Beiträge von blaustrumpf

    Dann oute ich mich auch mal: Ich bin bekennende Mehrfach- und Parallelleserin.
    Mehrere Krimis gleichzeitig zu lesen, das finde ich allerdings schwierig. Da müssen sie schon von sehr unterschiedlichen AutorInnEn geschrieben worden sein. Ein Sachbuch durchzuackern und "zur Erholung" immer mal wieder etwas Belletristisches einzuschieben, das finde ich schon sehr viel einfacher. Das besondere Vergnügen, Romane parallel zu lesen, habe ich entdeckt, als durch Zufall die Kombination Selma Lagerlöf <-> Antje Rávic Strubel entstand, erstere via Jerusalem, via Tupolew 134 letztere.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Hallo, Doc, Zefira, Wilma und polli


    Danke für eure Beschäftigung mit dem "Nobody".


    Ja, Doc, du hast Recht: Der Rhythmus ruckelt. Das ist - schrecklich, so etwas zuzugeben - ohne Absicht passiert. Aber im Nachhinein betrachtet, gefällt es mir, dass Text nicht so ganz stolperfrei ist. Es ist übrigens auch einer, den ich vor einer Lesung richtig üben muss.


    Und auch Zefira muss ich zustimmen (obwohl es mich natürlich freut, dass Wilma und polli sich nicht an den vielen "Ichs" stoßen). Mich stören sie auch, nicht zuletzt, weil ich noch gelernt habe, dass es unelegant sei, einen Satz mit "Ich" zu beginnen. Doch wenn ich diese Ich-Betontheit herausnehme, dann verändert sich meiner Meinung nach die Person, die da monologisiert. Ihre Egozentrik könnte ein plausibler Grund sein, warum es nicht klappt, dass auch sie endlich einmal in ein Beuteschema passt. Dass sie damit nicht gut umgehen könnte, deutet sie ja selbst an: "Du siehst mich nicht, wenn du die bist, die ich suche."


    Nein, der Text ist sicher keiner aus der Schublade: "Selber-Schuld". Aber ich möchte einfach nicht die ganze Last des Vorbeischauens beim Gegenüber lassen. Es muss Gründe geben, warum es nicht klappt. Die vielen "Ichs" sind vielleicht ein zu dichter Wald, als in ihm gejagt werden könnte. Und da wird es dann schwierig: Wenn die Person niemand anderes hat, bleibt ihr nur das Ich.


    Meiomei. Nachdenken über eigene Texte. Wo soll das alles nur enden!
    :lache


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Was mich stört, sind nicht regionale Einsprengsel in einem Text. Die Besammlung (Achtung, Helvetizsmus!) für diesen Kreuzzug findet ohne mich statt.
    Allerdings scheint es mir so, als fiele den Schreibenden wie den Lektorierenden es zunehmend schwer, zu unterscheiden, was mundartlich Gefärbtes ist und was einfach schlechtes Deutsch.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Zitat

    Original von Voltaire
    Wieso pädagogischer Impetus? Was war daran pädagogisch?
    Das Wort "einzigst" wird durchaus in juristischen Schriftsätzen verwendet.


    Hallo, Voltaire


    Dann war das wohl ein Missverständnis. Ich deutete deinen langen Post dahingehend, dass du unsere Kenntnisse über die Rechtslage bereichern wolltest.
    In Sachen Pädagogik: Zumindest haben wir nun gelernt, dass die deutsche Sprache in "juristischen Schriftsätzen" auch nicht besser gepflegt wird als anderswo. Aber ob das nun eine uns wirklich überraschende Neuigkeit ist? Ich nehme an, dass du sie als solche nicht geplant hattest.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Zitat

    Original von Voltaire
    Das bedeutet, wenn ein Hotel mit dieser Prämisse die einzigste Unterkunft dieser Art am Ort ist, (…)


    Eben. Und damit ist der betreffende Hotelier aus dem Schneider. Es wird wohl niemanden überraschen, dass es sich bei seinem Etablissement nicht um den einzigen* Beherbergungsbetrieb am touristisch wohl erschlossenen Wolfgangsee handelt.


