hätte das Buch nur noch rein nach oberflächlichen Kriterien wie Handlung und Wahrscheinlichkeit gelesen. Das wäre aber ausgesprochen schade gewesen, weil sich dieses Buch eben nicht an der Oberfläche erschließt. Es ist ein Buch für Fortgeschrittene, die sich einmal anhand einer wunderbar ausgesuchten Episode entlang hangeln wollen, um zu entdecken, welches Potenzial im eigenen Geist steckt. Und in dieser Hinsicht finde ich es auch ausgesprochen gelungen!

    Voller Energie, Liebe, und Weisheit


    Schon in der Leseprobe war es mir aufgefallen, dass der Stil des Autors (eigentlich: des Autorenpaars) ausgesprochen liebevoll und verständlich war. Die Lehren, denen ich hier begegnete, wurden mir nicht um die Ohren gehauen, sondern erstens verständlich aufgebaut, und danach einfühlsam tiefer vermittelt. Nachdem ich nun das ganze Buch lesen durfte, kann ich meinen anfänglichen Eindruck nur unterstreichen.


    Sehr erfreulich war für mich, dass es sich um ein Buch handelt, das sich wirklich an Menschen richtet, und nicht etwa an Experten oder Akademiker. Von Anfang an bildet Menschlichkeit den Grundtenor des Buches. Auch der Aufbau des Werkes berücksichtigt dies: Wir haben Vorworte und Einleitungen, in denen dem Leser zunächst die ganze Welt der Tolteken, also der mexikanischen Schamanen, näher gebracht und erklärt wird. Danach folgt, in der ersten Hälfte des Buches, sozusagen eine Darstellung der vorherigen "vier Versprechen" im Zeitraffer - dennoch nicht unverständlich!


    Die Autoren gehen wirklich "zurück zum Anfang", und schildern ihren Lesern in eindringlicher Sprache, wie ein Mensch sich entwickelt - was daran gut, und was aus toltekischer Sicht daran fatal ist. Im Grunde, so sagen sie, entfremdet uns gerade die Erziehung, und hier insbesondere das Erlernen von Symbolen und Sprache, von unserem wahren Menschsein. Die "vier Versprechen" führen den gewillten Leser nun auf einen Weg, genau diese erlernten Barrieren wieder hinter sich zu lassen.


    Besonders schön fand ich in diesem Teil den nahezu "orientalischen", jedenfalls nicht westlich-geradlinigen Erzählstil. Man hat den Eindruck eines Märchens, das am Lagerfeuer von einem alten Weisen erzählt wird. Es geht nicht darum, wie in einer Liste Thesen abzuarbeiten, sondern durchaus auch einmal Wiederholungen, erneute Formulierungen und Intensivierungen zuzulassen. Bei einem rein wissenschaftlichen Werk hätte mich das vermutlich genervt, doch hier unterstrich es für mich geradezu die Fürsorge, die die Autoren ihren Lesern entgegen bringen. Sehr gut gemacht war auch die Tatsache, dass bei den "vier Versprechen" auf einen erzählenden Teil jeweils ein "kondensierter Teil" folgte, der anders gesetzt und grau unterlegt war. Sollte man das Buch also noch einmal lesen wollen (was bei mir recht wahrscheinlich ist), dann kann man sich getrost auf die graun hinterlegten Abschnitte konzentrieren - und nimmt so die Essenz des Gesagten auf.


    Im zweiten Teil des Buches wird dieser Stil, diese Vorgehensweise, beibehalten. Erzählender "Lagerfeuer-Teil", gefolgt von grau hinterlegtem "Essenz-Teil". Das "fünfte Versprechen" geht sehr geradlinig aus den vorherigen vier hervor, man hat also nicht das Gefühl, etwas völlig Neues oder Revolutionäres zu lesen. Im Grunde handelt es sich bei dem fünften Versprechen, welches das Zuhören und Skeptisch-Sein zum Thema hat, nur um eine Ausformulierung, eine Weiterführung der vorigen vier Versprechen. Hier würde auch mein einziger Kritikpunkt an dem Buch liegen. Ich kannte das Vorgänger-Buch nicht, und insofern erschien mir das ganze Buch als frisch und neu. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Leser, die eben die "Vier Versprechen" schon kennen, ein wenig enttäuscht aus der Lektüre hervorgehen. Vielleicht ist es taktisch ungünstig, den Titel des neuen Buches genau so zu wählen, dass der Eindruck entsteht, man habe hier etwas völlig Neues vor sich - etwas, was NACH den vier Versprechen kommt. Doch so ist es ganz und gar nicht! Im Grunde sind die Weisheiten alle schon implizit auch in den ersten vier Versprechen enthalten gewesen. Ich möchte es einmal so formulieren: Man kann sich als Leser entscheiden, ob man "nur" das Vorgänger- Buch lesen will, oder lieber das zweite. Beides hat seine Berechtigung. Doch liest man beide Bücher, sollte man darauf gefasst sein, dass einem etliches bekannt vorkommt.


    Als Besonderheit möchte ich noch erwähnen, dass nach der Darstellung des "fünften Versprechens" eine Art "Nachsatz" folgt - der wiederum nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Denn aus toltekischer Sicht gibt es drei Arten von Menschen, je nachdem, wie weit sie sich schon der "Versprechen" und deren Umsetzung bewusst sind: es gibt Opfer, Krieger und Meister. Man sollte diesen Abschnitt mit entsprechender Vorsicht lesen, da die hier gewählten Ausdrucksweisen sonst leicht falsch verstanden werden könnten. Natürlich ist niemand "schuld", wenn er als "Opfer" bezeichnet wird! Genauso wenig ist jemand "schlecht", wenn man ihn als "Krieger" bezeichnet. Nein, die Tolteken haben einfach eine sehr bildhafte Art, Stufen des menschlichen Bewusstseins zu schildern. Sehr grob gesagt, könnte man diesen "Nachsatz" sozusagen als "Nachtisch" nach einem reichhaltigen Menü auffassen. Auf keinen Fall sollte er also "heruntergeschlungen" werden!


    Insgesamt kann ich nur sagen, dass mich das Buch durch und durch beeindruckt hat. Es überzeugte mich durch seinen erfreulichen Mangel an Fachsprache, seine absolute und unbedingte Hinwendung zum einzelnen Menschen, und durch die Umsetzbarkeit der "Versprechen". Ich vergebe nur deshalb keine fünf Sterne, weil ich, wie weiter oben geschildert, eben Gefahren sehe, wenn man das Buch zu schnell oder oberflächlich liest.

    Weltliteratur? Wie bitte?! Warum nenne ich diesen Begriff im Titel? Ganz einfach. Weil ich vor Beginn der Lektüre dieses Buches glücklicherweise ins Impressum geschaut habe, und dort den Originaltitel fand. Und der hat mir sehr entscheidend die Augen geöffnet, worum es hier eigentlich gehen sollte. Anhand dieses Hinweises fällt meine Rezension nun wahrscheinlich völlig anders aus, als sie ohne Kenntnis der Absicht der Autorin geworden wäre.


    Kurz und gut: der Originaltitel lautet "The Spa Decameron", und bei wem jetzt nicht der Groschen fällt, der hat sich wahrscheinlich noch nicht viel mit Klassikern der Weltliteratur befasst. "Das Dekameron" ist ein ausgesprochen berühmtes Buch des Italieners Giovanni Boccaccio aus dem 14. (!) Jahrhundert. Es geht hier darum, dass sich zehn junge Leute aus Florenz vor der Pest auf einen einsamen Landsitz flüchten, und um sich die Zeit zu vertreiben, erzählen sie sich Geschichten - insgesamt 100 im Laufe des Buches. Und, wie es im ausgehenden Mittelalter so war, diese Geschichten handelten von sehr deftigen bis skurrilen Themen. Sexualität und Absurditäten jeglicher Couleur feiern hier fröhliche Urständ. Nun, und wenn wir dies mit dem hier vorliegenden Buch vergleichen, ergeben sich interessante Rückschlüsse. (Jetzt verstehe ich auch erst das auf dem Buchumschlag abgedruckte Zitat eines Journalisten, Fay Weldon schreibe wie Boccaccio...!)


