Ulrike Halbe-Bauer - Mein Agnes - Die Frau des Malers Albrecht Dürer

  • Die Autorin
    Ulrike Halbe-Bauer ist 1949 in Warendorf / Westfalen geboren. Sie ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte und lebt heute mit ihrem Mann in Freiburg.

    Kurzbeschreibung
    Nach seiner Gesellenzeit verheiratet sich Albrecht Dürer mit Agnes Freyin. Das Ehepaar lebt im Dürerschen Haus in Nürnberg. Dürers Arbeiten finden mit der Zeit immer mehr Anerkennung, doch Agnes ist besorgt über die Melancholie, die ihren Mann häufig heimsucht, und über ihre Kinderlosigkeit. Während einer Venedigreise des Malers, die dessen Weltruhm festigt, leitet seine Frau selbständig die Dürersche Werkstatt; nach dem Tod des Künstlers schließlich kämpft Agnes um ihre Stellung als Verwalterin seines Nachlasses. Das Buch beschreibt nicht nur anschaulich das Leben einer ungewöhnlichen Frau an der Seite eines berühmten Mannes, sondern ist gleichzeitig ein farbenprächtiges Sittengemälde der Renaissance und der Reformationszeit.


    Meine Meinung
    Historische Bücher sind ja eigentlich gar nicht mein Ding. Da muß mich schon ein besonderes Thema reizen oder eine besondere Person. Hier war es meine Heimat und die Person Albrecht Dürers, die mich zum Kauf verleiteten. Wir begleiten hier allerdings nicht den berühmten Maler, sondern das Leben seiner Frau Agnes Dürer. So erleben wir mit, wie sie ca. 14-jährig an den aufstrebenden Malergesellen verheiratet wird und wie sie das Leben an der Seite des immer bekannter werdenden und ebenso genialen wie anstrengenden Künstlers erlebt. Leicht hat sie es nicht an seiner Seite und dann auch noch mit der Schwiegermutter unter einem Dach. Auch wütet während dieser Zeit die Pest mehrmals in Nürnberg und fordert ihre Opfer.


    Sehr interessant ist das Buch vor allem für Franken, denen im Buch immer wieder bekannte Orte begegnen und vor allem auch viele bekannte Nürnberger, nach denen noch heute Straßen und Plätze benannt bin. Ehrlich gesagt, ich habe darüber gestaunt, wie viele davon Zeitgenossen Dürers waren. Sicher, Namen wie Pirckheimer, Martin Behaim und Veit Stoß kennt man. Aber daß z.B. auch die Rieter- und die Scheurlstraße nach Zeitgenossen Albrecht Dürers benannt sind, wußte ich nicht und habe gleich einmal ein Büchlein über die Geschichte der Nürnberger Strassennamen zu Recherchezwecken herbeigeholt.


    Eine sehr interessante Lektüre, die ein farbenprächtiges Bild der Stadt im 15./16. Jahrhundert vermittelt und darüberhinaus auch den Maler Albrecht Dürer und seine Werke näherbringt. Sicher ist einiges davon erfunden, dennoch hat die Autorin zahlreiche Quellen benutzt um ihre Geschichte möglichst eng an die „wahre Geschichte“ heranzubringen. Im Anhang ist eine Zeittafel zu finden, die die Lebensdaten Albrecht Dürers ebenso wie die einiger wichtiger historischer Ereignisse jener Zeit aufzeigt.


    Nicht nur für Frankeneulen empfehlenswert. Wer gerne historische, biographische Romane liest, dem sei das Buch ans Herz gelegt.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • @ keinkomma


    Das mag ich auch. Daher habe ich schon mehrere Sachen über Jack the Ripper gelesen und auch über M.S. Merian habe ich noch Ungelesenes im RUB. :-]


    edit: Nicht zu vergessen meine Bücher über Sisi!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Batcat
    Danke für deine Buchvorstellung. Hört sich lesenswert an.
    Meiner Meinung nach, werden die Lebensgefährten der berühmten
    Personen, doch noch viel zu wenig als Protogonisten gewürdigt.

