Nachdem ich das Schneewittchen ausgelesen hatte, war ich so angefixt von dem tollen Schreibstil, den lebendigen Charakteren und dem märchenhaften Hamburg, dass ich dat Frollein Cinderella direkt dahinter schieben musste (ihr kennt das sicher von irgendwelchen Serien – wer einmal Blut geleckt hat, will noch mehr…).
Und was soll ich sagen – ich wurde nicht enttäuscht – im Gegenteil: mir hat Cinderella noch einen Tacken besser gefallen als Schneewittchen, aber immer der Reihe nach. Das Cover ist wieder märchenhaft schön gestaltet. Natürlich ist maßgeblich, was im Buch steht, aber so ein tolles Cover macht doch erst richtig Lust auf die Geschichte! Und die begann – ebenso wie Schneewittchen auch – mit dem von mir so geliebten Personenverzeichnis. Ich fand es schon beim 1. Teil der Märchenreihe spannend zu sehen, wie die Autorin selbst ihre Figuren in ein paar Sätzen beschreibt. Hier konnte ich schon mal ein bisschen in die Story reinschnuppern und mir ein erstes „Bild“ von den einzelnen Personen machen.
Beim ersten Überfliegen war ich doch ziemlich zufrieden, denn es schien nichts zu fehlen:
Cinderella namens Cynthia: checked
Verwitweter Vater mit leichter Affinität zu blöden Zicken: checked
Böse Stiefmutter: checked
Böse Stiefschwestern – zwei an der Zahl: checked
Hübscher Jüngling, der jedoch auch von einer der bösen Stiefschwestern begehrt wird: checked
Außerdem kamen wir noch in den Genuss eines schwulen Designers, einer mit Kreuzfahrten verheirateten Oma, einer supersportlichen besten Freundin und einem sprechenden Vogel.
Einzig und alleine die Tatsache, dass im Personenverzeichnis schon leicht angedeutet wurde, dass manches vielleicht nicht so sei wie es zu Anfang scheine, machte mich etwas stutzig: sind doch im traditionellen Märchen Gut und Böse klar voneinander getrennt. Hier anscheinend nicht – umso besser; ein bisschen Abwechslung hat ja noch keinem geschadet. Außerdem mag ich es, wenn Personen sich im Laufe einer Geschichte entwickeln (in welche Richtung auch immer).
Doch die Anfänge waren schon recht „Schneewittchen-like“: Cynthias Mutter ist vor einiger Zeit gestoben und so lebt die 15-jährige mit ihrem Vater in einem mehr oder weniger gut organisierten Haushalt. Bis Thomas Aschenbrenner ihr eines Tages von Stephanie, ihres Zeichens Juwelierin und selbst Mutter von zwei Töchtern, erzählt und diese auch einige Tage später zum Abendessen einlädt.
Cynthia war mir sofort sympathisch; schon alleine die Tatsache, dass sie als Teenager Halbwaise wurde und sie recht tapfer scheint, ließ sie für mich sehr liebenswürdig erscheinen. Entsprechend dessen war es für mich natürlich klar, dass ich Stephanie und ihre beiden Gören namens Kristen (weder eine richtige Christin noch eine Kirsten) und Felicia nicht leiden konnte. Wie denn auch?
Bei den Grazien, deren Lebensinhalt lediglich darin zu bestehen schien, reich zu heiraten und nicht mehr arbeiten zu müssen, wäre bei mir spätestens nach den Affären Spülmaschine, Haarbürste und Ovemaltine Ende im Gelände gewesen. Aber auch hier hat mich Cynthia mit ihrer sympathischen Art beeindruckt, indem sie relativ ruhig blieb und als Klügere des öfteren nachgab.
Als es jedoch um ihren Schwarm (sagt man das heutzutage noch?) Daniel geht, ist auch für Cyn Schluss mit lustig und mit Hilfe ihrer Freundin Pauline, dem schwulen Designer GG, ihrer Oma Aurelia und nicht zuletzt dem Beo LaPerla macht sie sich an einen Schlachtplan.
Dieses Buch hat von allem etwas zu bieten: 1.: eine tolle, fantasievolle, emotional-berührende, spannende, lustige und manchmal auch nervenaufreibende Handlung (mich haben die Grazien streckenweise zur Weißglut gebracht!). 2.: Ich war mit Cynthia an wunderbaren Schauplätzen, die ich nun genau kenne (sogar nachts ), obwohl ich in diesen Ecken Hamburgs noch nie war. 3.: Ich habe Charaktere kennengelernt, die mir ans Herz gewachsen sind und welche, denen ich zumindest eine klitzeklitzekleine Pest an den Hals gewünscht habe. Ich habe mich mit Cynthia gefreut (besonders an der Stelle, an der es Felicia nicht so gut ging und es keinen Menschen interessiert hat) und ich war mit ihr traurig, als sie am Grab ihrer Mutter stand.
Die Tatsache, dass manche Personen – wie oben bereits angesprochen – nicht einfach schlicht gut oder böse sind, sondern es dazwischen viele verschiedene Grautöne gibt, macht sie so lebendig, lebensecht und glaubwürdig, was das Lesevergnügen ins Unermessliche hat steigen lassen. Ich finde es einfach wichtig, dass Protagonisten eine gewisse Natürlichkeit aufweisen und ihre Gedanken und Verhaltensweisen nicht gänzlich abwegig sind.
Für mich Prädikat unbedingt lesenswert und die Empfehlung: lesen, genießen, ärgern, aufregen, lesen, schmunzeln, lesen, Kopf schütteln, lesen, freuen, lesen – glücklich sein!
Danke für die unterhaltsamen Lesestunden!