Ich hatte das Glück, am Sonntag bei der erotischen Lesung dabei sein zu können - es fielen ziemlich viele Tropfen, meist ziemlich kleine, feine, es war also eine zumindest feuchte Sache, nass sogar, denn dunkle Wolken bevölkerten den Horizont und verschütteten ihr Gut im Überfluss. Wolken gelten ja als fluschig weiß und schafig, aber sie können auch anders! So schnell täuscht mich keine Wolke mehr ... Das förderte dennoch die Nähe, denn nach rund einer Stunde rückten sich durch Corinnas Initiative Passive wie Aktive dicht auf den tropfenden Pelz. Aber vorweg: Corinna Luedtke las, "unser Bodo" moderierte im Park der Sinne in Laatzen.
Die Textauswahl besorgten sie in fruchtbarer Zusammenarbeit und gebärten einen Kaiserschnitt aus Casanova bis Henry Miller. Bodo wickelte sich die steife Krawatte um und ließ das tote Pferd wo es gerade war, denn es ist so einsam im Sattel. Die Moderation übernahm der bekennende Krimi- und Western-Fan souverän, wenn auch Mikrofon-Probleme ihn zum Satz hinrissen: "Manchmal geht es eben nur mit Gewalt". Das zögernde Ding zwängte er resolut in die Halterung. Ist eben ein ganz Harter.
In der Mitte der Runde standen hingegen dann doch die Texte, die Corinna kongenital vortrug. Dabei schaffte sie es, auch "ollen Klassikern" ein vertikales Lächeln zu entlocken, Höhepunkt für mich waren Gedichte von Frauen - die Auflösung, welchem Kulturrund das jeweilige Werk entsprang, verführte zu überraschenden Erkenntnissen.
Dazwischen war es kalt. Bitterkalt. Saumäßig schweinisch kalt. Prosper Mérimée zitierte in "Carmen": Das sind die zwei kältesten Dinge, die man kennt: Die Schnauze eines Hundes und der Arsch der Frau. Das ist gelogen, der zweite Teil sowieso, denn es gibt nichts, was so kalt ist wie Hannover im durchfeuchtenden Regen. Die Besucher bewiesen nicht nur Ausdauer, sondern auch nach der Lesung Steherqualitäten. Das Tier mit den zwei Rücken ist eben nicht nur ein altes Spiel, sondern auf der Höhe der Zeit - noch deutlicher machte Corinna, welche Sprachlust in den Texten doch stecken kann. Man mag dagegen manchen zeitgenössischen Text halten, der trotz deutlicherer Sprache gegen einen Balzac den Kürzeren zieht.
Mit "uns Bodo" fachsimpelte ich nach der Lesung noch kurz über große Dinger wie Kamera-Objektive, die mit sanftem oder manchmal auch härterem Zoom das Objekt heranholen. Kurz nach der Lesung zeigte sich die Sonne und wärmte die durchfeuchteten Zuhörer, die ihre Zähne in mildes Sauerfleisch zwischen harte Bagelhälften trieben.
Die ultimative Erkenntnis an diesem Tag: Das Loch unten ist kleiner als das dadrüber.
Die Nudelsuppe