OT: Tears of the Giraffe 2000
Mma Ramotswe, Besitzerin der No. 1 Ladies’ Detective Agency wird heiraten. Für einen so wichtigen Schritt kommt kein anderer infrage als J. L .B. Matekoni, der Besitzer der Autowerkstatt, die mindestens so berühmt und wichtig in Botswana ist, wie Mma Ramotswes Detektivagentur. Für die künftige Ehe müssen noch einige Dinge geregelt werden, z.B. die Frage des Wohnsitzes oder die des Brillantrings. So einen braucht jede Frau in Botswana, da gibt es keine Ausflüchte.
Neben dem Privatleben gibt es jedoch auch ein intensives Berufsleben. J. L .B. Matekoni kümmert sich nicht nur um Motoren, die in seine Werkstatt gebracht werden, sondern auch um die des örtlichen Waisenhauses. Neben seiner Schwäche für Motoren hat er auch eine für Kinder, was die Leiterin des Waisenhauses genau weiß. Sie hat ihre Pläne mit ihm. Pläne mit ihm hat allerdings auch seine Haushälterin, die alles andere als erfreut ist, als sie von der bevorstehenden Heirat erfährt.
Mma Ramotswe bekommt inzwischen den Auftrag, den Sohn einer US-Amerikanerin zu suchen, der zehn Jahre zuvor in Botswana verschwunden ist. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Und dann ist da noch ein Ehemann, der beunruhigt ist, weil er glaubt, daß seine Frau sich mit einem anderen trifft. Auf einmal hat Mma Ramotswe richtig viel zu tun. Was liegt näher, als daß sie den Bitten ihrer Sekretärin Mma Makutsi nachgibt und sie zur stellvertretenden Detektivin ernennt?
Aus diesen Erzählsträngen spinnt der Autor einen erstaunlich überzeugenden kleinen Unterhaltungsroman über Eltern und Kinder und das Familienleben in seinen unterschiedlichsten Formen. Äußerst gemächlich wird die Sache von allen Seiten beleuchtet, Waisenkinder, eheliche Kinder, außereheliche Kinder, Mutterliebe, Vaterliebe, unterschiedliche Sitten und Gebräuche - es gibt verschiedene Volksgruppen dort am Rand der Kalahari - , das ganze Verhältnis zwischen Alt und Jung.
Dabei ist das Buch auch ein echter Krimi, ein Todesfall wird aufgeklärt. Gegen die üblichen Erwartungen verstößt das Ziel des Ganzen: es geht nicht darum, einen Schuldigen dingfest zu machen und zu bestrafen, sondern darum zu erfahren, was genau passiert ist. Es werden eher moralische Fragen diskutiert, als juristische Schuld bewiesen.
Erzählt wird in einem Tempo, das mehr als gemütlich zu nennen ist. Man erfährt eine Menge über Sitten und Gebräuche in Botswana, vorzugsweise unter dem Aspekt des common sense, des Mutterwitzes und mit freundlichem Humor. Der Autor ist aber klug genug, Vereinfachungen zu vermeiden, der Fingerzeig darauf, daß das Leben eben doch recht komplex ist, und ein gutes Herz vor gar nichts schützt, kommt immer rechtzeitig, und sorgt ganz am Schluß noch für eine gelungene, in ihren Konsequenzen allerdings recht traurige Überraschung.
Wem es gelingt, sich beim Lesen nicht nur auf ein höchst gemächliches Erzählen, sondern auch auf die fremde Welt Botswanas mit all den merkwürdigen Namen einzulassen, wird einige sehr angenehme Lesestunden in der Gesellschaft liebenswerter Menschen verbringen.
Dieses Buch ist der zweite Band aus der Reihe um die No. 1 Ladies’ Detective Agency. Für mich war es das erste Buch der Serie, ich hatte aber keinerlei Probleme, zu den Personen hin - und in die Geschichte hineinzufinden, da sehr detailliert beschrieben wird, wer wer ist, wie die Personen zusammenhängen, und wie es eben so zugeht in Botswana. Ich werde bei Gelegenheit bestimmt zu einem anderen Band dieser schön ausgedachten und charmant präsentierten Krimireihe greifen.