Tana French - Sterbenskalt (Faithful Place)

  • 6 CDs
    403 Minuten
    gekürzte Lesung
    Sprecher: Dietmar Wunder
    Hörprobe beim Verlag *klick*


    Kurzbeschreibung von Amazon
    "Ich stand dort im Schatten, während die Glocken drei und vier und fünf schlugen. Die Nacht verblasste, und ich wartete noch immer auf Rosie Daly."
    Frank Mackey, Undercover-Ermittler, hat seine Familie seit 22 Jahren nicht gesehen. Die vier Geschwister, den trinkenden, gewalttätigen Vater, die ruppige Mutter. Er wollte der Armut und Perspektivlosigkeit seines Viertels für immer entfliehen zusammen mit seiner ersten großen Liebe Rosie. Doch die hatte ihn versetzt und war allein nach England aufgebrochen, so hat Frank es jedenfalls immer gedacht. Bis Rosies Koffer und ihre Fährtickets in dem alten Abbruchhaus in der Straße seiner Kindheit gefunden werden. Frank muss zurück nach Faithful Place und feststellen, dass er diesen dunklen Ort immer in sich getragen hat.


    Zur Autorin (vom Verlag)
    Tana French ist die junge Bestsellerstimme des anspruchsvollen Kriminalromans. Sie wurde in den USA geboren, wuchs in Irland, Italien und Malawi auf und lebt seit 1990 in Dublin. Tana French machte eine Schauspielausbildung am Trinity College und arbeitet für Theater, Film und Fernsehen. Ihr erster Kriminalroman Grabesgrün wurde mit dem Edgar Allan Poe Award für das beste Debüt ausgezeichnet, auch die folgenden Kriminalromane Totengleich und Sterbenskalt wurden sofort zu großen internationalen Erfolgen.


    Zum Sprecher (vom Verlag)
    Dietmar Wunder ist einer der profiliertesten Synchronsprecher und Dialogregisseure und als deutsche Stimme von James Bond-Darsteller Daniel Craig bekannt. Mit seiner markanten, sehr wandlungsfähigen Stimme ist er ein äußerst beliebter Hörbuchsprecher, der nuancenreich Spannung vermitteln kann.


    Meine Meinung
    "Sterbenskalt" ist das dritte Buch von Tana French, das lose mit "Grabesgrün" und "Totengleich" in eine Reihe gehört. Diesmal steht der Undercover-Ermittler Frank Mackey im Mittelpunkt, der sich unerwartet unvorstellbaren Ereignissen aus seiner Vergangenheit stellen muss und alte Entscheidungen dadurch plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen.


    Als mir die gekürzte übersetzte Fassung des neusten Buchs von Tana French von einer Freundin empfohlen wurde, war ich zuerst sehr kritisch, weil ich die englische ungekürzte Lesung sehr genossen hatte.


    Aber Dietmar Wunders Stimme nahm mich schnell gefangen. Er verkörpert den spröden Frank Mackey wunderbar einfühlsam und ließ mich auch in die deutlich gestraffte Fassung eintauchen. Die Kürzungen sind weitgehend gut gelungen, bis auf einen allzu sprunghaften Szenenwechsel gegen Ende. (Zumal - auch wenn es kleinlich klingen mag - auf 6 CDs wäre noch reichlich mehr Platz gewesen als 403 Minuten. ;-) ) Einige Nebenhandlungen bzw. -figuren wurden komplett gestrichen oder nur in einem kurzen Satz erwähnt, trotzdem wird die Atmosphäre in Franks Familie und dem Dubliner Vorort spürbar. Das Leben in jenem Ort vor 22 Jahren, die Hoffnung und Träume der jugendlichen Geschwister, ihrer Eltern und Freunde sind lebendig beschrieben. Umso mehr tut es weh, dies aus Franks heutiger Sicht zu hören, denn so weiß man als Zuhörer schon, wieviele der Träume zerplatzten, manche sogar von anderen mutwillig zerstört wurden und welche Folgen das für die Betroffenen bis jetzt hat.


