Das Herz der Leopardenkinder - Wilfried N'Sonde

  • Verlag Antje Kunstmann, September 2008
    Gebundene Ausgabe, 128 Seiten


    OT: Le Coeur des enfants léopards.
    aus dem Französischen von Brigitte Große


    Kurzbeschreibung:
    »Wer bist du? Wo kommst du her? Warst du gut in der Schule? Wie ist dein Land?« Ein Roman, der den Erfahrungen einer neuen Generation von Migranten eine literarische Stimme gibt.
    »Fragen über Fragen, der hört gar nicht mehr auf! Er brüllt auf mich ein, der Kommissar, mein Kopf kriegt das alles nicht richtig mit. Und in dem Nebel plötzlich die Gestalt meines Ahnen, außer sich: Dafür bist du nicht nach Frankreich gekommen, mein Sohn!« Zusammengeschlagen und eines Verbrechens angeklagt, an das er sich kaum erinnert, findet sich ein junger Farbiger auf einer Polizeiwache wieder. In der Verlassenheit und tiefsten Erniedrigung einer Gefängniszelle überfällt ihn eine Flut von Erinnerungen: an Mireille und die leidenschaftliche Liebe zu ihr; die hellhäutige Mireille, die ihn verlassen hat, um aus der Hoffnungslosigkeit der Vorstädte zu fliehen. An Drissa, seinen Blutsbruder, der die Gewalt gegen sich selbst kehrt; an Kamel, der zum Fanatiker geworden ist. Und immer wieder werden die Stimmen der Ahnen lebendig, die von Ehre, Stolz und magischen Kräften künden. Ein Afrika beschwören, das für die an der Bruchlinie zweier Kulturen aufgewachsenen »Leopardenkinder« nur
    noch ein ferner Mythos ist. In einem kurzen Roman von unerhörter Musikalität und sprachlicher Ausdruckskraft erzählt Wilfried N Sondé von einer zärtlichen, verzweifelten Liebe und gibt zugleich der Geschichte und den Problemen seiner Generation eine neue Stimme.


    Über den Autor:
    Wilfried N'Sonde, 1968 in Brazzaville in der Republik Kongo geboren, zog 1973 mit seiner Familie nach Paris. Geprägt von den Lebensverhältnissen der Banlieues begann Wilfried N’Sonde, Gedichte und Kurzprosa zu verfassen - unveröffentlichte Anzeichen einer privaten "Bildungsrevolution", die ihn bis an die Sorbonne führte, wo er bis 1991 Politologie studierte. N'Sonde lebt und arbeitet als Musiker in Berlin, wo er sich auch für sozial benachteiligte Jugendliche einsetzt.


    Meine Meinung:
    Dieser preisgekrönte Text ist in moderner französischer Tradition in einem teils klagenden, teils bitter-ironischen Monolog gehalten, der quälerisch zu lesen ist. Das ist vom Autor so beabsichtigt, um den zu zeigenden Zustand transportabel zu machen.


    Wem dieser Stil nicht so liegt, der wird bei diesem relativ kurzen Roman zum überfliegen verführt. Und nur die Kürze lässt einen diesen Strudel der Gewalt und Enttäuschung überstehen.


    Der Protagonist dieses Buches befindet sich in Polizeigewahrsam und wird verhört.
    Was er gemacht hat, daran erinnert er sich in seinem Zustand, verwirrt durch Drogen und Alkohol, nicht, aber es muss etwas gewesen sein, was die Polizisten richtig verärgert hat, denn er wird angeschrieen, zusammengeschlagen und in einer Zelle mit Handschellen gefesselt auf den Boden gelegt.


    In diesem Zustand kommen langsam die Erinnerungen durch, an seine Geliebte Mireille und viel Liebesszenen, an die Freundschaft mit dem gewalttätigen Drissa, der seine Wut nicht mehr beherrschen kann.


    Erinnerungen an die noch nicht lange zurückliegenden Geschehnisse der gewalttätigen Unruhen in Paris werden beim Lesen geweckt.
    Dem Autor merkt man an, dass er auch Musiker ist, ein stilistischer Rhythmus ist im Text zu finden.


    Obwohl das Buch schon gut gemacht ist, fehlt mir eine Komponente, die mehr daraus werden lässt als nur eine Momentaufnahme, die letztlich schnell wieder verblassen wird.

  • "Uns steht das Elend der Welt ins Gesicht geschrieben, und dafür will sie nicht aufkommen müssen."


    Ich habe etwas Zeit gebraucht, um mich an die ungewöhnliche und vor allem auch experimentelle Schreibweise von Wilfried N'Sondé zu gewöhnen. Der Ich-Erzähler erzählt seine Geschichte in einem ziemlich rasanten Tempo und wechselt dabei immer wieder zwischen einzelnen Zeit- und Handlungsebenen hin und her und ich hatte zu Beginn große Schwierigkeiten mich in diesem Buch zurecht zu finden.


    Die Thematik des Buches und auch die Umsetzung haben mir gut gefallen - auch wenn ich Herrn Palomar zustimmen, dass irgendwie doch ein wenig das "gewisse Etwas" noch gefehlt hat.


    Ich vergebe gute 7 Punkte.