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Ich habe gestern damit begonnen und bin jetzt ca. bei der Hälfte. Es liest sind wirklich sehr schön und wie Batcat schreibt, man begegnet laufend Namen von Nürnbergern, die man kennt, bzw. die Straßennamen, aber daß sie alle zur selben Zeit gelebt haben war mir neu.


    Also mir gefällt es sehr gut und ich gebe den Rat SEHR EMPFEHLENSWERT hiermit weiter :wave

  • Habe ganz vergessen, nach der Beendigung des Buches nochmals kurz was zu schreiben.


    Ich finde die Autorin hat es gut verstanden, die Agnes Dürer und ihr Leben zu beschreiben. Das Leben mit Albrecht war ja nicht unbedingt einfach, er scheint als Persönlichkeit und Künstler schon ein etwas schwieriger Zeitgenosse gewesen zu sein, der immer auf das Verständnis seiner Frau und seiner Mutter gebaut hat. Das kann ich mir auch so vorstellen, ebenso, daß die Agnes eigentlich ihr ganzes Eheleben darunter gelitten hat, keine Kinder zu haben.


    Also auch am Schluß ein sehr empfehlenswert und 9 Punkte

  • Kurz vor knapp mit der Leserunde von Nicole bin ich noch fertig geworden.


    Mich wundert, dass keiner meiner Vorposter eine Bemerkung zu der ausserordentlichen These von Ulrike Halbe- Bauer abgegeben hat, Agnes habe Albrecht Dürer bei seiner ersten Venedigreise begleitet. Ich habe schon einiges über Dürer gelesen, zuletzt noch den Wies , auf die Idee kam noch keiner, Belege gibt es ddazu auch keine- ganz im Gegensatz zu den Erlebnissen der Hollandreise oder der Besuche von Agnes in Frankfurt.


    Ansonsten ist an dem Buch vorallem zu loben, dass die Autorin sich mit der historischen Person der Agnes Dürerin und den Verhältnissen der Stadt Nürnberg um das Jahr 1500 gut recherchiert auseinandergesetzt hat und der Versuchung wiederstanden hat einen der verkaufsfördernden starke Frau in harter Männerwelt Romane zu schreiben. Schade sind die doch großen Zeitsprünge- die Dürers Werk stark prägenden Tode seiner Eltern werden nur im Rückblick behandelt. Das Phaenomen, dass Dürer etliche Selbstportraits hinterlassen hat- darunter das höchst umstrittene (heute Münchner) Portrait von 1500 wird ebenfalls überspungen- eigentlich verwunderlich angesichts der vielen Gedanken, die die Autorin ihrer Hauptfigur in der Auseinandersetzung mit der Kunst des Eheherrn darlegt.


    Also- so 100-150 Seiten mehr hätten dem Buch gutgetan- so ist es ein sehr guter Ansatz, aber nur ein gutes Buch geworden, das ich mit 7/10 bewerte.

  • Kurzbeschreibung bei amazon


    Nach seiner Gesellenzeit verheiratet sich Albrecht Dürer mit Agnes
    Freyin. Das Ehepaar lebt im Dürerschen Haus in Nürnberg. Dürers Arbeiten
    finden mit der Zeit immer mehr Anerkennung, doch Agnes ist besorgt über
    die Melancholie, die ihren Mann häufig heimsucht, und über ihre
    Kinderlosigkeit. Während einer Venedigreise des Malers, die dessen
    Weltruhm festigt, leitet seine Frau selbständig die Dürersche Werkstatt;
    nach dem Tod des Künstlers schließlich kämpft Agnes um ihre Stellung
    als Verwalterin seines Nachlasses. Das Buch beschreibt nicht nur
    anschaulich das Leben einer ungewöhnlichen Frau an der Seite eines
    berühmten Mannes, sondern ist gleichzeitig ein farbenprächtiges
    Sittengemälde der Renaissance und der Reformationszeit.


    Autoreninfo bei amazon


    Ulrike Halbe-Bauer unterrichtet Deutsch und Geschichte, ist Autorin und
    Übersetzerin. Unter anderem erschienen von ihr die Romanbiografien
    "Olympia Morata", "Agnes Dürer" und "Margarete Steiff".




