Über uns Stille - Morton Rhue (ab 12 Jahre)

  • Klappentexte:


    Die Angst vor einem Atomkrieg wächst. Scotts Vater hat einen Bunker im Garten bauen lassen. Seitdem stellt Scott sich quälende Fragen: Wird er es rechtzeitig in den Bunker schaffen, wenn der Krieg kommt? Und was, wenn dort kein Platz mehr für ihn ist, weil die Nachbarn schneller waren? Wie lange muss man eigentlich in so einem Bunker bleiben? Hätten sie überhaupt eine Chance zu überleben, wenn draußen alles verseucht wäre?


    Meine Meinung:


    Nachdem ich “Die Welle” in der Schule wahnsinnig toll fand, musste ich dieses Buch einfach lesen. Leider konnte mich die Geschichte nicht ganz zufriedenstellen…


    Die Story wird in 2 Handlungssträngen erzählt. Zum Einen haben wir den momentanen Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt und zum Anderen den Handlungsstrang der Vergangenheit. Die Idee eine solche Erzählweise zu wählen finde ich sehr gut, weil so die Spannung weiter aufgebaut wird, während die Handlungen und Verhaltensweisen langsam Sinn ergeben.


    Die Geschichte wird aus Sicht von Scott erzählt. Wir bekommen also einen direkten Eindruck wie der kleiner Junge einen Atombombenangriff und die daraus resultierende Zeit im Bunker erlebt. Die Gedankengänge des Kleinen erstaunen einen manchmal, weil man nicht damit rechnet, dass er sich so offen und erwachsen verhalten kann (Amerika, 1962).


    Die teilweise naive dann aber auch wieder erschreckend nüchterne Sichtweise von Scott hat mein Herz erobert und mich tief bewegt. Die Grundidee des Buches finde ich wirklich gelungen bzw. hat mich zum Lesen angeregt.


    Genrell erfahren wir sehr viel über die Protagonisten und Nebencharaktere. Und hier der erste Kritikpunkt: Die Auflösung der Geschichte erfolgt mir zu abrupt und wenig detailliert. Wir erfahren zu wenig über die anderen Personen und generell wie sich das Land entwickelt hat.


    Einen weiteren Punkt muss ich für die Logik im Buch abziehen. Wenn ich einen Bunker bauen lasse und dann dort festsitze, wie bekomme ich frisches Wasser und Luft? 1962 war die Technologie sicher noch nicht so ausgereift, dass man mit Partikelfiltern die Luft hätte reinigen können, die aber ständig in den Bunker geleitet werden muss.


    Wer die beklemmende Situation in einem Atombunker hautnah aus den Augen eines Kindes erleben möchte und dazu noch in das Amerika vergangener Zeiten reisen möchte, der sollte diese Lektüre zur Hand nehmen. Für Leute die auf schlüssige Handlungen stehen, ist dieses Buch allerdings nichts, da mir im Nachhinein nun einige Fragen durch den Kopf schwirren…


    Bewertung: 3/5 Punkte

  • Kurzbeschreibung


    Kubakrise 1962. Im Leben des jungen Scott Porters dreht sich momentan alles um den potentiellen Angriff der Sowjets auf die USA. Sein Vater lässt einen Bunker unter dem Haus bauen - es ist der einzige in der gesamten Nachbarschaft. Was ist, wenn sie es nicht schaffen, sich noch vor dem Abwurf der Bombe in Sicherheit zu bringen? Was ist, wenn auch noch die Nachbarn versuchen, in den Bunker zu kommen? Und was ist, wenn sie die einzigen Überlebenden in einem Meer aus Zerstörung und Tod sind...?


    Meine Meinung


    Als ich begann, dieses Buch zu lesen, wurde mir eines ziemlich bewusst: wie wenig ich doch über diese Kubakrise wusste. Doch ich merkte auch schnell, dass es gar nicht so schlimm war, denn Morton Rhue hat es geschafft, auch mich als "unwissenden" Leser abzuholen, die Situation klar, aber nicht geschichtstrocken darzustellen und sie kritisch zu hinterfragen.


    Scott, der Protagonist und Ich-Erzähler, ist zwölf Jahre alt und hat furchtbare Angst vor einem Atomkrieg. Er ist sehr klug und aufmerksam, auch wenn er sich leicht von seinem besten Freund Ronnie zu unsinnigen Sachen überreden lässt, bei denen er schon im Vorwege Scham und Reue empfindet. Er stellt sehr viele Fragen zur jetzigen (politischen) Situation und auch zu möglichen zukünftigen Szenarien (vor allem nach einem Bombenangriff der Russen).


    Der Bau des Bunkers stößt bei den Nachbarn auf viel Spott oder wird einfach belächelt. Niemand glaubt so richtig an einen Angriff der Sowjets oder zumindest will das so recht niemand glauben.


