Beiträge von LeSeebär

    Ein besonders gelungener Krimi aus dem Migranten-Milieu. Wenn man den Titel mit den verschiedenen Schattierungen des Graus nicht schon für anderes verbraten hätte, hätte es hier ganz wunderbar gepasst - schwarz und weiß gibt es in diesem Buch nicht.

    LeSeebärs Leseliste 2016


    Januar
    Elke Bergsma; Das Teekomplott; 2,4
    Alexander Emmerich; Fernsehen gernsehen; 2,5
    Carlene Thompson; Sieh mich nicht an; 2,2
    Vladimir Vertlib; Lucia Binar und die russische Seele; 5
    Chris Cleave; Lieber Osama; 2,2
    Christoph Öhm; Der Schatz des Preußenkönigs; 3,2
    Andrew Taylor; Wen die Toten rufen; 2,3


    Februar
    Herman Koch; Sehr geehrter Herr M.; 4,1
    Wolfgang Burger; Heidelberger Lügen; 2
    James McGee; Der Rattenfänger; 2,6
    Erika Riemann; Die Schleife an Stalins Bart; 3,5
    Jussi Adler-Olsen; Das Washington-Dekret; 3,9
    Tess Gerritsen; Scheintot; 2,3


    März
    Stephan Abarbanell; Morgenland; 3,3
    Dave Gorman, Danny Walace; Sind sie Dave Gorman; 1,3; Monatshighlight
    Else Ury, Nesthäkchen und der Weltkrieg; 2,8
    Éric Chevillard; Das tapfere Schneiderlein; 5,3
    Yrsa Sigurdardóttir; Geisterfjord; 4,9
    Harald Martenstein, Tom Peukert; Schwarzes Gold aus Warnemünde; 1,6
    Piersandro Pallavicini; Erben auf italienisch; 2,9


    April
    Michael Connelly; Götter der Schuld; 2
    David Peace; Damned United; 1,6
    Isabel Bogdan; Der Pfau; 3,2
    Brad Meltzer; Die Bank; 2,5
    Angelika Felenda; Der eiserne Sommer; 2,8
    Juan S. Guse; Lärm und Wälder; 2,4


    Mai
    Karl Wolfgang Flender; Greenwash Inc.; 1,8
    Martha Grimes; Inspektor Jury spielt Domino; 2,3
    Imran Ayata; Ruhm und Ruin; 1; Jahreshighlight
    Markus Kavka; Rottenegg; 2,6
    Bruno Ziauddin; Bad News; 3
    Willem Elsschot; Käse; 2
    Oliver Bottini; Im Sommer der Mörder; 1,9
    Lale Akgün; Der getürkte Reichstag; 2,6
    Christina Nichol; Im Himmel gibt es Coca-Cola; 4


    Juni
    Ruth Rendell; Das Verderben; 2,1
    Andrea Camilleri; Das Netz der großen Fische; 3,2
    Charles Lewinsky; Kastelau; 1; Monatshighlight
    Hansjörg Martin; Das Zittern der Tenöre; 2,3
    Erich Maria Remarque; Der schwarze Obelisk; 1,2
    Barbara Wendelken; Tod an der Blauen Balje; 2,5


    Juli
    Mary Higgins Clark; Sieh Dich nicht um; 2,6
    Tom Sharpe; Puppenmord; 1,8
    Richard Dübell; Der Jahrhundertsturm; 1,4; Monatshighlight


    August
    Kathy Reichs; Blut vergisst nicht; 3
    Martin Suter; Montecristo; 2,8
    Maarten t' Hart; Die Netzflickerin; 1,5
    Michael Köhlmeier; Zwei Herren am Strand; 2,3
    Agatha Christie; Mord im Pfarrhaus; 2
    Petra Hammesfahr; Die Chefin; 1,9
    Jobst Schlennstedt; Spur übers Meer; 2,4


    September
    Felix Huby; Der Atomkrieg von Weihersbronn; 1,8
    Daniel Holbe; Giftspur; 2
    Urban Waite; Keine Zeit für Gnade; 4,5
    Andrew Roberts; Das Aachen-Memorandum; 1,6
    Kristof Magnusson; Dänen lügen nicht; 5
    Jörg Maurer; Föhnlage; 2


    Oktober
    Ben Berkeley; Cash Club; 2
    Jan Stradling; Wenn Sport Geschichte schreibt; 1,3; Monatshighlight
    John Katzenbach; Das Rätsel; 3
    Tom Wolf; Glutorange - Zehrende Flammen; 2,2
    Sophie Bonnet; Provenzalische Geheimnisse: 2,8
    Hans-Joachim Noack/Wolfram Bickerich; Helmut Kohl; 2
    Diverse Autoren; Zehn Türme - Zehn Verbrechen; 3,8
    Abbas Khider; Ohrfeige; 2,5


