Berlin Feuerland - Titus Müller

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  • „Hunger haben sie heute“, antwortete er knapp. „Das Sterben kommt erst später.“ (Seite 110)

    ASIN/ISBN: 3896675036

    478 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    Verlag: Karl Blessing Verlag, München 2015
    ISBN-10: 3-89667-503-6
    ISBN-13: 978-3-89667-503-3



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Hannes schlägt sich als „Fremdenführer“: er führt reiche Damen zur Besichtigung durch das Armenviertel Feuerland. Bei dieser Gelegenheit lernt er Alice, die Tochter des Kastellans des Berliner Stadtschlosses, kennen. Trotz der großen gesellschaftlichen Unterschiede sind sie sich sympathisch und es entwickeln sich leise Gefühle.
    Aber dann kommt der März 1848 mit seiner Revolution und Hannes findet sich neben seinem Freund Kutte auf den Barrikaden wieder.



    Über den Autor


    Titus Müller wurde 1977 in Leipzig geboren, studierte Literatur, Geschichtswissenschaft und Publizistik, und veröffentlichte mit 24 Jahren seinen ersten Roman. Mit seiner Familie lebt er in Bayern.


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    Meine Meinung


    Es ist einige Tage her, daß ich dieses Buch ausgelesen habe, denn es hat mich in gewisser Weise sprachlos zurück gelassen und die vielen Gedanken, die mir nach dem Ende im Kopf herumschwirrten, mußten erst einmal sortiert und geordnet werden. Das Buch hat mich so mitgenommen, daß ich für eine Woche keinen anderen Roman zu lesen beginnen konnte. Das ist mir dermaßen stark schon lange nicht mehr passiert, was andeutet, wie sehr mich dieses Buch getroffen und beeindruckt hat.


    In der Schule kamen und kommen die Ereignisse, von denen in diesem Roman die Rede ist, nur wenig vor. Sicher ist das Eine oder Andere bekannt. „Kartätschenprinz“ ist ein Begriff, an den ich mich entsinne. Und „Märzrevolution“ ebenfalls, hat doch in Dresden auch ein gewisser Richard Wagner auf den Barrikaden gestanden. Aber was ist mit Detailwissen, genaueren Umständen und Hintergründen?


    Da setzt dieser Roman an, der ein recht eindringliches Bild von den Zuständen und Ereignissen jener Tage in Berlin zeichnet, so daß man eine Ahnung davon bekommt, was sich seinerzeit abgespielt hat. Dabei fängt das Buch mit einem auf den ersten Blick etwas irritierenden Prolog bei Paris an. Im weiteren Verlauf wird jedoch klar, von wem da die Rede und was sein Auftrag ist.


    Wie viele Wirklichkeiten gab es noch in Berlin außer ihrer eigenen? (Seite 37), so fragt sich Alice, nachdem sie von Hannes das Elend im Feuerland gezeigt bekommen hat. Es sind erschütternde Verhältnisse, in denen die Arbeiter der ersten Fabriken hausen (denn wohnen kann man das nicht bezeichnen). Während nur wenige Straßen weiter Pomp und Luxus herrschen. Es ist gut nachzuvollziehen, wenn Alice als Folge dieses „Ausflugs“ bie Annehmlichkeiten ihres Lebens bewußt werden. Was für sie selbstverständlich ist, ist für andere außerhalb des Vorstellungsvermögens.


    Wenn man diese krassen Gegensätze sieht, wundert es einen nicht, wenn das irgendwann zum Aufstand, zur Revolution kommen mußte. Verwunderlich vielleicht nur, weshalb das so lange gedauert hat.


    Mit Hannes, der im Feuerland lebt, und Alice, die bei ihren Eltern im Schloß wohnt, hat Titus Müller zwei sympathische Figuren geschaffen, die gleichzeitig die damals herrschenden Unterschiede und Differenzen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen verkörpern und deutlich machen. Zwischen beiden entwickelt sich eine zarte Beziehung, die im Verlauf aber auf eine harte Probe gestellt wird.


