"Wenn dein Haus zusammenstürzt, hörst du es vorher in den Wänden knacken." So beginnt "Als wir unsterblich waren" und entführt uns mit diesen Worten nach Ostberlin im Jahr 1989. Wir begegnen Alex, die bei ihrer Großmutter Momi lebt, und deren Haus am 09. November 1989 zweimal einstürzt: Es ist der Tag des Mauerfalls, nach dem alles anders ist. Und dann begegnet Alex am Grenzübergang noch Oliver und verliebt sich Hals über Kopf.
Parallel reisen wir noch weiter in die Vergangenheit: Wieder in Berlin, doch diesmal im Jahr 2012, lernen wir am Wannsee Paula kennen. Hierbei handelt es sich um die Haupthandlung, die die Autorin geschickt in die Rahmenhandlung einflicht: Der Übergang fällt leicht, da der letzte Satz des Abschnittes zugleich in dem neuen Abschnitt einleitet. Der Abschnitt um Paula und ihre Lieben hat mich sehr berührt. Auch hier steht ein Umbruch bevor, doch stehen hier alle Zeichen auf Krieg. Und so begleiten wir Paula in turbulente Zeiten, die ihr Leben auf den Kopf stellen. Wir erleben die Geburtsstunde der Sozialdemokratie und den ersten Weltkrieg, der alles verändert und auch um Paula herum Opfer fordert.
Ich war sehr gespannt auf dieses Buch von Charlotte Lyne, die sich unter dem Pseudonym Charlotte Roth auf ein neues Terrain begibt. Und ich wurde nicht enttäuscht: Auch hier hat mich die Sprachgewalt, mit der sie ihre Geschichten erzählt, auf Anhieb gefesselt. Die Charaktere sind wie gewohnt nicht eindimensional, sondern haben ihre Ecken und Kanten. Den einen oder anderen hätte ich gerne mal durchgeschüttelt. Auch die Nebencharaktere sind liebevoll ausgearbeitet und haben mich sehr berührt, allen voran Kutte, Deborah und Joachim. Ich habe mit Paula und ihren Freunden und Familienmitgliedern mitgelitten, und so war es ein hochemotionales Leseerlebnis, das mich so schnell nicht loslassen wird. Das Knacken in den Wänden hallt nach.
10 Punkte für ein rundum gelungenes Leseerlebnis.