    Es wird sehr deutlich, dass die Autorin ausdrücklich auf Boccaccio Bezug genommen hat. Ort: ein einsamer Landsitz. Grund: vordergründig die Weihnachtszeit, aber, wie wir durch die Protagonistin erfahren, im Hintergrund lauert die angebliche Sumatra-Grippe - eine mehr als ironische Abweichung vom literarischen Vorbild, bei dem es ja um die Pest ging! Handelnde Personen: ja, durchweg eher junge - oder zumindest jung gebliebene - Frauen, alle erfolgreich und vor irgendetwas auf der Flucht. Entspricht somit auch dem Original. Erzählstil: lose Rahmenhandlung, die munter diverse Kurzgeschichten aneinanderreiht, welche sich gegenseitig vom Unterhaltungswert her zu überbieten suchen. Stimmt auch.


    Doch ein paar "Schönheitsfehler" haben mich davon abgehalten, dem Buch wirklich 5 Sterne zu geben. Es ist für mich letzten Endes nicht wirklich "rund" geworden, nicht ausgereift. Ich glaube, die Autorin hat sich hier ein klein wenig "überhoben". Sie wollte zu viel auf einmal: gute Unterhaltung, ihren eigenen Stil, UND eine Neuauflage eines Klassikers - und außerdem etliche ironische Abweichungen. Da leuchtet es nur ein, dass nicht alle diese Aspekte gleich gut umgesetzt werden konnten.


    Ich gebe zu, sie hat sich Gedanken gemacht, wie man das berühmte Vorbild originell verfremden könnte. Sie wählt ausschließlich Frauen als Handelnde, und will an ihnen wohl ein Panorama der modernen weiblichen Problemlage überspitzt darstellen. (Bezeichnenderweise ist - fast - der einzige Mann, der während der Rahmenhandlung auftaucht, ein pickliger Teenager, der als Page arbeitet...) Hier konnte sie ihren bissigen Witz aus weiblicher Perspektive voll ausleben. Dennoch, dieser Aspekt hätte ohne die zusätzliche Absicht des "Nacheiferns" nach einem berühmten Vorbild noch viel mehr an Gewicht gewonnen.


    Sie führt auch eine Erzählerin ein, die - ach nein - selber Schriftstellerin ist. Es darf wohl vermutet werden, dass sie sich damit indirekt selbst in den Text geschrieben hat. Originell! Doch auch hier wieder ein Haken: Phoebe ist die einzige Person, die ihre Geschichte NICHT am Whirlpool erzählen muss. Gut, der Leser bekommt ihre Gedanken und etliche Splitter aus ihrem Privatleben durch die Rahmenhandlung schon mit. Aber erstens ist es etwas anderes, ob man sich eine Geschichte erschließen muss oder sie serviert bekommt. Und zweitens endet gerade Phoebes Geschichte in völliger Unklarheit! Sie hat im Laufe des Buches etliche paranoide Anfälle, doch die werden im letzten Drittel des Buches einfach unter den Tisch fallen gelassen, und man erfährt auch nie, was dran war. Schade!


    Überhaupt fand ich, dass die "Handlung" ein wenig bemüht zu Ende gebracht wurde. Ausgerechnet ein Mann, der Geliebte einer der Frauen, ist es, der sie alle aus dem von der Umwelt abgeschnittenen Spa befreit - und zwar mit seinem Privat-Hubschrauber. Gut, das kann ironisch verstanden werden, aber auf mich wirkte es wie ein billiger "deus ex machina".


    Zu all dieser formellen Originalität gesellt sich dann noch die wilde Thematik der Geschichten, das Panoptikum an Personen, und die stilistischen Feinheiten - es war einfach ein wenig zu viel; es wirkte auf mich so, als wolle man ein 5-Gänge-Menü bei McDonald's servieren. Das passte letzten Endes nicht wirklich.


    Warum? Gut, Boccaccio wollte zu seiner Zeit aufrühren und provozieren. Damals wie heute gelang das vor allem durch sexuelle Themen. Während damals Mönche herumhurten und allerlei bunte Gruppierungen zustande kamen, hat Fay Weldon das Spektrum der sexuellen Themen fast bis ans äußerste Ende ausgereizt: nicht nur Orgien oder Wechselspiele, nein, auch Transsexualität, Inzest, Eifersucht, Entführung durch orientalische Ölscheichs, sowie eine mögliche Ehe unter Geschwistern werden angeführt (sicher habe ich noch manches vergessen).


    Doch damit nicht genug, sie will auch noch den Schreibstil in all seiner Breite vorführen. Es gibt ein ganzes Arsenal an Erzähltechniken: die Erzählung durch die Protagonistin Phoebe, direkte mündliche Rede durch die Frauen, jeweils in einem völlig anderen Ton, eine Abschrift, ein Drehbuch, eine Novelle, eine Autobiographie, eine Schauergeschichte, eine Fallstudie, eine Verschwörungstheorie... uff! Man fühlte sich doch ein wenig "erschlagen".


    Als allerletzten Kritikpunkt möchte ich noch die meiner Meinung nach nicht recht gelungene Übersetzung anführen. An manchen Stellen runzelte ich doch arg die Stirn ob der Holprigkeit. So zum Beispiel bei der Gehirnchirurgin, deren "Gemüsequote" die niedrigste in ganz Nordengland sein soll. Nur leider weiß der deutsche Leser nicht, dass "vegetable" im Englischen ein sehr saloppes, ja unfreundliches Wort für geistig behinderte oder zurückgebliebene Personen ist... Ich möchte hier nicht alles aufzählen, aber man kann sich denken, was ich meine.


    Ich gebe dennoch vier Sterne, wie man sieht. Denn allein sprachlich merkt man doch, wie routiniert bis brillant die Autorin ist. Etliche Anspielungen verstecken sich in dem durchweg knochentrockenen britischen Witz - nur schade, dass die Übersetzung dies nicht gänzlich einfangen kann. Ferner möchte ich einfach ihre Originalität würdigen, sich überhaupt an einen solchen "Klassiker" zu trauen, und ihm eine eigene Note zu verleihen. Ich bin sicher, mit etwas mehr Zeit und Sorgfalt könnte das großartig werden!

    Die Wahrheit ist irgendwo da draußen...


    Moulder und Scully hätten ihre wahre Freude an diesem Fall gehabt. Zumal er auch in typischer "Akte X"-Manier endet. Wohlgemerkt, er endet, und wird auch nicht ansatzweise wirklich gelöst. Auch die zwei Ermittler wirken wie Stellvertreter für die amerikanischen Kollegen aus der Fernseh-Serie: ein "Glaubender", ein Pfarrer, und eine Skeptikerin, eine Psychiaterin.


    Doch damit endet das "Begreifbare" an diesem Buch auch schon. Ich wurde bereits durch das merkwürdige Vorwort skeptisch. In welchem Buch hat man das schon, dass man vom Verlag (!), nicht vom Autor, eine Einleitung serviert bekommt, passenderweise gleich mit Handlungsablauf, Handlungsvorschau, und Vergleichen mit berühmten literarischen Vorbildern? (Sandro Veronesi mit Calvino oder Umberto Eco zu vergleichen, fand ich allerdings völlig überzogen!) Es wirkte auf mich so, als wolle man die Bewertung des geneigten Lesers vorweg nehmen, ihm eine Anleitung bieten. So als habe man Angst, das Buch könnte sonst nicht verstanden werden. Ich muss sagen, dass diese Angst nicht unbegründet war. Denn "verstanden" habe ich es nicht wirklich.


    Nun, man tappt hier als Leser leicht in eine Falle. Durch den Klappentext und die 11 Leichen im Buch möchte man gerne glauben, es handle sich um einen "Thriller". Doch weit gefehlt. Auf dem Umschlag steht ausdrücklich "Roman", und Klett-Cotta ist nun wirklich keine Sparte, die üblicherweise Thriller verlegt.