    Im Buch tauchen natürlich auch eine ganze Reihe von historischen Personen auf; es ist erschütternd zu lesen, wie sehr der König offensichtlich in seiner Sicht der Dinge gefangen war und wie wenig er (und viele andere) sich für die Belange des „kleinen Mannes“ interessiert haben. Von den Militärs, die einfach drauf los schießen wollten, ganz zu schweigen. Es wäre ein interessantes Gedankenspiel zu überlegen, wie die Ereignisse verlaufen wären, hätten die Besonnenen die Oberhand gehabt.


    Auf beiden Seiten, denn auch auf Seiten der „Revolutionäre“ gab es Falken und Tauben. Aber so festgefahren, wie die Verhältnisse, so groß die aufgestaute Frust und Wut waren, mußte es wohl zur Explosion kommen. Hierzu liest man einiges im sehr ausführlichen und informativen Nachwort, in welchem der Autor einiges zu den damaligen Geschehnissen schreibt und auch die wichtigsten historischen Personen vorstellt. Noch nie ist mir in einem Roman ein so gutes, umfangreiches und vorbildliches Nachwort begegnet wie hier!


    Unweigerlich führt das Buch dazu, daß man sich Gedanken macht und Vergleiche zieht zwischen damals und heute. Wie sehr haben sich die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in den vergangenen hundertsechzig Jahren verändert - und wie wenig schätzen wir das Erreichte. Ja, nehmen es oft gar nicht wahr, sondern als selbstverständlich, geradezu gottgegeben, hin. Das Buch kann ein Anlaß sein, darüber nachzudenken und vieles (wieder) bewußt, oder vielleicht überhaupt erst wahrzunehmen.



    Kurzfassung


    Ein tief beeindruckender und absolut lesenswerter Roman über die Märzrevolution 1848.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Es ist einige Tage her, daß ich dieses Buch ausgelesen habe, denn es hat mich in gewisser Weise sprachlos zurück gelassen und die vielen Gedanken, die mir nach dem Ende im Kopf herumschwirrten, mußten erst einmal sortiert und geordnet werden. Das Buch hat mich so mitgenommen, daß ich für eine Woche keinen anderen Roman zu lesen beginnen konnte. Das ist mir dermaßen stark schon lange nicht mehr passiert, was andeutet, wie sehr mich dieses Buch getroffen und beeindruckt hat.


    Das mit der 1-Woche-Pause war bei mir nicht so, aber den Rest: :write
    Irgendwie hatte ich auch unerklärlicherweise Schwellenängste hinsichtlich einer Rezension, so lange Zeit liegt da normalerweise nie zwischen Leserunde und für zeitnah versprochener Rezension. Auch andere gibt es - zumindest als ich zu posten begann - noch nicht... :gruebel


    Hier also meine Rezension:


    Produktinformation:
    Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
    Verlag: Karl Blessing Verlag (2. März 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3896675036
    ISBN-13: 978-3896675033
    Größe und/oder Gewicht: 14,4 x 4 x 22,1 cm


    Über den Autor:
    Titus Müller, 1977 geboren, studierte Literatur, Geschichtswissenschaft und Publizistik in Berlin. Er veröffentlichte mit 24 Jahren seinen ersten Roman: "Der Kalligraph des Bischofs". Es folgten weitere historische Romane wie "Die Todgeweihte", "Die Priestertochter", "Die Brillenmacherin". Titus Müller wurde mit dem C. S. Lewis-Preis und dem Sir Walter Scott-Preis ausgezeichnet. 2011 erschien im Blessing Verlag sein Roman über den Untergang der Titanic: "Tanz unter Sternen". Für den Roman "Nachtauge" (Blessing, 2013) wurde Titus Müller 2014 im Rahmen einer Histo-Couch-Umfrage zum Histo-König des Jahres gewählt.
    Er sagt über sich selbst: "Ich bin Sammler, Staunender und Entdecker von Beruf. Was ich sammele, halte ich den Menschen hin. Kleine Fundstücke: eine Murmel, eine Vogelfeder, eine alte Bahnfahrkarte."
    Weitere Informationen unter www.titusmueller.de.


