Hallo Uta,
ich kann Dir die Quotengeilheit leider auch nicht erklären. Das können die Quotengeilen selber übrigens noch weniger.
Prinzipiell ist das "Warum ist das im deutschen Fernsehen so?" eine superspannende Frage - und Thema für ein dutzend Doktorarbeiten und Habilitationen.
Der morgendliche Quotenticker ist in jedem deutschen Sender die Messung des Patientenpulsschlages... Stimmt die Quote, ist man gesund und kann wacker zu Werke gehen. Stimmt sie nicht, kränkelt der Sender.
Es ist der einzige Gradmesser, nach dem in der viertgrößten deutschen (!) Branche beinah sämtliches Geld verteilt wird. Das aus den Gebüren, vor allem aber das aus der Werbung.
Zu sagen: Die Öffentlichen haben doch unsere Gebühren, was brauchen sie mehr, ist zu einfach. Über die Hälfte davon geht z.B. für Sportsenderechte drauf. (Bundesliga, WM, Olympiade...)
Ist alles keine Entschuldigung für schlechtes, oder dummes Fernsehen, aber der Konkurrenzdruck durch z.B. RTL ist enorm.
Das liegt daran, das RTL im gleichen Markt nach Werbekunden fischt, aber ein ganz anderes Fernsehprogramm anbietet - nämlich eines, das ziemlich billig gemacht ist. (eingekaufte US-Serien kosten ein Bruchteil einer eigenproduzierten Serie, irgendwelche Soaps, Game- oder Reality-Shows sind ebenfalls produktionskostenmäßig eher Aldi oder McDoof als Feinkost Käfer.)
Ich spare jetzt mal die allseits so beliebten Lobeshymnen für gekaufte US-Formate aus - der Vergleich hinkt, weil diese auf einem weltweit 30 x größeren Absatz hoffen können, als vergleichbare deutsche Produktionen und ergo ein zigfach höheres Budget haben.
Also bleiben wir bei den deutschen Produktionen:
Da kann ich aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung nur sagen: es ist immer noch zehn mal besser für einen öffentlich rechtlichen Sender zu schreiben, als für einen privaten.
Mein Beispiel: 2005 begann das ZDF nach einem neuen "konservativen" Freitag-Abend-Krimiformat zu suchen, dass mittelfristig die Nachfolge von "Der Alte" antreten konnte. Herausgekommen ist "Stolberg". (Ich habe die zweite Folge "Kreuzbube" geschrieben, war also noch sehr nah am Entwicklungsprozess...) Am Anfang waren weder der Look noch die Quote so, wie das ZDF sich das vorgestellt hatte. Aber es wurde eine zweite Staffel mit sechs Folgen in Auftrag gegeben. Inzwischen kommt es so hin wie sie es haben wollten. (Ob man es mag ist eine andere Frage ;.)
Zur gleichen Zeit hat RTL bei sechs rennomierten Produktionsfirmen neue Serienformate in Auftrag gegeben (wobei das Wort trügt... Bezahlt haben zur Hälfte die Produzenten, die wegen der zu erwartenden Gewinne in Vorleistung, später dann telweise in Konkurs gegangen sind!). Trotz bekannter Schauspieler, guter Konzepte und ordentlicher Budgets ist von denen keine einzige über die Austrahlung des Piloten hinausgekommen. Der Grund: Die Quote (und damit die zu erwartenden Werbeeinnahmen) stand nicht in Relation zu den Kosten. Also Ex und hopp und die nächte US-Konserve aufgerissen! Das ist das Konzept der Privaten.
Auf die Frage, warum das so ist, kann man nur lakonisch antworten: Jedes Land hat auch ein bisschen das Fernsehen, das es verdient!
Solange Tausende zu den Big Brother Containern pilgern, aber nicht zum Studio von "Die Vorleser" wird das leider so bleiben.
EDIT: Und deswegen ist es so schön, dass es gute Bücher gibt, mit denen man sich abends an den Kamin kuscheln und sein eigenes Kopfkino sehen kann.