    Bei genauerem Nachdenken muss ich allerdings zugeben, dass die Struktur des Buches schon recht ausgetüftelt war. Zwei Erzählperspektiven wechseln sich durchgehend ab, beide in der "Ich"-Perspektive. Beide sind in ihrem je eigenen Stil geschrieben, der eine getragen und nachdenklich, der andere zunehmend verwirrt und panisch.


    Da ist einmal der Pfarrer von San Giuda, unserem hoch symbolisch verschlüsselten Schauplatz - ein Bergdorf mitten in Italien, wahrhaftig von allem abgeschnitten. Kein Handy-.Empfang, kein Fernsehen. Noch dazu eine Bevölkerung voller inzestuöser Geheimnisse, wie sich langsam herausstellt. Auf der anderen Seite haben wir die Psychiaterin Giovanna, die zum selben Zeitpunkt durch ein wieder aufbrechendes Trauma aus der Bahn geworfen wird. Ursprünglich wollte sie Sportlerin werden, Ski-Fahrerin, wurde jedoch vor 15 Jahren durch eine Verletzung daran gehindert. Genau diese Narbe bricht nun wieder auf, zu genau derselben Stunde, als in unserem Horror-Dorf die 11 Morde geschehen - und dies veranlasst Giovanna dazu, in das Dorf zu ziehen, um den Dingen (sowohl bei sich als auch bei den Dorfbewohnern) auf den Grund zu gehen.


    Das Buch gönnt sich eine sehr lange Einleitungsphase. Denn bis fast zur Mitte des Buches sind sich der Pfarrer und Giovanna nicht einmal begegnet. Don Ermete berichtet, wie sich das unmittelbare Geschehen auf die Gemeinde auswirkt - samt Wetterkatastrophe und Journalistenplage. Und Giovanna hadert mit sich und ihrem Leben - mit ihrer alten Narbe, ihrer Vergangenheit, und ihrem Alberto, von dem sie sich gerade getrennt hat. Erst zu dem Zeitpunkt, als die offiziellen Ermittlungen stocken, eilt der Pfarrer in das psychiatrische Zentrum, um Giovanna um Hilfe zu bitten.


    Die beiden Erzählperspektiven sind miteinander verstrudelt wie ein Hefezopf. Wobei aber nicht wirklich etwas "passiert". Auch nach dem Einzug Giovannas in das Dorf werden lediglich alle möglichen seelischen Abarten und Verstrickungen der Dorfgemeinschaft aufgedröselt. Die beiden Perspektiven ergänzen sich schon irgendwie - der Pfarrer resümiert ständig, befragt sich, hadert, ringt mit sich und dem Glauben. Er sucht auch nach (über)sinnlichen Ursachen. Giovanna hingegen wird zunehmend labiler, telefoniert ständig mit ihrer Mutter, wird hektisch und unausgeglichen. Das Ganze steigert sich bis kurz vor Ende des Buches. Die Atmosphäre ist in gewisser Weise vergleichbar mit dem Film "Blair Witch Project", in dem ja auch eigentlich "nichts passiert", aber bei dem dennoch im Kopf des Lesers/Zuschauers sich quälende, dräuende Bilder aufbauen. Darin besteht der eigentliche Grusel!


    Es wirkte auf mich so, als sei das Buch zu Beginn der Handlung in einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum gefallen - das Böse an sich konnte durch diesen Riss eindringen. Alles wirbelt durcheinander, bis eben Giovanna und Don Ermete gegen Ende gemeinsam in der Küche sitzen, über den Fall spekulieren, und sich gegenseitig gestehen, was sie in ihren Leben an Fehlern begangen haben. Das war anscheinend ein reinigendes Ereignis, und - zack - ist der Riss wieder geschlossen. Das vermisste Mädchen taucht auf, sogar das Wetter bessert sich. Und das Buch endet einfach. Erklärt ist damit aber nichts.


    Ich frage mich, ob der Nachtrag, der Epilog, "Stunde Null", wirklich nötig war. Dieses letzte Kapitel hat nicht unwesentlich zu meiner Verstörung beigetragen. Hier spricht wiederum Giovanna, in einem einzigen, taumelnden Monolog ohne jegliche Interpunktion. Sie berichtet von ihrem Leben, nachdem sie das Dorf verlassen hat. Und auch von Don Ermete berichtet sie. Aber wenn es doch ein Neuanfang für beide ist, warum wirkt dann dieser Nachtrag erst recht hektisch und unausgeglichen? Ich frage mich auch, ob der Autor nicht lediglich auf ein berühmtes Vorbild hat anspielen wollen - denn diese ganze Passage erinnert mich ganz entschieden an den Schluss-Monolog der Molly Bloom aus James Joyces "Ulysses". Erklärt ist damit aber wiederum nichts.


    Ich kann mich nur beim Leser der Rezension für diesen merkwürdigen Mischmasch entschuldigen. Aber das Buch gibt für mich leider nichts anderes her, als eben Verwirrung. Ich vergebe dennoch vier Sterne, für den Anspruch, der ganz offensichtlich dahinter steckt, für die gekonnte Verwendung von Sprache, und für die quälenden Bilder, die dem Leser in den Kopf gezaubert werden. Und um mit Fox Moulder zu sprechen - "die Wahrheit ist irgendwo da draußen"...

    Normalerweise stehen fünf Sterne bei mir schon für eine schlechte Bewertung. Doch hier sollen sie Neutralität ausdrücken - und Respekt vor dem durchaus soliden Handwerk, das der Autor hier abliefert. Doch für mehr Sterne reicht es bei mir beim besten Willen nicht, leider. Fast tut es mir selber leid. Doch im Vergleich zu den wirklichen Stars der Szene (wozu bei mir beispielsweise Zoran Drvenkar oder Andrea Maria Schenkel gehören) kann der Autor noch deutlich aufholen.


    Immer wieder ist in Rezensionen von der unglaublichen Spannung die Rede, die dieses Buch ausstrahlt. Ja und Nein! Sicher, auch ich habe es innerhalb von zwei Tagen gelesen.Doch finde ich, dass diese "Spannung" eher ein Nebenprodukt der Konstruktion dieses Buches war, und nicht etwa aus der eigentlichen Handlung resultierte. Genauer erklärt: wir haben hier zwei Handlungsebenen, eine spielt 1994, eine 2009. Beide werden nun, völlig regelmäßig und unspannend, nahezu mathematisch, abwechselnd erzählt. Das System kennt man! Sicher kommt dadurch ein Lese-Sog zustande. Aber: ich habe mir mal die Mühe gemacht, mehrere Abschnitte aus der älteren Handlung hintereinander weg zu lesen. Und heraus kam: ein höchst normales Produkt. Schon tausendfach so gelesen.


    Mein zweiter Kritikpunkt betrifft die Dialoge. Das kenne ich nun wirklich besser! ich konnte mir oft einfach nicht vorstellen, dass Menschen so reden, auch noch in hoch emotionalen Momenten. wiederum verstehe man mich bitte nicht falsch: sicher, das, WAS die Kommissare dachten und fühlten, war durchaus nachvollziehbar. Aber wie sie es *ausdrückten*, wirkte auf mich einfach nur hölzern.


    In einem Interview sagte der Autor, er habe sich eigens für diesen Zeitabstand von 15 Jahren zwischen den zwei Handlungsebenen entschieden, weil er die Entwicklung der Figuren von damals zu heute zeigen wollte. Nur leider ist mir das nicht aufgefallen. Der Ich-Erzähler Alex Seifert ist für mich im "heute" genau derselbe wie damals. Mir ist nicht ersichtlich, inwiefern er gereift oder verändert sein sollte.Im Gegenteil, in stressigen Momenten knickt er ein, und erzählt Details aus der laufenden Ermittlung weinerlich seiner Frau...


