Beiträge von Camdenesque

    Das freut mich, sehr! Ich selbst weiß ja noch immer nicht, ob es tatsächlich ein historischer Roman ist (es war jedenfalls nicht meine Absicht, einen zu schreiben (obwohl auch das neue Buch einen Stoff aus der (jüngeren) Geschichte aufgreift.
    Beim Walter Scott Preis habe ich gelernt (wenn ich richtig zugehört habe), dass historische Romane vor 1920 spielen müssen. (Aber vielleicht verschiebt sich die Grenze ja auch, je weiter das neue Jahrhundert voranschreitet...)


    Junior ist auf dem Schiff noch nicht mit dabei. Der kommt erst ganz, ganz am Ende wieder. Und eigentlich auch nur auf der Erzählebene, die das Ganze in die Gegenwart versetzt, in der Rahmenhandlung also, wenn man so will. Auf Ebene der Geschichte bleibt er verschwunden. Vielleicht genau aus dem Grund, dass Lucy und George keine Sprache miteinander finden konnten. Erst auf dem Schiff können sie das, wenngleich da eher ihre Körper sprechen.


    "Die Reise führt vielleicht zu irgendeiner fernen Insel, vielleicht kehrt sie zurück in einen Nachmittagstraum der Autorin, die eine Fußnote in eine bezaubernde Saga verwandelt hat." So hat die Rezensentin Natascha Freundel das in der taz geschrieben, und ich mochte diese Interpretation sehr. Es ist ein schnelles, vergleichsweise jähes Ende - aber ich hoffe, keines, das einen ärgerlich oder ratlos zurücklässt...
    Liebe Grüße!

    wie die williams liest, ist eine gute frage, das ist eine leerstelle, die ich nicht ausgeschrieben habe, leider, weil es nämlich ein schönes bild ist: ich habe mir das so vorgestellt, dass sie so nah wie irgendwie möglich mit der nase vor dem buch klebt und die wörter zeichen für zeichen entziffert, also sehr langsam liest...

    das stimmt!
    und welcher passionierte leser oder gar schreiben würde das aber auch zugeben wollen? für mich hat das auch was mit mr. johnsons männlichkeitskonzept zu tun. so weinerlich, launisch und leicht zu verstimmen er ist und so wenig er das bei anderen duldet, so wenig will er sich das selbst eingestehen.


    sein größtes problem ist ja zu diesem zeitpunkt des buches das lexikon. und das ist wirklich keine kleinigkeit.
    (sich dieses kunstwerk einmal anzusehen lohnt sich! unvorstellbar, dass ein einziger mensch (und ein paar gehilfen, gut...) das allein bewältigt hat. vollkommen verrückt! ungefähr so, als müsste man 3 dissertationen (in 3 unterschiedlichen fächern) schreiben. oder 50 rezensionen an einem tag oder so.

    Hallo,


    mich würde interessieren: ist dieses 'sich-zusammenreißen-müssen' etwas, das einen ärgert? weil es einen aus der Geschichte 'hinauswirft'? oder erzeugt es einen rhythmus, dem man sich aussetzen will? das war auf eine weise der versuch. so zu schreiben, dass man beim lesen den rhythmus des schreibens 'nachfühlt'. denn auch das schreiben ist ja ein absetzen, ein tasten, ein verwerfen. (liebe lisa, liebe charlie - wie ist das bei euch? könnt ihr das nachvollziehen?) ganz selten schreibt man 'in einem guss'. meist oder oft will ein text aber so aussehen, und das ist auch das gute recht eines textes. ich hatte das gefühl, dass dieser roman roh bleiben muss. nicht gefeilt in den übergängen, sondern brüchiger.
    grüße von
    dani

    halle liebe charlie,


    ich freu mich sehr über das, was du schreibst. und ich muss unbedingt "die glocken von vineta" lesen!


    ja, die gewalt, ich habe mich auch gescheut, das in der verlagswerbung so benannt zu sehen, dachte dann aber, ja, vielleicht stimmt es. weil die sprache ja etwas will. zumindest nicht 'durchsichtig' sein will.
    keine sprache, die überlesen werden will oder durch die man hindurchliest (was ja sowieso nicht geht, ich kann das jedenfalls nicht...)


    vielleicht aber ist sprache immer gewalt, trägt immer eine spur davon. wie war das gleich? - die frühesten zeichen sind schließlich in den körper geritzt...
    für lucy z.B. ist es sicherlich so. auch george quält sich ja mit seinem buch. auch mr. johnson, nur dass er es nicht zugeben kann / darf, denn er ist ein gelehrter.


    liebe charlie, ich freue mich sehr, dass du dabei bist! ich überlege mal, mit welchem bild ich meine sprache umreißen würde (mit dem meer, denke ich spontan). ich schaue heute abend später noch einmal rein!
    liebste grüße
    d

    sonnenallergie, genau, und eine richtig fiese. eine, die einen bis zu einem gewissen grad lebensunfähig / aussätzig macht. vielleicht hat es es sogar etwas von einer lichtallergie (wie hannelore kohl, auch so eine unglaubliche geschichte...)
    ich habe vor gefühlten jahrzehnten einmal einen bericht gesehen über ein 14jähriges mädchen, das so empfindlich auf die gifte in der luft, der umwelt reagiert, dass sie in einem schutzzelt leben muss, das im garten ihrer eltern aufgebaut ist. ich glaube, davon hat dieser erfindung ihren ausgang genommen


    und: fast alle zitate stammen aus boswell's johnson-biographie. aus der alten übersetzung (bei diogenes erschienen), die neue (acuh diogenes) kenne ich nur aus dem munde roger willemsesn, der das als hörbuch - und zwar absolut großartig! - liest

    das stimmt sicher! ich habe mich bei der recherche auch mit den 'hahnenfibeln' dieser zeit und überhaupt dem ungleich rigideren schreib-erwerb beschäftigt, und mr. johnson ist da durchweg ein kind seiner zeit. es gab zwar durchaus schon 'modernere' pädagogische ansätze, die dem kind einen spielerischeren umgang mit den schrifzeichen zugestanden haben, aber das hätte nicht mr. johnsons zwanghafter rationalität entsprochen (der er selbst widerum ja gar nicht entspricht!)

