Das Geständnis der Löwin - Mia Couto

  • Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
    Verlag: Unionsverlag


    Originaltitel: A Confissão da Leoa
    übersetzt aus dem Portugiesischen von Karin Schweder-Schreiner


    Kurzbeschreibung:
    Arcanjo, der letzte Sohn einer berühmten Großwild-jägerdynastie, macht sich auf in ein mosambikanisches Dorf, das von menschenfressenden Löwen heimgesucht wird. Er wird begleitet von einem plappernden Möchtegern-Schriftsteller, der im Auftrag eines internationalen Erdölkonzerns, welcher seine Investitionen in der Region bedroht sieht, eine Reportage schreiben soll. Nach und nach entdeckt Arcanjo die dunklen Geheimnisse der Dorfgemeinschaft.


    Über den Autor:
    Mia Couto, geboren 1955 als Sohn portugiesischer Einwanderer in Beira, Mosambik, gehört zu den heraus-ragenden Schriftstellern des portugiesischsprachigen Afrika. Mehrere Jahre war er als Journalist und Chefredakteur der Zeitungen Tempo und Notícias de Maputo tätig. Seit 1983 veröffentlicht er Romane, Erzählungen und Gedichte. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt 2013 mit dem Prémio Camões und dem renommierten Neustadt-Literaturpreis 2014. Mia Couto lebt in Maputo.


    Über die Übersetzerin:
    Karin von Schweder-Schreiner, geb. 1943 in Posen, hat in Mainz und in Lissabon studiert und mehrere Jahre in Brasilien gelebt. Sie erhielt zahlreiche Übersetzerpreise und übersetzte u.a. Jorge Amado, Chico Buarque, Rubem Fonseca, Luiz Alfredo Garcia-Roza, Lídia Jorge.


    Mein Eindruck:
    Die Prosa des auf Portugiesisch schreibenden Schriftstellers Mia Couto aus Mosambik ist etwas ganz besonders. Mit Mitteln des magischen Realismus, die er ganz unplakativ anwendet und einem lyrischen Unterton sowie einem Stil der sich aus Gedanken und Dialog der Figuren ergibt, schafft er Figuren und Handlung, die den Leser von der ersten Seite an einnehmen.


    Inspiration für diesen Roman nimmt der Autor aus einem realen Vorfall.
    Im Dorf Kulumani im Norden Mosambiks kommt es zu mehreren Toten, durch menschenfressende Löwen. Es wird ein Jäger aus Maputo engagiert, aber Teile der Dorfbewohner wollen das Problem lieber alleine lösen, da sie zu Fremden kein Vertrauen haben.
    Marimar, eine junge Frau aus dem Dorf (deren Schwestern Opfer der Löwen wurden) ist ebenso Hauptfigur wie der Jäger, der selbst ein inneres Trauma der Vergangenheit mit sich herumschleppt. Dann gibt es noch einen weißen Schriftsteller, der den Jäger auf der Mission begleitet.


    Abwechselnd sind es Mariamars Version und das Tagebuch des Jägers, die die Handlung transportiert.
    Aus diesen Eindrücken kann man langsam, aber sicher entnehmen, dass sich im Dorf außer den Löwen noch ein ganz anderes Drama abspielte.
    Im Zwiespalt zwischen Moderne und alten Riten herrscht ein Klima der Gewalt vor, das sich insbesondere gegen Frauen richtet.


    Mehr soll hier aber nicht verraten werden. Den Hintergrund des Plots, der zwar fast kriminalistisch aufgebaut ist, aber durchzogen von Träumen und Mythen, soll sich dem Leser selbst und ganz allmählich erschließen. Es ist ein spannendes, dramatisches Buch, das betroffen macht, und den Leser durch die lebendigen Figuren nahe dran teilnehmen lässt.


    Von Mia Coutas sprachlichen Qualitäten bin ich beeindruckt wie in den letzten 2 Jahren sonst nur von Lyonel Trouillot oder Madeline Thien.


    ASIN/ISBN: 3293004768

  • In einem Dorf in Mozambik werden Menschen von Löwen getötet. Man sagt, während des Krieges hätten die Löwen sich daran gewöhnt, in die Siedlungen der Menschen zu kommen und dort Menschen zu fressen. Zwei Icherzähler berichten abwechselnd von den Ereignissen, beide spürbar durch den Krieg geprägt - die junge Mariamar und der Jäger Arcanjo, der den Auftrag hat, die Löwen zu töten. Doch in der Beziehung zwischen den Menschen und den wilden Tieren, die durch menschliche Siedlungen aus ihrem Lebensraum verdrängt wurden, gibt es weitere Ebenen und symbolische Darstellungen. Mariamars Vater, der Fährtenleser, findet wie Arcanjo in einer durch den Krieg veränderten Kultur vermutlich keine Arbeit mehr. Konflikte zwischen dem traditionellen Geisterglauben und der durch die Kolonialmacht eingeführten christlichen Religion deuten sich an. Durch die symbolische Darstellung verklausuliert, wird dennoch die mit archaischer Gewalt aufgezwungen Rolle der Frauen in dieser Gesellschaft deutlich. Eine der Symbolsprachen ist die der Masken, mit der der Großvater Mariamars sich ausdrückt, eine andere die Darstellung von Zeit als Knotenschnur, an der Generationen knüpfen.


    Mia Couto, ein dem magischen Realismus zuzuordnender Autor, legt hier einen atmosphärisch dichten Roman vor, in dem als Folge eines Krieges auch Menschen zu Löwen werden. Zunächst verwirren die geschilderten Ereignisse, um schließlich wie durch einen Magier entwirrt und erklärt zu werden. Ich fand es herausfordernd, mich in dieser Geschichte auf Coutos Verklausulierung von roher Gewalt mithilfe afrikanischer Sitten und Mythen einzulassen.


    8 von 10 Punkten