    Aber das Buch hat natürlich auch gute Seiten! Der Plot ist, an und für sich, schlüssig und intelligent durchdacht. Auch fand ich es durchaus erholsam, dass ab der Mitte des Buches die ständigen Sprünge zurück in die Vergangenheit aufhörten. Ab diesem Zeitpunkt ging es nur noch "vorwärts", und das tat dem Buch gut! Allerdings fand ich es dann manchmal ein klein wenig albern, extra ein neues Kapitel anfangen zu lassen, wenn nur wenige Stunden vergangen waren (die Uhrzeiten standen nämlich immer dabei). Aber das kann auch eine Entscheidung des Lektors gewesen sein, ich weiß es nicht.


    Arno Strobel hat ein recht gutes Händchen dafür, liebenswert-schrullige Nebenfiguren zu "erdenken". Das hat mir gut gefallen! Die Nachbarin mit den roten Haaren, sowie die einsame Oma, hätte ich gerne öfter getroffen. Auch die Empfangsdame in der Praxis hatte es in sich...! Weiter so, Arno Strobel!


    Die Entscheidung für die Ich-Perspektive, erzählt aus der Sicht vom Assistenten des Kommissars, war eine weise Entscheidung. So konnte ein größtmögliches Maß an Objektivität sowie dezent gestreutem Zweifel gewahrt werden. Das kennt man ja schon von Conan Doyle: dort ist auch Dr. Watson der Erzähler, und eben nicht Sherlock Holmes.


    Vielleicht, nur vielleicht, hat Herr Strobel es in den letzten Kapiteln mit "Cliffhangern" ein wenig übertrieben. manches wurde angedeutet, nur damit der Leser das Buch auch ja nicht mehr aus der Hand legt. Aber schließlich ist das Buch als "Thriller" auf den Markt gebracht worden, und da erwartet man das.


    Sehr gut fand ich auch den Einfall, der (vermuteten) Missbrauchs-Ursache ganz zum Schluss noch einen Dreh zu geben, so dass letztlich doch alles anders war als gedacht - aus Gründen der Fairness neuen Lesern gegenüber werde ich das nicht näher erläutern. Und auch die Gegenüberstellung von zwei Sturköpfen, einerseits dem Kommissar, und dem schmierigen Hauptverdächtigen, fand ich als Idee ziemlich gelungen. Es hätte allerdings noch besser wirken können, wenn, ja wenn das Charakter-Duell weniger über die Dialoge stattgefunden hätte.


    Ist dies nun ein Verriss? Nein, den Eindruck möchte ich auch wieder nicht entstehen lassen. Eine enthusiastische Lobeshymne ist es aber auch nicht. Sagen wir so: es ist das Protokoll einer Lese-Erfahrung, von der ich mir eigentlich (noch) mehr erhofft hätte.

    Dieses Buch verlangt vom gewillten Leser schon so einiges. Oder nein, formulieren wir es anders. Das Buch wird bei demjenigen Leser am besten ankommen, der folgende Eigenschaften mitbringt: er kennt das erste Buch bereits, er ist ein routinierter Krimi-Leser, er hat einen ausgeprägten Sinn für teils rabenschwarzen Humor, er erwartet von diesem Buch nicht zwangsläufig logische Handlung, er kennt sich mit dem Allgäu und Alpenland ein wenig aus, und - er hat Freude daran, skurrile Details zu entdecken.


    Nicht in allen Punkten wird man mir zustimmen, aber es ist ja auch "nur" meine persönliche Sicht. Warum sollte man das erste Buch kennen? Es wird doch an etlichen Stellen auf den vorigen Fall Bezug genommen, und außerdem wird gerade das "spezielle Problem" von Kommissar Jennerwein im ersten Band meiner Meinung nach besser geschildert. Und es tauchen "alte Bekannte" in völlig neuen Zusammenhängen auf! herrlich! Man "muss" den ersten Fall nicht kennen, nicht in dem Sinne, dass dieser zweite sonst völlig unverständlich wäre. Aber, und das scheint mir gerade bei diesem Autor eminent wichtig zu sein, er will ja vor allem eines: die Leser zum Lachen bringen. Und so manche ironischen Seitenhiebe sind halt an Leser, die neu zu diesem Buch kommen, leider "verschwendet". (nicht wertend gemeint!)


    Routinierter Krimi-Leser? Hier gilt ähnliches wie unter Punkt Eins. Sicher kann dieses Buch auch von Nicht-"Kriminalern" gelesen werden. Aber das Spezielle besteht ja eben darin, dass der Autor konsequent klassische Erwartungen an einen Krimi unterläuft. Das tut er in diesem Buch sogar noch erfolgreicher als im ersten. In "Föhnlage" wird gar nicht erst sonderlich versucht, eine Kriminalhandlung aufrecht zu erhalten. Es startet im Chaos, und endet im ebensolchen. Hier ist die Lage ein wenig anders. Schon relativ bald ist klar, dass tatsächlich Verbrechen begangen wurden, werden, oder werden wollen. Nur von wem, und zu welchem Zweck, und ob auch immer das richtige Delikt dem richtigen Verdächtigen zugeordnet wird, ja, das ist hier die große und - ausgesprochen amüsante - Frage! Teils ist es so, dass sich die Verdächtigen untereinander wieder erneut verdächtigen, und in teils blindwütigen Aktionismus ausbrechen. Das ist wirklich urkomisch! Und hat man schon einmal von "Bekennerschreiben" gehört, die nichts bekennen? Ich nicht, und ich habe mich köstlich amüsiert darüber!


    Warum sollte man sich mit dem Allgäu auskennen? ich sage absichtlich "auskennen", und nicht etwa "identifizieren". Die Verballhornungen werden hier, meiner Meinung nach, nicht so arg auf die Spitze getrieben wie in Band Eins. Das liegt teils daran, dass es sich auch noch um das Milieu des internationalen Ski-Sports handelt, und das ist sozusagen übergreifend gültig, nicht nur im Allgäu. Es geht in diesem Band eher um Politik als um lokale Eigenheiten. Welche Cliquen rotten sich zusammen in einem Ort, in dem es ständig um Image und die Vergabe von Veranstaltungen geht? Wer hat wo was zu sagen, oder glaubt es zumindest? Und welche kommerziellen Blüten kann das Ganze treiben? Das kann man alles durchaus sehr gesellschaftskritisch sehen! Auf jeden Fall ist es zu 100 % zutreffend beobachtet. (Gut, eine deutliche Ausnahme bildet auch in diesem Band wieder die volkstümliche Musik, hier dargestellt anhand des "Zither-Beppi". Aber wenn man weiß, dass der Autor Musik-Kabarettist ist, relativiert sich das.)


    Den Humor in diesem Buch möchte ich eigentlich gar nicht näher schildern. Das wäre so, als wolle man jemandem einen Witz "erklären" - und dabei geht er kaputt. Sagen wir nur, dass der Einfallsreichtum des Autors schier unerschöpflich ist. Er bewährt sich auf so unterschiedlichen Gebieten wie Charakterisierung der beteiligten Personen, Dialoge, Marotten des Allgäu, unerwartete Wendungen in der Handlung, und - neu in diesem Buch - "Cliffhanger" zum Ende eines Kapitels. Sprich: ein Kapitel endet mit einer haarsträubenden Schilderung, und erst im nächsten löst sich das Ganze in Wohlgefallen (und Lachtränen!) auf...


    Darf ich noch einen begeisterten Absatz anfügen? Egal, ich muss einfach, denn auch den Schreibstil muss ich einmal ausdrücklich erwähnen, sozusagen das "schriftstellerische Handwerk". Die Vielfalt der verwendeten Ausdrucksmöglichkeiten in diesem Buch ist schon enorm! Auch von "ernsthafter" literarischer Warte aus. Wir haben die klassische Erzählperspektive in der dritten Person; wir haben aber auch (größtenteils erfundene) Lexikoneinträge; wir haben Bekennerschreiben; wir haben Caféhaus-Diskussionen; wir haben Protokolle von Verhören; wir haben Zeitungsausschnitte und Gipfelbuch-Einträge (!); wir haben Telefonate, und und und. Auch wenn man der Handlung also eher mit Skepsis folgen sollte, so wird das Buch doch nie langweilig. Mir zumindest nicht.
    Und was folgt nun daraus? Bei mir: gespanntes Warten auf weitere Bücher des Autors. Und beim Leser der Rezension? Hoffentlich wenigstens die Offenenheit für die Möglichkeit, dieses Buch könnte sich lohnen. Dann wäre mein Ziel erreicht.

