Beiträge von Rika-

    Ich hab im Laufe der Zeit auch eine nette Macke entwickelt. Allerdings pflege ich die nicht bei jedem Buch, das ich lese, denn das wäre mir zu aufwändig und zu pragmatisch.


    Ich trinke gerne während des Lesens ein zum Buch halbwegs passendes Getränk. Also zum Beispiel gib es dann
    – zu K. Ishiguro, Was vom Tage übrig blieb (über einen englischen Buttler) eine Tasse Earl Grey Tee mit Milch
    – zu M. Duras (französische Autorin), Der Liebhaber französischen Rotwein
    – zu den american short stories von R. Carver Bier
    – zu T. Ben Jelloum, Das Schweigen des Lichts (Roman über eine Gefängnishaft) ein Glas Leitungswasser
    – zu B. Vanderbeke, Das Muschelessen einen zum Essen passenden Weißwein oder
    – zu N. Kazantzakis (griechischer Autor), Alexis Sorbas ein Glas Samos


    Nur bei den russischen Autoren hab ich so meine Probleme. Hier wäre ein Gläschen Wodka durchaus angemessen, aber wenn ich noch etwas von dem Buch mitbekommen möchte … :lache

    Meine Meinung:


    "Schlafes Bruder" gehört zu meinen Lieblingsbüchern und ich habe es eben zum wiederholten Mal gelesen. Das Buch hat mich erneut mitgerissen und begeistert.


    Meine Begeisterung hat mehrere Gründe:
    – die besondere Sprache
    – die Behandlung universeller Themen sowie
    – die enorme Deutungsvielfalt, die in dem Buch steckt


    Die Sprache ist etwas eigenes, eine Mischung aus Dialekt und altertümlichen Formulierungen. Insofern passt die Sprache sowohl zum Ort (Eschberg im Vorarlbergischen), als auch zur Zeit der Romanhandlung (streng genommen die Lebensdaten des Protagonisten, also 1803 – 1825; eigentlich jedoch weit rückständiger, so heißt es bspw. auf Seite 155: "Die Zeit des mittelalterlichen Schlafs neigte sich auch in Eschberg dem Ende zu, und in den vorarlbergischen Städten hatten bereits waghalsige Spekulanten damit begonnen, kuriose Bauwerke zu errichten, welche sie hernach mit dröhnenden Ungetümen aus Eisen auffüllten.").


    Es werden viele große Themen angesprochen und mehr oder weniger ausführlich dargestellt. Man liest von der Liebe (in unterschiedlichen Varianten, so z. B. die unglückliche Liebe, die nicht ausgesprochene Liebe, die homosexuelle Liebe), vom Tod und vom eigenen Beschluss zu sterben, von einer ungewöhnlichen musikalischen Begabung und Berufung, von Freundschaft und deren Bedingungen, von der Bedeutung von Zielen und tiefen Gefühlen für das Leben, von Gewalt und deren Weiterreichen an andere, Schwächere …


    Dies alles wird nicht etwa allgemeingültig und in sich abgeschlossen dargestellt, sondern deutungsoffen. Das Buch strotzt nur so vor Symbolik und Andeutungen, was viele Deutungsmöglichkeiten, Auslegungen und Interpretationen zulässt. Der Leser ist gefordert. Das Buch vermittelt von Beginn an eine seltsame, unterschwellig bedrohliche und nebulöse Stimmung und man fragt sich sofort, was hier eigentlich los ist.


    Die Romanhandlung wird nicht streng chronologisch erzählt, was ebenfalls zum Mitdenken anregt und keine Langeweile aufkommen lässt. Zwischen den Ereignissen um die Hauptperson sind zudem immer wieder Lebensgeschichten anderer Dorfbewohner eingefügt. Auch dies empfand ich als sehr passend, man denke nur an Dorfgemeinschaften, in der jeder jeden kennt und jeder über jeden tratscht, diese kleinen Episoden haben das Buch rund gemacht.


    Dafür gibt‘s von mir die volle Punktzahl.