    Klappentext:
    Zwischen Schloss und Barrikaden: eine Geschichte voller Liebe und Abenteuer, minutiös recherchiert, packend und atmosphärisch dicht erzählt
    Hannes Böhm lebt in dem Industrieviertel, das die Berliner Feuerland nennen, weil hier die Schornsteine der Industrie qualmen. Als eine Art selbst ernannter Fremdenführer verdient er sich ein kleines Zubrot, indem er neugierigen Bürgern die Armut und die Not in den Hinterhäusern zeigt. Bei einer solchen Gelegenheit lernt er Alice kennen, die als Tochter des Kastellans im Berliner Stadtschloss wohnt, der Frühlingsresidenz des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. Alice ist schockiert über das Ausmaß der Verelendung – und zugleich tief beeindruckt von Hannes, der voller Ehrgeiz und Fantasie zu sein scheint. Doch als die Märzunruhen 1848 ausbrechen, als sich der Konflikt zwischen dem preußischen König und den Aufständischen zuspitzt und gemäßigte Kräfte nur schwer Gehör finden, scheint es für die Gefühle, die Hannes und Alice füreinander entwickeln, keine Zukunft mehr zu geben.
    Titus Müller entwirft in seinem neuen Roman ein großes Panorama der revolutionären Ereignisse und zeigt, dass die Zweifel an der Politik des Königs selbst in der Armee und im Polizeiapparat immer größer wurden.
    (Quelle: AMAZON)


    Meine Meinung:
    Das Cover finde ich sehr schön, ich stelle mir die Frauenfigur als Alice vor, welche die aufregenden Ereignisse im Schlosshof oder vor dem Schloss durch ein Fenster beobachtet, in dessen Scheibe gespiegelt der Betrachter eben diese Ereignisse gleichfalls wahrnehmen kann.
    In den Coverinnenseiten sind ebenfalls ansprechende Bilder zu sehen, allerdings hätte ich mir stattdessen oder zusätzlich eher eine Karte vom Berlin der damaligen Zeit gewünscht, um Entfernungen und Wege besser abschätzen zu können, ohne erst Google oder andere Suchmaschinen bemühen zu müssen.
    Das hervorragende Nachwort mit Informationen über die authentischen historischen Personen fand ja bereits Erwähnung.
    Wie seit meinem ersten historischen Roman aus dieser "Feder" sprang der Funke rasch über und die Spannung hatte mich gepackt, denn Kontraste und Konflikte wurden gekonnt vermittelt, egal, ob es um "große Geschichte" oder "Menschelndes" zwischen den fiktiven Personen ging.
    Beeindruckend auch wieder der Stil: Titus Müller stellte erneut unter Beweis, dass er ein exzellenter Beobachter und detailgetreuer Erzähler ist.
    Ich bedanke mich bei Titus Müller für die Begleitung der Leserunde - und hoffe, es gibt bald wieder eine :chen :knuddel1 :anbet
    EDIT meint, eigentlich sei es nahezu selbstverständlich, aber ich solle es vielleicht doch erwähnen:
    10 von 10 möglichen Eulenpunkten wurden soeben vergeben!
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Feuerland, so heißt der Industriebezirk in Berlin, in dem die Fabrikschlote niemals aufhören zu qualmen. Die Menschen, die dort leben müssen, können sich von ihrem kargen Lohn oft gerade mal die Miete für eine Wohnung in einem der „Familienhäuser“ leisten – ärmliche und überbelegte Drecklöcher, in denen oft viele Menschen in einem einzigen Zimmer hausen. Bittere Armut und Krankheiten sind an der Tagesordnung und langsam regt sich der Widerstand gegen die großen sozialen Unterschiede in der Stadt.


    Hannes, der in Feuerland aufgewachsen ist und immer noch dort lebt, verdient sich sein Geld damit, reiche Damen in dieses Elendsquartier zu führen, die sich fast wie bei einem Besuch im Zoo verhalten. Sie wollen das Elend bestaunen und dafür bekommt Hannes sein Geld. Als er bei einer dieser Führungen eines Tages Alice kennenlernt und sich eine Freundschaft entwickelt, erhält er einen Einblick in das Leben der besseren Gesellschaft…
    Der Roman ist sehr viel mehr, als die Liebesgeschichte zweier Menschen zu der Zeit der Unruhen um 1848.


