Titel: Orkus. Reise zu den Toten
Autor: Gerhard Roth
Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
Erschienen als TB: Mai 2012
Seitenzahl: 667
ISBN-10: 3596183030
ISBN-13: 978-3596183036
Preis: 11.99 EUR
Was soll man zu diesem Buch schreiben? Was ist das überhaupt für ein Buch? Ist es jetzt ein Roman oder ist es eine Autobiographie oder ist es vielleicht sogar eine Mischung aus beiden? Macht es überhaupt einen Sinn etwas zu diesem Buch zu schreiben?
Habe ich dieses Buch überhaupt – wenn auch nur in Ansätzen verstanden? Ein Buch dem man sich nur langsam tastend nähern kann, dessen wirkliche Bedeutung und Genialität sich aber auch wieder schnell aus dem Augen des Betrachters entfernen kann.
Der Klappentext bezeichnete dieses Buch als die „Essenz eines Schriftstellerleben, ein Buch über das Wesen des Menschen, die Wahrnehmung der Welt, die Suche nach der anderen Wirklichkeit. Eine lange Reise zu den Toten und der grandiose Versuch das Leben zu verstehen, ohne es zu zerstören.“
Ja, vielleicht ist das eine gelungene Erklärung für und um dieses Buch.
Der österreichische Autor Gerhard Roth (geboren 1942 in Graz) ist ohne Frage ein Meister der Sprache und manche seiner Sätze muss man erst aufklappen um sie auch in allem ihrem Facettenreichtum zu verstehen. Er macht es seinen Lesern nicht leicht – verständliche Prosa wird oftmals beiseitegeschoben um Platz zu machen für gekonnte und wunderbare Wortakrobatik. Gerhard Roth nimmt seine Leser mit auf eine Reise ins „Überallhin“. Er erzählt von seinem Leben in der Steiermark, er erzählt von Freunden die in psychiatrischen Anstalten untergebracht sind, er nimmt seine Leser mit zu Simon Wiesenthal, diesem faszinierenden Nazi-Jäger, Roth beschäftigt sich auch mit Kannibalismus, versucht zusammen mit seinen Lesern das Werk schizophrener Künstler zu verstehen, er macht Exkurse zu Elias Canetti und Thomas Bernhard, auch Herman Melville und sein „Moby Dick“ werden intensiv betrachtet – ist aber immer bereit alles immer wieder neu in Frage zu stellen, alles ganz neu zu entdecken – alles muss auf den Prüfstand, nichts darf sich beruhigt zurücklehnen.
Es ist ein Buch über die Suche der Menschen …“nach dem Paradies und der Entdeckung der Hölle auf Erden….“.
Gerhard Roth scheint dabei selbst immer auf der Suche zu sein. Er wertet nicht, er hört zu, er beschreibt. Er schließt seine Leser nicht von seinen Gedankengängen aus, vielmehr scheint er die Leser zu bitten, auch allein weiterzudenken, zu hinterfragen und ggf. zu ergänzen.
Ulrich Greiner hat es in der ZEIT eigentlich ganz gut getroffen. Er schreibt:
„Eine Erkundung des menschlichen Daseins, ein Buch das weit über die zumeist harmlose Erzählerei unserer Tage hinausragt.“
Dieses Buch ist nicht harmlos. Es ist auch – bei aller Toleranz – entlarvend, es ist ein Buch das irgendwie mit sich selbst disputierend erscheint. Es sind Gedanken die dort geäußert werden, Selbst- und Fremdreflexionen, es sind eigene und fremde Erinnerungen, es sind Personen die dort auftreten – mal real, mal fiktiv und als Leser bekommt man dermaßen viele Denkanstösse – wären es Boxhiebe, man wäre mit blauen Flecken nur so übersäht – das man vor dem Überdenken erst in sich selbst unglaublich viel zu sortieren hat. Und es gibt darüber hinaus so unglaublich viele Hinweise auf Bücher die es neu- oder auch wieder zu entdecken gilt.
Aber vielleicht ist dieses Buch auch nur ein ganz banales Buch, ein Buch von aneinandergereihten Gedanken und Erzählfragmenten und vielleicht interpretiere ich einfach zu viel in dieses Buch hinein. Keine Ahnung. Dieses Buch hat mich wirklich begeistert – auch wenn ich es wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise begriffen habe.