    November
    Adam Tooze; Sintflut; 1,6
    Frode Grytten; Ein ehrliches Angebot; 2,3


    Dezember
    Paul Murray; Der gute Banker; 1,7
    Robert Harris; Konklave; 1; Monatshighlight
    Andrew Marr; Der Premierminister; 1,9
    Michael Wittekindt; Der Unfall in der Rue Bisson; 1,2

    Die vierte Wand
    Sorj Chalandon
    DTV
    320 Seiten
    15,90 Euro


    Klappentext:
    Paris 1982: Georges verspricht seinem sterbenskranken Freund Samuel, einem Theaterregisseur, seinen Herzenswunsch zu erfüllen: die Aufführung von Jean Anouilhs Stück ›Antigone‹ im vom Bürgerkrieg zerrütteten Beirut, direkt an der Front, in einem zerbombten Kinosaal, mit einem Ensemble, das sämtliche Kriegsparteien repräsentiert. Viel List ist von Nöten und immer wieder muss Georges Zugeständnisse machen. Wird es gelingen, das Stück aufzuführen und dafür den Krieg für zwei Stunden ruhen zu lassen?


    Autor:
    Sorj Chalandon war Journalist bei der Zeitung "Libération". Seine Reportagen über Nordirland und den Barbie-Prozess wurden mit dem Albert-Londres-Preis ausgezeichnet. Von seinen bisher sechs Romanen ist "Die vierte Wand" der dritte auf deutsch erschienene.


    Meine Meinung:
    Kann man den Krieg pausieren lassen? Im Eifer des Gefechts für wenige Augenblicke innehalten? Samuel plant eigentlich unvorstellbares - die Aufführung eines Theaterstücks im Zentrum eines Kriegsgebiets. Da er aufgrund einer schweren Erkrankung allerdings bereits im Anfangsstadium des Projekts nicht mehr in der Lage ist, weiterzumachen, bittet er seinen Freund Georges, das Projekt für ihn fortzuführen. Dieser verspricht es, ohne wirklich zu ahnen, worauf er sich einläßt.


    Der Autor schont den Leser in diesem Buch in keinster Weise. Ich finde, man merkt dem Stil des Buches an, daß der Autor früher Journalist war. Ohne Effekthascherei und ziemlich schnörkellos berichtet er von der Grausamkeit des Krieges und dem hoffnungsvollen Versuch, mit einer einzigen symbolhaften Aktion eine Interaktion unter den Kriegsparteien zu schaffen.


    "Die vierte Wand" ist kein Buch für gemütliche Lesestunden, es ist unbequem und sehr bedrückend. Man kann auch nicht behaupten, daß das Lesen dieses Buches "Spaß" machen würde, aber dennoch finde ich, es ist ein tolles Buch, weil es anspricht und (soweit ich, als Mensch, der nie auch nur ansatzweise Krieg erlebt hat, das überhaupt beurteilen kann) relativ authentisch ist.


    Von mir gibts dafür 9 Punkte.

    Zitat

    Original von killerbinchen
    Ich habe das bei einer Bekannten beobachtet, die 40 Jahre lang gar nichts gelesen hat (ausser in der Schule natürlich) und dann einen Krimi anfing, der sie nicht mehr losgelassen hat.
    Daraus wurde zufällig eine ganze Reihe, dann hat sie sich an andere Serien oder Reihen herangetraut und dabei ist sie geblieben.


    Ja, so lief es bei mir auch, allerdings war ich damals noch Kind. Es muß einen packen, so daß man das Buch am liebsten nicht mehr aus der Hand legen mag. Und wenn es dann Teil einer Serie ist, hat man das Problem des zweiten Buches ja auch gleich vom Tisch.


    Natürlich ist das "richtige" Buch für jeden ein anderes, daher ist es schwierig, aber vielleicht überlegst Du, Prombär, mit Deiner Freundin mal, was sie im Fernsehen besonders gerne sieht und dann versuchen, etwas ähnliches in Buchform zu finden. Für den Anfang sollte es nicht gerade etwas besonders kompliziertes sein.

    Prombär, ich gleich das aus: Für mich war es der qualitativ beste Monat - gleich drei der bisher besten fünf Bücher des Jahres habe ich in diesem Monat gelesen. Auch wenn der Abgang dann doch etwas enttäuschend war, war es insgesamt ein toller Lesemonat.


