Wer tötet, handelt
Friedrich Ani
Deutscher Taschenbuch Verlag
172 Seiten für 7,95 Euro
Über den Autor: Friedrich Ani, 1959 in Kochel am See geboren, lebt in München. Er arbeitete als Reporter und Hörfunkautor. Neben dem Staatlichen Förderungspreis für Literatur des Bayerischen Kulturministeriums erhielt er den Radio Bremen Krimipreis und zweimal den Deutschen Krimipreis für seine Romane um den Ermittler Tabor Süden und den Tukan Preis der Stadt München für „Idylle der Hyänen“. „Wer tötet, handelt“ ist nach „Wer lebt, stirbt“ der zweite Band aus der Krimi-Reihe „Der Seher“
Handlung: Der blinde Jonas Vogel ist gerade auf dem Nachtspaziergang mit seinem Hund, als ihn die Hilferufe eines am Straßenrand liegenden Verletzten aufschrecken. Ein Einbrecher hat dessen Freundin als Geisel genommen. Als er den Namen der jungen Frau hört, ahnt der Ex-Kommissar, was in ihr vorgehen muss, denn vor Jahren hat er in dem brutalen Mord an ihren Eltern ermittelt.
Meine Rezension: Oft ergibt sich die Sympathie zu einem Buch schon bei den ersten Zeilen. Es gibt Autoren, denen gelingt es scheinbar mühelos, den Leser schon gleich zu Beginn in ihren Bann zu ziehen. Friedrich Ani ist so jemand. Kurze, knappe und ungeheuer präzise Sätze stellt er an den Beginn der Geschichte – Sätze, in denen ein Mord geschildert wird. Der Mord an ihren Eltern, der in der Erinnerung der Augenzeugin Silvia immer und immer wieder abläuft. Und der durch den Stil des Autors auch beim Leser das schmerzliche Gefühl aufkommen lässt, dabei gewesen zu sein, oder zumindest zu wissen, was ein Mädchen gefühlt haben muss, dass dabei zusieht und hört, wie die Eltern erschlagen werden. Ausgerechnet dieses Mädchen wird nun bei einem Einbruch als Geisel genommen und auch hier wird sie Zeugin von brutaler Gewalt, denn sie muss zusehen, wie der Täter ihren Freund, der ihr geholfen hat, die schwere Zeit zu durchstehen, brutal schlägt und aus der Wohnung wirft.
Jonas Vogel ist zufällig in der Nähe und er beschließt, sich gegen die Geisel austauschen zu lassen, bzw. eigenmächtig auszutauschen, denn niemand von den früheren Kollegen würde solch ein Wagnis eingehen.
Stur ist er, der blinde Ex-Kommissar und so wird ihn der Geiselnehmer nicht mehr los und erklärt sich schließlich zu einem Austausch bereit. Während der Wartezeit auf das geforderte Lösegeld und das Fluchtauto gelingt es Jonas ganz langsam, dem Täter sein Motiv zu entlocken. Ohne sich auf seine Augen verlassen zu können, aber mit einem unglaublich sensiblen Gespür für die Stimmung und die Gefühle des Täters, stellt er die richtigen Fragen und beweist so starke Nerven, denn die Situation ist die ganze Zeit über angespannt und droht zu eskalieren.
Ich war erstaunt, wie viel Geschichte hier auf den wenigen Seiten Platz fand. Die Handlung und die Personen sind so atmosphärisch dicht gewebt, dass man immer weiter lesen will. Der Nebenstrang, der sich mit dem Privatleben des Kommissars beschäftigt, ist so gut beschrieben, das man fast beginnt, sich als Hobby-Psychologe zu betätigen, denn es finden sich allerhand Probleme in diesem Umfeld. Der Umgang der einzelnen Familienmitglieder miteinander lässt spüren, dass da viele Konflikte ungelöst in der Luft schweben und man wird neugierig, ob sich auch dort Lösungen finden werden.
Genau hier beweist Herr Ani für mich wieder sein Können, denn bei den meisten Krimis wirkt das private Umfeld, dass sich ein Autor für seine Protagonisten ausdenkt genauso – nämlich ziemlich konstruiert und ausgedacht, hier aber wirkt alles glaubwürdig und authentisch.
Viel mehr mag ich gar nicht über diesen Krimi sagen, außer, dass man ihn gelesen haben sollte und das er absolut dazu taugt für eine Gänsehaut zu sorgen – nicht nur an warmen Sommertagen…
Fazit: Ein kleines Meisterwerk des deutschen Krimis, das mit seiner Spannung und seinen glasklar geformten Sätzen Lust auf mehr von diesem Autor macht…