    Eigene Beurteilung


    "Mein Agnes" ist eine in der dritten Person geschriebene Romanbiographie des Ehepaares Dürer, dargestellt aus der Perspektive von Agnes.
    Agnes Frey wird im Alter von ca 17 Jahren im Jahr 1494 von ihrem Vater, dem Rotschmied Hans Frey, mit dem jungen Maler Albrecht Dürer verheiratet, der gerade von seiner Gesellen-Wanderzeit nach Nürnberg zurückgekehrt ist.
    Als 1495 in Nürnberg wieder einmal die Pest ausbricht, reist Agnes mit ihrem Mann für knapp ein Jahr nach Venedig, wo er die neuen Techniken der Malerei erlernen will, da die Italiener den Deutschen in der Malerei weit voraus sind. Die Rückkehr nach Nürnberg verläuft nicht sehr erfreulich, denn im Hause Dürer sind inzwischen fünf Geschwister von Albrecht an der Pest gestorben, zwei weitere Schwestern sterben bald darauf an Ruhr oder Typhus. Albrechts Mutter Barbara hat von ihren insgesamt 18 Kindern 15 verloren, sie wird durch diese Schicksalsschläge immer schwieriger im Umgang, verbringt fast ihre ganze Zeit im Gebet und verbreitet eine düstere Stimmung im Haus. Auch Albrecht, mit dem Agnes im Großen und Ganzen eine harmonische Ehe führt, verfällt immer wieder in sehr melancholische Phasen, in denen er kaum ansprechbar ist. Für Agnes ist es nicht einfach, mit dem schwierigen Künstlercharakter ihres Mannes umzugehen. Sie ist jedoch eine tatkräftige Frau, die sich auf das Rechenwesen und den Verkauf versteht, regelmäßig fährt sie zu Messen, auf denen sie die Drucke ihres immer erfolgreicheren Mannes vertreibt. Durch ihre Kinderlosigkeit wird ihre Ehe nicht übermäßig belastet, Albrecht akzeptiert diese Situation recht gelassen. Ein größeres Problem für die Ehe ist seine Freundschaft mit dem Humanisten Willibald Pirkheimer, durch den Albrecht immer mehr in Patrizierkreise gerät und wissenschaftliche Interessen verfolgt, die nach Agnes´Meinung einem "Handwerker" nicht anstehen. Albrecht ist jedoch von der Idee besessen, mathematische Regeln für die Gliederung und Abbildung des menschlichen Körpers zu finden...
    Im Laufe der Jahre gelangen die Dürers zu großem Wohlstand, sehen sich aber durch das Vorantreiben der Reformation auch großen gesellschaftlichen Veränderungen gegenüber.


    Die Autorin hat das Leben des Ehepaares Dürer genau recherchiert und schreibt sehr anschaulich: der Leser kann sowohl die Beschwernisse des Reisens als auch die Angst vor der Allgegenwart tödlicher Krankheiten gut nachvollziehen. Über die Entstehung der äußerst zahlreichen und verschiedenartigen Kunstwerke Dürers gibt es eine Fülle von Informationen. Ich hätte sehr gern Abbildungen der wichtigsten Kunstwerke im Buch gehabt, musste mich aber mit einem nebenbei betrachteten Bildband begnügen.
    Stattdessen bietet das Buch jedoch eine "Nachbemerkung" der Autorin, in der sie erläutert, dass die gemeinsame Venedigreise des Paares nicht historisch verbürgt ist, warum sie aber nach der Quellenlage davon ausgeht, dass Agnes bei der ersten Venedigreise ihres Mannes (1494/1495) mit gefahren sein könnte.
    Sehr hilfreich finde ich auch die Zeittafel hinten im Buch, die sich nicht nur auf das Leben der Dürerfamilie beschränkt, sondern auch zeitgeschichtliche Ereignisse berücksichtigt. Schließlich enthält der Roman auch noch eine recht umfangreiche Auswahlbibliographie zur Familie Dürer sowie zu den Lebensumständen der Zeit.
    Mir hat dieser biographische Roman einen unterhaltsameren und informativeren Zugang zu Albrecht Dürers Kunst und Zeit gewährt, als es ein entsprechendes Sachbuch gekonnt hätte. Ich vergebe eine Leseempfehlung (nicht nur) für Kunstinteressenten und 8 Punkte.