    Ken Follet; Winter der Welt; 1,2
    Wolfgang Burger; Heidelberger Requiem; 2,7
    Jen Campbell; Verkaufen Sie auch Bücher?; 2
    Titus Müller; Berlin Feuerland; 1
    Steven Galloway; Der Illusionist; 1; Monatshighlight
    Elias Hirschl; Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluß, 1,9
    Matt Beynon Rees; Ein Grab in Gaza, 3,3
    Tilman Birr; Zum Leben ist es schön, aber ich würde da ungern auf Besuch hinfahren; 4,8

    Ich bin jetzt literarisch endlich in Chile angekommen.


    Zitat

    Anfang der siebziger Jahre herrscht Aufbruchsstimmung in Santiago de Chile: Der sozialistische Präsident Salvador Allende ist fest entschlossen, das Land aus seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit zu führen und die Not der verarmten Bevölkerung zu mildern. Dafür setzt er auf ein kühnes Projekt: Die Fabriken des unwegsamen Andenstaates sollen vernetzt und von einem zentralen Rechner gesteuert werden. Ein internationales Team, unter ihnen der junge deutsche Industriedesigner Hans Everding, wird beauftragt, das Datennetzwerk aufzubauen. Begeistert ergreift Hans die Chance, an der Revolution mitzuwirken und für eine gerechtere Gesellschaft zu kämpfen. Der Putsch des Militärs setzt diesem Traum jäh ein Ende. Alle, die an dem Netzwerk mitgearbeitet haben, geraten in Lebensgefahr. Niemand weiß, wer Freund und wer Feind ist, und die gesammelten Daten dürfen keinesfalls in falsche Hände geraten. GEGEN DIE ZEIT erinnert an ein historisches Experiment mit überraschender Aktualität: eine dramatische Geschichte von Aufbruch und Enttäuschung, von Vertrauen und Verrat.

    Der Illusionist
    Steven Galloway
    Luchterhand Literaturverlag
    352 Seiten


    Verlagsbeschreibung:
    Erzählern ist zuweilen nicht zu trauen. Besonders wenn sie, wie Martin Strauss, an einer seltenen neurologischen Krankheit leiden, an der sogenannten Konfabulation: Konfabulierende sind Menschen, die objektiv falsche Dinge erzählen, in der festen Überzeugung, dass sie wirklich genau so geschehen sind. Es sind Menschen, denen die Erinnerung ein ums andere Mal böse Streiche spielt. Und die, ohne es selbst zu merken, sich immer weniger darauf verlassen können, genau zu wissen, was wahr ist und was falsch …


    Als Martin Strauss von seinem Arzt erfährt, dass er an fortschreitenden und unheilbaren Erinnerungsstörungen leidet, versucht er sein Leben zu rekapitulieren, noch einmal festzuhalten, wie es wirklich war. Und es ist ein wahrhaft turbulentes Leben, auf das er zurückzublicken meint – ein Leben an der Seite des großen, weltbekannten Magiers und Entfesselungskünstlers Houdini. Harry Houdini, dem Anfang des 20. Jahrhunderts der sagenhafte Aufstieg von kleinen Hinterzimmerauftritten auf die ganz großen Bühnen der Welt gelang. Der von Arthur Conan Doyle bewundert wurde, der in das Visier von Scotland Yard geriet, dem Verbindungen zu der russischen Zarenfamilie nachgesagt wurden. Martin Strauss hat Aufstieg und Fall Harry Houdinis begleitet, glaubt er zumindest. Und er hat ihn getötet – glaubt er zumindest – und musste daraufhin sein ganzes bisheriges Glück und Leben aufgeben. Doch was ist wahr an Martin Strauss‘ Erinnerungen, und was ist Illusion?


    Der Autor:
    Steven Galloway wurde 1975 in Vancouver, Kanada, geboren. Er lehrt Creative Writing an der University of British Columbia und hat bisher vier Romane publiziert. „Der Cellist von Sarajevo“ war ein internationaler Bestseller, erschien in dreißig Ländern, kam u.a. auf die Longlist des Scotiabank Giller Prize und des IMPAC Dublin Literary Award, auf die Shortlist von Richard & Judy’s Best Read of the Year sowie des Ethel Wilson Fiction Prize. Galloway lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in New Westminster, British Columbia.


    Meine Meinung:
    Vorab eine Warnung:
    Wer nicht wissen möchte, wie man vor einer großen Menschenmenge einen Elefanten verschwinden läßt oder wie man die (seit Jahren außer Betrieb befindlichen) Glocken des Kreml wieder erklingen läßt, sollte die Finger von dem Buch lassen. Auch wenn der Autor ganz am Ende erklärt, daß er keine Garantie übernehme, daß die Tricks wie im Buch beschrieben funktionieren, gibt es doch eine Menge "Spoiler".