    Ich habe dieses Buch als gemeinsames Leseprojekt mit einer Freundin gelesen, und es dauerte ein wenig, bis wir uns jeweils über die nächsten Kapitel verständigt hatten. Hinzu kam, dass wir beide das Buch nicht ganz einfach fanden, und es dementsprechend viel zu diskutieren gab. Doch nun die eigentliche Rezension!


    Ein Autor von Weltruhm, der für seine Spionage-Thriller bekannt ist. Eine Leserin, die noch nie ein Buch von ihm in der Hand hatte, und zudem auf dem Parkett der politischen Themen nicht sehr firm ist. Eine Neu-Veröffentlichung eines Wälzers, nicht einmal ein Jahr nach dem letzten Buch. Passt das alles zusammen? Nach langem inneren Hin und Her muss ich leider sagen, nein, nicht wirklich. Inwiefern das nun tatsächlich der Qualität des Buches anzulasten ist, möge der geneigte Leser der Rezension selbst beurteilen.


    Ein Buch beginnt vorne, eine Rezension auch. Womit haben wir es, laut Klappentext, eigentlich zu tun? Mit Dima, der "Seele der russischen Mafia". Seine Tage seien gezählt, und deshalb gehe er einen Pakt mit dem britischen Geheimdienst ein. Er sei also ein klassischer "Überläufer", und das Buch behandle die "hochbrisante Frage nach der Bedeutung der internationalen Geldwäsche", sowie die "Zerbrechlichkeit unserer Demokratien". Was erwarte ich als Leser da? Eine spannende, breit angelegte Handlung, internationale Verwicklungen, eigenes Mitfiebern, die Guten und die Bösen, lebendige Charaktere, und einen klassischen Showdown. Bekomme ich das auch? Jein.


    Ich möchte gerne einräumen, dass man das Buch erst dann richtig versteht, wenn man es bis zur allerletzten Seite gelesen hat. Denn es endet mit einem bestürzenden Knalleffekt. Das große "Aber" folgt jedoch auf dem Fuße. Der Weg zu diesem Ende ist steinig, langatmig, und mühsam. Jedenfalls für den Leser. Es war für mich einfach überhaupt NICHT das, was ich von einem spannenden Spionage-Thriller erwartet hätte.


    Schon in der Leseprobe hatte ich mich gewundert, welch eine bedächtige und weit ausgreifende Erzählweise der Autor anwendet, und hatte gehofft, das Buch nimmt danach noch Fahrt auf. Doch weit gefehlt. Es dauert geschlagene hundert Seiten, oder sogar mehr, bis erst einmal das Verhör erzählt ist, dem sich das britische Pärchen nach seinem Karibik-Urlaub unterziehen muss... das ist fast ein Drittel des Buches! Und auch danach geht es größtenteils genauso unspannend weiter. Immer nur taktische Vorbereitungen, Berichte per Telefon oder Tonband, Gespräche unter vier Augen, Gedanken einer Person. Kaum eigentliche Handlung. Erst auf ungefähr den letzten hundert Seiten wird es annähernd dramatisch, als nämlich Dimas Familie, und mit ihnen Perry und Gail, in der Schweiz untertauchen und die Flucht nach England vorbereiten müssen. Entschuldigung, aber das ist für mich kein Thriller!


    Der Spannungsbogen war also teils nicht existent, teils ungeschickt konstruiert. Für mich reicht es einfach nicht, einen "Knall" ganz am Ende einzubauen, und damit 412 mehr oder weniger plätschernde Seiten zu rechtfertigen!


    Wie sieht es mit den behandelten Themen aus, die ich erwartet hatte? Internationales Parkett, ja schon, politische Fragen, hm, na ja. Aber WIE das gemacht war, hat mich echt nicht vom Hocker gerissen. Im Gegenteil, an manchen Stellen war ich schlicht verwirrt und überfordert. Wie ich schon weiter oben sagte, gibt es kaum Handlung - das allermeiste spielt sich entweder in Gesprächen, oder in den Gedanken eines der beteiligten Geheimdienstler ab. Das ist sehr ermüdend zu lesen! Ich möchte Beispiele nennen. Die Bedeutung, die Dima in Russland wirklich hat, erfahren wir nicht etwa durch Ermittlungen - nein, eine ellenlange Aufzählung aller seiner Geschäfte wird schlicht durch die Wiedergabe eines Tonbandes präsentiert, das Dima noch auf Antigua besprochen und dann Perry mitgegeben hat. Seiten um Seiten neue Verwicklungen, neue Geldgeschäfte, neue geheime Transaktionen. Schon nach kürzester Zeit gab ich auf, alles verstehen zu wollen.


    Zweites Beispiel. Wer bewegt sich eigentlich alles in Dimas Kreisen? Auch das wieder sehr geballt dem Leser mitgeteilt. Per Zufall - ach nein - hat wieder ein englisches Pärchen eine Yacht gefilmt, auf der sich Dima und seine Gäste tummelten. Und genau dieser Film wird im Verhörraum abgespielt und kommentiert. Hier dauerte es nicht einmal zwei Seiten, bis ich den Faden verlor. Wer nun wer war, wer wohin gehörte, wer in was alles verwickelt war... und ob das alles auch noch plausibel war, das kann ich schon gar nicht beurteilen. Meine Güte.


    Drittes und letztes Beispiel. Der Aufbau des britischen Geheimdienstes. MUSS man das denn auch noch derart verkomplizieren?? Ich will doch bloß eine Geschichte! Abwechselnd aus den gedanklichen Perspektiven zweier Geheimdienstmitarbeiter wird erzählt, dass ausgerechnet die Abteilung, an die unsere beiden Zivilisten Perry und Gail geraten sind, auch noch geheimer als geheim ist, eigentlich eher eine private Initiative eines ehemals erfolgreichen Mitarbeiters, Hector. Nichts wird erklärt, alles muss sich der Leser selbst zusammenreimen, da Luke und Hector in diesen Abschnitten nur jeweils vor sich hin denken. Ungeschickt gemacht! Und außerdem reichlich unlogisch. WENN sich schon ein Zivilist an den Geheimdienst wendet, dann müsste er doch eigentlich gleich bei den "Offiziellen" landen, und nicht bei einer Unterabteilung, die die Genehmigung für ihre Aktion erst noch einholen muss?? Und SO einfach sollte das gehen, über einen ehemaligen Uni-Dozenten?? ("hatten Sie da nicht mal...") Nie im Leben!!


    Noch einen Punkt möchte ich erwähnen, und zwar die Tatsache, dass eben manches arg unlogisch erschien - zumindest für mich unpolitischen Leser, der allein nach Wahrscheinlichkeit urteilt. Wie gesagt, zwei Zivilisten suchen den Geheimdienst, und finden ihn - fast wie per "Gelbe Seiten"... unglaublich.


    Zweitens, ich KANN mir einfach nicht vorstellen, dass ein wirklicher Geheimdienst einfache Zivilisten derart involvieren würde! Sicher, sie hätten wohl das Band abliefern und über ihre Erlebnisse mit Dima auf Antigua berichten können, aber mehr auf keinen Fall! Gegen Ende des Buches bestand erhöhte Lebensgefahr, und dafür sollte eine zweiwöchige "Schulung" reichen ?? Und die wurde auch noch derart lachhaft geschildert, dass ich mich an eine billige Parodie von James Bond erinnert fühlte! Tagsüber technisches Spielzeug betrachten, und abends ein Weinchen am Kamin mit Hector. Ja, nee, ist klar.


