Viele Arguments erscheinen doch als fatale Wiederholung dessen, was wir vor Jahren schon von der Musikindustrie gehört haben. Die glaubten auch, sie könnten den Bedarf ihrer Kunden für diese bestimmen, sie mit DRM und proprietären Formaten schikanieren, bis sie sich dann schließlich der Kraft des Faktischen beugen mussten.
Die Verlagsbranche wiederholt die alten Fehler nun, anstatt nach Ideen über attraktive neue Angebote zu suchen. Es bringt gar nichts, gegen die Überzeugung der Kunden einen überhöhten Preis für eine Ware rechtfertigen zu wollen, wenn man sich dabei das Geschäft verdirbt. So habe ich z.B. zuhause bereits die wesentlichen Werke Thomas Manns, fast alle in der teuren "Frankfurter Ausgabe". Für unterwegs hätte ich sie auch durchaus noch einmal als ebook gekauft, für 7-8 €, bestimmt aber nicht für über 10 €. So war's dann halt kein Geschäft. Musils "Mann ohne Eigenschaften" hätte ich auch gerne als ebook gehabt - ein solcher Wälzer ist dafür auch geradezu prädestiniert. Hatte man bei Rowohlt wohl nicht nötig. Da sich Musils Todestag in diesem Jahr zum 70. Mal jährt, kann ich den Mann ohne Eigenschaften dann wohl auch bald völlig legal und kostenfrei irgendwo im Internet herunterladen. War für den Verlag also auch kein Geschäft.
Dass dies durch hohe Produktionskosten begründet sei, kann man mir auch nicht weismachen. Selbst wenn man die Bücher nicht mehr als Datei vorliegen hat, kann man sie problemlos scannen. Dann setzt man eine zuverlässige Studentin ans Korrekturlesen, um die OCR-Fehler zu beseitigen. Dafür benötigt man keinen professionellen Lektor.
Die Vorstellung, man könne seine Erträge statt durch attraktive Angebote eher durch die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen sichern, sollte man sich abschminken.
Bücher scheinen aktuell hauptsächlich durch OCHs (wie den vom Netz genommene OCH Megaupload - es gibt aber noch viele andere) verbreitet zu werden. Bei diesen kann man schon kaum der Uploader, der reinen Downloader aber fast gar nicht habhaft werden. Da man den Downloadern - anders als bei Torrent-Nutzern - zudem keine Weiterverbreitung zur Last legen kann, lohnt sich die Verfolgung auch schon wirtschaftlich kaum.
Dann muss man auch noch die Dateiformate und die Datenmengen beachten. Ebooks kann man z.B. als .rtf, PDF oder auch als reine HTML-Dateien versenden. Diese werden aber täglich milliardenfach als völlig legitime Dokumente verschickt, Webseiten bestehen sogar aus HTML. Dies irgendwie filtern zu wollen ist unmöglich. Zudem entspricht das Datenvolumen eines einzigen HD-Films tausenden von ebooks.
Schließlich und letztendlich kann man auch auf einem einzigen USB-Stick oder einer wenige € teuren SD Karte genug Lesematerial für ein ganzes Leben austauschen. Da wünsche ich mal viel Spass bei der Verfolgung.
Für die meisten Autoren ist vermutlich mangelnder Bekanntheitsgrad weitaus schlimmer als Urheberrechtsverletzungen (obscurity is worse than piracy). Es dürften keine anderen Bücher als Raubkopien im Netz weiter verbreitet sein als die Harry Potter Reihe, von der es bislang ja immer noch keine legalen ebooks gibt. Es wird niemand behaupten wollen, daß dies Ms. Rowling sonderlich geschadet hätte.