Beiträge von blaustrumpf

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    Original von Voltaire
    Das erinnert dann doch sehr an die Mär von Frankenstein. Dieses könnte man dann als "erschreckend naiven Unsinn" bezeichnen.


    stimmt. die sache mit der kriminellen veranlagung wird nämlich nicht von frau shelley, sondern von herrn stevenson via "doctor jekyll & mr. hyde" abgehandelt.

    Zitat

    Original von Voltaire
    Dann geniesst ihr kinderfeindlichen Ruhebenötiger doch einfach Euren Aufenthalt in diesem "toten" Hotel. Die Kinder, die Ihr nicht habt und die Ihr ausgrenzt, sind (leider) auch Eure Zukunft.


    Ähm, also die Kinder, die mit Filzstiften auf fremden weißen Ledercouches rummalen, sind meine Zukunft?


    Na bravo.

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    Original von Ikarus
    Ronja : doch, ich würde mich als Hetero ausgeschlossen fühlen, wenn ich ein Off-limits bekomme für ein Lesben-Lokal.


    Warum sollte ich dort nicht Einlaß finden, wenn ich umgekehrt überhaupt nichts dagegen habe, mit einer Lesbe oder einem Schwulen an einem Tisch zu sitzen?


    Muß ich das verstehen? Ich denke nicht!


    Hallo, Ikarus


    Die Antwort darauf ist so schlicht wie einleuchtend: Weil es manchmal einfach nicht um deine Befindlichkeiten geht, sondern um die der anderen.


    Dass du das verstehen musst, behauptet allerdings niemand. Du solltest dich lediglich an die Hausordnung halten, wenn sie nun einmal so ist.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Ich übernachte sehr gerne in Frauenhotels. Da sind Männer nicht willkommen.
    Bin ich deshalb männerfeindlich? Nein.


    Ich nehme sehr gerne ein Nichtraucherzimmer. Da sind Rauchende nicht willkommen.
    Bin ich deshalb militante Nichtraucherin? Nein.


    Ich frühstücke sehr gerne in Ruhe. Da bin ich in Familienhotels am falschen Platz.
    Bin ich deshalb kinderfeindlich? Nein.


    Nein. Ich habe keine eigenen Kinder. Aber ich muss auch keine Eier legen können, um zu wissen, wann eines faul ist. Die Entscheidung des Hoteliers kann ich ebenso gut verstehen wie die Empörung, die sie hervorruft. Aber auf mich wirkt die Diskussion ein bisschen wie das Vergleichen von Äpfeln mit Glühbirnen. Mit anderen Worten: Als rhetorische Übung hat sie immerhin ihren Wert. Mehr aber auch nicht.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

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    Original von Batcat
    Hätte dasselbe Buch aber 20 EUR gekostet, wäre mein Urteil folgendes gewesen: "20 EUR für so ein Blabla? Nee, das ist es mir nicht WERT!"


    Ich will damit sagen: Bemeßt ihr die Qualität eines Buches auch an dessen reellem Kaufwert?


    Hallo, Batcat


    Von mir ein klares entschiedenes "jein".


    Barbara Hahns Buch Die Jüdin Pallas Athene, an dem ich wegen seines Preises lange herumgefreit hatte, hat mich sehr enttäuscht. Ja, ich habe es gelesen. Ganz. Ich erinnere mich an ein eher mühsames Unterfangen. Das Fazit des Buches hätte vielleicht einen glanzvollen Essay abgegeben (wäre die Sprache nicht gar so trocken und akademisch ausgefallen). Als auf den Buchmarkt geworfene und zu diesem Zweck vermutlich aufpolierte Dissertation war es mir im Nachhinein den Preis für die (verlinkte) Hardcover-Ausgabe nicht wert. Nun gibt es den Text auch als Taschenbuch. Gewaschenes Kind scheut Seife: Das ist mir zu teuer - weil ich zuwenig aus dem Buch für mich mitnehmen kann/konnte.


    Bei den Rezensionen habe ich Cloud Atlas von David Mitchell vorgestellt. Dieses Buch fand ich mit anderen auf einem Büchertauschtisch. Ein Thriller von Jack Higgins und ein Science-Fiction-Roman haben mich mit dem Gefühl verschwendeter Zeit zurückgelassen. Die beiden waren mir geschenkt noch zu teuer. "Cloud Atlas" hingegen wäre mir vermutlich auch eine im regulären Buchhandel erworbene Hardcoverausgabe wert gewesen. Dass mir der Zufall es "für ümme" in die Hände warf, ist natürlich eine nette Anekdote. Wenn ich länger darüber nachdenke, steigert mir die zufällige Entdeckung und das Nichtbezahlthabenimeigentlichensinne den Wert des Buches sogar. Aber im Nachhinein: Es wäre mir die Hardcoverausgabe wert.


    Also: Erst, wenn ein Buch mich und meine Erwartungen enttäuscht hat, frage ich mich, ob es mir den Preis "wirklich" wert war. Dabei ist es mir gleich, was ich tatsächlich bezahlt habe. Gildet als Qualitätsbegriff eigentlich auch, ob das Lesen ein Vergnügen oder wenigstens ein Gewinn war?


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    David Mitchell: Cloud Atlas, erschienen 2003, englischsprachige Paperback-Ausgabe bei Sceptre, 529 Seiten


    Robert Frobisher ist ein hoffnungsvoller englischer Komponist. Gerade arbeitet er an einem sehr ambitionierten Werk, dem Sextett „Cloud Atlas“. Die verschiedenen Stimmen unterbrechen, kommentieren und bedingen einander, ihr Zusammenklang ergibt ein hochkomplexes Geflecht, das dennoch nichts Artifizielles hat.