    Ich war eben mal am Regal mit meinen Lieblingsbüchern und hab nachgezählt: 19 Autoren und nur vier Autorinnen. Oha, ich hatte es geahnt.
    Das könnte daran liegen, dass ich es im Zweifel eher sachlich, schnörkellos und prägnant mag.


    Wenn ich mir ein Buch zum Lesen aussuche, welches ich noch nicht kenne, ist es für mich aber kein Kriterium, ob es eine Frau oder ein Mann geschrieben hat. Das wäre dann unsachlich.

    Meine Meinung:


    Charmant, reizvoll, zauberhaft, witzig und doch auch ernst und hintergründig – so würde ich dieses Buch beschreiben.
    Manchmal war es mir aber auch ein bisschen zu viel von all dem: zu charmant, zu reizvoll, zu viel Liebenswürdigkeit und im Gegensatz hierzu bei den schlechten Charakteren und bei den Schilderungen des Krieges mitunter ein bisschen zu dick aufgetragene Dramatik …


    Die Form des Briefromans war mal etwas anderes und es war interessant zu lesen, was die Autorin aus dieser Form herausholt, was sie daraus macht.
    Allerdings hatte ich gegen Ende auch das Gefühl, dass die Briefform doch an ihre Grenzen kommt.


    Ich habe das Buch gerne gelesen, es hat mir kurzweilige und vergnügliche Lesestunden bereitet. Ein schönes Buch für zwischendurch. Zu meinen Lieblingsbüchern werde ich es dennoch nicht zählen, es gibt allemal noch Luft nach oben, meine ich.


    8 Punkte.

    Soeben glücklich von der Bibliothek nach Hause getragen: :-]


    Sulaiman Addonia, Die Liebenden von Dschidda
    Mary Ann Shaffer, Deine Juliet
    Peter Goldsworthy, Maestro
    André Brink, Die andere Seite der Stille
    Willy Vlautin, Northline
    Knut Hamsun, Hunger
    Kazuo Ishiguro, Was vom Tage übrig blieb


    Falls eine Eule auch gerade (oder demnächst) eines dieser Bücher lesen möchte – ich würde mich über eine Mini-Leserunde freuen. :wave

    Ich bin bei diesem Buch zwiegespalten.


    Einerseits strotzt "Wassermusik" nur so vor Faburlierlust, Sprachkunst und Phantasie. Alleine der Wortschatz ist umwerfend. Der Autor setzt gekonnt und häufig gut gewählte Vergleiche und Metaphern ein. Er scheut sich nicht, seine Protagonisten alle zwei, drei Seiten in Lebensgefahr oder wenigstens in eine ausweglose Situation zu schicken – und sie da auch wieder einfallsreich heraus zu holen. Fast jedes der kurzen Kapitel endet mit einem Cliffhanger und dann geht es im folgenden Kapitel mit einer anderen Person und einer anderen Geschichte weiter, so dass es (zunächst) nicht langweilig wird. Die Handlung schlägt Haken, und dies beinahe auf jeder Seite.


    Andererseits ist der Roman leider auch nicht mehr als dies! Der Autor dreht Pirouette um Pirouette, Slapstick folgt auf Slapstick, unerwartete Wendung auf unerwartete Wendung. Und ich hab mich irgendwann gefragt, was mir das soll. Die Figuren im Dienste des Autors – so wirkte es auf mich, fast wie Marionetten, an deren Fäden der Autor unablässig zieht.
    Mir ist keine der Figuren wirklich nahe gekommen, weil die Handlung stets über der Beschreibung von Charakteren steht.

    Dieses "Strickmuster" hat mich an zwei andere Romane erinnert, die mir aus demselben Grund nicht gefallen haben: "Die Säulen der Erde" von Ken Follett und "Das Gleichgewicht der Welt" von Rohinton Mistry. Allerdings ist "Wassermusik" im Vergleich hierzu sprachlich wesentlich gehaltvoller,
    immerhin.


    Fritz J. Raddatz hat in der "Zeit" unter dem Titel "Eine unendliche Schnurre" eine Rezension zu "Wassermusik" geschrieben. <klick>
    Ich finde, in dieser Rezension wird das Problem des Romans sehr gut beschrieben.


