Beiträge von Textravaganzen

    Natürlich tut sie das, da widerspreche ich dir kein bisschen, aber am Ende hätte sie auch erkennen können, dass hinter dieser Fassade der Mutter auch nur ein verletzliches Wesen liegt. Das wäre eine Erkenntnis gewesen, die sie hätte wirklich 'erwachsen' werden lassen.

    Also ich muss sagen, dass ich die Mutterfigur überhaupt nicht so negativ sehe. Sicherlich verhält sie sich sehr egoistisch, aber letzten Endes ist sie einfach nur menschlich. Ihr scheinbar gefühlskaltes Verhalten geht ja auf ihre Verletzlichkeit zurück. Viel erschreckender finde ich da fast die Entwicklung der 14-jährigen Antoinette, die, anstatt Verständnis zu entwickeln, genauso roh reagiert wie ihre Mutter. Und ich glaube, dort liegt die Gesellschaftskritik und nicht allein in der Weise, wie die Eltern ihre Tochter erziehen.

    Ich würde evtl. auch Die Totenleserin von Ariana Franklin empfehlen. Bin was Krimis angeht nicht so bewandert, aber zumindest der Historien-Teil hat mir sehr gut gefallen! Besonderes Augenmerk gilt da der Stellung der Frau, die Entwicklung der Medizin in Relation zu Religion, politische Macht.


    Kurzbeschreibung (von Amazon):
    Cambridge 1170. Ein kleiner Junge wird tot aufgefunden, angeblich von den Juden gekreuzigt. Als drei weitere Kinder sterben, droht ein Aufruhr. Heinrich II., König von England, muss den wahren Mörder finden und sendet nach einem Totenarzt. Keiner ahnt, dass es sich dabei um eine junge Frau handelt, die Beste ihres Fachs. An der berühmten Hochschule von Salerno ist Adelia eine der wenigen Medizinerinnen ihrer Zeit. Doch im kalten England muss sie ihre wahre Identität verbergen, um als Frau überhaupt ermitteln zu können. Die Stadtväter versuchen eine Aufklärung der Morde zu vereiteln; das nahe gelegene Kloster ist nur an dem schwunghaften Reliquienhandel mit den Gebeinen des Jungen interessiert, und auch Sir Rowley, der Steuereintreiber des Königs, scheint verdächtige Ziele zu verfolgen. Zugleich weckt er in Adelia Gefühle, die sie verwirren. Wem kann sie vertrauen?


    Gibt auch noch einen zweiten Teil, Die Teufelshaube, den fand ich allerdings schwach.

    Hm, also mit der Zerrüttung von einzelnen Staaten hat dieser Film nichts zu tun, sondern eher mit der von Systemen (Militär, FBI etc.): Unthinkable


    Hier eine kurze Inhaltsbeschreibung: ein muslimischer Terrorist droht damit, über die gesamte USA verteilt 3 Bomben zu töten. FBI und das Militär 'bearbeiten' den Verdächtigen mit zweifelhaften Methoden, d. h. Folter.
    Ich hab Angst, zu viel vorwegzunehmen, aber mich hat dieser Film recht verstört... es geht eben um die Frage, ob ein Menschenleben genommen werden darf, damit viele Hunderte leben dürfen.
    Der Militär-"Folterer" wird übrigens von Samuel L. Jackson gespielt.


    Vielleicht interessiert es dich ja.


    LG

    Vom Buchrücken:


    Dirk Bernemanns neuestes Werk über Menschen mit Vergangenheit, die erkennen, dass sie auch Menschen mit Zukunft sein könnten...


    <<Und ich dachte: Ein Frühlingstag. Ja, ja, ja, ein Frühlingstag. Der Mai hat seine Mitte erreicht. Doch was bringt die Mitte eines Mais, wenn es so was wie Vergänglichkeit gibt, wenn man von der Mitte eines Mais schon das Ende eines Novembers erkennen kann?>>


    Zum Autor:


    zitiert von der Verlagswebsite: "Herr Bernemann wurde vor wenigen Jahren zwischem dem Ruhrgebiet und den Niederlanden geboren.
    Er wollte schon immer Bücher schreiben, denn malen war gar nicht seins. Also schrieb er, seit er es konnte, beginnend mit ungefähr 7 Jahren. Oh, ja, er hasste malen. [...] Herr Bernemann inszeniert nicht sich, sondern seine Ironie. Dekadenz ist für Arschlöcher, call him Arschloch.
    Er liebt Kultur, seinen Wortschatz und manchmal sogar sich selbst." (http://www.unsichtbar-verlag.de/index.php?id=dirk_bernemann)



    Kommentar:


    Dieses Mal gibt es keinen ,Anti-Pop’, wie man ihn sonst gewohnt ist, sondern Gedanken und Gefühle, die wir alle kennen und haben. Zwar spielen wieder jede Menge Zigaretten und kollektives Betrinken eine große Rolle, aber dieses Mal bekommen wir die Innenansicht. Und da spielt sich eben viel mehr ab – Zweifel, Einsamkeit, Vergänglichkeit, Sinnlosigkeit. Das alltägliche Leben spricht, ganz nüchtern: „Ein Ziel ist: überleben und Gefühle haben.“ (9) Vogelstimmen ist die Geschichte eines 35-jährigen, der sein Lebenskonzept überdenkt, als er mit dem nahenden Demenztod der eigenen Mutter konfrontiert wird. Man kann fast schon sagen, dass man es hier mit einem modernen ‚coming of age’-Roman zu tun hat, der sich auszeichnet dadurch, ein (scheinbar) bedeutungsloses Dasein in bedeutungsvolle Worte zu kleiden. Und doch sind die einfachen Worte die treffsichersten: „Immer ist da was und das ist gut, und dann geht das weg und ich steh da und kann nicht mit.“ (192) Was irgendwo anfängt zwischen Verzweiflung und Melancholie endet recht optimistisch (und trotzdem authentisch und - fast - ohne Kitsch). Schade ist allerdings, dass ‚das große Finale’ auf dem Buckrücken schon vorweg genommen wird. Es mag zwar die Poente klipp und klar auf den Punkt bringen – aber muss es denn so explizit sein? Wenn man die letzten Seiten liest, spürt man zweifelsohne, dass oben zitiertes Ziel als abgehakt von der Liste gestrichen werden kann. Wenn man es schafft zu akzeptieren, dass etwas Schönes vergänglich sein muss, damit es schön sein kann. Und dass Vergänglichkeit und Zukunft einander nicht ausschließen.
    Ich bin gespannt, was wir als nächstes von Dirk Bernemann zu lesen bekommen. Vogelstimmen stellt eine Entwicklung dar, auf die ich zwar gehofft, aber mit der ich nicht immer gerechnet habe. Für jeden, der seine ersten Bücher mochte, ist dieses ein Muss, aber auch für Neulinge sicherlich sehr anregend.

    Zitat

    Original von Cookiemonster
    Und Irène Némirovsky ist eine unbedingte Empfehlung und die große Wiederentdeckung der letzte Jahre. Suite française ist zwar wunderbar aber auch ziemlich dick.
    Du kannst dich ja mal an Les chiens et les loups versuchen.
    Némirovsky schrieb wunderschön.


    Dem kann ich nur zustimmen!


    Ich habe von ihr Der Ball gelesen, ist eine Novelle und wunderschön.


    Kurzbeschreibung von Amazon.de:
    Paris 1926. Das Ehepaar Kampf plant einen großen Ball, der ihren Aufstieg in die feine Pariser Gesellschaft besiegeln soll. Seit die Familie unerwartet zu Reichtum gekommen ist, will Madame ihr Leben endlich in vollen Zügen genießen. Ihre halbwüchsige Tochter, die lebenshungrige 14-jährige Antoinette, ist ihr dabei nur im Weg. Sie darf an dem großen Fest nicht teilnehmen. Antoinette grollt ihren Eltern, bis sich plötzlich die Gelegenheit zur subtilen Rache auftut …



    Sollte dir aber auch sowas wie Frederic Beigbeder gefallen, würde ich auch Michelle Houellebecq emfpehlen, dann beispielsweise Ausweitung der Kampfzone / Extension du domaine de la lutte.

    Als 10/11-jährige habe ich ständig Agnes Desartés Verliebt? Ich doch nicht! gelesen, irgendwie hatte das wohl... den Nerv der Zeit getroffen ;)


    Wenn ich nicht gerade etwas für die Uni auffrischen muss, lese ich eigentlich selten etwas mehrmals, weil meine Liste mit den Büchern, die ich noch lesen will, einfach nie kürzer wird. Vor einigen Wochen habe ich dann Silvia Plaths Die Glasglocke raus gekramt... das hatte ich mit 15 oder 16 schon mal gelesen und weil mich das damals sehr bewegt hatte, dachte ich mir, ich könnte es nun auch endlich mal im englischen Original lesen. Also war es eigentlich kein richtiges doppelt-lesen. Aber es war eine absolut lohnenswerte Erfahrung, weil ich durch die Jahre Abstand das Buch nun viel besser verstanden habe und nun auch weiß, wieso mich das damals so berührt hat. Deswegen werde ich mir in Zukunft öfters mal vornehmen, alte Favoriten nochmals zu lesen.


    P.S. Besagtes Buch von Agnes Desarté habe ich übrigens dann post-pubertär noch einmal gelesen... ohne Kommentar ;-)

    Also ich würde es auf jeden Fall weiter empfehlen... Ich tu mich immer sehr schwer damit, so etwas auf einer Skala einzuordnen, weil man Bücher so einfach nicht vergleichen kann.
    Also an The Hours kommt es nicht an, aber das hat die Latte auch wirklich seeeehr hoch gesetzt. Aber trotzdem lohnt es sich, wirklich, und obwohl die ersten hundert Seiten sich vielleicht ein bisschen ziehen, gehen sie doch recht schnell rum, weil Cunningham ja sprachlich sehr... leserfreundlich ist.