    An den Schulen finden Sicherheitsübungen statt, es wird für den Ernstfall geprobt, auch wenn diese Schutzmaßnahmen etwas lächerlich und wirkungslos klingen... Was soll es schon bringen, dass man die Fenster verdunkelt, sich unter die Tische verkriecht und sich mit dem Rücken zum Bombeneinschlag drehen. Aber was sollte man auch sonst damals machen? Es klingt weniger nach Schutz und mehr nach Abmilderung.


    Scotts bester Freund Ronnie, der auch so um die zwölf oder dreizehn Jahre alt ist, hat mich in dieser Geschichte wirklich SEHR genervt. Er gehört zu dieser Sorte von Kindern, die ich nicht ausstehen kann: verwöhnt und frech. Ständig hat er bescheuerte Ideen und zieht andere mit rein, lügt extrem viel und tut so, als hätte er von allem eine Ahnung. Zum Teil liegt das wohl auch an seiner Erziehung, von der man so ein bisschen was mitbekommt.


    Es gibt zwei Handlungsstränge, die sich kapitelweise abwechseln. Alles beginnt mit dem Ernstfall: Die Sirenen heulen, Scott und seine Familie flüchten in den Bunker und es gibt ein gewaltiges Problem. Parallel dazu erzählt Scott, was es einige Wochen VOR der besagten Situation alles passierte, als der Bunker erst noch gebaut wurde.


    Der Wechsel zwischen Ausnahmesituation und Alltag entlastet ein bisschen die Nerven (wegen der Spannung), weil es als eine Art "kleine informative Pause" fungiert, und sorgt gleichzeitig auch dafür, dass man nicht aufhören kann zu lesen, weil man u n b e d i n g t wissen will, wie es im Bunker weitergeht.


    Neben dem allzeitpräsenten Thema "Kalter Krieg" spricht Rhue auch die Probleme von u.a. Rassismus, Vorurteilen und Ignoranz an. Es ist vielschichtig und verständlich aufgebaut, ohne belehrend zu wirken, aber trotzdem einen kritisierenden Unterton behaltend.


    Ein wirklich spannender und viele Fragen aufwerfender Roman, den ich zweifellos weiterempfehlen kann.


    5 von 5 Punkten

  • Morton Rhue: Über uns Stille
    Ravensburger Buchverlag 2012. 256 Seiten
    ISBN-13: 978-3473400812. 12,99€
    als TB ISBN-13: 978-3473584529. 6,99€
    Vom Verlag empfohlen ab 14
    Originaltitel: The Bomb
    Übersetzerin: Katarina Ganslandt


    Inhalt
    1962, im Jahr der Kubakrise, lässt der Vater von Scott und Sparkey zugleich mit der Vergrößerung des Hauses einen Schutzbunker bauen. Die USA befinden sich mitten im Kalten Krieg, die Eltern der Kinder können nur schwer ihre Angst vor einem Atomschlag Russlands verbergen. Der Bunkerbau verängstigt die Kinder zusätzlich. Die einzige mäßigende Stimme geht vom Lehrer der Kinder aus. Aus unserer Sicht werden Scott und Sparkey sehr rigide erzogen: bei den Mahlzeiten muss stets aufgegessen werden, die Prügelstrafe ist noch üblich. Scotts Freund Ronnie pubertiert schon heftig und denkt sich blöde Streiche aus, häufig auf Kosten von Mädchen. Scott nimmt die Rolle des in sexuellen Fragen noch Ahnungslosen ein. Für die prüden 60er nicht ungewöhnlich haben die Jugendlichen vermutlich außer ihren Geschwistern noch keine nackten Menschen gesehen.


    Ehe der Bunker getestet und mit Vorräten versehen werden konnte, tritt ein nicht näher beschriebener Notfall ein. Scotts Familie muss im Schlafanzug in den Bunker flüchten. Überraschend drängen sich noch mehrere Personen mit Gewalt zusätzlich hinein, so dass schließlich in einem winzigen Raum mit vier Betten (und ohne Toilette!) vier Jugendliche und fünf Erwachsene zusammengepfercht sind. Zu der gerade für die Jugendlichen extrem peinlichen Situation, mit Fremden auf so engem Raum eingesperrt zu sein, kommt die ernüchternde Einsicht, dass ein paar Konservendosen kaum zur Versorgung reichen werden, wenn alle im Bunker ausharren, bis eine mögliche radioaktive Kontamination der Außenwelt nachgelassen hat. Im Rückblick wirkt der Aktionismus des Bunkerbaus beängstigend; offenbar hat sich vorher niemand gefragt, ob und warum man in einer atomar verseuchten Umgebung weiterleben will.


