Am 18.10.08 sass Rafael Chirbes auf dem blauen Sofa, gedolmetscht von seiner Übersetzerin Dagmar Ploetz
Moderiert wurde von Miriam Böttger
Kurzbeschreibung des Buches:
Matias ist gestorben, der charismatische jüngere Bruder des erfolgreichen Bauunternehmers Rubén Bertomeu, in seiner Jugend ein Anhänger revolutionärer Gewalt, später wie seinem Bruder zum Trotz ein Ökobauer. Mit dem Tod von Matias setzt ein vielstimmiger Chor ein: Da ist Rubén, der Sozialist und Bauunternehmer, der auf sein Leben zurückblickt, in dem jedes Ideal für Geld und Erfolg geopfert wurde. Da ist seine zweite Frau Monica, blutjung und karrieregeil, mit unbedingtem Aufstiegswillen. Und seine Tochter Sylvia, eine Kunsthistorikerin, gefangen in einer freudlosen Ehe mit dem arroganten Professor Juan Mullot. Sie alle profitieren von Rubéns Reichtum, gleichzeitig verachten sie ihn. Rubéns Kindheitsfreund, Federico Brouard, ist als Schriftsteller gescheitert und verbringt seine letzten Tage im Suff, Ramon Collado ist Rubéns Mann fürs Grobe. Aus diesen unterschiedlichen Perspektiven entsteht ein grandioses Gesellschaftspanorama: die Familie als Ort des Besitzdenkens, die Zerstörung der Umwelt, Bauspekulation, schmutzige Geschäfte, Korruption, Drogen. Sexualität als Ware und gleichzeitig letzter Halt gegen die Auflösung jeglicher Verbindungen. Rafael Chirbes erzählt in »Krematorium« eine aus den Fugen geratene, von den Göttern verlassene Welt, in der keine Gewissheit mehr gilt, in der Werte, Wörter und Utopien leere Hülsen sind. Und doch ist dieser Roman ein Rettungsversuch: Aus der Erzählung der Widersprüche einer Gesellschaft, die sich ganz dem Konsum und dem Mammon verschrieben hat, wird schmerzhaft deutlich, was wir verloren haben.
Über den Autor:
Rafael Chirbes, geboren 1949 in Tabernes de Valldigna bei Valencia, studierte in Madrid und lebt heute als freier Publizist in Denia und in einem Dorf in der Estremadura.
Mein Eindruck von der Veranstaltung:
Der Lautstärkepegel auf der Buchmesse belastete diese ruhige Veranstaltung mit einem eher zurückhaltenden, zumal nichtdeutschsprachigen Autor. Es startete langsam, da die Übersetzerin die Fragen der Moderatorin erst noch in Spanisch übersetzen musst und die Antworten auf Deutsch
Der spanische Autor Rafael Chirbes hat ein Meisterwerk geschrieben.
Die Moderatorin sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen, so erschüttert ist sie von der Wirkung dieses deprimierenden, düsteren Roman, der ein pessimistisches Bild vom aktuellen Spanien zeichnet. Ein grimmiger Humor ist trotzdem enthalten, der die Hoffnungslosigkeit mildert. Chirbes ist ein Meister des Stils.
So ganz erreicht die Moderatorin den Autoren mit ihren Fragen nicht, obwohl sie diese gut ausarbeitete und von der spanischen Gesellschaft im Kapitalismus sprach sowie von der zerstörten Küstenlandschaft am spanischen Mittelmeer.
Aber die Themen sind so komplex, dass sie einfach nicht in kurzen Sätzen schnell erklärt werden können.
Richtig erwähnt die Moderatorin aber noch die starke Sogwirkung des Romans.
In Zeitnot geraten stellt sie weitere Fragen und endlich ist der Autor aufgetaut und plaudert leichter, da ist die Veranstaltung auch schon zu Ende.
Es geht dann noch zum signieren und auch ich gehe nicht ohne einem signierten Exemplar.
Foto wird nachgereicht.