Die drei Leben der Tomomi Ishikawa - Benjamin Constable

  • Englischer Originaltitel: Three Lives of Tomomi Ishikawa



    Klappentext
    Tomomi Ishikawa ist tot. Sie hat sich umgebracht, so steht es in dem Abschiedsbrief an ihren Freund Ben Constable.
    Doch Tomomi weigert sich hartnäckig, in Frieden zu ruhen. Stattdessen hinterlässt sie Ben eine Menge rätselhafte Botschaften, die ihn, ähnlich wie bei einer Schnitzeljagd, durch Paris, New York und Tomomis Vergangenheit führen.
    Ben würde gerne glauben, dass es sich bloß um ein Spiel handelt, dass die Geschichten, die Tomomi ihm hinterlassen hat, nur Ausgeburt ihrer Fantasie sind, doch dann offenbaren sie ihm ein grausames Geheimnis.
    War Tomomi Ishikawa in Wahrheit eine Serienmörderin? Und ist sie tatsächlich tot?
    Bald weiß Ben nicht mehr, was Fiktion und was Realität ist.




    Der Autor
    Benjamin Constable wurde 1968 in Bristol geboren. Erst nachdem er in Bars und Clubs gearbeitet, in Bands gespielt, Bilder gemalt und Musik aufgenommen hatte, begann er, sich für Literatur zu interessieren. Im Alter von zweiunddreißig Jahren schrieb er sich für ein Creative-Writing-Studium ein, das er erfolgreich abschloss. Nun lebt er in Paris, wo er Englisch unterrichtet, Bücher schreibt und Cocktails genießt.






    "Die drei Leben der Tomomi Ishikawa" ist ein Buch, das sich schlecht in eine Kategorie pressen lässt. Zum einen ist es ein wenig ein (Mystery-) Thriller, zum einen ein Buch über eine Freundschaft aber auch eine Selbstfindungsgeschichte.


    Ben und Tomomi sind Freunde. Die Art Freunde, die sich Sätze um die Ohren hauen kann und genau weiß, bei anderen kommen sie genau richtig an. Sie haben die gleichen eigentümlichen Sinn für Humor, sie haben beide ähnlich abstruse Ideen und Vorstellungen. Sie verstehen sich super, ohne jedwede störende sexuelle Komponente. Doch eines Tages erreicht Ben eine Nachricht von Tomomi, die ihm erklärt, das sie nun tot ist und sie ein wunderbares Abenteuer für ihn geplant hat. Eine Schnitzeljagd zu ihren Lieblingsplätzen in Paris. Dort findet er Hinweise und Notizbücher mit merkwürdigen Geschichten. In denen erzählt Tomomi, das sie Morde begangen hat.


    Ben Constable, der seine Hauptfigur nach sich benannt hat, hat einen angenehmen flüssigen Schreibstil. Das Buch beginnt sehr ansprechend mit einer der für Ben und Tomomi typischen Konversationen. Auch die Schnitzeljagd durch Paris macht Spaß. Mittendrin, als Ben in New York auf Beatrice trifft und mit ihr durch New York tigert, wird es teilweise etwas surreal. Zum Schluss weiß man nicht so recht, was nun wahr ist in der Geschichte und was nun doch vielleicht anders war. Zum einen spielt er ein wenig mit Realität und Fiktion, indem er seine Hauptperson nach sich benennt; andererseits ist er ein unzuverlässiger Erzähler, denn es gibt genug Hinweise darauf, das er selbst vielleicht gar nicht der Erzähler ist sondern jemand anderes. Zum Schluss gibt er uns genug Lösungen zur Auswahl. Die Entscheidung liegt beim Leser.


    "Die drei Leben der Tomomi Ishikawa" ist ein ungewöhnlicher Roman mit einer ungewöhnlichen Handlung. Man muss sich darauf einlassen und Ben einfach auf seine ungewöhnliche Reise folgen (auf der er gelegentlich von einer imaginären Katze namens Cat begleitet wird). Und mit offenen Enden, an denen nicht alle Fragen geklärt werden sondern der Interpretation des Lesers überlassen werden, sollte man auch keine Probleme haben. Dann nämlich kann man ein paar nette Lesestunden mit dem Buch verbringen. Ich habe es gerne gelesen. Einen Freund wie Ben hätte ich auch gerne.

  • Meine Meinung
    Ich war wirklich gespannt auf dieses Buch weil der Klappentext äußerst vielversprechend und geheimnisvoll klingt. Leider war das irgendwie interessanter als die eigentliche Geschichte, die einem sehr flachen Spannungsbogen folgte und mich nur sehr selten aus einer Art müden Lethargie reißen konnte, in die ich regelmäßig nach ein paar Seiten gefallen bin.


    War die Handlung am Anfang noch zu verstehen und interessant, driftete sie ziemlich schnell ins Absurde ab und wurde unüberschaubar. Die vielen Briefe Tomomis konnten mich gar nicht packen und ich musste mich oft zusammenreißen um nicht einzunicken, wenn sie wieder mal von einer ihre (ausgedachten?) Eskapaden berichtete. Auch der Twist, den die Story in New York erlebt, konnte mich nicht überzeugen, vom Ende mal ganz abgesehen. Die letzten 40 Seiten waren absolut lächerlich - die Chance, alles zu erklären wird komplett vertan und ich als Leser bleibe enttäuscht und verärgert zurück.