    Scotts Vater ist von dem plötzlichen Notfall überrumpelt; die Erwachsenen zeigen sich weitgehend unfähig, mit der Situation umzugehen. Für die Jugendlichen stelle ich es mir dramatisch vor, dass sie sich nur von der Bunkerhülle, aber kaum emotional von ihren Eltern geschützt fühlen können. Die Unfähigkeit sich auf eine Notsituation einzustellen wird z. B. am simplen Problem deutlich, dass man sich besser überlegt, was man mit dem Inhalt eines Toiletteneimers tun wird, ehe man hinein pinkelt. Eine interessante Entwicklung nimmt die Handlung, weil die schwarze Babysitterin der Jungen mit im Bunker ist; die USA zu dem Zeitpunkt die Rassentrennung in den Köpfen der Menschen jedoch noch längst nicht überwunden haben. Leider lässt Morton Rhue den Handlungsstrang, in dem die Bunkerbewohner mit schwerer Krankheit/Verletzung und dem möglichen Tod von Bewohnern umgehen müssten, einfach im Sand verlaufen. Der Roman wirft einige moralische Fragen und Diskussionsansätze auf. Darf eine Gruppe, um selbst zu überleben, schwächere Mitglieder ausschließen und damit dem Tod überlassen oder sie selbst töten? Haben diejenigen, die sich nicht an der Vorbereitung einer Schutzmaßnahme beteiligten, ein Recht aufgenommen und mit versorgt zu werden? Wer wird der Führer der Gruppe und warum? Wie ist ein Staat in die Situation des Rüstungswettlaufs geraten? Welches Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit bestimmte damals das staatliche Handeln und bestimmt die Vorgänge im Bunker?


    Fazit
    Die Atmosphäre der durch den Ost-West-Konflikt geprägten 60er Jahre trifft Morton Rhue mit seinem Jugendroman sehr gut, den er mit einem persönlichen Nachwort ergänzt. Für deutsche Leser fehlt ein Infoteil mit Fakten zur Bunker-Welle, die keine amerikanische Eigenheit und keine persönliche Schrulligkeit war. Auch in Deutschland forderten staatliche Stellen dazu auf, für den "ABC-Notfall" (atomar, biologisch, chemisch) Vorräte anzulegen, z. B. Zucker, Mehl und Milchpulver. Vermutlich hat auch in Deutschland niemand darüber nachdenken wollen, wie lange eine Familie nach einem Atomschlag mit ein paar Dauerlebensmitteln überleben wird - und für welches Leben.


    7 von 10 Punkten

  • Wow! Seit langem habe ich ein Buch nicht mehr mit solch einer Beklemmung, aber auch einer Faszination durchgelesen! Ich mußte es gestern dann auch in einem Rutsch zuende lesen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht.


    Zum Inhalt muß ich wohl nicht mehr allzuviel erzählen.


    Mir haebn die Figuren sehr gut gefallen, da war ein guter Querschnitt durch "typische" amerikanische Familien dabei. Der Vater von Scott, der seine Kinder in einem gewissen Maße politisch aufklären will und sogar eine Farbige als Haushaltshilfe anstellt. Der ach so moderne Vater von Ronnie, der vor den kindern den "Playboy" liest, ihnen Alkohol anbietet und ansonsten auch sehr über seine ach so prüden Mitmenschen herzieht. Der anspruchsvolle Lehrer, der neu in die Klasse kommt und den Schülern selbständiges Mit-Denken abverlangt. Die Farbige Janet, die froh ist, einen Job zu haben, um ihre Familie ernähren zu können und ansonsten sehr darauf bedacht ist, den Weißenb bloß nicht unangenhem aufzufallen.


    Sehr genervt haebn mich auch teilweise die Unverfrorenheiten Ronnies und das dramatische Verhalten der Erwachsenen im Bunker. Wie Scott auch selbst feststellt: am meisten Angst machten ihm die Erwachsenen!


    Die Situation im Bunker wird sehr beklemmend geschiuldert und für das mögliche Endszenario ist man auf alles gefaßt. Das Ende ist dann sehr knapp gehalten. Es bleiben viele Fragen offen, das stimmt. Aber nachdem ich einen Tag habe verstreichen lassen, muß ich sagen, so schlimm ist das auch nicht. Man kann sich als Leser mögliche Entwicklungen vorstellen, alles ist drin.


    Ein absolut wichtiges Buch, das ich auch Erwachsenen auf jeden Fall empfehlen kann!


    Von mir 9 von 10 Punkten.


    Kennt eigentlich jemand diese Doku unten? An die mußte ich immer denken, vor allem, als beschrieben wurde, wie die Schüler sich im Angriffsfall in der Schule schützen sollen... "Duck and Cover" war damals das Stichwort...


    Info:


    "The Atomic Cafe", (schwarz/weiß + Farbe) ist ein aus Werbe- und Propagandafilmen der 40er und 50er Jahren zusammengestellter Dokumentarfilm über die Informationspolitik der amerikanischen Militärbehörden. Es geht um die Zerstörungskraft von Atomwaffen. Kommentarlos werden sorgsam ausgewählte Ausschnitte aus Regierungsberichten, Wochenschauen, Fernseh- und Radiosendungen, Schulungsfilmen und Cartoons in einer satirische Collage zusammengestellt. Die Methoden, mit denen zur Zeit des Kalten Krieges gearbeitet wurde, werden entlarvt.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

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