    Die ganze Geschichte hat geradezu haarsträubende logische Löcher, die ich hier nicht alle aufzählen möchte, zumal ich merke, dass ich mich gerade in Rage zu schreiben beginne. Fahren wir also lieber fort in der Liste der Kritikpunkte, denn die ist noch nicht abgearbeitet.


    Der Autor scheint beim Schreiben einen "Tunnelblick" auf das gewünschte Ende hin gehabt zu haben. Deswegen hat er wohl einiges außer Acht gelassen. Ich habe ja wirklich nichts gegen offene Enden, aber das hier reicht. Es bleibt einfach zu Vieles ungeklärt! Was wird denn nun aus Dimas Familie, und was aus Perry und Gail? Fliegt Hectors Unterabteilung nun auf oder nicht? (dieses ganze Gemauschel um den Geheimdienst habe ich sowieso nicht verstanden.) Was ist nun mit dieser internationalen russischen Mafia, kann sie in England Fuß fassen oder nicht? (DAS Thema war für mich dermaßen komplex, dass ich es auch schon nach kurzer Zeit aus den Augen verloren habe.) Was ist mit Nataschas Schwangerschaft?? Und so weiter, und so fort.


    Ein ganz, ganz großer Mangel des Buches ist die Tatsache, dass man sich mit keiner einzigen der geschilderten Personen wirklich identifizieren kann. Es gibt weder einen einheitlichen Erzähler, noch eine Perspektive, die stringent durchgehalten würde. Das Buch springt dauernd von einem Erzähler bzw. einer Perspektive zur nächsten, es ist keinerlei Muster erkennbar. Personen tauchen auf und gehen wieder. Dazu noch ein, zugegeben, relativ lockerer und flapsiger Erzählton, der aber nicht variiert wird. An manchen Stellen scheint der Autor geradezu absichtlich Distanz zum Erzählten erzeugen zu wollen, besonders gegen Ende, in der Schweiz. Da finden wir Formulierungen wie "Aber wann, o wann?" oder diesen unglaublichen Satz: "doch selbst diese düstere Geschichte hakt irgendwo, und sosehr Luke sich auch das Hirn zermartert, sie will einfach nicht aufgehen". Ja was denn nun?? Wenn der Autor selbst keine Anworten weiß oder anbieten will, brauche ich diese Buch nicht lesen!


    Habe ich auch Positives über dieses Buch zu sagen? Ja, und zwar, was die Sprache, den Stil betrifft. Man merkt schon, dass der Autor ein großer Stilist ist, dass er mit Worten jonglieren kann. "Spritzig" könnte man es stellenweise nennen. Auch das Russen-Deutsch bzw. -Englisch Dimas ist sehr gut wiedergegeben! Nur kann das eine verfahrene Storyline nicht retten. Der Übersetzer tut wirklich sein Bestes, um den Glanz des Originals zu bewahren, indem er zum Beispiel eine Wortschöpfung wie "Beichtiger" ( in Anlehnung an "Gläubiger" oder "Peiniger") oder das altmodische, mir bislang unbekannte Wort "resch" benutzt. Nur manchmal übersetzt er englische Redewendungen zu wörtlich, und das passt einfach nicht. ("Er war im Stand der Gnade" ist nur ein Beispiel.)


    Insgesamt habe ich einfach den Eindruck, dass Le Carré geglaubt haben muss, es sei mal wieder ein Buch von ihm fällig - und so kramte er in seinen Notizen, fand etliche Charakterskizzen, und erfand "mal eben" eine Story drumherum. Ein runder Gesamteindruck entsteht für mich jedenfalls nicht, was eben vorrangig an diesen Aspekten liegt: fehlender Spannungsbogen, etliche Unglaubwürdigkeiten, teilweise zu gedrängte und unverständliche Informationsverbreitung, und zu viele offene Fragen gegen Ende.

    Dienstag. Ich bummle mit einer Freundin durch den Buchladen, entscheide mich nach vielem Hin und Her für den Kauf dieses Buches. Noch hätte ich mich anders entscheiden können - doch ich sollte diesem Buch wohl nicht entgehen.


    Dienstag abend. Eigentlich wollte ich heute noch weg, doch das ist kurzerhand gestrichen. Auch für den Besuch, den sich mein Mann eingeladen hat, habe ich nur ein halbes Ohr. Heute gelange ich genau bis zur Mitte des Buches. Fast bin ich wütend auf mich, dass ich müde werde und unterbrechen muss.


    Mittwoch. Der Tag steht unter einem unruhigen Stern. Heute ist der Tag, an dem ich dieses Buch zu Ende lesen MUSS. Ich bin wiederum fast ärgerlich über jede Unterbrechung, das "Taxi Mama" nimmt zwar seinen Dienst auf, greift aber, kaum daheim, wieder zum Buch.


    Mittwoch abend. Eine Kanne Tee und viele Seiten später. Das Buch ist zugeklappt, die Geschichte beendet. Oder doch nicht? Die Charaktere und die Story schweben noch immer im Raum. Ich mag nicht so bald zu Bett gehen, ich denke nach, sinniere, fühle mit, leide. Und ich lese die ersten Kapitel noch einmal. Danach wird mir so langsam klar, dass dies einer der besten Thriller war, die mir jemals in die Hände gefallen sind.


    Ist dies ein perfektes Buch, wird der Leser der Rezension nun fragen. Ist es ein Buch ohne Mängel oder Macken. Ist es ein Buch, das man gelesen haben muss. Merkwürdigerweise würde ich in allen diesen Fällen mit "Nein" antworten - doch dieses Buch hat mir deutlich gemacht, dass zu einem gelungenen Lese-Erlebnis eben mehr gehört, als logisch erklärbar ist.


    Zwei Worte drängeln sich nach vorne. Sie sind der Meinung, dass sie dieses Buch hinreichend beschreiben. Es sind die Worte "verstörend" und "originell". Aus der Seitenkulisse taucht noch ein Wort auf, das sich auf die Hauptfiguren bezieht. "Unperfekt". In der Tat habe ich zwei Tage lang mit Menschen gelebt und gelitten, die alles andere als realitätsnah waren, die ich so nicht kenne, die sicherlich ein wenig kaputt und orientierungslos wirkten, und zwar allesamt. Und wisst ihr was - es war mir egal.


    Das absolut Verstörende an dem Buch ist, dass es einem als Leser die Aufgabe der Bewertung nicht abnimmt. Oberflächlich mag man wissen, die vier Freunde sind die Guten, und der Killer und die Menschen aus seiner Vorgeschichte sind die Bösen. Doch so einfach ist es nicht. Im Laufe der Handlung begeht jeder, aber auch wirklich jeder, etliche Dummheiten, und steht vor tiefen Krisen.


    Dieses Gefühl der Verstörtheit kombiniert der Autor dann unglaublich kunstvoll mit formeller Originalität. Das Buch ist völlig neuartig aufgebaut, so etwas habe ich noch nicht gelesen. Das übliche Thriller-Einerlei war es auf keinen Fall! Es gab verschiedene Überschriften, die die Abschnitte (ich möchte nicht gerne "Kapitel" sagen) eingeleitet und strukturiert haben: "davor", "danach", "dazwischen", "Du", "der Mann, der nicht da war", sowie die Namen der vier Freunde, "Kris", "Tamara", "Frauke", und "Wolf". Erst im Rückblick macht das alles seinen Sinn. Deshalb würde ich auch jedem Leser raten, das Buch nicht zuzuklappen mit dem Gedanken, wie verwirrend das alles doch war. Lest zumindest die ersten Kapitel (jetzt hab ichs ja doch gesagt) nochmal, dann werdet ihr merken, dass das alles wohl durchdacht war. Und eins kann ich euch versichern: ihr werdet NIE darauf kommen, WER das ist, der in den Abschnitten "danach" spricht!!


    Gut, man mag sich streiten, ob die Thematik des Buches (das, was den Killer letztlich zu seinen Taten trieb) wirklich so neu ist. Darüber schreibt in letzter Zeit wirklich jeder. Aber auch hier schafft es der Autor, dem Ganzen neue Züge zu verleihen. Denn er lässt die Frage offen, inwieweit Butch, der Freund aus Kindheitstagen, wirklich freiwillig (!) involviert war... eine gruselige Vorstellung!!