    Franks Zwiespalt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Liebe und Familie, Privatleben und Arbeit ist so realistisch dargestellt, dass ich mit ihm - der so schwierigen und kantigen Figur - litt. Denn er versucht nicht "nur" beruflich einen alten Mordfall auf für ihn heiklem Territorum aufzuklären, sondern er jagt auch den Mörder seiner großen Liebe...


    Tana Frenchs Beschreibungen des Lebens im heutigen Dublin und vor rund zwanzig Jahren sind beeindruckend lebendig und nachdem ich Frank in den ersten beiden Bänden eher unsympathisch und hart fand, kann ich sein Verhalten jetzt viel besser verstehen. Wie schon in ihren beiden anderen Büchern gelingt es Tana French wieder, die Beziehungen zwischen verschiedenen Familienmitgliedern, die vielen ungesagten Worte, genau wie die zuviel gesagten, die zwischen den Menschen stehen, einfühlsam zu schildern. Auch die Polizeiarbeit und die Ränkespiele im Hintergrund wirken authentisch.


    So gut mir die deutsche Übersetzung auch gefallen hat, so spektakulär unpassend finde ich den deutschen Titel.


    Fazit
    Die Hörfassung von "Sterbenskalt" ist ein fesselnder Krimi, der sowohl sprachlich als auch inhaltlich überdurchschnittlich anspruchsvoll ist. Tana French versteht es meisterhaft, lebendige Figuren zu zeichnen, die man am Ende des (Hör-)Buchs ungern verlässt. Dietmar Wunder verleiht der spröden Hauptfigur Frank Mackey eine perfekt passende eigene Stimme.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Im Winter hatte ich die englische ungekürzte Lesung (16 Std. gehört, gesprochen von Gerry O'Brien und jede Minute der Handlung genossen.


    Eine Hörprobe zu "Faithful Place" habe ich leider nicht gefunden, hier eine andere von dem Sprecher. audible.co.uk

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von ottifanta ()

  • Schöne Rezi, ottifanta :-) Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich möchte nur noch einmal Dietmar Wunders großartige Sprecherleistung hervorheben. Er hat sich wirklich hervorragend in Frank eingefühlt. Auch die anderen Stimmen bringt er gut rüber, die weiblichen, ohne gequält zu wirken. Wenn nötig, erhöht er das Tempo und seine Stimme wird so eindringlich, dass ich Frank fast vor mir stehen hatte. Ich sehe ihn jetzt auch mit anderen Augen als nach "Totengleich".

  • Inhalt:
    Dublin, 1980ger Jahre


    Francis wartet lange an dem Abend, er wartet auf Rosie, mit der er nach England gehen will, um nach dem verkorksten Leben am Faithful Place einen Neuanfang zu wagen.
    Doch Rosie erscheint nicht - sie hinterlässt ihm einen Abschiedsbrief, sie hat ihn sitzen lassen - damit findet er sich 20 Jahre lang ab, bis ihn der Anruf seiner Schwester erreicht.


    Man habe Rosies Koffer gefunden, diese Nachricht katapultiert ihn zurück zu FaithfulPlace No. 8 - das Elternhaus, von dem er glaubte es nie wieder sehen zu müssen. Die Gefühle, die er bis dato vergraben wähnte, brechen sich Bahn, während er versucht zu klären, was sich damals wirklich zugetragen hat.


    Meine Meinung:
    Dietmar Wunder beginnt zu sprechen und ich hatte Frank alias Francis Mackey leibhaftig vor Ohren. Cool aber auch verwundbar an den richtigen Stellen, so klingt er, die Frauenstimmen des Romans bringt er gekonnt, allein Ma Mackey, ist vielleicht etwas schrill geraten, doch ich kenne natürlich keine irische Mamy, um das wirklich beurteilen zu können.


    Die Kürzungen des Romans sind gut gelungen, sie lassen die Geschichte weiterhin plausibel erscheinen, was hier entfernt wurde und für den Fortgang der Geschichte nicht so entscheidend war, wurde auch am Ende stimmig wieder abgerundet.


