Ich würde gerne zuerst zu "Bauer Giles noch etwas ergänzen:
Es gibt eine wunderschöne englische Ausgabe ("50th anniversary edition") von Hammond und Scull, wo sämtliche Anspielungen erkärt werden und auch die Skizzen zur versuchten Fortsetzung skizziert sind. Wie gesagt in Englisch, aber es lohnt sich sehr! Danach empfindet man den Text sicherlich als noch lustiger.
Zudem sind die Zeichnungen von Pauline Diana Baynes dabei, die Tolkien mochte.
Nun noch ein wenig zu "Giles" selbst:
Wissenswertes zur Entstehung
Die Geschichte ist eine der wenigen, die sich relativ losgelöst vom Rest von Tolkiens Schöpfergeist entwickelte. Tatsächlich scheint eine der wesentlichen Entstehungsgründe in dem Wunsch zu liegen, den Ortsnamen „Worminghall“ (etwa „Drachenhalle“) zu erklären. Das Dorf mit diesem Namen liegt in der Nähe von Oxford. Die Geschichte des „Kleinen Königsreiches“ spielt also wahrscheinlich in Oxford- und Buckinghamshire. Das läßt sich noch deutlicher daran festmachen, daß alle weiterhin genannten Dorfnamen (Ham ist die Fiktion vom wirklichen Dorf namens Thame und „tame“ bedeutet passenderweise „gezähmt“) und sogar die Entfernungen zwischen ihnen - so man sich die Mühe macht, sie einmal „auszurechnen“ wie Shippey es vormacht - Vorbilder in der Wirklichkeit haben.
Die erste Version der Geschichte muß etwa Anfang der 30er Jahre entstanden sein. Tolkien sollte vor einem Studenten-Klub einen Vortrag über Märchen halten, weil er jedoch diesen noch nicht fertig hatte, las er dort eine überarbeitete und längere Version von „Bauer Giles“ vor.
Als er auch bei anderen Gelegenheiten Erfolg mit dem Vortragen hatte und klar wurde, daß die „Hobbit“-Fortsetzung noch wesentlich mehr Zeit beanspruchen würde als gedacht, bot er „Bauer Giles“ zur Veröffentlichung an, und die Geschichte wurde gerne angenommen. Durch den Krieg und z. B. Tolkiens Unzufriedenheit mit dem Illustrator (später übernahm diese Aufgabe Pauline Diana Baynes) verzögerte sich die Veröffentlichung allerdings bis 1949.
„Bauer Giles“ hatte zum Zeitpunkt des Erscheinens keinen großen Erfolg und wurde erst nach dem Siegeszug des „Herrn der Ringe“ bekannter. Dann plante Tolkien eine Fortsetzung der Geschichte und skizzierte auch eine Handlung, in der es um Giles Sohn George Worming und einen Pagen namens Suet gehen sollte. Chrysophylax sollte erneut vorkommen und als Schauplatz des Ganzen war wieder die Landschaft des „Kleinen Königreiches“ gedacht. Doch 1945 war eben jener Landstrich vom Krieg zerstört, es gab Flugplätze, und es wurden Bombenabwürfe geübt. Tolkien hatte diese Landschaft vorher geliebt. Die großen Veränderungen bereiteten ihm so viel Kummer, daß er sich außerstande sah, die Fortsetzung zu beenden.
Meine Meinung
„Bauer Giles von Ham“ ist in vielerlei Hinsicht eine typisch tolkiensche Geschichte. Die Idee, mit einer Geschichte zu erklären, warum ein bestimmter (ungewöhnlicher) Ortsname entstanden ist, zeigt wieder einmal Tolkiens Vorliebe für Namen und ihre Entwicklung. Auch die "zeitliche Einordnung" im Vorwort der Geschichte, die dazu dient, mehr Authentizität zu schaffen, ist jener beliebte Kunstgriff, der auch im "Herr der Ringe" angewandt wird.
Gerade in "Bauer Giles" zeigt sich deutlich ein Sinn für trockenen Humor, sei es im Namen des Hundes (Garm ist eigentlich der Hund, der das Tor zur Behausung der Todesgöttin Hel bewacht), der sich so gar nicht wie sein literarisches Vorbild verhält (auch wenn Tolkien das später für keinen guten Scherz hält - ich habe sehr gelacht!) oder der Beginn beider Gespräche zwischen Giles und Chrysophylax, in denen eine Art "Rollentausch" stattfindet und die beide gleichlautend anfangen.