    Ich habe "Wassermusik" auf Seite 450 (von 712) abgebrochen, weil ich bereits an dieser Stelle unterhaltungsübersättigt war und weil mir die Personen zu fern geblieben sind.


    Von mir nur 7 Punkte und keine Euphorie.

    Tahar Ben Jelloun, Das Schweigen des Lichts
    Aus dem Französischen von Christiane Kayser
    Roman, 252 Seiten
    Berlin Verlag, Berlin 2001 (Dt. Erstausgabe)
    gebundene Ausgabe: 19,90 EUR, ISBN 978-3827004277
    Taschenbuchausgabe: 8,90 EUR, ISBN 978-3833300103


    Inhalt (Klappentext):
    Ein Mann erzählt. Er heißt Salim und hat am gescheiterten Putschversuch gegen König Hassan II. teilgenommen. Er war zwanzig, Soldat und seinen Offizieren blind gefolgt. Er wurde interniert im geheimen Straflager Tazmamart, im Süden Marokkos, verurteilt zu einem langsamen Sterben in Kälte, Schmutz und Angst. Im Gefängnis herrscht ewige Nacht, kein Licht dringt in die fensterlosen, unterirdisch gelegenen, nur 1,50 m hohen Zellen.
    Die einzige Vergünstigung bringt der Tod eines Mithäftlings: dann dürfen die Gefangenen ans Tageslicht, um ihn zu beerdigen, und vielleicht erhaschen sie ein Stück Kleidung des Toten gegen die Kälte.
    Um zu überleben, lernt Salim, sich von den Bildern seiner Vergangenheit zu befreien wie von seinen Gefühlen, der Sehnsucht nach der Familie oder dem Hass auf die Wärter – denn Gefühle schwächen sein Abwehrsystem. Und wie Scheherazade hält er sich und die anderen am Leben, erzählt seine „Tausendundeine Nacht“, wenn er Romane von Balzac oder Camus rezitiert, und wenn sein literarisches Gedächtnis versiegt, memoriert er die Filme, die er als Jugendlicher in Marrakesch sah.
    Die Wörter sind der einzige Widerstand gegen das tödliche, allumfassende Schweigen. „Das härteste, unerträglichste Schweigen aber war das des Lichts.“
    Ben Jellouns Roman basiert auf dem Zeugnis eines Überlebenden von Tazmamart. Dieses geheime Straflager war 1973 eigens für die Teilnehmer an dem gescheiterten Putsch gegen Hassan II. am 10. Juli 1971 errichtet worden. 1991 wurde es auf internationalen Druck geschlossen.


    Über den Autor:
    Tahar Ben Jelloun wurde 1944 in Fès, Marokko, als Sohn eines Tuchhändlers geboren. Er studierte Philosophie und war nach dem Studium zunächst als Lehrer in Marokko tätig. 1971 emigrierte er nach Frankreich, da die Lehre der Philosophie in seinem Heimatland arabisiert wurde und er dafür nicht ausgebildet war. Seinen Durchbruch als Schriftsteller hatte Ben Jelloun 1985 mit dem Roman „L’enfant de sable“ (dt. „Sohn ihres Vaters“, 1986). Für den Folgeroman „La nuit sacrée“ (dt. „Die Nacht der Unschuld“, 1987) erhielt er 1987 als erster Autor des Maghreb den Prix Goncourt. Beide Bücher wurden in 43 Sprachen übersetzt. Er gilt als bedeutendster Vertreter der französischsprachigen Literatur des Maghreb.
    „Das Schweigen des Lichts“ ist Jellouns zwölfter Roman, für den er 2004 mit dem International IMPAC Dublin Literary Award ausgezeichnet wurde.