    Der Aufbau der Komposition entspricht der Struktur des Buchs. David Mitchell gelingt es, sechs verschiedene Handlungsstränge, die alle zu unterschiedlichen Zeiten spielen, zu einem harmonischen Ganzen zu fügen. Die unterschiedlichen Episoden haben jeweils ihren eigenen Stil, ihre eigene Dramatik und Struktur. Dass sechs verschiedene „Stimmen“ entstehen, versteht sich von selbst.


    Den Inhalt der sechs verschiedenen Erzählungen hier wiederzugeben, würde den Rahmen dieser Rezension sprengen. Hier mag der Hinweis genügen, dass die jeweils folgende „Stimme“ den vorangegangenen Bericht entdeckt, sich mit ihm beschäftigt und darüber nicht das eigene Erlebnis vergisst. Der Autor spannt den Bogen von einer Seereise in den Pazifik der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Science Fiction nach einem Super-GAU in einer nicht näher bestimmten Zukunft. Von hier aus geht es – wie in Frobishers Komposition – wieder zurück in die einzelnen Erzählstränge und Zeitebenen, bis das Buch wieder vor Neuseeland angekommen ist.


    Ich habe „Cloud Atlas“ von David Mitchell nur durch Zufall auf einem Büchertauschtisch entdeckt. Das Buch hat mich fasziniert, berührt, amüsiert und ans Nachdenken über mein eigenes Schreiben gebracht. Ich kann ich es von Herzen empfehlen. Zum Abschluss hier mein Lieblingszitat, O-Ton Timothy Cavendish, Inhaber eines Druckkostenzuschussverlags, auf den Vorwurf eines Kritikers, ein Plot sei schon hundert Mal zuvor verwendet worden:
    „… as if there could be anything not done a hundred thousand times between Aristophanes and Andrew Void-Webber! As if Art is the What, not the How!“


    Cloud Atlas by David Mitchell. How? Wow!


    Edit: Angaben zur deutschen Ausgabe ergänzt, damit die auch im Verzeichnis auftaucht. LG JaneDoe

    Hallo, magali


    Es wird vermutlich an der normativen Kraft des Faktischen liegen. Mit anderen Worten: Ist eben so.


    Wenn es für dich nicht plausibel genug dargestellt ist, ist das natürlich beklagenswert.


    Allerdings finde ich die Stelle nicht, wo die Schwäne Plänen widersprechen. Ich behaupte auch nirgendwo, dass das Herz sehnsüchtig sei oder einen wie auch immer veranlagten Finder brauche.
    Und vermutlich pendelt das Versmaß noch zwischen ganz anderen AutorInnEn.


    Mit anderen Worten: Schade, dass du keinen Zugang dazu findest. Aber das macht nichts. Vielleicht gelingt es mir ja mit einem anderen Text.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Hallo, BloodyMary


    Ein netter Exkurs wäre beispielsweise Arnold Schönberg und sein Koalitionsschach. Ich habe dir die Regeln - wenn auch in Englisch - verlinkt, google doch mal mit den Stichworten +schönberg +koalitionsschach.



    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Ihr Lieben und Guten (und alle anderen, die sich bis hierhin durchklicken)


    Uff, da schwant mir etwas: Ich habe eine Vorliebe für Symmetrie. Die Schlusszeile der 2. Strophe und die der 4. haben beide den gleichen "Hüpfer".


    die sich sammeln an dem Wehr – nur die Sehnsucht, die blieb hier.


    Nun habe ich den Modder im See mal durchschnorchelt. Was passiert wenn ich die bemängelte Schwanenbesammlung (Achtung! Helvetizismus!) nicht an dem, sondern vor dem Wehr stattfinden lasse?


    Setzt da das große "Ja, aber" ein? Oder kann Verdichten wirklich so einfach werden?


    Schöne Grüße von blaustrumpf


    * * *


    Sehnsuchtsmüde steh’ ich wieder
    und alleine an dem See.
    Wellen summen ihre Lieder,
    in der Luft riecht es nach Schnee.


    Gestern ging ich noch mit Plänen,
    mutig und gestärkt einher,
    heute schau ich nach den Schwänen,
    die sich sammeln vor dem Wehr.


    Mit den Enten rechten Kinder,
    wer den letzten Brocken kriegt.
    Sieht wohl auch ein braver Finder,
    dass ein Herz im Wasser liegt?


    Warf dir zu im hohen Bogen,
    was dir lieber schien als mir,
    doch du bist davongezogen,
    nur die Sehnsucht, die blieb hier.


    Engumschlungen Pärchen wandern
    zu dem Gasthaus hinterm See.
    Ich find' dort, wie auch die andern,
    statt Geborgenheit nur Tee.

    Hallo, Ines


    Wer weiß schon, was alles unterbewusst assoziiert wird, wenn es ans Dichten geht – oder gar ans Lesen …


    ;-)


    Natürlich hatte ich auch gar nicht vor, mich in den Vergleich mit Hölderlin zu begegen. Mein Thema ist auch sehr viel kleiner. So im Nachhinein zu denken "hätte ich doch etwas anderes gepostet", ist selbstverständlich wohlfeil.


    Dankeschön für den französischen Beitrag. Der ist hammerhart, auch wenn Klischeeforscher die Funktion des Regens dort vermutlich gerne untersuchen würden.


    Wie kannst du eigentlich behaupten, du hättest keine Ahnung von Lyrik, wenn du solche Dichter wie die von dir genannten schätzt?


    Schöne Grüße von blaustrumpf