Alle Charakter sind sehr liebevoll gezeichnet (im wahrsten Sinne des Wortes, meine englische Ausgabe ziert ein wunderschönes Bild von Roger Garland), und besonders Giles ist ein echtes "Original" mit sehr "hobbitmäßigen" Eigenschaften. Doch auch der Drache (auch wenn es immer wieder heißt, er sei feige, verschlagen und gierig) ist insgesamt eher positiv gezeichnet, was bei Tolkien eher selten ist. Aber nicht nur Figuren und Gespräche verbergen manchen Witz, auch die Erzählung an sich (man denke an die Definition des Wortes "Donnerbüchse") zeigt sich bald ironisch, bald augenzwinkernd. Es ist eine Geschichte, die das Lesen lohnt (mein liebstes von Tolkiens kurzen Werken) und eine andere Seite an Tolkien zeigt, sei es wegen des Humors oder auch wegen des Inhalts an sich. Chrysophylax ist ein ungewöhnlicher Drache, und es tut mir sehr leid, daß es nie ein Wiedersehen mit ihm gegeben hat oder geben wird.
Die andere Geschichte ist die vom "Schmied von Großholzingen" ("Smith of Wootton Major"):
Im Dorf Großholzingen wird alle vierundzwanzig Jahre das „Fest der Guten Kinder“ gefeiert, zu dem vierundzwanzig Kinder des Dorfes eingeladen werden. Der Küchenmeister backt zu diesem Anlaß einen großen Kuchen. Bei einem dieser Feste verschluckt der Sohn des Schmiedes unbemerkt einen kleinen Stern, der in ihm wächst. Einige Zeit später fällt er dem Jungen aus dem Mund, und er klebt ihn sich an der Stirn, wo er haften bleibt. Das ist der Beginn einer Reise ins Elbland, wo viele wundersame Dinge geschehen. Dort nennt man ihn wegen des Sternes an seiner Stirn „Sternbraue“. Die Jahre vergehen, und der Junge folgt seinem Vater im Beruf nach. Immer wieder kehrt der Schmied mit neuen Geschichten aus Elbland zurück. Doch dort ist es nicht ungefährlich. Am Ende macht ihn die Königen von Elbland sogar zu ihrem Boten und befiehlt ihm, den König zu finden. Doch niemand weiß zu sagen, wo er sich aufhält...
Auch diese Geschichte hat mir sehr gefallen. Ich mochte die Reisen ins Elbland und dass "Starbrow" anfängt zu weinen, als er begreift, mit wem er getanzt hat und dass ihr Zerrbild nur jene kleine Figur auf dem Kuchen ist. Stolz war ich auf ihn, als es ihm gelang, den Stern freiwillig wieder abzugeben, und dafür wird er auch gleich belohnt. 
Auch hier gibt eine schöne englische Ausgabe von Hammond und Scull, die sich ein enig mit der Entstehung des Werkes beschäftigt und z. B. erklärt, wie die erwähnten Dörfer vom Elbland abhängig sind oder dass "Schmied" tatsächlich mal einen eigenen Namen besaß.
"Blatt von Tüftler" ("Leaf by Niggle") ist die einzige Geschichte von Tolkien, die mir doch etwas zu schaffen gemacht hat. Ich bin der Überzeugung, dass man besser damit zurecht, wenn man sich ein wenig in Theologie auskennt (was bei mir nicht der Fall ist). Vollkommen verstanden habe ich die Geschichte wohl erst verstanden, als ich mir eine Interpreation durchlas. Das kann manchmal durchaus hilfreich sein. Die Geschichte ist eine mit einer gehörigen Portion Autobiographischem (man denke an das Erscheinungsjahr der Geschichte, Tolkiens Alter und der "Reise", die Tüftler machen muss, seine Einschätzung von Tüftlers Kunst oder die vielen Alltäglichkeiten, durch die Tüftler sich quälen muss und die ihn vom Malen abhalten).
Aber auch sie hat mir am Ende gefallen. 
EDIT: ISBN wollte leider nicht, editiert