    Sehr geschickt wurden das Kennenlernen und das weitere Schicksal von Alice und Hannes in die herrschenden politischen Verhältnisse eingebunden. Anhand der beiden erhält man als Leser nicht nur Einblick in die Familienhäuser in Feuerland und in das Königsschloss der Stadt, sondern erlebt mit, wie sehr beide allein schon durch ihre sozialen Kontakte in diese Unruhen verstrickt werden.


    Neben diesen beiden fiktiven Personen sind auch einige historisch belegte Persönlichkeiten in die Geschichte eingebunden und ein nicht unwesentlicher Teil der Handlung widmet sich dem damaligen Polizeipräsidenten Julius von Minutoli und seinen Bemühungen, den Aufstand zu verhindern, oder wenigstens ohne Blutvergießen zu beenden.


    Diese Mischung aus realen und fiktiven Personen, eingebunden in historisch belegte Ereignisse macht dieses Buch so lesenswert. Mir waren die Berliner Unruhen nicht besonders bekannt. Im Geschichtsunterricht wurden andere Schwerpunkte gesetzt; möglicherweise wurde das Thema am Rande erwähnt, in diesen bewegten Zeiten gab es einfach zu viel Wissenswertes und genau deshalb habe ich diesen Roman mit großem Interesse gelesen. Sehr gut gefallen hat mir, dass sich die Liebesgeschichte und die politischen Themen die Waage halten und keines von beiden dominiert. Insgesamt kann ich sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat und somit bekommt es von mir 10 von 10 Eulenpünktchen.

  • Es gibt diese Romane, da ist man von der ersten Zeile an der Geschichte mit Haut und Haaren verfallen und dieser immense (Lese-) Sog hält bis zum letzten Wort an. Genauso ging es mir mit diesem Historischen Roman den ich am Samstagmorgen begonnen und am Sonntagnachmittag beendet habe. Die Handlung zieht einem gedanklich fast 180 Jahre zurück in die Vergangenheit ins Jahre 1848. Berlin "Feuerland" wurde damals ein Industriequartier bezeichnet in dem Gusseisen glühten, Kessel unter hochdruck brodelten und hohe Kamintürme ihren schwarzen Schlot über die Region niederregnen liessen. Es ist zugleich eine Wiege des technischen Fortschritts und des preussischen Maschinenbaus. Die neuesten technischen Errungenschaften bereiteten dem klassischen Handwerkergewerbe Sorgen und Nöte und leiteten seinen Niedergang ein. Wer brauchte nun noch die jahrhundertealten Handfertigkeiten von Webern und Färbern wenn moderne Grossspinnereien dank Maschinen viel produktiver waren? Wer bestellte Möbel beim Tischler wenn diese von Grossmanufakturen erstmals in rationeller Massenfertigung hergestellt wurden? Jede Erfindung schafft nun mal Gewinner (Industrielle) und Verlierer (Arbeiterschaft). Zumal die Arbeiter in dieser Zeit in jeder Hinsicht von den Unternehmen nach belieben ausgebeutet werden konnten.


    In diesen Jahren der beginnenden industriellen Revolution und der politischen Wandlung zur Republik teilte sich die nichtadlige Bevölkerung in die gehobene soziale Klasse der Bourgeoisie und des einfachen Proletariats. Aus der geknechteten Arbeiterschaft ging in dieser Zeit eine starke Bewegung aus die sich gegen dien ausbeuterischen (Geld-) Adel auflehnte. In den Städten in ganz Mitteleuropa werden bürgerliche Grundrechte eingefordert so auch in Berlin. Heftige Strassenkämpfe zwischen Aufständischen und Militär sind im Gange und die Konsequenz sind Tote auf beiden Seiten. In diese explosive Zeit des politischen Umsturzes setzt der Schriftsteller Titus Müller seine zwei Hauptfiguren dieser Erzählung. Hannes Böhm der als charismatischer Habenichts auf Alice Gauer trifft, die Tochter des Kastellans die im luxuriösen Berliner Schloss an der Spree lebt. In vielerlei Hinsichten prallen in diesem Roman Gegensätze, Welten und Lebensanschauungen aufeinander und aus diesem knisternden Spannungsfeld zieht das Buch seinen Reiz.