    Hallo,


    das ist lustig, der "Sprung in der Schüssel" (manche sagen auch: eine Ansammlung von Freaks...): mir fällt das gar nicht auf. ich befürchte, alle oder fast alle meine Figuren sind so. immer an der Grenze zum Wahnsinn, weil diese Grenze mich interessiert, in ihrer Durchlässigkeit zur Normalität. Oder überhaupt die Frage, wie Normalität produziert wird. Einzig Hodge the cat scheint sehr normal zu sein, fällt mir gerade auf...

    Hallo,


    ich verstehe das absolut, dass man die Sprache als ablenkend empfindet, und dass das Verhältnis, von dem ich sprach, mal mehr, mal weniger harmonisch wirkt. Das soll es auch gar nicht immer.
    Für mich ich ist Sprache etwas, über das ich stolpere, das widerständig ist und mir immer wieder entgleitet. Die Sprache war übrigens in der allersten Fassung NOCH wilder, da hat meine Lektorin viel geglättet und gestrichen. Die Sprache des 18. Jahrhunderts, insbesondere die Originalzitate von Samuel Johnson, von denen ich viele in den Roman eingeflochten habe, sie haben mich so begeistert, dass man die erst noch einmal zurücknehmen und ausdünnen musste.
    Auch für George sind Sprache und Schrift ja etwas Lebendiges, Materielles - das durchaus auch 'zurückschlägt' und sich sträubt. Deshalb passt er so schlecht in diese Welt der professionellen Schreiber und Leser. Weil darin Schrift etwas Selbstverständliches ist. Deshalb mussten Lucy und Elizabeth auch halbe Analphabtinnen sein. Ich wollte versuchen, mir vorzustellen, wie das Leben ohne Schrift und Bücher ist; vielleicht auch, weil sich mir die Gesichter meiner Klassenkameraden eingebrannt haben, die in der Grundschule neben mir saßen und am Akt des Schreibenlernens verzweifelten. Mir ist das leicht gefallen, aber ich habe die Gewalt gespürt, die unsere Schriftkultur bedeuten kann: weil sie die ausschließt, die nicht schreiben lernen können... (wobei bei Lucy zwischen Nicht-Können und Nicht-Wollen bestimmt schwer zu unterscheiden ist...)

    Es ist interssant, was du zum Schriftbild sagst. Weil ich - Sprachopulenz hin oder her - auch meinen Stil als mager oder spartanisch bezeichnen würde. (und vielleicht schlägt sich das auch im Schriftbild nieder...)
    Es ist der Versuch, in so weniger Strichen wie möglich eine Figur, eine Szene zu zeichnen. Vorbild hierfür ist tatsächlich ein 'japanisches Erzähen'. Es gibt von der Hofdame Sei Shonagon das sog. "Kopfkissenbuch", das ist in Tagebuchartigem Stil geschrieben, es verzeichnet nur Stimmungen und Eindrücke, und erzählt 'nichts'; daher habe ich bswp. die Idee zu Lucys Liste aller schönen Dingen...
    Liebe Grüße!

    Hallo,


    ja," sprachvernarrt", das ist vielleicht ein noch treffender Ausdruck als "Sprachgewalt", damit hat der Verlag geworben. Vernarrt sein heißt auch, dass man die Sprache nicht im Griff hat, sich von ihr verführen lässt... Die Balance zwischen Sprache und Erzählen zu halten, das ist eigentlich die große Herausforderung für mich beim Schreiben, merke ich. Und in meinem Debüt hat die Sprache mitunter einen höheren Stellenwert als das Erzählen, und das ist vielleicht das, was vielen den Einstieg nicht leicht macht bzw. einen immer wieder abbrechen lässt. Was mir allerdings sehr wichtig ist, sind die Figuren. Die müssen 'echte' Figuren sein, das heißt, in ihnen muss sich Himmel & Hölle kreuzen, sie müssen ebenso zärtlich wie grausam sein können.


    Und zu der Familie Johnson, was deren Arbeit betrifft: Elizabeth, die Mutter, hat aus ihrer ersten Ehe ein Erbe. Von dem leben sie. Mr. Johnson bekommt für deine Bücher Geld, oder auch Auszeichnungen, wie sein Poem. Und außerdem ist er Ghostwriter (für einen Pfarrer in Lichfield, seinem Geburtsort).

    Hallo liebe Büchereulen,


    ich bin gespannt auf die Leserunde mit euch! Und würde wahnsinnig gern wissen, welche ersten Eindrücke ihr von meinem George habt! Man hat mich oft gefragt, was das 'Thema' dieses Buches ist, was für eine Geschichte da eigentlich erzählt wird, und da ich das selbst gar nicht (immer) genau weiß, interessiert es mich immer sehr, was Leser und Leserinnen auf diese Frage entgegnen.
    Herzlich
    dani

    Liebe Charlie,
    ich wollte noch gesagt haben, längst: mich hat die Begegnung mit dir sehr gefreut! Und auch, dass du so schnell (über Nacht ja gewissermaßen) gelesen hast, und dass mein George dir so gut gefällt und du so begeistert bist - das freut mich - sehr!
    Und Corinna und Anke, Dank auch an euch für die nette Bekanntschaft und v.a. auch die Einladung - ich bin sehr gespannt!
    In Vorfreude
    dani