Über den Autor
Thomas Hettche, geboren 1964 in Treis, lebt mit seiner Familie in Berlin und der Schweiz. Journalistische Veröffentlichungen vor allem in der FAZ und der Neuen Zürcher Zeitung, lange Jahre Juror des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs in Klagenfurt, Herausgeber der literarischen Online-Anthologie NULL. Preise u.a.: Rauriser Literaturpreis 1990, Robert-Walser-Preis 1990, Ernst-Robert-Curtius-Förderpreis für Essayistik 1994, Rom-Preis der Villa Massimo 1996, Premio Grinzane Cavour 2005. Thomas Hettches erster Roman "Ludwig muß sterben" erschien 1989. "Der Fall Arbogast" (2001) wurde zum Bestseller und in zwölf Sprachen übersetzt. Der 2006 bei Kiepenheuer & Witsch publizierte Roman "Woraus wir gemacht sind" stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Zuletzt erschien 2007 eine Sammlung von Essays und Reportagen: "Fahrtenbuch 1993-2007".
Kurzbeschreibung
Die berührende Geschichte eines Vaters, der um seine Tochter kämpft. Peter hat eine Tochter, aber das Sorgerecht für sie hat er nicht. Annika war zwei, als er und ihre Mutter sich trennten. Seitdem gerät jede elterliche Absprache zum Machtkampf um die inzwischen dreizehnjährige Annika. Ein Silvesterurlaub auf Sylt wird für Vater und Tochter zur entscheidenden Probe auf ihre Liebe. Die Reise auf die Insel ist für den Verlagsvertreter Peter auch eine Rückkehr in Landschaften der Vergangenheit. Hier hat er die Sommer seiner Kindheit verbracht, als seine Mutter in einer Buchhandlung in Kampen arbeitete. Die Spaziergänge am Strand, die alte Kirche von Keitum, der Leuchtturm rufen Erinnerungen in ihm wach. Zum ersten Mal versucht er, seiner Tochter von sich zu erzählen. Er begegnet Susanne wieder, einer Freundin aus der Schulzeit, mittlerweile verheiratet und Mutter zweier Kinder. Und er muss erleben, dass er auf die Väter der scheinbar heilen Familien, die diese Ferien zusammen verbringen, wie ein Menetekel wirkt. Es ist die Zeit zwischen den Jahren, die Rauhnächte, in denen Tiere sprechen können und die Tore der Geisterwelt offen stehen. "Die Wilde Jagd" tobt um das Ferienhaus auf der Düne, ein Wintersturm. Und in der Silvesternacht, zusammen mit Freunden im "Sansibar", steht plötzlich Peters gesamte Existenz auf dem Spiel. Atemlos folgt man seiner Stimme, die erzählt, was ihm geschieht - gegenwärtig, distanzlos, unmittelbar. Dieser Roman über die Schwierigkeit, heute Vater zu sein, ist Thomas Hettches persönlichstes Buch. Meisterhaft gelingt es ihm, die Atmosphäre des winterlichen Sylt mit einem Familiendrama zu verbinden, in dem es um die eigene Vergangenheit geht, die persönliche Integrität und eine gemeinsame Zukunft.
Meine Rezension
Die Kurzbeschreibung fasst den Inhalt ganz gut zusammen und rein von diesem Kurztext her hört sich das Thema nach einer wirklich interessanten Geschichte an.
Peter und Ines waren nie ein festes Paar, sie sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere und haben sich eigentlich nie gut verstanden. Doch Ines wurde schwanger. Es war eine Liebelei, die gut gegangen wäre, wenn sie einfach so – ohne Kind – auseinander gehen hätten können. Doch nun hassen sie einander und Ines treibt Spielchen mit ihm – als Pfand hat sie ja das Kind, das sie beliebig gegen Peter einsetzen kann.
Nicht zu Unrecht ist Peter daher sehr verbittert über die recht- und machtlose Situation unverheirateter Väter. Doch ist er denn auch ein „Vater“? Er liebt seine Tochter Annika zwar schon, ist aber sehr unbeholfen im Umgang mit ihr.
Der Autor schreibt die Geschichte bildhaft, malerisch, fabulierend – aber im Umgang mit Annika gerät Peter immer ins Stocken und wirkt wie ein emotionaler Grobmotoriker. So virtuos er Gegenstände etc. beschreibt, so holpernd und stolpernd kommt er mit seinem Kind zurecht.
Annika scheint aber – unabhängig davon – ein schwieriger Mensch zu sein: mal ist sie ganz Kind, mal ist sie spröde und altklug. Die Pubertät lässt grüßen. Auch Peter ist ein eigenartiger Kauz mit teils verqueren Ansichten (z.B. über Stierkampf) – eigentlich fand ich beide Protagonisten nicht sonderlich sympathisch.
Einige Teile der Erzählung fand ich aber auch wirklich krude und übertrieben. Zum Beispiel
Oder auch: was er über Ines’ Umgang mit der Kleinen, vor allem auch die Sache mit den „Psychopilzen“, aber auch andere ähnliche Vorfälle erzählt.
Hier dreht der Autor leider wirklich ab, das ist mir zu weit hergeholt.
Der Autor hat sich bei der Geschichte etwas vorgenommen. Doch was, das blieb mir leider verborgen. Ich habe mich von Zeit zu Zeit gefragt: was will mir der Autor erzählen? Wohin soll die Handlung gehen? Denn das hat sich mir leider nicht so recht erschlossen.
Was bleibt, ist die Geschichte eines unsympathischen und untauglichen Protagonisten, der nicht den Anschein macht, als würde er sein Kind wirklich lieben, der weinerlich um seine eigene Situation kreiselt und ein Kind, das einem leid tun kann, weil beide Elternteile anscheinend unfähig sind.
Ein Buch, das literarisch sehr schön geschrieben ist, mir aber dennoch leider überhaupt nicht gefallen hat. Es hat mich angestrengt, das Buch zu Ende zu lesen und nicht unterhalten.
Ich könnte mir aber denken, dass z.B. Voltaire mehr mit dem Buch anfangen könnte als ich.