    Ganz genial fand ich auch die Sprache und Ausdrucksweise. Noch NIE habe ich ein Buch gelesen, in dem so konsequent im Präsens geschrieben wurde, und zwar auch dann, wenn es um Ereignisse in der Vergangenheit oder Zukunft geht. Dazu klare, knappe Sätze, die oft die Zerrissenheit der ganzen Situation noch betonen. Der Effekt ist unmittelbar und eindringlich: man erlebt das Buch als Leser als nahezu schicksalhaft, die Ereignisse als unhaufhaltbar. Dies dann auch noch kombiniert mit dem genial ausgetüftelten Spannungsbogen, und fertig ist ein Lese-Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.


    Mein Fazit kann nur lauten: dieses Buch bleibt in meinem Besitz, ich werde es vermutlich ein zweites Mal lesen. Und ich rate jedem Thriller-Fan, nicht achtlos daran vorbeizugehen. DU, ja genau DU, Leser, bist gemeint. Nimm und lies! Und dann denke nach - so wie ich.

    O Muse, komm und küsse mich! Denn wie soll ich nur dem geneigten Leser nach all dem Rummel um dieses Buch, und nach all diesen Rezensionen, noch glaubhaft nahe bringen, dass die ganzen Lobeshymnen, die man so hört, tatsächlich berechtigt sind?? Wie soll ich nur erklären, wie diese unglaublich nachhallende Wirkung zustande kommt, die mich dazu gebracht hat, manche Geschichten sogar zweimal zu lesen? Und wie meinen eigenen Gefühlsstrudel beschreiben, der mich ob des Schicksals der - realen - Personen erfasst hat?? Wir werden es wohl auf einen Versuch ankommen lassen müssen.


    11 echte Geschichten sind es, die uns Herr von Schirach, ein echter Berliner Anwalt und Strafverteidiger, hier serviert. Nein, er selbst bezeichnet sie ja ein wenig salopp als "Stories". Oder sollte der Verlag diesen - taktischen - Untertitel gewählt haben? Wie dem auch sei, durch das ganze Buch zieht sich dieser rote Faden, diese Stimmung: das Leben, vor allem das unglückliche Leben, und seine Krisen, bleiben immer fragmentarisch und für Außenstehende letztlich nicht einsehbar. Dramatik und Tragik können nur ansatzweise vermittelt werden. Beobachter, Zeugen, Anwälte (!) und auch Leser werden in ihren Deutungsversuchen auf sich selbst zurückgeworfen, und müssen sich, sofern sie auch nur eine Winzigkeit von diesen Schicksalen berührt wurden, teils unbequeme Fragen über Verbrechen, Schuld und die Gesellschaft stellen.


    Verschiedene Dinge haben mich an dem Buch sehr beeindruckt. Da ist zum einen das nahezu unheimliche Erzähltalent von Schirachs. Er hat ein unglaubliches Händchen dafür, eine Situation langsam aufzubauen, in an und für sich verstehbaren Schritten, hinter denen unterschwellig aber immer Beklemmung lauert. Die bloße Erwähnung einer polierten nordischen Spitzhacke oder eines Schweizer Messers löst beim Leser feuchte Hände und Herzklopfen aus. Die Geschichten steigern sich in jedem Falle zu Bildern und Situationen von furchteinflößender Intensität. Da sei es dem Autor gerne verziehen, dass man sich im Nachhinein fragen kann, woher er alle diese Details hat - wo der doch in vielen Fällen gar nicht dabei war. Doch sein unbestreitbares literarisches Talent macht dies wieder wett.


    Seine Sicht auf die beteiligten Personen bleibt dabei jedoch immer menschlich, was ich ihm hoch anrechnen muss. Er schreibt die ersten zwei Drittel der Geschichte jeweils immer aus ihrer Perspektive, und wird erst dann zum "Ich.-Erzählerr", wenn er selber in Erscheinung tritt. Bei einem weniger talentierten Schriftsteller hätte das leicht in blutigen Voyeurismus abgleiten können, doch hier zählt einfach nur, dass der Leser einen Spiegel der Wirklichkeit vorgehalten bekommt, in den er vorher noch nie geschaut hat.


    Die Sprache schließlich, die tut das ihrige dazu, um das Buch schlußendlich zu einem Meisterwerk zu machen. Absolut schnörkellos, und doch dabei ästhetisch ansprechend, immer wahrhaftig und der Situtation angemessen, voller Scharfblick für Details und Beweggründe. Fast beginnt man als Leser, sogar "die Bösen" zu mögen - oder doch zumindest einige der Schubladen, in die man sie so gerne stecken würde, zu hinterfragen. Auch die thematische Auswahl der Geschichten sei hier vermerkt: es wird dem Leser ein beeindruckendes Panorama geboten, das vom Ehemartyrium bis zur illegalen Einwanderung über den Drogenhandel und Schizophrenie reicht. Teilweise sehr gruselig, aber immer mit Lesesog-Garantie.


    Doch das absolute "Sahnehäubchen" waren für mich die eingestreuten Reflexionen und Betrachtungen zum deutschen Rechtssystem, die mir als Laien doch sehr die Augen geöffnet haben. Was ist ein Eid, wann strengt ein Richter einen Prozess an und wann lieber nicht, wie fühlen Polizisten und Anwälte gegenüber Tätern, die Einsamkeit von Untersuchungsrichtern, wie sind die Fristen für Haftverlängerung etc., was ist Untersuchungshaft, was ist das juristische Konzept von "Strafe", und und und. Wirklich beeindruckend, und erkennbar von einem Fachmann geschrieben.


    Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass dieses Buch sicherlich nicht zur genüsslichen Nachttisch-Lektüre taugt. Für mich mutierte es von der ersten Seite an zu einem packenden und literarisch anspruchsvoll verarbeiteten Stück Leben, das mich seitdem begleitet, und das ich sicher noch öfters zur Hand nehmen werde.

    Zoran Drvenkar steigt mit diesem Werk erneut in meiner Achtung. Denn er ruht sich nicht etwa auf den Lorbeeren für seinen Vorgänger „Sorry“ aus, nein – er geht einen Schritt weiter, er baut seine Fähigkeiten aus, und wird episch, melodramatisch, bedrückend, lakonisch-faszinierend, nahezu tragisch. Alle diese Merkmale sind bei Drvenkar natürlich nichts Neues – aber hier werden sie (zumindest meiner Meinung nach) weiter perfektioniert, und auf die Spitze getrieben. Man möchte wirklich nicht in der Haut dieses Autors stecken. Denn was soll schon nach diesem Buch noch kommen..?



    Als ich den Titel seines neuen Werkes hörte, war ich skeptisch. „Du“ - das klang nach einem simplen Wiederaufnehmen eines Konzeptes, das in „Sorry“ schon für Furore gesorgt hatte – nämlich das streckenweise erdrückend konsequente Erzählen in der Du-Perspektive, so dass der Leser sich persönlich angesprochen fühlt und sich nicht entziehen kann. Doch „Du“ ist viel mehr als das. Es nimmt den Leser mit auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle, und führt ihn durch drei verschiedene Erzählstränge hindurch. Diese verquicken sich zuerst langsam, dann immer schneller, um in einem Finale Furioso zu gipfeln, das beinahe die Züge einer griechischen Tragödie trägt.




    Gut, geben wir es gleich von Anfang an zu – dieses Buch ist sicher keine leichte Kost, aber das erwartet man von Drvenkar ja auch nicht. Es verlangt eine aufmerksame Lektüre, ein geistiges Puzzle-Spiel, und die Bereitschaft, einmal nicht nach „dem Helden“ und „dem Bösen“ Ausschau zu halten. Genau wie „Sorry“, nimmt „Du“ dem Leser die Aufgabe der Bewertung in keiner Sekunde ab. Man begegnet Personen, die alle gleichermaßen verkorkst und verquer veranlagt sind. Eine Identifikation wird im engeren Sinne also nicht geboten – dafür aber ein atmosphärischer Höllenritt par excellence.



