Hallo Batcat,
es ist ein wenig schwierig, genau zu erklären, wie Inys und meine Zusammenarbeit funktioniert, denn sie hat sich im Lauf vieler Jahre immer weiter entwickelt und wird dies auch noch in Zukunft tun.
Ich versuche trotzdem aber, dir eine befriedigende Antwort auf deine Frage zu geben, und stehe selbstverständlich auch für weitere Fragen zur Verfügung.
Am Beginn unserer Zusammenarbeit stand das gegenseitigte Kritisieren und Helfen bei Stories für Goldmann, Bastei usw., Iny nannte es damals Sounding Board. Dies ging zuletzt so weit, dass Iny Texte von mir, die beim Anthologisten auf der Kippe standen, sprachlich überarbeitete und damit ihr Erscheinen sicherte. Im Gegenzug schrieb ich ihr einen neuen Rohtext für eine Story, bei der sie bereits aufgegeben hatte, weil ihr das Thema nicht behagte. Sie überarbeitete diese Story und wunderte sich hinterher, weil diese von unserem Anthologisten so gelobt wurde.
Irgendwie waren damit die Grundlagen für unsere weitere schreiberische Zukunft gelegt. Obwohl jeder von uns auch weiterhin Stories für sich schrieb, begannen wir ab da immer stärker, gemeinsam zu arbeiten. Wir besprachen das Thema der entsprechenden Anthologie und entwickelten in Gedanken eine Geschichte, die ich dann in Worte fasste und Iny überarbeitete und ausschliff.
Auf die selbe Weise schrieben wir auch ein Kinderbuch und später mehrere Begleitbücher zu Fernsehserien. Ich erstellte den Rohtext, und Iny übernahm die Feinarbeit.
Als wir dann begannen, historische Romane zu schreiben, war es für uns selbstverständlich, es auf diese Art und Weise zu tun.
Nun ist es nicht so, dass ich mich isoliert an den Computer setze und einfach etwas vor mich hin fabuliere. Bevor der erste Buchstabe geschrieben wird, unterhalten Iny und ich uns auf langen Spaziergängen ausführlich über einen geplanten Roman, legen gemeinsam die Grundzüge seines Ablaufs fest und formen die wichtigsten handelnden Personen aus. Dabei fließen natürlich die Ergebnisse der Rechrchen, die ich mache, mit ein und beeinflussen die einzelnen Handlungsstränge. Da der Ablauf des Romans und die einzelnen Personen von uns beiden ausdiskutiert werden, gibt es später auch kaum Differenzen zwischen dem, was in meinem Rohtext steht, und dem, was Iny daraus macht.
Auch schreibe ich einen Roman nicht an einem Stück, sondern ein bis zwei unserer Großkapitel, die jeweils so zwischen 80 und 120 Manuskriptseiten lang sind und lege dann eine Pause ein, in der Iny den Text liest und ihren Kommentar dazu abgibt. Ich überarbeite meine Fassung entsprechend und ändere die Stellen ab, die sich dann doch als nicht so treffend erwiesen haben. Erst dann erhält Iny den Text, um damit weiter zu arbeiten.
Das macht sie natürlich auch nicht für sich allein, sondern ich lese den Text nach jeder Überarbeitungsphase durch und setzte meine Gitterkreuze (##) plus Kommentare an den Stellen, die mir nicht passen und greife bei auftretenden sachlichen Fehlern selber ein.
Wie du sehen kannst, gibt es bei uns niemand, der hier den Ton angibt und sagt, wie es weitergehen soll, sondern alles wird gemeinsam erarbeitet. Während Iny darauf achtet, dass ich eine gute und spannend geschriebene Geschichte hin bekomme, sorge ich dafür, dass ihre überarbeitete Version flüssig und angenehm zu lesen ist.
Das Ergebnis ist komplexer und tiefschürfender als mein eigener Stil, aber eben auch nicht völlig Inys normaler Stil, sondern liegt im Idealfall genau in der Mitte zwischen uns beiden.
Wie es aussieht, scheint es uns auch zu gelingen, Stilbrüche zu vermeiden. Die Damen im Verlag waren nämlich baff erstaunt, als sie nach dem zweiten abgelieferten Manuskript erfuhren, wie Iny und ich zusammen arbeiten und sie meinten, dass sie nicht bemerkt hätten, dass zwei Leute daran beteiligt gewesen wären.
Ich hoffe, du bist mit meiner Antwort halbwegs zufrieden.
Liebe Grüße
Gheron