    Meine Meinung:
    Der Autor hat sich hier ein Thema ausgesucht, welches meiner Meinung nach literarisch sehr schwer umzusetzen ist. Wie will man 18 Jahre Kerkerhaft, während derer eine unvorstellbare Menge an Leid angehäuft wird und ansonsten ewige Dunkelheit und Langeweile herrscht, in einem Roman beschreiben? Ich war zu Beginn der Lektüre skeptisch und fragte mich, ob die Prosaform hierfür überhaupt geeignet ist. Zumal es mittlerweile über Tazmamart auch schriftliche Berichte Überlebender gibt. Tahar Ben Jelloun ist es jedoch gelungen, diesen Stoff angemessen und gut in Romanform zu bringen.
    Die Gefangenen werden in Einzelhaft gehalten, können aber miteinander reden. So erzählen sie sich gegenseitig Geschichten und entfliehen mit Hilfe ihrer Phantasie der Realität. Selten wird die Eintönigkeit der Haft durch kleine Ereignisse unterbrochen, etwa, als sich eine Taube in das Verließ verirrt und einen Monat lang von Gefangenem zu Gefangenem gereicht und schließlich wieder frei gelassen wird. Zudem sind im Roman immer wieder Rückblenden und Erinnerungen an das Leben in Freiheit, an die Familie eingestreut, hierdurch lernt man die einzelnen Inhaftierten und vor allem den Ich-Erzähler sehr gut kennen. Aus diesem Wechsel von Eintönigkeit und kleineren Ereignissen sowie Rückblenden und Erinnerungen bezieht der Roman seine Spannung und entwickelt einen regelrechten Sog, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.
    Auch sprachlich ist der Roman sehr gut gemacht – mitunter klingt die Sprache sogar poetisch. Man merkt jedenfalls, dass Tahar Ben Jelloun ein versierter Schriftsteller ist. Da klingt nichts holprig oder sperrig und die Anordnung der Szenen wirkt durchdacht.


    Es ist ein Buch gegen das Vergessen. Denn, so lässt es der Autor seinen Ich-Erzähler sagen (Seite 235): "Schlimmer noch als erlittenes Grauen ist seine Verleugnung."


    Ich vergebe 9 Punkte und empfehle den Roman denjenigen, die sich von dem schweren Thema nicht abschrecken lassen.

    Wenn ich ein gebrauchtes Buch suche, schau ich gerne bei eurobuch <klick>. Das ist eine Internetplattform, auf der viele Antiquariate, private Verkäufer, eBay, amazon und co. mit ihren Angeboten gelistet sind. Das erspart die Einzelsuche.


    Für die von Dir gesuchte Autorin gibts da echt massig Angebote.


    Nur so als Vorschlag, falls sich keine Eule mit einem konkreten Angebot melden sollte. :-)

    Mir ist irgendwann mal aufgefallen, dass ich so ca. 100 Seiten pro Tag lese. Das ist das, was ich an einem Abend gut schaffe bis ich müde werde.
    Auch an freien Tagen lese ich selten mehr, auch wenn ich da mehr Zeit zum Lesen hätte. Da lässt dann meine Konzentration nach und lesen soll ja vor allem Spaß machen und nicht zu anstrengend sein. :-)

    Meine Meinung:


    Mir hat das Buch leider überhaupt nicht gefallen. Ich musste mich zwischendurch immer wieder zum Weiterlesen motivieren und als ich das Buch dann zu Ende gelesen hatte, dachte ich, ach, ich hätte es getrost auch abbrechen können … :-(


    Am meisten hat mir der bildungsferne Schreibstil zu schaffen gemacht. Celie hat das Lesen und Schreiben von ihrer Schwester gelernt, nun formuliert sie ihre Briefe an Gott ungelenk und so, wie sie sich mündlich ausdrückt. Am Anfang dachte ich noch, dass das von der Autorin geschickt gemacht ist, doch dann hat mich dieser plump-einfache Schreibstil bald nur noch genervt. Leider ändert sich Celies Sprache während des Buches auch nicht – obwohl sie im Verlauf der nächsten 30 Jahre Briefe schreiben wird und auch viel in der Bibel liest.
    Erholsamer wurde das Lesen für mich erst, als auch Briefe der Schwester Nettie auftauchen, denn die waren besser und für mich lesbarer formuliert.


