ZitatOriginal von magali
Wie sonst erklärst Du Dir KZ-Wärterinnen? Folternde Soldatinnen?
Da hatte ich ein sehr persönliches Erlebnis. Als junge Studentin war ich auf einem mehrtätigen Seminar über die Gräuel der Nazizeit in Mauthausen. Wir bekamen Gelegenheit Überlebende zu hören und mit ihnen zu sprechen.
So wie Du konnte ich mir nicht vorstellen, wo die KZ Wärterinnen hergekommen sein mögen. "Wie", fragte ich den Vortragenden Kurt Langbein, selbst KZ Insasse, "konnte man so viele Psychopahten finden, die bereit waren KZ Wärter zu werden." Er sagte, die KZ Wärterinnen (er war als Schreiber in einem Frauenlager gewesen) seien Mädels gewesen aus der Umgebung, ganz normale Mädels, so wie ich. Die ersten Wochen hätten sie schon geweint und hätten Mitleid gehabt (trotz der massiven Propaganda gegen sog. unwertes Leben, das den "Volkskörpe" vergiftet). Doch nach diesen Wochen hätten sie geprügelt wie alle anderen auch.
Was war geschehen? Man hatte sie überzeugt. Die Insassinnen der KZs durften sich nicht waschen, sie waren schmutzig und stanken gegen den Wind. Der Hunger und die Entbehrungen hatte ihnen einen wilden, irren Blick verliehen, sie sahen nicht mehr menschlich aus. Dagegen wirkten die adretten und gut genährten Wärterinnen wie normale Menschen. Also fiel die Wahl nicht schwer.
Langbein erzählte dann auch was passierte, als die Amerikaner das Lager befreiten. Die einfachen Soldaten saßen demselben Trugschluss auf, wie die jungen Mädchen vom Lande. Auch sie hielten die adretten Wärter für die aufrechten "Guten" und die zerlumpten, stinkenden, wild dreinblickenden Insassen für den "Abschaum". Die Offiziere, so Langbein, hatten alle Mühe die eigenen Leute davon zu überzeugen, wen sie hier eigentlich befreit hätten.
Da rinnt einem doch die Gänsehaut was? Ich bin daraufhin sehr demütig geworden und bin nur froh, dass ich damals nicht leben musste. Auch ich wäre jedenfalls als junges Mädchen jeder beliebigen Doktrin aufgesessen. Ob ich eine gute KZ Wärterin gemacht hätte? Wer weiß? Ich getraue mich das nicht zu sagen.
Die Milgram Experimente werden Dir vielleicht ein Begriff sein? Er hat ja lange Zeit nach dem Krieg in einem phänomenalen Experiment nachgewiesen, dass so etwas jeder Zeit und unter viel geringerem psychischem Druck vorkommen kann (er ließ Versuchspersonen, vermeintlichen anderen VP, die in Wirklichkeit Schauspieler waren, tödliche Stromdosen verabreichen; es genügte offenbar seine "Autorität" als Versuchsleiter um die Folternden alle Hemmungen fallen zu lassen).
Die folternden Soldatinnen sind wieder ein anderes Kapitel. Ich bin überzeugt, dass diese männlicher sein müssen als die Soldaten um ihre Existenz beim Heer zu rechtfertigen. Wenn Du Lindy English konkret meinst, so war ihr unmittelbarer Vorgesetzter ihr Freund, schon alleine ihm wollte sie beweisen wie tough sie ist. Und außerdem war sicher auch ihm befohlen worden...nur das sprengt nun wirklich diesen Rahmen.
LG Barbara