    Erwähnenswert, dass der Autor selbst keine spürbare Wertung für vornimmt. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen Partei zu ergreifen und die Gunst der Leserschaft durch unterschwellige Manipulation auf die ein oder andere Seite kippen zu lassen. Er versteht seine Rolle als neutraler Erzähler, bringt Argumente für beide Lager und überlässt es uns Lesern Gedanken zu machen und Schlüsse ziehen. Ausserdem ist er ein brillanter Geschichtenerzähler, dem es auf rund 450 Seiten plus einem interessanten Anhang mühelos gelingt, historische Fakten und Personen mit einer spannenden Geschichte zu verweben und dem Leser auf diese Weise die damaligen Ereignisse deutlich näher zu bringen als das irgendeiner meiner Geschichtslehrer jemals gekonnt hätte. Ein spannendes Kapitel der deutschen Industrie- und Politikgeschichte auf ganz starke Art und Weise erzählt. Sehr lesenswert! Wertung: 9 Eulenpunkte

  • Ich danke euch, SiCollier, maikaefer, Eskalina, sapperlot, für die durchdachten, starken Rezensionen :anbet – bin ganz berührt davon, dass euch "Berlin Feuerland" so packen konnte! Es ist bei jedem Roman wieder eine große Unsicherheit, ein großes Wagnis für mich. Und sicher wird es nicht allen Lesern so gehen wie euch. Aber ich freue mich riesig, dass die Geschichte für euch Bedeutung hatte und ihr den Pfaden durchs Feuerland und durch das wohlhabende Berlin 1848 gern gefolgt seid. Danke! :knuddel1


    Titus

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Zeitgeschichte intensiv erleben…


    Von Titus Müller wollte ich schon immer mal ein Buch lesen, da der Autor mir bereits mehrfach empfohlen worden ist und mit diesem Buch ist mir das nun endlich gelungen. Tja und was soll ich sagen? Meine Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen.


    In dem historischen Roman geht es um die Berliner März- Revolution des Jahres 1848. Hier begegnen wir Hannes Böhm, der im Industrieviertel Feuerland lebt. Er verdingt sich als Fremdenführer durch das Elendsviertel Berlins, um seinem Schicksal ein wenig zu entkommen. Bei einer dieser Führungen trifft er auf Alice, Tochter aus besseren Kreisen. Wie wird das Schicksal der beiden verlaufen?


    Ein autarker Erzähler führt uns durch die Geschehnisse, so dass wir alle Charaktere von außen miterleben. Dabei gelingt es dem Autor dafür zu sorgen, dass für keine Seite Partei ergriffen wird, sondern dass sich der Leser selbst dazu eine Meinung bilden kann.


    Die agierenden Protagonisten, allen voran Hannes und Alice werden detailliert beschrieben. Hannes bewunderte ich vor allem für seine Cleverness und Alice für ihren Mut aus den Konventionen ihrer Gesellschaftsschicht auszubrechen. Man versteht ihre Denke und kann ihr Handeln immer nachvollziehen. Zudem treten zahlreiche, real existierende Personen auf, was die Handlung besonders glaubhaft erscheinen lässt.


    Titus Müller gelingt es sehr gut die damalige Zeit dem Leser näher zu bringen. Besonders die Darstellung des Elends der Arbeiter hat mir des Öfteren einen Schauer auf der Haut verursacht.


    Mit diesem Roman wird reale Geschichte greifbar und spannend.