    Schöne Grüße von blaustrumpf


    *
    Hallo, Voltaire


    Ich nehme an, die von dir verwendete Steigerungsform von "einzig" ist dem pädagogischen Impetus deines Postings geschuldet.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Zitat

    Original von Idgie
    Diese Vermarktung der Frau Schaffrath erinnert irgendwie an den Medienrummel um die Hamburger Hure Domenica. Die wurde vor Jahren auch von einer Talkshow zur anderen gereicht und es war sehr en vogue eine waschechte Prostituierte zu interviewen.
    Das horizontale Gewerbe wurde salonfähig und es galt als fast normal, dass man auch im Liegen spielend Geld verdienen und Lebenserfahrung sammeln kann, die man anschließend meistbietend unters neugierige Volk wirft. Das Buch versprach einen Blick in die Betten der Huren und man war quasi ohne schlechtes Gewissen und fast umsonst Zaungast im Puff. Tom hat schon recht. Das gibt ganz nettes Möbelrücken im Wertestübchen.


    naja. nachdem wolf wondratschek die wonnen der an der reeperbahn gelegenen hinterzimmer literarisch abgefeiert hatte, nicht ohne mit besonderer wärme der freundlichkeiten oben erwähnter domenica zu gedenken, und er darob von der enthusiasmierten literaturwelt bejubelt wurde, war es in meinen augen nicht mehr als nur recht und billig, auch die meinung der geschäftigen dame einzuholen.

    meinen 50. post widme ich den derzeit von mir bevorzugten AutorInnen:
    Karen-Susan Fessel,
    Dorothy Gilman,
    Martha Grimes,
    Faye Kellerman,
    Selma Lagerlöf,
    Charlotte MacLeod,
    Antje Rávic Strubel
    und Corinna Waffender bei den Damen,
    bei den Herren
    Douglas Adams,
    Jeffrey Archer,
    Pat Califia,
    Jasper Fforde,
    Theodor Fontane,
    Tom Holt,
    Jonathan Kellerman
    und Chaim Potok.


    ehrenvolle erwähnung an dieser stelle für Eoin Colfer, David Mitchell und Richard Powers.


    edit ONwie konnte ich Lawrence Block unerwähnt lassen? *rumhirn*edit OFF

    Zitat

    Original von Voltaire



    .....wer hat das denn davon abhängig gemacht? ?( ?(


    niemand, Voltaire.
    es gab nur weiter oben einen hinweis, der mich schließen ließ, dass bei der entscheidungsfindung eventuell nicht nur literarische motive mitschwängen.


    Zitat

    Original von Voltaire
    Das Buch werde ich bestimmt lesen. Ich finde sie sehr sympathisch und dazu sieht sie auch noch Klasse aus.
    Danke für die Rezi! :wave

    ich hab den film gesehen. in einer kindervorstellung (also nicht am wolfgangsee).
    richtig schön.


    und für die paar erwachsenen im saal waren auch sehr nette gags drin. ich denke gerade an den pappkarton, den grmit flugs dem nackerten wallace reicht, auf dass der sich bedecke.
    vorne auf dem karton klebt ein zettel "may contain nuts".
    die kindlein, die rings um mich saßen, haben wohl nicht ganz verstanden, warum ich anfing zu lachen, aber die fanden dann eben andere details lustisch.

    Wie der Westernheld kam ich eines Tages aus dem Nirgendwo. Doch über mich dreht niemand einen Film, keine Lieder singen meine Geschichte, in Romanen hinterlasse ich nur die Abdrücke meiner Finger. Mein Name ist Nobody.


    Ich bin unsichtbar. Ich gehöre zu denen, die die Straßen füllen, das Bild beleben, die Menge ausmachen, in deren Mitte dir eine Einzige auffällt. Die bin ich nicht, diese Einzige. Ich bin eine von vielen. Ich bin die, die dir den Platz im Bus oder der U-Bahn wegnimmt, die dich mit ihrem Gepäck anrempelt. Und nur dann falle ich dir auf, für einen Augenblick. Ich trinke zuviel, ich esse das Falsche, ich bin zu laut und bin nicht zu hören.