    Die Geschichte hat mich sofort an Frank McCourt erinnert, die Stimmungen die dort beschworen wurden, sind auch hier schnell greifbar. Die Einordnung als Krimi ist sicherlich grenzwertig. Es geht darum zwei Todesfälle zu klären, richtig, aber es geht vor allem um eine Familiengeschichte, Beziehungen in einer Familie, den Einfluss von Alkohol in einer Familie und den Menschen Frank. Wer also trotz Grabesgrün und Totengleich einen puren Krimi erwartet, wird ihn nicht bekommen.


    Was habe ich bekommen?
    Eine Geschichte, die ganz langsam erzählt, wie ein Traum zerstört wurde. Eine dichte Geschichte, die das Leben in einer Sackgasse beschreibt, erzählt von den Familien, die sich nicht von dort wegbewegten und die Geschichte, die nun aufklärt, was damals mit Rosie Daly wirklich passierte.


    Es gibt aber auch eine Geschichte von einem Mann, der sich von dieser Familie abnabeln wollte und nun als Polizist in eine Gegend zurückkommt, die ihn als unerwünschten Fremdkörper betrachtet. Eine Geschichte, wie man sich nach 20 Jahren schnell wieder daran erinnert, woran man nie wieder denken wollte.


    Tana French entwickelt diese Geschichte langsam vor unseren Ohren und hält die Spannungskurve ständig auf hohem Niveau.
    10 von 10 Punkten insbesondere auch weil Dietmar Wunder wundervoll interpretiert -

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

  • Buchmeinung zu Tana French - Sterbenskalt


    Die Originalausgabe erschienen 2010 unter dem Titel „Faithful Place“, die deutsche Ausgabe erstmals 2010 in der Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann bei Scherz. Ich habe die gekürzte Lesung von Dietmar Wunder gehört, die 2010 bei Argon erschienen ist.


    Klappentext:


    »Ich stand dort im Schatten, während die Glocken drei und vier und fünf schlugen. Die Nacht verblasste, und ich wartete noch immer auf Rosie Daly.«
    Frank Mackey, Undercover-Ermittler, hat seine Familie seit 22 Jahren nicht gesehen. Die vier Geschwister, den trinkenden, gewalttätigen Vater, die ruppige Mutter. Er wollte der Armut und Perspektivlosigkeit seines Viertels für immer entfliehen – zusammen mit seiner ersten großen Liebe Rosie. Doch die hatte ihn versetzt und war allein nach England aufgebrochen, so hat Frank es jedenfalls immer gedacht.
    Bis Rosies Koffer und ihre Fährtickets in dem alten Abbruchhaus in der Straße seiner Kindheit gefunden werden. Frank muss zurück nach Faithful Place – und feststellen, dass er diesen dunklen Ort immer in sich getragen hat.


    Meine Meinung:
    Dies ist eher ein Familienroman als ein Kriminalroman. Die Geschichte ist unheimlich düster und als Leser leidet man mit. Der Originaltitel „Faithful Place“ ist so etwas von zynisch. Alle Kinder im Hause Mackay haben nur das Ziel, so bald wie möglich diesen Ort zu verlassen, aber andererseits muss die Fassade für die Nachbarn aufrecht erhalten werden. Ich habe nicht verstanden, warum die anderen Geschwister noch im Hause Mackey geblieben sind. So wie die Situation im Hause Mackey beschrieben wird, gewinnt die Hölle an Anziehungskraft. Auch das Verhalten der Hauptfigur ist schon sehr merkwürdig, was den Umgang mit seiner innig geliebten Tochter angeht. Ich konnte das Verhalten der Hauptpersonen in vielen Fällen nicht nachvollziehen, so dass mir die Figuren in weiten Teilen fremd blieben. Alle Figuren sind derart negativ beschrieben, dass es kaum oder gar nicht auszuhalten ist.


    Zum Sprecher:
    Dietmar Wunder läuft bei diesem Buch zu Hochform auf. Man spürt förmlich, wie Frank Mackey leidet, wenn er in sein Jugendviertel zurückkommt. Dies ist sicherlich einer seiner besten Vorträge.

    Fazit:
    Ohne die herausragende Leistung des Sprechers hätte das Buch nur zwei bis drei Sterne bekommen. Dietmar Wunder verhilft dem Buch zu einer Wertung von vier Sternen oder 80 / 100 Punkten.

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