Originaltitel: History of a Pleasant Seeker (2011)
Bertelsmann Verlag 2013, 317 S.
Über den Inhalt:
Piet Barol kommt 1907 als Hauslehrer nach Amsterdam. Mittellos, aber gesegnet mit außergewöhnlich gutem Aussehen, scharfem Verstand und unwiderstehlichem Charme erobert er die Familie des reichen Hoteliers Vermeulen-Sickerts im Sturm. Vor allem Jacobina, die Frau des Hausherrn, entdeckt schon bald Piets Talente der besonderen Art. Sein eigentliches Ziel aber ist es, in Amerika sein Glück zu machen – und das stellt den ehrgeizigen jungen Mann vor manche unerwartete Herausforderung.
Über den Autor:
Richard Mason (nicht zu verwechseln mit seinem englischen Namensvetter, Autor von „… denn der Wind kann nicht lesen“) wurde 1977 in Südafrika geboren, wuchs in England auf und lebt heute als Journalist und Autor in Glasgow. Sein erster Roman, "Der Liebesbeweis", wurde ein internationaler Bestseller.
Meine Meinung:
Als Piet Barol im Jahr 1907 bei einer der reichsten Familien Amsterdams eine Stelle als Hauslehrer antritt, hat er feste Vorstellungen von seiner Zukunft. Er will möglichst schnell möglichst viel Geld verdienen, um dann nach Amerika auszuwandern. Durch seine gewinnende Art macht er sich schnell im gesamten Haushalt beliebt, freundet sich mit dem Personal an und kommt den Familienmitgliedern näher, als er es sich erträumt hat.
„Die Abenteuer seiner Jugend hatten Piet Barol gelehrt, dass die meisten Frauen und viele Männer ihn über die Maßen attraktiv fanden.“ Schon der erste Satz des Buches lässt erahnen, dass es sich bei diesem Roman um eine sinnenfrohe Geschichte handelt.
Der reiche Hotelbesitzer Maarten Vermeulen-Sickert wohnt mit seiner schönen, aber frustrierten Ehefrau Jacobina, seinen zwei älteren Töchtern Louisa und Constance sowie seinem an Agoraphobie und einer schweren Zwangsneurose leidenden Sohn Egbert in einem mit Antiquitäten reich bestückten Haus. Piets Status als Hauslehrer weist ihm einen Platz zwischen der Dienerschaft und der Familie zu. Schnell wird er vom glamourösen Lebensstil der wohlhabenden Familie verführt und arbeitet hart, um die Zuneigung eines jeden Haushaltsmitglieds zu gewinnen. Es scheint, als wäre hinter der großbürgerlichen Fassade der gesamte Haushalt angefüllt mit sexuellen Gedanken und unerfülltem Verlangen jeglicher Vielfalt. Aber unser Held verliert nie sein Ziel aus den Augen und nimmt nicht jedes erotische Angebot an, das ihm gemacht wird. So spielt denn auch die Zurückhaltung eine herausragende Rolle in diesem Roman, und viele der erotischen Passagen beschäftigen sich eher mit Wunschdenken als mit der Realität.
Mason erzählt mit Humor, Charme, Liebe zum Detail und einer gesunden Portion Erotik. Die Leichtigkeit, die dieses Buch durchzieht, verhindert auch, dass die erotischen Szenen vulgär oder billig wirken, trotz einiger wirkungsvoll platzierter ordinärer Ausdrücke.
Der Autor gibt ein detailliertes Bild des aufstrebenden niederländischen Bürgertums zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder in einer nur allzu vertrauten Geschichte von Gier und Bankenkrise. Kunst und Musik, religiöse Zweifel und Überzeugung, der Umgang mit extremen Zwangsneurosen und einige frühe Regungen des Feminismus finden sich in diesem Roman wieder. Es gelingt Mason, diese vielfältige Mischung von Themen geschickt in eine fesselnde Handlung einzuweben.
Masons Protagonist erscheint trotz all seiner überragenden Attribute sympathisch, die Kombination aus gutem Aussehen, Witz, Charme und Verstand, vor allem aber sein Respekt anderen Menschen gegenüber macht so manche Eskapade verzeihlich.
Zwei Drittel des Buches spielen in Amsterdam, danach befinden wir uns auf hoher See. Und auch hier wirkt Piets Anziehungskraft auf Passagiere und Mannschaft weiter. Wohin seine Reise geht, erfahren wir im nächsten Teil, denn am Ende des Romans stehen die Worte „Fortsetzung folgt“. Ich freue mich darauf.