    Aus der Abgeschiedenheit der Provinz zog ich in die Einsamkeit der Stadt. Ich bin in der Menge, die den Frauenschwof zu dem macht, was er ist. Ich fülle die Vernissage, die Lesung, die Party. Du siehst mich und nimmst mich gleichzeitig nicht wahr. Du schaust dich suchend um, deine Augen gleiten über mich, aber sie schweifen rastlos weiter, während mein Blick in atemloser Hast dem deinen nacheilt und dich doch nicht erreicht.


    Ich entspreche keinem der üblichen Schönheitsideale. Ich bin nicht mehr jung, meine grauen Haare werden täglich mehr. Ich kleide mich mit mehr Rücksicht auf meine Bequemlichkeit als auf meinen Wunsch wahrgenommen zu werden. Mein Lächeln ist harmlos; unbeschwert, dass meine Zähne schief stehen. Ich bin nicht die, auf die du gewartet hast. Ich bin nicht die, die du suchst. Du siehst mich nicht, wenn du die bist, die ich suche.


    Mich gibt es tausendfach. Wie alle bin ich einzig. Und aus uns vielen Farbtupfern macht dein Auge, das schon soviel gesehen hat, ein großes Grau. Dein Blick gleitet über mich, an mir vorbei auf seiner Suche. Das ist kein Vorwurf. Auch meine Augen würden nicht lange auf mir verweilen, und wenn, dann nur, weil sie, müde geworden, nach innen blicken, meinen Geist begleiten, der im Geschauten einen Ruhepunkt sucht.


    Ich kenne das. Ich kenne dich. Du schaust so lange ins Nichts, bis ich, entzückt, endlich Aufmerksamkeit geweckt zu haben, eine Geste mache, die dich aus der Träumerei erneut zur Jagd ruft. Ich bin nicht die Beute. Ich bin der Wald.

    Das Wichtigste zuerst: Kaufen. Und das Allerwichtigste: Unbedingt lesen!


    "Du legtest mir den Finger auf die Lippen, und von diesem Moment an schmeckte das Leben anders."


    Sie heißen Ines und Sofia, Silke, Anna, Kim oder Andrea, Thomas, Markus, Georg, Manni und Hilde, Silke, Jo und Tina, Maria oder Marian. Manche von ihnen bleiben namenlos und alle leben, ohne viel Aufhebens von sich zu machen. Aber das bewahrt niemanden vor dem einen Augenblick, dem Schnitt, der in ein Vorher und Nachher trennt.


    Der große Roman auf knapp drei, sechs oder auch einmal siebzehn Seiten? Minutenromane nennt Corinna Waffender ihre Szenen, und es ist eine Lüge, die ich gerne verzeihe: Die schlicht gezeichneten Figuren beschäftigen mich mit ihrem komplexen Innenleben deutlich länger. Das Kopfkino bekommt reichlich zu tun – und sei es bei dem Versuch, die einzelnen Schnitte in einen Film zu montieren. Es bliebe ein müßiges Experiment, doch so eigenständig die Szenen sind, so harmonisch fügen sie sich aneinander.


    Dem Zusammenhalt förderlich ist auch das sehr gelungene Layout, dessen Schnitttechnik die Erzählstruktur aufgreift, ohne sie zu banalisieren.


    Es wäre klug, das Buch nach jedem Abschnitt erst einmal beiseite zu legen und dem Nachhall zu lauschen. Aber ich kann nicht klug sein angesichts einem Erzählen, das so unspektakulär ist wie die gelassene Ruhe einer Seiltänzerin, die die kürzeste Entfernung zwischen zwei Turmspitzen gewählt hat.


    Fazit: Es gibt Qualität, die mich neidlos macht. Corinna Waffenders "Schnitt" hat sie. Danke.


    (edit ON) Der Querverlag hat eine Leseprobe online.
    (edit OFF)