    Ich hatte auch immer mal Mühe damit, die vielen verschiedenen Familienmitglieder und deren Schicksale auseinander zu halten. Es wirkt alles wie eine endlose Aneinanderreihung des Geschehenen. Vieles wird nur kurz angedeutet oder angerissen. Zudem werden Ehemänner von Celie stets nur mit "Mr.", also ohne Namensangabe, bezeichnet, so dass ich oft erst mal kurz innehalten und überlegen musste, um welchen Ehemann es nun gerade wieder geht.


    Es handelt sich um ein Buch, das Botschaften vermitteln will: die Autorin wendet sich gegen die Unterdrückung von Schwarzen, gegen die Unterdrückung von Frauen und besonders von schwarzen Frauen und die Autorin tritt für die Freiheit in der Liebe, auch in der gleichgeschlechtlichen Liebe, ein. Die Autorin trägt ihre Anliegen deutlich vor, für meinen Geschmack trägt sie ein bisschen zu dick und auch zu viel auf. Meiner Meinung nach wäre hier weniger mehr gewesen.
    Mit Büchern, die all zu deutlich eine Message vermitteln wollen, habe ich schnell meine Schwierigkeiten. Sie wirken auf mich so, als ob der Autor seiner Geschichte doch nicht ganz traut.


    Nun habe ich diesen Literaturklassiker also auch gelesen. Immerhin.


    Von mir gibt‘s nur 5 Punkte.

    Von mir auch noch schnell herzliche Glückwünsche! :blume
    Ich wünsch Dir im kommenden Lebensjahr viele, viele Bücher – und da Du hier immer fleißig rezensierst, haben ja dann auch alle Eulen etwas davon. :grin

    Meine Meinung:


    Für die Dauer einer dreiwöchigen alternativen Krebstherapie zieht Nicola in das Haus ihrer Freundin Helen in Melbourne. Das Buch erzählt von den Ereignissen während dieser drei Wochen: Helen kümmert sich um ihre Freundin, pflegt sie und gelangt schon bald an den Rand ihrer eigenen Kräfte. Dies ist die Geschichte, die vordergründig erzählt wird.
    Dahinter treten größere Themen hervor: Schulmedizin und Alternativmedizin versus Scharlatanerie, Wahrhaftigkeit auch in Krankheitszeiten, die Kraft der Freundschaft und was für ein Leben man führen sollte, um am Ende zufrieden zurück blicken zu können.


    Auf dem Buchrücken ist ein Zitat aus der "Sunday Times" abgedruckt:
    "Man schlägt dieses Buch zu und hat das Gefühl, nicht nur einen großartigen Roman gelesen zu haben, sondern das Leben selbst erfahren zu haben."
    So euphorisch würde ich das allerdings nicht ausdrücken. Meine (zugegeben hohen) Erwartungen an den Roman wurden nicht erfüllt.


    Ich hätte mir gewünscht, dass die eigentlichen Themen, die hier hinter der Geschichte stecken, besser herausgearbeitet worden wären. Über Wahrhaftigkeit gab es zum Beispiel nur zwei kurze Stellen (einmal beim Telefonat mit der Paliativ-Schwester und einmal in einem Gespräch zwischen den Freundinnen).


    Die Schilderung der Zustände in der Klinik wirkten auf mich überdeutlich, so als ob die Autorin dem Leser hier von Anfang an eine Meinung vorgeben wollte. Ich konnte auch Nicolas schnelles Vertrauen in alle möglichen Ärzte nur schwer nachvollziehen.
    Ich hab mich auch immer mal gefragt, ob alternative Behandlungsmethoden wirklich so wie geschildert denkbar sind bzw. so ablaufen würden. (Ich weiß, das Buch hat autobiographische Züge, aber ich hatte trotzdem ein Glaubwürdigkeitsproblem.)


    Die Sprache kam mir manchmal grammatikalisch holprig vor, das könnte aber auch an der Übersetzung liegen. Hier ein Beispiel, Zitat von Seite 164:
    "Du brauchst ein regelrechtes Team von Leuten, die sich den ganzen Tag um dich kümmern – und nachts auch –, die dir die Bettwäsche wechseln und sie waschen und einkaufen und kochen."


    So bin ich nach Beenden des Buches ein wenig unzufrieden zurück geblieben.