    Okay, dann jetzt auch ich:


    Januar:


    1.How does it feel to be a problem? Being young and Arab in America von Moustafa Bayoumi (fertiggestellt)
    2.By Nightfall von Michael Cunningham
    3.Vogelstimmen von Dirk Bernemann
    4.Fragments von Marilyn Monroe
    5.Mr. Spic goes to Washington von Ilan Stavans (graphic novel)

    Die einzige Autorin, die mich seit Jahren nicht mehr los lässt, ist Joyce Carol Oates. Zum Glück hat sie so viel geschrieben, dass einem a) nie langweilig wird und b) vorerst auch nicht der Lesestoff ausgeht.


    Ich kann jedem nur empfehlen, mal einen Blick auf ihre offizielle (englischsprachige) Website zu werfen: http://jco.usfca.edu/


    Viele ihre Romane sind sich zwar thematisch sehr ähnlich, aber das Milieu wechselt. Auch gibt es immer wieder Roman(-reihen), die ganz aus dem Rahmen fallen, wie zum Beispiel ihr gothic-Quartett, dass im Amerika zur Jahrhundertwende 19./20. Jahrhundert spielt. Oder beispielsweise ihre Romanbiografie Blonde über Marilyn Monroe. Sie schreibt aber nicht nur Romane, sondern auch Kurzgeschichten, Dramen, Kinder- und Jugendbücher, Lyrik sowie Sach-/Fachliteratur.


    Am 15. Februar erscheint ihr Memoir A Widow's Story - ich kann es kaum abwarten :freude


    Ich finde es schade, dass sie im deutschsprachigen Raum nicht so bekannt ist... im Vergleich zu den USA.
    Ich weiß nicht, aber über die Jahre hinweg fühle ich mich in ihrem Schreibstil fast schon 'zu Hause' und immer, wenn ich eine Zeit lang nichts von ihr gelesen habe, bekomme ich 'Entzugserscheinungen' ;-)


    Joyce Carol Oates, meine Suchtautorin :anbet

    Ich habe in letzter Zeit bei zwei Büchern aufgegeben:


    Thomas Manns Der Zauberberg (nach über 300 Seiten konnte ich einfach nicht mehr) und Helene Hegemanns Axolotl - Roadkill.
    Letzteres habe ich mir ausgeliehen, weil ich doch neugierig war, aber erstmal diese riesige Diskussionswelle abebben lassen musste. Ich hab besonders die Sprache einfach nicht ertragen. Gewollt und nicht gekonnt. Mehr fällt mir dazu nicht ein.

    Titel im englischen Original: By Nightfall


    Hier meine Zusammenfassung und ein kurzer Kommentar:
    Unser Leben ist eine Story. Nur manchmal sind wir nicht selbst der Autor.
    Das trifft auch auf Peter Harris zu: Dieser hat sich sein Leben, seine Lebens-geschichte, kleinlich zusammen gebastelt und führt nun in Soho, Mitte 40, als Kunsthändler zusammen mit seiner Frau Rebecca ein ziemlich geordnetes Dasein. Aber Peter ist eben nur da, er lebt nicht. Das wird ihm klar, als Rebeccas jüngerer, drogenabhängiger Bruder Mizzy (‚the mistake’) zu Besuch kommt in der Hoffnung, sein Leben in geordnete Bahnen zu bringen. Stattdessen inspirieren er und seine Schönheit Peter seinen bisherigen Lebensweg in Frage zu stellen.
    Obwohl zu Beginn des Romans auf der Handlungsebene nicht allzu viel passiert, geschieht – unbewusst – etwas mit dem Leser. Indem wir Peter und Rebecca durch ihren Alltag begleiten und uns – zugegeben – dabei ein bisschen langweilen (denn interessant ist ja nur, was anders ist und nicht genauso wie unser Leben), bauen wir eine Empathie für die Protagonisten auf, die, als dann alles (und auch hier großteils wieder nur innerlich und nicht nach Außen hin) aus den Fugen gerät, uns Fehler verzeihen lässt. Peter ist so sehr mit sich selber beschäftigt, dass er einfach vergisst, nicht der Einzige zu sein, dessen Lebensgerüst Baumängel hat. Als er realisiert, dass keine Geschichte isoliert ist und sich immer auf andere bezieht (wie Cunningham das schon mit seinem Roman The Hours beweiste), ist das eine schmerzhafte Erfahrung für ihn. Und für den Leser. Der vielleicht in Zukunft nicht nur in seine eigene Lebensgeschichte vertieft ist.
    Es ist mir unverständlich, wieso Michael Cunningham immer in die Schublade ‚gay fiction’ gesteckt wird. Zwar machen viele seiner Protagonisten gleichgeschlechtliche Erfahrungen, aber das hat weniger mit Homosexualität zu tun als mit Identitäts-suche. Aber indem wir Cunningham in diese Schublade stecken, grenzen wir uns bewusst von dem ab, worüber er schreibt. Weil wir zu große Angst haben, uns darin selbst wieder zu finden.


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