    Mit Hilfe des Erzählers Martin Strauss entführt der Autor den Leser in die Welt der Magie, der Varietes, ins Leben eines der berühmtesten Zauberer der Weltgeschichte: Houdini. Dieses Buch ist ein literarisches Zauberstück. Wie beim Magier auf der Bühne fragt sich der Leser ständig: Wo endet die Wahrheit und wo beginnt die Illusion? Gibt es überhaupt "die Wahrheit" oder ist die Wahrheit selbst nicht eine Illusion?


    Es ist ein interessantes, ein spannendes, ein großartiges literarisches Abenteuer, dem ganz offensichtlich eine große Rechercheleistung zugrunde liegt. Von mir gibts dafür alle zehn Punkte.

    Die Shortlist ist fertig:


    "Gehen, ging, gegangen"; Jenny Erpenbeck; Knaus


    "Über den Winter"; Rolf Lappert; Hanser


    "Wie Ihr wollt"; Inger-Maria Mahlke; Berlin Verlag


    "Das bessere Leben"; Ulrich Peltzer; S. Fischer


    "Eins im Andern"; Monique Schwitter; Droschl


    "Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969"; Frank Witzel; Matthes & Seitz

    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Davon habe ich doch auch schon etliche Titel auf einer gewissen Longlist gesehen.
    Danke. :wave


    Ja, außer Nora Bossong stehen sie alle drauf. Aber da die Preise sich ja auch ähneln, wäre es doch eher verwunderlich, wenn die Jury des einen Preises plötzlich lauter völlig andere Kandidaten aus dem Hut ziehen würde.

    Zitat

    Original von Prombär
    Wo ist der Unterschied zwischen Moor und Sumpf? :gruebel


    Moore und Sümpfe sind biologisch gesehen recht unterschiedlich - gut erklärt wird das z.B. hier.


    Zitat

    Moore und Sümpfe
    Im Moor herrscht ständiger Wasserüberschuss. Der ständig feuchte Boden ist sauerstoffarm und abgestorbene Pflanzen können nur unvollständig zersetzt werden. Statt Humus entsteht dabei Torf. Ein Moor hat eine Torfschicht von mindestens 30 cm Mächtigkeit und der Torf besteht zu mindestens 30 % aus organischer Substanz.
    Umgangssprachlich unterscheidet man in der Regel nicht zwischen Sumpf und Moor. Während ein Sumpf jedoch gelegentlich austrocknet, geschieht dies beim Moor nicht. Im Sumpf können daher abgestorbene Pflanzen vollständig zu Humus abgebaut werden, im Moor ist das wegen der ununterbrochenen Wassersättigung nicht möglich.

    Oder soll es lieber ein Krimi sein? Da gefiel mir "Tod im Moor" von Jim Kelly gut, ist allerdings, wie Teufelsmoor, auch schon etwas älter.


    "Erst findet man eine zum Eisblock gefrorene Leiche im Kofferraum eines verunglückten Wagens. Und wenige Tage später auf dem Dach der Kathedrale von Ely ein mehr als 30 Jahre altes Skelett. Für den Journalisten Phillip Dryden ist das alles kein Zufall, denn die Spuren führen auch zu seinem eigenen Leben: Wer war es, der ihn in einer finsteren Nacht vor mehr als zwei Jahren aus seinem im Moor versunkenen Auto gerettet hat - und seine Frau dabei zum Sterben zurückließ? Je intensiver Phillip nun recherchiert, desto näher rückt er in den Dunstkreis eines eiskalten Killers .."

    Ebenfalls im Teufelsmoor angesiedelt ist "Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel" - liest sich nicht nur an trüben Herbsttagen prima. :grin


    "Worpswas? Worpswede! Ausgerechnet als Paul Wendland mit seinem Leben und seinen kuriosen Kunstprojekten in die Zukunft starten will, holt ihn die Vergangenheit ein: In Worpswede drohen das Haus seines Großvaters und sein Erbe im Moor zu versinken. Die Reise zurück an den Ort der Kindheit zwischen mörderischem Teufelsmoor, norddeutschem Butterkuchen und traditionsumwitterter Künstlerkolonie nimmt eine verhängnisvolle Wendung"

    Ich kenne zwar nur die Verfilmung, aber ich denke, daß das "Teufelsmoor" auf jeden Fall reinpasst.


    «Ins bremische Moor?» fragte der Fährmann entsetzt. «Bleibt lieber auf dem Sand, im Moor sitzt der Teufel.» Dem Ersten der Tod, dem Zuweiten die Not, dem Dritten das Brot. – Im Teufelsmoor bei Bremen müht sich eine Bauernfamilie über Generationen, der unwirtlichen Natur ein menschenwürdiges Leben abzuringen. Liebe und Hass, Neid und Bruderzwist, kleine Welt und große Politik bestimmen die Schicksale der Kähdings zwischen kurhannoverscher Zeit und Kaiserreich.