    Mein Favorit der Charaktere war auf jeden Fall Cat, Bens imaginärer Kater, der in den bescheuertsten Situationen plötzlich auftauchte und ihm gehörig und auf Katzenart den Marsch geblasen hat.
    Ben war...okay. Manche Szenen mit ihm waren toll, andere mäßig und in wieder anderen hätte ich ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst um ihn aufzuwecken. Eins muss ich ihm aber zugutehalten: seine Geduld und Gelassenheit hätte ich manchmal auch gerne. Wirklich faszinierend wie ruhig er die ganze verworrene Geschichte angegangen ist. Ich wäre schon nach 200 Seiten regelrecht explodiert und hätte dem Ganzen den Rücken gekehrt.
    Mit Tomomi konnte ich absolut gar nichts anfangen. Ich habe den Charakter von vorne bis hinten nicht verstanden. Sie ist depressiv und neidisch auf die Toten und ihre Briefe sind regelrechte Hilferufe, die aber auch nicht konsequent verfolgt werden. Zum Ende hin wurde es immer skurriler und ich konnte nur noch den Kopf schüttel - was will dieser Charakter mir eigentlich sagen? Tomomi klang schon im Klappentext als das größte Rätsel des Buchs und nach dem Lesen kann ich bestätigen, dass sie das auch ist. Es ist mir nicht gelungen, es zu lösen.


    Fazit
    Ich bin wirklich enttäuscht von Die drei Leben der Tomomi Ishikawa. Es fing so vielversprechend an und vor allem der Schreibstil und die Beschreibungen der nicht so bekannten Örtlichkeiten in Paris und New York waren wunderschön.
    Dennoch konnte es mich absolut nicht überzeugen.
    Die Charaktere blieben ebenso wie der Handlungsbogen viel zu flach, ich konnte die Handlungsabsichten von Tomomi nicht mal ansatzweise verstehen und hatte Schwierigkeiten Bens Reaktionen nachzuvollziehen. Was genau das Buch jetzt eigentlich aussagen möchte, hat sich mir auch nicht erschlossen, was vielleicht daran liegt, dass meiner Meinung nach die Vermischung von Realität und Fiktion irgendwann so dermaßen intensiv geschieht, dass ich total den Überblick verloren habe.


    Ich vergebe nur 4 Punkte für den Roman.

    SuB: 276


    :lesend
    Kaufman/Spooner - Their Fractured Light
    Joe Abercrombie - The Blade Itself

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  • Ben Constable ist ein Mann Mitte 30, lebt in Paris und ist ein wenig eigenbrötlerisch. Er hat eine Katze mit dem kreativen Namen Cat, allerdings ist der Kater unsichtbar und imaginär. Mit Tomomi Ishikawa verbindet ihn eine langjährige Freundschaft und er dachte, er kennt sie gut. Doch als er eines Tages einen Brief von ihr erhält, in dem sie ihm schreibt, sie hätte sich umgebracht, muss er feststellen, dass er nicht wirklich viel von ihr wusste. Sie hinterlässt ihm ihren Laptop, auf dem sich einige rätselhafte Dokumente finden. Zum einen führen ihn diese auf eine Art Schnitzeljagd durch Paris und später durch New York, zum anderen beschreiben einige der Geschichten Morde, die Tomomi angeblich begangen hat –sind diese Geschichten ihrer Phantasie entsprungen oder tatsächlich so geschehen? Ben weiß bald nicht mehr, was er eigentlich noch glauben soll.


    Das Buch macht es dem Leser zu Beginn nicht unbedingt leicht. In ausschweifenden Briefen setzt sich nach und nach das Geschehen zusammen und man lernt die beiden Hauptfiguren kennen, die eine allerdings nur noch passiv durch ihre Briefe und die Erzählungen und Gedanken ihres Freundes Ben.


    Die Beschreibung der vielen besonderen kleinen Orte in einer Stadt wie Paris fand ich sehr spannend, beim Lesen wünschte ich mir, die Stadt besser zu kennen und beim nächsten Besuch auf ähnliche kleine Besonderheiten zu stoßen, wie sie hier immer wieder dargestellt werden und wie sie so wohl in keinem handelsüblichen Reiseführer zu finden sind.


    Die Geschichten von Tomomi hingegen schockieren und brüskieren, man mag sich kaum vorstellen, dass sie tatsächlich wahr sein könnten.


    Die Frage, was Realität ist und was Fiktion, zieht sich von Anfang an durch das Buch, dies beginnt natürlich schon mit dem Namen des Autors, der gleichlautend zu dem des Protagonisten ist.


    Das Ende lässt dann auch entsprechend viel Spielraum für Auslegung und Interpretation, so dass das Buch auch nach dem Zuklappen zumindest bei mir noch für einiges Nachdenken sorgte – eine wirklich außergewöhnliche Geschichte, auf die man sich allerdings einlassen können muss.

