ZitatOriginal von Lumos
Eine Frage hätte ich zu Tara und ihrer Kastenzugehörigkeit.
Sie ist "Brahmanin", das bedeutet sie gehört zur obersten Kaste, aus der sich überwiegend die Priester rekrutieren? Ihre Familie lebt aber das Leben armer Bauern. Irgendwie dachte ich, eine hohe Kaste bedeutet auch einen höheren Lebensstandard, bzw. zumindest ein hohes gesellschaftliches Ansehen! Könntest du mir da ein bisschen auf die Sprünge helfen, Steffi?
Deine Annahme ist zum Teil richtig, Lumos: Die Brahmanen genießen ein hohes Ansehen – doch das schütz sie nicht vor Armut. Als ich das erste Mal mit dieser Tatsache konfrontiert wurde, erging es mir wie dir: Ich war erstaunt, hatte ich doch eine hohe Kaste mit einem gewissen Wohlstand gleichgesetzt.
Aber es gibt natürlich sehr viele Brahmanen, und von denen werden nur die wenigsten Priester. Einige haben Landbesitz, doch auch das ist oft nicht viel, insbesondere nicht in dem von mir beschriebenen Mahabarath, den mittleren Höhen Nepals.
Meine eigentliche Intention war, Tara einer Gurung-Familie zugehörig zu machen. In Gorkha und Umgebung leben viele dieser mit den Tibetern verwandten buddhistischen Menschen, doch dann entschied ich mich anders. Mehr durch Zufall erfuhr ich nämlich, dass mein Freund Uma, und somit auch seine Frau und der Rest seiner Familie, der Brahmanen-Kaste angehört – ich hatte es bisher nicht gewusst, weil es ihm egal ist. Er gehört zu jenen, die das Kastenwesen gerne für immer abgeschafft sähen und verhält sich auch dementsprechend. Ich hatte also durch Uma und seinen Bruder Subash sehr interessante Einblicke in diese Kaste, zumal der Bruder fromm ist. Die Familie ist nicht bitterarm, aber doch eher auf der armen Seite zu suchen. Ich hatte auch das Glück, mehrere Tage auf dem Hof der Familie in den Bergen nördlich von Gorkha zu verbringen, der heute von der alten Mutter und zwei ihrer Enkelinnen bewirtschaftet wird. Ein sauberes, aber sehr sehr einfaches Anwesen: Das Wasser muss von einer 20 Minuten entfernten Wasserstelle transportiert werden, Strom für die zwei Glühbirnen stammt von einem kleinen Sonnenkollektor. Geheizt wird nicht, denn Feuerholz ist rar, das Essen ist eintönig und fleischlos, die Felder liegen weit entfernt und auseinander. Es gibt kein Glas in den Fenstern, geschlafen wird auf den schon erwähnten "Tischbetten" mit den Strohmatten. Allerdings wurde gerade ein Büffelunterstand gebaut, den die beiden Tiere dringend benötigten Und die Enkelinnen, die eine 18, die andere 9, gehen beide zur Schule.
Aber ich schweife ab. Also, nachdem ich Umas Elternhaus kennengelernt hatte, stand für mich der Entschluss fest, Taras Familie zu Brahmanen zu machen, denn diesen Aha-Effekt wollte ich auch den Lesern bieten. Hinzu kam noch die Überlegung, dass ich dadurch eine hinduistische Familie beschreiben konnte. Hindus repräsentieren das Land viel besser als Buddhisten – immerhin war das Land bis vor wenigen Jahren noch das "Hinduistische Königreich Nepal". (Nur etwa 15% der Bewohner Nepals sind Buddhisten, etwa 80% sind Hindus!)
Ich habe eben beim Googeln diese Seite gefunden: http://www.gossner-mission.de/…einen-blick/statistik.php
Bei diesen Statistiken wird einem ganz anders.