    Mir hat allerdings die äußere Aufmachung des Buches sehr gut gefallen. Das Cover ist ansprechend gestaltet, das Tulpenmotiv zieht sich schön bis in die hintere Klappe hinein. Die Farbwahl des Covers ist angemessen dezent. Für den Textteil wurde eine eigene Schriftart gewählt und über die Typografie hat sich auch jemand gute Gedanken gemacht.


    Ich vergebe 7 Punkte: für den Text 6 Punkte plus einen Punkt für die liebevolle Buchgestaltung.

    Ah, vielen für die Rezi. Das Buch war mir schon aufgefallen. Du schreibst "spannende Reportage" – also wird es sich wohl gut weglesen lassen.
    Geht es denn hauptsächlich ums große Ganze oder werden auch Einzelschicksale geschildert?

    Zitat

    Original von oemchenli


    Das war für mich früher auch Westen also doch nur im Westen. Als Kind und auch später hatte ich kein Westgeld.


    Hm. Gerecht war das mit dem Westgeld im Sozialismus auch nicht. Nix mit klassenloser Gesellschaft.

    Das Buch steht schon seit Jahren auf meiner Leseliste. "Schlafes Bruder" gehört zu meinen Lieblingsbüchern und bei "Kristus" hatte mich das Thema des Buches interessiert. Zudem dachte ich, dass Robert Schneiders altertümelnde Sprache zu einem historischen Roman sicher gut passt.


    Um‘s kurz zu machen: ich leg das Buch jetzt bei Seite 103 (von 606) beiseite. Es ist einfach kein Funke auf mich übergesprungen, ich konnte mich in keine der Figuren hineinversetzen, es blieb für mich alles sehr holzschnittartig.
    Die Sprache ist wirklich gut, der Autor besitzt einen großen Wortschatz, durch den Text ziehen sich historische Formulierungen und Begriffe, trotzdem ließ sich alles flüssig lesen. Dies hat mir gut gefallen.


    Ich hab mich natürlich gefragt, warum ich nicht mit der Hauptperson mitfühlen konnte. Es wird alles in opulenten Bildern geschildert, die Osterprozession, der Ostergottesdienst, Jans Elternhaus … aber es bleibt bei einem Bericht, liest sich mehr wie eine Dokumentation aus einer längst vergangenen Zeit als ein Roman.
    Außerdem sind mir die Schilderungen ein wenig zu ausschweifend geraten, auf Seite 103 ist der Protagonist nun gerade mal 15 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch immer nicht, was ihn bewogen haben mag, zum späteren Anführer der Wiedertäufer zu werden. Und ich kenne durchaus historische Romane, in denen auch die Kindheit des Protagonisten ausführlich erzählt wird, dies aber spannend und mitreißend. (Spontan fällt mir hier – alles Vergleiche hinken – "Der Tod ist mein Beruf" von Robert Merle ein. Schon bei der Schilderung der Kindheit des späteren Massenmörders Rudolf Höß lief es mir kalt den Rücken runter.)


    Da mir ein verkorkster Leseabend reicht, breche ich das Buch ab. (Außerdem kann ich so schneller meine Leseliste "abarbeiten". :lache)


    Ich vergebe 3 Punkte – für die Sprache.

    Zitat

    Original von oemchenliAber die Monchis gabs doch nur im Westen, oder? :gruebel


    Die gab‘s auch im Osten – im Intershop gegen Forum-Schecks. Das waren noch Zeiten.
    Ich hatte so einen ganz winzigen Monchichi, der saß bei mir auf dem Kassenrekorder, einem SKR 700, DDR-Modell, schönes Teil, stereo, mit Leuchdioden, sehr schick. Den Rekorder bekamen wir nicht im Laden, meine Eltern hatten ihn gebraucht über eine Zeitungsannonce bekommen, zum Neupreis von 1.400,- Mark. Meine Güte. Der Vorbesitzer hat den Rekorder plus ein paar Kassetten verkauft, weil er plötzlich das seit Jahren bestellte Auto bekam … und bezahlen musste.


    Wer mal schauen will: der SKR 700 ist auf dem Cover von Lenas "My Cassette Player" drauf!


    Schöner Thread. :wave