    Der Prolog beginnt mit dem ersten Handlungsstrang, dem „Reisenden“. Es entzieht sich leider meiner Kenntnis, ob diese Verbrechen auf wahren Tatsachen beruhen – aber zumindest wird dieser Eindruck erweckt. Ein Mann bleibt mitten im Winter auf der A 1 nachts in einem Stau stecken – und das setzt Gefühle und Erinnerungen frei, die in einem Massenmord gipfeln. Nacheinander ermordet dieser Mann weit über 20 Menschen in ihren Fahrzeugen. Absolut verstörend ist schon in diesem Abschnitt, wie der Autor selbst die grausamsten Details mit einer Art von Poesie ausstattet, und seinen lakonischen Ton beinahe in einer Art Verständnis für den Täter münden lässt. Dasselbe wiederholt sich im Laufe des Buches noch dreimal.



    Der zweite Strang beginnt im nächsten Abschnitt. Hier begegnen wir Ragnar, einem Gangsterboss. Sein Bruder ist tot, und etwas offenbar sehr Wertvolles ist ihm abhanden gekommen – von einer weiblichen Person entwendet. Man erfährt in diesem Abschnitt nicht eben viel – nur die Veranlagung dieses Menschen wird überdeutlich. Er verfügt über: willige Handlanger, genügend Mittel und Verbindungen, sowie einen für sein Metier erfreulichen Mangel an Gewissen und Skrupel. Man ahnt Übles.



    Im dritten Strang treffen wir auf die „süßen Schlampen“, eine Clique von fünf reichlich frühreifen und abgebrühten Berliner Gören, die sich sicherlich keine mittelständische Hausfrau als Freunde für ihre Kinder wünscht. Wie ich einem Interview entnahm, sollte das Buch sogar ursprünglich nach diesen Mädchen benannt werden – seien wir froh, dass Zoran Drvenkar sich anders entschieden hat. Protagonistin ist (vorübergehend) „Stinke“, die wie alle fünf Mädchen im ganzen Buch fast nur mit ihrem Spitznamen angesprochen wird. Was die Handlung betrifft, erfahren wir auch hier nicht gerade viel – wir treffen Stinke und ihre Freundinnen, und erhalten einen Einblick in ihre Welt. Stinke ist eigentlich mit ihren Freundinnen im Kino, lässt sich aber in der Pause auf einen reich scheinenden Fremden aus Hamburg ein. Ihr eigentlicher Freund, Indie, bleibt kurzerhand mit seinen Rasta-Locken und schmierigen Hosen zurück. Auch hier ahnen wir : das wird noch unerwartete Folgen haben.



    So unwahrscheinlich es auch scheint, diese drei Stränge finden im Laufe des Buches zueinander. Und zwar auf eine Art und Weise, die erst langsam Fahrt aufnimmt, aber dann für absolute Gänsehaut sorgt. Ragnar und die „süßen Schlampen“ treffen dabei noch relativ schnell aufeinander, noch vor der zweiten Hälfte. Doch durch die immer wieder wechselnden Perspektiven, die mit dem Namen der jeweils handelnden Person überschrieben sind, wird vom Leser konstante Denkarbeit verlangt. Es stellt sich heraus: die Dame, die Ragnar am Anfang etwas entwendet hatte, war eine der „süßen Schlampen“... doch wie kam es dazu? Das verrate ich lieber nicht, das tut auch nichts zur Sache. Das ist Stoff für einen Lese-Sog, der seinesgleichen sucht. Es sei nur bemerkt, dass auch die Chronologie der Ereignisse nicht eben geradlinig verläuft – man muss teilweise sogar zurückblättern, um nicht den Faden zu verlieren. Selten wurde ich als Leser dermaßen gefordert – aber ich habe es in jeder Sekunde genossen!



    Im letzten Drittel des Buches wähnt man sich zunächst in einem Road-Movie, doch auch hier täuscht der Eindruck. Unterschwellig weiß man, das kann doch nicht alles sein – ein Gangsterboss, der fünf Mädchen jagt. Das wäre ja viel zu einfach. Und richtig! Auf letztlich sehr, sehr zufällige, und gerade dadurch eben tragische Weise, kreuzt sich dieses Abenteuer mit dem „Reisenden“ - und spätestens ab diesem Punkt konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Meine Assoziationen wirbelten wie ein Schneesturm durch meinen Kopf – teils Quentin Tarantino, teils Alfred Hitchcock, teils Zoran Drvenkar! Eine geniale Mischung, die in einem halb offenen Ende mündet, das ich so noch nicht gelesen habe. Absolut neuartig für einen Thriller dieses Genres, dieser Generation. Sicher, die wichtigsten Handlungselemente werden zu Ende geführt – manche Personen bleiben auf der Strecke, manche Verbindungen wandeln sich, manche Enthüllungen warten auf den Leser. Und doch ist das Ende nicht „abgeschlossen“, in keinster Weise „rund und befriedigend“. Doch gerade dadurch empfand ich es als für dieses Buch als zu hundert Prozent stimmig! Man klappt dieses Buch zu, und ist doch nicht „fertig“ - es wirkt nach. Und zwar lange!



    Mehr mag ich inhaltlich gar nicht zu diesem Buch sagen. Das soll sich jeder interessierte Leser selber erlesen – denn dieses Buch ist, wie schon gesagt, nicht zum billigen Konsum gedacht, sondern zum Mitleben, Nachvollziehen, Verdauen, und Weiterspinnen im Kopf. Erwähnen wir lieber die „besonderen Kennzeichen“, die Drvenkars Stil so unverwechselbar machen.



    Da ist natürlich die Erzählperspektive, das „Du“. Es wird konsequent angewendet, in nahezu jedem Erzählabschnitt. Ich habe nicht nachgesehen, aber ich glaube, an keiner einzigen Stelle wird die konventionelle Erzählhaltung in der dritten Person verwendet! Immerzu heißt es „Du“. Das zwingt dem Leser eine Intimität mit den handelnden Personen auf, die teilweise schon bedrückend ist.



    Das zweite Kunststück des Autors besteht darin, Poesie mit Grauen zu verbinden. Manche Absätze möchte man sich am liebsten abschreiben und übers Bett hängen, doch wenn man schließlich realisiert, um was es eigentlich geht, verfliegt dieser Impuls ziemlich schnell.



    Es geht viel weniger um Personen, als um Milieus, um Stimmungen. Fremd bleiben einem die Handelnden zwar nicht, aber sie bleiben auf einem Abstand stehen, der ein allzu großes Verständnis verhütet. Man nimmt teil als Leser, man folgt dem Geschehen – aber man staunt, man ist ratlos, auch hilflos angesichts von so viel Trübsal und Hoffnungslosigkeit.



    Was die „Verstrickung“ der einzelnen Stränge angeht, habe ich selten etwas so Originelles und Ausgefuchstes gelesen! Nicht nur die klassischen „Cliffhanger“ finden wir en masse, sondern auch Vor- und Rückschritte, sowie ständige ironische Einmischungen des Autors! Er redet seine Figuren teilweise selber an, teilt ihnen Rollen zu, bewertet, nimmt vorweg. Und der absolute „Knüller“ war für mich in diesem Buch die Tatsache, dass sogar Tote und Sterbende eigene Kapitel zugewiesen bekommen! Ich hätte ja beinahe gelacht, aber das Lachen blieb mir dann doch im Halse stecken.



    Nein, dieses Buch ist für mich einfach kein Buch im klassischen Sinne. Es ist ein erzählerisches Experiment, ein Panoptikum an Stilmitteln und spannungssteigernden Elementen. Ungewöhnlich, aufrührend, verstörend, bleibend. Und für jeden Leser, der die üblichen Krimis und Thriller nicht mehr sehen kann, absolut empfehlenswert! Höchstnote für Zoran Drvenkar!