  • Ich möchte mich der Meinung von SchwarzesSchaf anschließen. Genau diesen Frust hatte ich auch! Hier nun meine Rezension.


    ***


    Diesmal habe ich absolut keine Lust, eine lange Rezension zu schreiben. Und zwar aus dem Grund, weil das Buch vor allem eines bei mir zurücklässt: Ratlosigkeit. Ich weiß weder genau, ob es mir gefallen hat, noch, was das Ganze eigentlich sollte. Wessen "Schuld" das nun ist, vermag ich nicht recht zu beurteilen. Vielleicht war es der vielbeschworene falsche Zeitpunkt für mich und das Buch? Oder meine Erwartungen waren einfach zu hoch?


    Die Leseprobe hatte ich geradezu verschlungen, und hatte den Eindruck, es handle sich um ein postmodernes Kabinettstückchen, ein Verwirrspiel und literarisches Rätsel - in etwa vergleichbar mit "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" von Italo Calvino, das zu meinen absoluten Lieblingsbüchern zählt. Vermutlich war diese Erwartung einfach zu hoch gegriffen. Ich würde das Buch allerhöchstens als Jugendbuch, als Schnitzeljagd, als unentschlossenen Rahmen für diverse Schnipsel bezeichnen - so leid es mir auch tut.


    Ich will gerne zugeben, dass das Buch in der Tat für Verwirrung sorgt - allerdings auf eine für mich unbefriedigende Weise. Eine scheinbar tote junge Frau schickt ihren Freund durch Briefe und E-Mails auf eine Schnitzeljagd quer durch Paris und New York, die ihn dazu bringen soll, mehr über sie zu erfahren, und ihre Lieblingsplätze und -dinge zu erkunden. Das wäre an sich ja noch nett gewesen - aber für mich war die Geschichte schon damit überfrachtet, dass auch noch völlig haarsträubende Mordgeschichten in diese Briefe und Mails eingeflochten wurden. Anfangs dachte ich noch, hier gäbe es literarische Anspielungen zu entdecken - eine der ersten versteckten Mails von Tomomi las sich ein wenig wie eine Geschichte von Paul Auster. Aber das war es dann auch schon. Alle weiteren Briefe und Mails waren nur noch langatmig, kamen nicht zum Punkt, und ließen teilweise keinerlei Zweck erkennen.


    Gefrustet haben mich noch weitere Aspekte; z. B. dass man so gut wie nichts über die Protagonisten erfährt. Nur in gut versteckten Nebensätzen erfährt man das Alter von Tomomi und ihrem Freund Ben. Bens Beruf, den ich nicht einmal als solchen bezeichnen würde, findet man auch eher per Zufall heraus. Ansonsten scheinen beide eher ziellos in die Welt hinein gelebt zu haben. Und das mit 33 Jahren (Tomomi) und 38 Jahren (Ben)? Wovon haben sie eigentlich gelebt?? Und wieso kann Ben auf einmal auf eine halbe Weltreise gehen, einfach so, ohne seinen Job zu gefährden?? Sie rauchen, gehen spazieren, sitzen in Bars. Und reden doch meist aneinander vorbei. Sehr verquere Situation!


    Das Ende war für mich verdreht und übers Knie gebrochen. Und auch sprachlich hatte ich an sehr vielen Dialogen etwas auszusetzen - gegen Ende hin waren die Gespräche einfach nur noch mühsam zu lesen, es gab viel zu viele "Tut mir leid" und "Ich dachte, dass du dachtest, dass..." - gäääähn. Was ich dem Buch noch zugute halten möchte, ist die an sich gute Grundidee, die netten Ortsbeschreibungen, und ein paar (wenige) gelungene Nebencharaktere. Ansonsten weiß ich, wie gesagt, nicht so recht etwas mit dem Buch anzufangen.

    Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. (Karl Valentin)

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  • Zitat

    Original von Schwarzes Schaf


    Fazit
    Ich bin wirklich enttäuscht von Die drei Leben der Tomomi Ishikawa. Es fing so vielversprechend an und vor allem der Schreibstil und die Beschreibungen der nicht so bekannten Örtlichkeiten in Paris und New York waren wunderschön.
    Dennoch konnte es mich absolut nicht überzeugen.
    Die Charaktere blieben ebenso wie der Handlungsbogen viel zu flach, ich konnte die Handlungsabsichten von Tomomi nicht mal ansatzweise verstehen und hatte Schwierigkeiten Bens Reaktionen nachzuvollziehen. Was genau das Buch jetzt eigentlich aussagen möchte, hat sich mir auch nicht erschlossen, was vielleicht daran liegt, dass meiner Meinung nach die Vermischung von Realität und Fiktion irgendwann so dermaßen intensiv geschieht, dass ich total den Überblick verloren habe.


    Ich vergebe nur 4 Punkte für den Roman.


    Sehe ich genauso... Ich war sehr enttäuscht, denn ich hatte unglaublich hohe Erwartungen an das Buch. Vielleicht war auch das der Fehler. Mich konnte die Story überhaupt nicht überzeugen und ich fand sie doof und abgedreht. Der Sinn hat sich mir null erschlossen.