    Fazit: Für Histofans ein Must-Read. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen und mich nach weiteren Romanen des Autors umsehen. Klasse!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Meine Meinung:
    Titus Müller hat wahrlich wieder einen Roman geschrieben der unter die Haut geht und einem nicht mehr loslässt. Sicherlich kann man diesen Roman nicht so einfach „runterlesen“ wie einen reinen Liebes- oder Familienroman, derjenige der sich aber die Mühe gibt wird reich belohnt und beschenkt mit einer außergewöhnlichen Geschichte.
    An diesem Buch hat mir so gut gefallen, dass man als Leser das Gefühl hat mitten im Geschehen zu sein, man wird regelrecht zu einem Teil der Geschichte sodass am sich während der Straßenschlachten zwischen den beiden Parteien wiederfindet.
    Ein Stück Berliner und Deutscher Geschichte exzellent verpackt, ohne langatmig oder trocken zu wirken, fesselnde Unterhaltung garantiert. Hervorheben möchte ich noch die Zeichnung der Figuren, die besonders durch ihre Einmaligkeit bestechen, ob nun die Menschen aus dem Viertel „Feuerland“ oder diejenigen, die die Geschicke des Staates Preußen mitbestimmen. Der Kontrast ist so einprägsam und authentisch, dass man das eine oder andere Mal einen Kloß im Hals verspürt.
    Das Cover ist für diesen Roman angemessen, es ist nicht aufdringlich, doch wenn man es betrachtet spürt man in einer Dringlichkeit die Sehnsucht der abgebildeten Person. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung an alle die gerne auch mal einen etwas nachdenklicheren und tiefgründigeren historischen Roman lesen.


    10 von 10 Eulenpunkten

  • Berlin, 1848: der Adel lässt es sich gut gehen, während die Ärmsten der Armen im Feuerland für kargen Lohn ihre Körper zerstören. Doch das wollen sie sich nicht weiter bieten lassen. Sie wollen Mitspracherecht, Pressefreiheit und faire Löhne. In dem Gewühl träumt der junge Hannes von einem Leben jenseits des Feuerlandes. Dafür führt er reiche, verwöhnte Damen durch sein Elendsviertel. Und begegnet dabei Alice, einer frei denkenden, aber nicht frei lebenden Tochter des Kastellan des Schlosses. Er ist fasziniert, doch was soll so eine mit so einem wie ihm?


    "Berlin Feuerland" ist mein erster historischer Roman von Titus Müller und nach der Lektüre frage ich mich: warum eigentlich? Der Autor erzählt die Geschichte des Aufstandes so bildhaft, mitreißend und klar, dass ich mich zwischendrin immer wieder erinnern musste, dass ich selbst im Berlin des Hier und Jetzt sitze.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet. Man folgt sowohl Hannes und seinem Leben im Feuerland, als auch Alice, die ihr Leben im Schloss mehr oder weniger genießt. Interessant fand ich auch die Denkweise des Hauptkommissars Julius von Minutoli. Dieser muss in Berlin für Ruhe und Ordnung sorgen, hat seine Spitzel in den Reihen der Aufständischen und muss dennoch merken, dass man niemanden trauen kann. Diese Mischung aus allen Blickwinkeln vom Adel bis zum Aufständischen selbst hat mir sehr gut gefallen. Denn Titus Müller bezieht damit selbst keine Stellung, sondern überlässt dies seinen Lesern. Toll!


    Die Figuren, allen voran Alice und Hannes, sind mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und werden nicht nur mit Worten, sondern auch mit ihren Taten charakterisiert. Mit Alice habe ich heiße Diskussionen geführt, mit Hannes von der großen Welt geträumt, dem Offizier Victor hätte ich mehr als einmal eine zimmern können und Hannes' besten Freund Kutte wollte ich schütteln, umarmen und zur Besinnung rufen. Einfach großartig!


    Ich habe bei historischen Romanen meist die Angst, dass eine Liebesgeschichte alles andere in den Schatten stellt. Diese Sorge ist bei diesem Buch unbegründet. Titus Müller findet einen tollen Weg zwischen einer Romanze und den Aufständen. Mich hat überzeugt, dass der Autor die Liebesgeschichte im Angesicht der sich überschlagenden Ereignisse in den Hintergrund hat treten lassen. So wirkt das Gesamtwerk glaubwürdig und korrekt.


    Der Stil des Autors ist sehr gut und flüssig zu lesen. Seine Erzählweise ist mitreißend, aber nicht reißerisch. Titus Müller schlägt ruhige Töne an, wo sie angebracht sind, wird deutlich und eindringlich, wo es nötig ist. Für mich ein grandioser und ausgewogener Stil!


    Fazit: Kämpft mit Hannes und rebelliert mit Alice. Ich kann das Buch nur empfehlen!