Ich hoffe ich war nicht zu hart, aber ich war schon häufiger "Hobby-Lektorin" und da wurden offene Worte geschätzt.
Nein, im Gegenteil, ich schätze offene und ehrliche Worte. Wer sich als Autor:in einer Leserunde stellt, darf nicht erwarten von Lob überschüttet zu werden, sondern muss ich sich auch Kritik stellen. Wenn ich Deine Worte richtig interpretiere, dann hat Dich der Roman nicht in den Bann gezogen, weil er grundsätzlich schlecht ist, sondern Deine Erwartungshaltung an die Charaktere und der Story nicht erfüllt hat. Korrigiere mich bitte, wenn ich das falsch einschätze.
Für ist ist das schöne an Leserunden, dass ich Euer direktes Feedback zu den einzelnen Abschnitten erhalte, bevor Ihr das Ende kennt, denn dann beurteilt man ein Buch ja anders, als während des Lesens.
Ich lese ja auch sehr viel und oft geht es mir wir Dir, denn Geschmäcker sind eben verschieden. Das ist eben so und es wäre irgendwie langweilig, wenn alle Autor:innen gleich schreiben und alle Leser:innen das gleiche von einem Roman erwarten würden.
Wobei ich unterscheide, ob es der Schreibstil, die Figuren oder der Inhalt allgemein ist, der mir dann nicht zusagt. Ich habe schon viele, hochgelobte und sehr gut rezensierte Bücher gelesen, die mich einfach nicht erreichen konnten, während ich andere las, die kaum bekannt sind, meiner Meinung nach aber einen Platz ganz oben auf den Bestsellerliste verdient hätten.
Man hat eine Erwartungshaltung an ein Buch, ob diese erfüllt wird, merkt man dann halt erst beim Lesen. Es ist natürlich schade, dass Deine in diesem Fall nicht erfüllt wurden, ich jedoch wollte genau so einen Roman mit diesen Charakteren schreiben, wie er es geworden ist.
Gerade bei der Figur Cleo versuchte ich, deren Entwicklung von einem jungen, ihrer Zeit angepassten, Mädchen zu einer Frau, die eigene Meinungen entwickelt und Entscheidungen gegen die Konventionen trifft, in kleinen Schritten zu schildern. Cleo ist zwar eine starke Frau, aber vor über einhundert Jahren gab es, besonders nicht in einer ländlichen Gegend wie Cornwall, für Frauen aus niedrigen Schichten ja längst nicht die Möglichkeiten, ihre eigenen Wünsche und Ziele zu verwirklichen, weil ihr Leben den Umständen angepasst war und sie ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Träume hatten sie natürlich, und Cleo verwirklicht ihre nach und nach. Für mich wäre die Figur unrealistisch geworden, wenn - bedenkt man die Umstände von Cleos Erziehung, ihre Kindheit und Jugend - wenn sie urplötzlich aus allem ausgebrochen wäre. Aber, wie gesagt, das ist Geschmackssache, man muss damit nicht unbedingt warm werden.